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Es ist nicht zu fassen, Ennepetal hat sich verzockt

[jpg] Ich erinnere mich noch gerne an die anregende Unterhaltung im Rat der Stadt Ennepetal. Damals hatte der frisch gekürte Kämmerer Dieter Kaltenbach den Anwesenden im Saal die Swap Geschäfte erklärt. Nein, Ennepetal macht solche hoch riskanten Geschäfte nicht, wir sind seriös. Aber wir haben sogar ein Geschäft gemacht, welches so ertragreich war, dass sich die Bank genötigt sah, den dahinter stehenden Vertrag zu kündigen. Wir haben alles im Griff. Der anwesende Rat der Stadt wollte den Widerspruch nicht hören. Also blieben die Gelder weiter unter Vertrag. Es war wie gesagt, eine schöne Geschichte. Beinahe hätten wir unser Festgeldkonto aufgelöst und solche Geschäfte wie die Stadt Ennepetal gemacht. Nur wir sind im Bekanntenkreis von Bankern umzingelt. Und die hätten uns für verrückt erklärt wenn wir solche Geschäfte gemacht hätten. Also ließen wir es. Gottseidank. Wir haben zwar einen "bescheidenen" Zinssatz, aber immerhin.

Nun schreiben wir den 25. Januar 2011 und der erste Hauptausschuss stand auf der Tagesordnung.

TOP 5.2 "Überplanmäßige Mittelbereitstellung für Zinsaufwand aus Swap Geschäften" stand da.

Ich las einmal, ich las zweimal, jedoch die Zeichen standen noch immer da.
Der ach so clevere, kompetente und alles im Griff habende Kämmerer Kaltenbach, der inzwischen ob seiner Qualifikation zum ersten Beigeordneten avancierte Kaltenbach  macht einen Verlust von sage und schreibe € 450.863,13 aus Swap Geschäften. Wie bitte? Wiggenhagen und Kaltenbach hatten uns doch unisono erklärt, wir haben alles im Griff im Bereich Vermögensverwaltung.

Also € 500.000,– haben wir erwirtschaftet und jetzt müssen wir € 450.863,13 bezahlen?   Per Saldo sind das  € 49.137,–.

          

Nur wir sind nicht aus dem Vertrag raus! Es könnten weitere Zahlungen anstehen. Wenn,  ja wenn die Bedingungen sich verändern.

Und die Ausschussmitglieder? Sie stimmten einstimmig für die überplanmäßige Mittelbereitstellung, so nennt man das in diesem Fall, wenn man sich verzockt hat. Normalerweise hätte ich mit einer spannungsgeladenen Sitzung gerechnet. Weit gefehlt. Alles war easy, kein Arm reckte sich in die Höhe. 450.863,13 Euro, was soll es, wir haben es ja. Wenn wir das Geld nicht raus hauen, hauen es eben andere raus.
Ach ja, und weil wir gerade beim raus hauen sind, da hauen wir eben noch € 200.000,– in einem Bereich raus der zu den Pflichtaufgaben der Stadt gehört. Wir haben uns da schlicht und einfach vertan, was soll es.

Und wo kriegen wir das Geld her? Der Haushalt muss ja ausgeglichen sein. Die Mittelherkunft wurde zwar mit den Minderausgaben bei der Kreisumlage erläutert, nur wieso machen sich in einem Buchwerk auf einmal solche dubiosen Zahlen auf? Oder warum werden die Swap Verträge nicht gekündigt? Oder wie hoch können die Verluste bei den Swap Geschäften noch sein? Oder sind noch andere Ungereimtheiten in diesen Zahlen des Haushaltes zu erwarten? Oder warum stellen wir überhaupt einen Haushalt auf?

Sollte man die Gelder nicht nach den Wasserstandsmeldungen raushauen?
Das Ganze stinkt gewaltig zum Himmel. Ich glaube mit diesem Haushalt 2011 und dem Haushaltssicherungskonzept müssen wir uns noch öfter befassen. Dieser Haushalt ist mit einer sehr heißen Nadel gestrickt worden.

Was bleibt? Ein fader Beigeschmack, der sich inzwischen zu einem Brechreiz gesteigert hat.

Ich erinnere mich an die Senioren denen rund 9.000 Euro gestrichen wurden.
Begründung: Wir müssen sparen.
Sparen für die Zockerei?

Ich erinnere mich an die Schule Hasperbach, die geschlossen werden soll. Man hatte keine Zeit sich mit den Eltern zu arrangieren und damit die Schule zu erhalten.
Begründung: Wir müssen sparen.
Sparen für die Zockerei?

Ich erinnere mich an viele Haushaltspositionen bei denen gekürzt wurde.
Begründung: Wir müssen sparen.
Sparen für die Zockerei?

He, wir haben ja noch eine Opposition.  Nein, die hatte ja seinerzeit auch für solche Geschäfte gestimmt, wie mir übermittelt wurde. Es sollte ja alles einstimmig über die Bühne gehen.
Einstimmigkeit zeigt aber auch an, es gibt keine Opposition. Die Führungspartei hat es geschafft die Meinungsvielfalt zu unterdrücken. Mit den Mächtigen zu kuscheln ist zwar einfach, führt aber zu nichts.

   

Wer ist denn eigentlich in Ennepetal die Opposition? Haben wir eine?

Na dann! Dann zockt mal lustig weiter.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal


 

 

 

Ein Ennepetaler Samstag

[jpg]Franz Josef Degenhardt schrieb einmal um 1970 die Ballade "Deutscher Sonntag" . Daran dachte ich als ich gestern am 28. August abends nach Hause kam.

Sonntags in der kleinen Stadt,
wenn die Spinne Langeweile
Fäden spinnt und ohne Eile
giftig-grau die Wand hochkriecht,
wenns blank und frisch gebadet riecht,
dann bringt mich keiner auf die Straße……

Sicher hätte Degenhardt heute den Song umgeschrieben in am Wochenende in einer kleinen Stadt. Denn die Zeiten haben sich geändert nicht jedoch diese Städte die er in dieser Ballade beschreibt.

 

Wir besuchten das Dorffest in Rüggeberg und gingen über den Schulhof der Grundschule Rüggeberg. Diese Grundschule, die nach Lage der Dinge demnächst wohl geschlossen werden soll.

Vielleicht haben wir zum letzten Mal für das Archiv fotografiert. Das Dorffest war mehr als nur mäßig besucht, wir sahen  mehr freiwillige Helfer als Besucher.
Dies lag wohl daran, dass rund 50 m weiter  ein Rüggeberger Bürger ein eigenes Dorffest ausrichtete. Typisch für das Ennepetaler Miteinander.

 

Am Eingangstor schlugen uns schon die Bratwurstdüfte vermischt mit dem Duft von Waffeln und sonstigem Gebackenen entgegen. Auf dem Schulhof sahen wir Wilhelm Wiggenhagen (CDU nah) umrahmt von Herrn Kraft (CDU) und Herrn Schilling (Citymanager), die mehr oder weniger irgendwie als Bodygard erschienen. Wiggenhagen versuchte sich an der aufgebauten Torwand, etwas linkisch wie das seine Art ist, und sein vorgenanntes Umfeld wusste das mit positiven Äußerungen zu begleiten. Als die Gruppe uns sah, verschwand sie und verschanzte sich an anderer Stelle um einen Tisch um ja nicht wahrgenommen zu werden. Frei nach dem Schema. Sehen wir euch nicht, könnt ihr uns auch nicht sehen.

Wilhelm Wiggenhagen versteht es ganz gut mich immer wieder zu verblüffen, indem er nach nunmehr fast einem Jahr in seinem Amte es nach wie vor nicht versteht auf andere Leute zu zugehen und isoliert dasteht, meistens im Schutze der CDU-Mitglieder. Er hat immer noch nicht seine Bürgermeister Rolle gefunden. Und wie es so scheint sucht er sie auch gar nicht mehr. Denn wie soll man eine Rolle finden, wenn man die Inhalte dieser Rolle nicht kennt.

Aber das hat auch einen Vorteil, er braucht sich nicht um seine Mitbürger zu bemühen. Sollen die Mitbürger sich doch bemühen. So wird er wohl seine Amtszeit in einem selbstgebauten Käfig herum bekommen Gegönnt sei es ihm, er hat ja sonst nichts. Dadurch hat Ennepetal jedoch keine wirkliche Führung, er ist ja nur Verwalter des von seinen Vorgänger Geschaffenem. Interessant ist noch, wie er ein neutraler Bürgermeister sein will, wenn er sich immer bei der CDU aufhält und die SPD meidet wie der Teufel das Weihwasser.

Und da hätte er sich doch nach einer Stunde in sein Auto schwingen und die SPD im Hasperbach besuchen können, meinetwegen als Goodwill Besuch. Aber so ist das im Leben, manch einer lebt nur von vertanen  Gelegenheiten.

Wir fuhren also runter nach Hasperbach zum "Sommergrillen" der SPD, zumal die SPD immer für eine Story gut ist.

Nun, ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, dass die Volksparteien wie SPD und CDU gefühlte 85 Jahre alt sind. Die jungen Mitglieder  am Rande sitzen und warten, bis die Alten ihnen was zu sagen haben.

Und so ging ich durch Rauchschwaden von Bratwürsten und Steaks ins Sportlerheim um mich dort unter die Alten zu begeben. Dabei fielen mir die beiden Sitzungen im Juni bei Attak und der Piratenpartei ein, wo der Altersdurchschnitt so um die gefühlten 35 Jahre war. Die Volksparteien können diese jungen Menschen nicht mehr binden. Bei den anderen etablierten Parteien in Ennepetal sieht es aber auch nicht besser aus.
 
Die SPD hatte Gäste, den MdB Rene Röspel (SPD) und den MdL Hubertus Kramer (SPD) und natürlich den Ortsvereinsvorsitzenden Christian Zink (SPD), den Fraktionsvorsitzenden Volker Rauleff (SPD) sowie die stellvertretende Bürgermeisterin Anita Schöneberg (SPD).Nach einer kurzen Zeit ging es auch los.

Vorweg, Rene Röspel (SPD) und Hubertus Kramer (SPD) brachten keine eigenen Beiträge, wie das sonst üblich ist.

            
Zuerst wurden 3 junge neue Mitglieder durch Christian Zink begrüßt, die ihr Parteibuch bekamen. 40 junge Leute hat die SPD Ennepetal nach Christian Zink nun vorzuweisen. Nur die Alten wollen den jungen nicht den Weg frei machen für eine eigene Juso Organisation.

Der Wunsch nach einer eigenen Jugendorganisation soll von den Jungen selber kommen, so Christian Zink. Aber sollten Jugendorganisationen nicht erst mal durch erfahrene alte Mitglieder, zumindest formal, mit der Jugend auf den Weg gebracht werden?

Denn die Jugend bringt neue Ideen aber auch neuen Schwung. Sollten die Jugendlichen nicht ihre eigenen Ideen entwickeln ohne das Dreinreden der Alten?  In Ennepetal sieht man die Jugend anscheinend nicht so gerne, auch in den Parteien nicht. Na ja, die FDP und die Bündnisgrünen haben ja auch keine Jugendorganisation, dass könnte als Ausrede dienen. Oder auch, vielleicht gibt das ja noch was. Die Jugendlichen verzogen sich dann auch wieder in die hintere rechte Ecke, wo noch Plätze frei waren.

Die Jugend hätte während des Wahlkampfes schön Flyer verteilt, so merkte Anita Schöneberg an. Prima, so lobt man sich Wasserträger heran um die eigene Machtposition zu festigen.

Und dann kam der Vorsitzende Christian Zink in Fahrt:
Die SPD wäre die einzige Opposition in Ennepetal, nicht die Grünen und auch nicht die FWE, so Zink. Irgendwie habe ich da was verpasst in dem zurückliegenden Jahr. Es gab und gibt keine Opposition! Die SPD, mein Gott, die üben ja noch. Genauso wie Wilhelm Wiggenhagen den Bürgermeister übt.

Wir machen Politik für die Armen und für die Reichen, so die Replik auf Walter Faupels (CDU) Vorwurf, die SPD mache Klientelpolitik. Zink definierte den Begriff der Volkspartei neu. Das er sich damit jedoch dem Grundverständnis der SPD entfernte schien keiner zu bemerken. Arm und reich sind Grundbegriffe aus der Soziologie und beinhaltet einen Grundkonflikt der Gesellschaft. Und diesen Grundkonflikt galt es immer zu mildern und abzubauen, dies war das Grundverständnis der SPD. Im Gegensatz leben die Konservativen, sprich die CDU, mit diesem Grundkonflikt und wissen ihn noch zu verschärfen.

Dann ging er auf die "Giftliste" ein, die Faupel (CDU) entgegen der Abmachung vorzeitig veröffentlicht hat. Nun wurde es bestätigt, dass in der "Kungelrunde" über Einsparungen gesprochen wurde – ein Unding. Während in anderen Städten vorbildlich die Parteien öffentlich über Sparvorschläge diskutieren, die Kämmerer so genannte Eckpunkte veröffentlichen, macht man das in Ennepetal in geheimer Runde. Das hat nichts mit Demokratie zu tun, eher mit einem längst vergessenen Gutsherrensystem.

 Indirekt gab er damit zu, dass der Bürger nach interner  "Kungelrunde"- Diskussion vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollten. Kürzungen im sozialen Bereich will die SPD nicht hinnehmen, so Zink, nur, wie passt das denn zu der arm/reich Politik die er, Zink, vorher aussprach? Bildungspolitik brach Zink auf die Probleme der anstehenden Schulschießungen in Ennepetal herunter. Er versuchte zwar die neue Landespolitik darzustellen, was ihm jedoch nicht gelang. Hier scheint er die neue Schulpolitik von Ministerin Sylvia Löhrmann (Bündnisgrüne), die sie in einer Pressekonferenz darlegte, nicht durchgelesen zu haben.

Indirekt vertrat er die konservative Meinung des dreigliedrigen Schulsystems, indem er auf die Selbstbestimmung der Kommunen im schulischen Bereich hinwies. Das die neue Landesregierung einen Paradigmenwechsel favorisierte scheint in Ennepetal noch nicht angekommen zu sein. Dann die Einlassungen zu der allseits bekannten Unparteilichkeit von Wilhelm Wiggenhagen, die meines Erachtens keiner Erwähnung mehr bedürfen. Wiggenhagens so genannte Unparteilichkeit ist ja das große Plus der CDU, denn nur so konnte und kann die CDU immer wieder suggerieren, sie würde für den Bürger Politik machen. Von der CDU strategisch genial eingefädelt und dies schon seit 10 Jahren. Das die SPD sich daran noch abarbeitet ist nicht nachvollziehbar. Das Wiggenhagen eine unterirdische Leistungsbilanz und ein schlechtes Image nach einem Jahr vorzuweisen hat, kann man getrost auch der CDU zuordnen. Denn die "Hundewiesen CDU" ist nach einem Jahr Rat der Stadt auch noch nicht politisch tätig geworden.

Zink geißelte noch die mangelhafte Informationspolitik indem er als Beispiel eine Einladung per email 1 Tag vorher erhielt, die er nicht abrufen konnte. Auch die mehrfache telefonische Nichtbesetzung der Zentrale im Rathaus unter der Nummer 979-0, wo man lange Zeit in einer Warteschleife verbringen musste, bemängelte er. "Er (Bürgermeister Wiggenhagen d.Redaktion) hat seinen Laden nicht im Griff" so sein Ausruf. Zum Schluss schlug er ein Bürgerbüro in Milspe vor, welches in einem der vielen leer stehenden Ladenlokale für ältere und Behinderte errichtet werden sollte. (Wie war das noch mal mit den Seniorenzuschüssen, sind die nicht dem Sparzwang zum Opfer gefallen? )

Die FWE die nichts anderes als eine mehr oder weniger CDU Truppe ist, weil sie CDU Politik macht, sollte doch endlich mit ihrer Umfrage zum Bahnhof in den Rat vordringen, so Zink. Zink fragt sich ob die Umfrage überhaupt schon gestartet wurde und endete damit.
    
                       
Nun kam Volker Rauleff (SPD) zum Zuge. Er versuchte die mit dem Haushalt 2010 verbundenen Ungereimtheiten schön zu reden. Es müsse bei Gründung einer AÖR (Anstalt öffentlichen Rechts) solch eine teure Beraterfirma genommen werden; denn immerhin, konnte Ennepetal dem Haushaltssicherungskonzept in 2010 dadurch entgehen. Und durch die Gründung der AÖR könnte Ennepetal ja auch Geld sparen. Das gipfelte nunmehr in der Formulierung: Wenn jemand was nicht so recht verstanden hätte, so möge er doch bitte anrufen, damit man ihm erklären kann, wie er es zu verstehen hat.

Er warf dem Bürgermeister Wiggenhagen mangelhafte Zusammenarbeit und eine verfehlte Informationspolitik vor und endete damit, dass er der Stadt Ausgrenzungspolitik vorwarf.

Alles in allem sollte man sich fragen inwieweit die Ennepetaler SPD sich der Tragweite ihres Tuns und ihrer Rede bewusst ist. Zusammenarbeit ist ja schön und gut und ist auch in der Demokratie sogar notwendig, dies aber nur soweit indem die Belange der Stadt und seiner Bewohner nicht zur Seite geschoben werden. Auch ist es zweifelhaft inwieweit diese Verhaltensweisen sich mit einer guten sozialdemokratischen Oppositions-Politik vertragen.
Rauleff ging mit keinem Wort auf die Notwendigkeit der 300.000,– Euro für die Beraterfirma ein, nein, er fand das so in Ordnung. Auch erwähnte er mit keinem Ton, dass er als gelernter  KFZ-Mechaniker in einem interfraktionellen Vortrag der Firma Pricewaterhouse diesem sicher fachlich nicht folgen konnte. Er suggerierte den Anwesenden als wenn er alles verstanden hätte, was aber durchaus in Frage gestellt werden kann. Er hat mit diesem Vortrag, der unter Beratern einen Wert von rund 10.000,– Euro hat, mit seinen Kollegen der Stadt sehr viel Geld gekostet. Die Vermeidung des Haushaltssicherungskonzeptes 2010, was sehr fragwürdig ist, hat die Stadt Ennepetal sicher einen Betrag im oberen sechsstelligen Eurobetragsbereich gekostet.
Und warum? Nur damit der Kreis der Stadt Ennepetal nicht in die Karten schauen kann?
Man sollte sich die Frage stellen, warum in 2010 nochmals frei die Gelder verwendet werden sollten. Kann es sein, dass in 2010 Gelder verteilt werden, die der Kreis so niemals bewilligt hätte?

Und so möchte ich mit dem Degenhardt Lied enden:

Da hockt die ganze Stadt und mampft,
dass Bratenschweiß aus Fenstern dampft.
Durch die fette Stille dringen Gaumenschnalzen,
Schüssel klingen, Messer, die auf Knochen stoßen,
und das Blubbern dicker Soßen.
Hat nicht irgendwas geschrien?
Jetzt nicht aus dem Fenster sehn,
wo auf Hausvorgärtenmauern
ausgefranste Krähen lauern.
Was nur da geschrien hat?
Ich werd so entsetzlich satt.

 
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

Wie gewonnen, so zerronnen

[jpg] Da jubelt der SPD Vorsitzende Christian Zink über die Studie von Allensbach, die im Zeitraum 01. August bis 12. August gemacht wurde. Hurra, meine SPD hat einen Prozentpunkt Vorsprung vor der CDU. Ganz aus der Puste war er und musste sich danach vor Glück setzen.

Die CDU hatte in der Studie 31%, die SPD 32% und die Bündnisgrünen 17%. Endlich geht es aufwärts. Hatten die beiden Volksparteien CDU und SPD, die schon lange keine Volksparteien mehr sind, doch durch geduldiges Aussitzen der Probleme den Souverän nicht überzeugt ihnen die genommenen Mehrheiten wieder zu geben. Mehr aus Gefälligkeit als aus Überzeugung gibt der Souverän mal der einen Partei oder der anderen Partei einen Prozentpunkt. Nur 14% der Deutschen sind noch überzeugt, dass eine der beiden Parteien CDU oder SPD die Geschicke des Landes übertragen bekommen sollte, ja, das diese überhaupt ein Problem lösen können. Das sind doch überzeugende Zahlen?!

Und kaum ist der Jubel verhallt, kommen Forsa und Emnid, zwei weitere Institute,  mit neuen Umfrageergebnissen an und die stellen die Zahlen von Allensbach auf den Kopf.

Emnid meldet: CDU 32%, SPD 29%, Bündnisgrüne 17%
Forsa meldet:   CDU 30%, SPD 27%, Bündnisgrüne 20%

Beide Institute melden 1% Punkt mehr für die CDU und einen Prozentpunkt weniger für die SPD, das geht seit Wochen so. Mal gewinnt die SPD und mal eben die CDU.  Die einzige Konstante die man durch die Umfragen als denkender Politiker ersehen kann, ist die, dass die  Bündnisgrünen sich seit der Bundestagswahl nahezu verdoppelt. haben.

Und was bitter ist für beide Parteien, bei 30% hört es mit dem Volksparteienstatus auf, heißt, sie decken die Themenfelder nicht mehr zur Gänze ab. Sie sind dann nur noch eine Interessenpartei, wie eben die FDP; Bündnisgrünen oder die Linke.
Und da geht doch der große Vorsitzende Christian Zink her und macht den Bündnisgrünen in Ennepetal ein Angebot, sie mögen doch unter die rote Bettdecke kommen. Wenn die SPD so weiter macht, also solch eine schlechte politische Arbeit abliefert, kann es vielleicht sein, dass die Bettdecke in Zukunft grün aussieht. Es kann gut möglich sein, wenn die Bündnisgrünen in Berlin und Düsseldorf weiterhin eine gute Arbeit machen, dass sie die beiden Parteien CDU und SPD sogar überholen. Jürgen Trittin oder Renate Künast in Berlin, aber auch Sylvia Löhrmann in Düsseldorf, haben durchaus das Potenzial die Bündnisgrünen nach vorne zu bringen.

Hier in Ennepetal dominiert die Familie Hofmann die Bündnisgrünen und die sind nur dadurch aufgefallen, dass Sabine Hofmann 25 Jahre im Rat der Stadt nicht aufgefallen ist. Die politische Arbeit überlassen sie lieber der CDU mit denen sie in ewiger Freundschaft verbunden sind – mehr aber auch nicht.
Was sagt uns das jetzt? Wahlen werden nicht mit Umfragen gewonnen, sondern durch gute politische Arbeit. Und solch eine politische Arbeit vermisst man auf der "Insel der Glückseligen".

Ach übrigens, ist der Antrag "Hundewiese" der CDU schon durch? Ist sehr, sehr wichtig für Ennepetal. Senden wir damit doch im Kreis ein positives Signal aus: Ennepetal, ein Herz für Hunde!

Ach ja, und jetzt haben wir auch noch eine weitere Möglichkeit gefunden die politische Ideenlosigkeit zu überwinden. Die Bürger sollen laut SPD ihre Wünsche, so die anderen Parteien zustimmen, bezüglich des Haushalts im Rathaus einreichen. Na das ist doch schon was, politische Arbeit als Wunschkonzert.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

 

Was ist nur mit der SPD in Ennepetal los?

[jpg] Nun hat der neue Parteivorsitzende der SPD Siegmar Gabriel auf dem Dresdener Parteitag verkündet, die "Basta" Politik ist vorbei. Müntefering wurde  auf das wohlverdiente Altenteil geschickt ( War ja auch schon über 67 ) und Steinmeier vorerst einmal  auf den Fraktionsvorsitz abgelegt. Und Peer Steinbrück? Der wurde von Berthold Beitz in den Aufsichtsrat von Thyssen/Krupp geholt. Die Ära Schröder wurde damit Geschichte.

Ab sofort können, dürfen, sollen die Genossen wieder diskutieren. Man wolle wieder auf die Mitglieder/Genossen hören, weil die Mitglieder/Genossen ja wieder auf das Volk zugehen sollen. Macht Sinn, denn überzeugte Genossen sind letztendlich auch motivierte Genossen, die die Inhalte einer Partei selbstbewusst vor dem gemeinen Volk vertreten können, sind bessere Wahlkämpfer.

Ein starkes Signal, man sollte meinen die Genossen vor Ort, müssten jetzt vor Freude in die Luft springen. Es sind nur rund 550 km von Dresden bis nach Ennepetal, sprich, 6 Stunden Autofahrt.

Am Samstag fand sich, eine Woche nach Dresden, nunmehr der Ortsverband der SPD Ennepetal zusammen, um über die vergangenen drei Wahlen und deren Auswirkungen zu diskutieren. Meine Erfahrung sagte mir, es könnte sehr lange und spät werden; aus meinen früheren Wuppertaler Zeiten wusste ich, es könnten Endlosbeiträge in sehr erregter Form werden. Zumal denn noch der Bundestagsabgeordnet Rene Röspel und der Landtagsabgeordnete Hubertus Kramer auf dem Programm standen.

Was bot sich mir aber? Ein durch und durch schmusiger Nachmittag dessen Ende von den Initiatoren, mit der Belegung des Raumes nach 18:30Uhr durch eine andere Veranstaltung schon vorprogrammiert war.

Breiten Raum nahm die Debatte um die Bürgermeister Stellvertreterwahl ein, offensichtlich ist hier noch ein gewisser Verarbeitungsaufwand notwendig. Der CDU waren die ungeschriebenen Regeln übrigens im Grenzfall immer schnuppe, wenn es um den Machterhalt ging. Warum die SPD sich da noch lange damit aufhält ist mir schleierhaft, zumal der Wahlkampf doch am Anfang durch die CDU "Hessische Züge" annahm.
Die Parteispitze um Zink, Rauleff und Schöneberg wusste aber auch nichts Inhaltliches für die Zukunft vorzutragen, formell wolle man nur bei Haushaltskürzungen im sozialen nicht mitmachen.

Zu den gestiegenen Kosten der vier Stellvertreter aber auch der Auschüsse und deren Besetzung, wusste der Fraktionsvorsitzende Rauleff nur zu sagen: Demokratie wäre eben teuer, und eine Stadt müsse sich so was leisten können. 70 Positionen müssen nun durch die SPD besetzt werden, sparen kann man das sicher nicht nennen und ob dieser höhere Aufwand ein effizienteres Arbeiten bringt, ist mehr als fraglich.

Zwei Themen erschienen uns doch mehr als fragwürdig:

1.    Das Thema Streetworker, also aufsuchende Jugendarbeit.
Die Fortführung des Streetworkers macht so keinen Sinn, wenn nicht der Konsequenzen aus dieser Arbeit bedacht wird, wenn das Jugendamt schon bei 2.000,– Eur streikt. Wie wird das denn sein, wenn der Streetworker herausbekommt, es müssten weitere Investitionen getätigt werden um die Jugendlichen von der Strasse zu bekommen? Dann ist die CDU Alternative die bessere, den Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten bis die Jugendlichen kriminell werden. Die Folgekosten, nämlich einen Aufenthalt in einer JVA, trägt dann das Land NRW.

2.    Die SPD lamentiert, dass sie bei einem Gespräch der politischen Parteien, der SIHK und Ennepetaler Unternehmer nicht erwähnt wird. Thema: DSL Anbindung in den etwas entfernten Stadtgebieten.

a)    Wer oder was hindert denn die SPD anständige Öffentlichkeitsarbeit zu machen, wo sie dieses Thema so gar erweitern kann?
b)    Wieso hat sie sich nicht schlau gemacht? Es gibt alternative Lösungsmöglichkeiten, z. B. über den Mobilfunktbereich mittels GPRS oder UMTS und EDGE oder über Kabel. Es muss nicht unbedingt ADSL sein. Der Terminus Breitband steht für mehrere technische Möglichkeiten.

Als ein Bürger mit Migrationshintergrund sich über die etwas nachlässige Behandlung bei der Stadtverwaltung beschwerte und Handlungsbedarf anmahnte, wurde dieser mit ein paar Floskeln abgespeist. Ja man ist froh, wenn man was aus der Bevölkerung höre und überhaupt würde man sich auch um dieses Thema kümmern.

Die Zeit drängte. Schlechte Planung?

Kein Wort über den Wahlkampf, der ganz auf Sympathiekurs für Anita Schöneberg aufgebaut war. Die Strategie, das Timing aber auch das Profil der Ennepetaler SPD war nicht stimmig, war nicht auf Sieg ausgerichtet. Schöneberg stand ganz alleine im Wahlkampf, die anderen waren auf einem wie auch immer gearteten Tauchkurs. Als Wiggenhagen unter dem Slogan "Kompetenz" auftrat, hätte man Zeit genug gehabt gegenzusteuern, tat man aber nicht. Sträflich wurden viele Politikfelder vernachlässigt, man war sich so sicher.

Jugend-, Wirtschafts-, Sozial- oder auch Finanzpolitik waren keine Themen, die überließ man dem Politischen Gegner. Um die Alten stritt man sich mit wechselseitigen Altenheim Besuche oder mit Busfahrten nach Oma Bienenstich.

Weiß man bei der SPD nicht, dass man auf den letzten Metern gewinnt? So wusste die CDU mit einer Telefonaktion zu punkten, besonders und auch, hier in Voerde.

Dann die Öffentlichkeitsarbeit. Die war und ist bei der SPD nur rudimentär vorhanden. Ein paar Bildchen mit der Diggi und ein paar unverbindliche Zeilen jede Woche, sollten wohl reichen. Nein, kompetentes Auftreten sieht anders aus, da waren CDU und FDP der SPD weit überlegen.
Wen wundert es wenn der SPD ihre ureigenste Domäne, die soziale Kompetenz von der CDU abgenommen wurde. Wir wollen kämpfen, so der Vorsitzende Zink. Mein Gott um was denn, wenn man sich gemütlich im Stuhl zurücklegt und sich in nostalgischen Gefühlen sudelt, dass man mal wer war.
 

Dann Rene Röspel, der in seinem Wahlkreis um 9% bzw. um 23.681 Stimmen abgestürzt war, kein Wort über dieses Ergebnis. War halt Bundestrend?
Er versuchte eine Rechtfertigung über die verfehlte Politik der letzten 9 Jahre, was allerdings gründlich misslang.
Es war nicht alles schlecht gewesen, was die SPD in den letzten Jahre gemacht hatte. Was war aber gut?

Die Rente mit 67 war eine klare Rentenkürzung, nur man hatte es mit der Begründung des demografischen Faktors verkauft. Tatsächlich ist das durchschnittliche Rentenalter auf 58 Jahre gesunken, was die Politik jedoch vernachlässigte. Die Leiharbeit, die 1 Euro Jobs, die Hilflosigkeit beim Lohndumping, kein Wort davon. Oder hatte nicht Schröder erst die Finanzmärkte entfesselt, indem er per Gesetz bestimmte Beteiligungen und Anlageformen  zu ließ? Auch hier kein Neubeginn, keine Rückbesinnung, weiter wurschteln ist angesagt.

Warten bis der politische Gegner einen Fehler macht und dann drauf hauen? Ach ja, was war noch einmal mit den Wahlgesetzen? Ja der politische Gegner hat von diesen Überhangmandaten zuhauf profitiert.

Hubertus Kramer gab wenigsten ein paar Argumentationshilfen für die Wahlkämpfer vor Ort heraus.

  • Die CDU geführte Landesregierung hat in den letzten 5 Jahren die Schulden um rund 23 Mrd. Euro gesteigert, trotz der höheren Einnahmen. Sie hatte den Schuldenabbau versprochen.
  • Im Bereich Bildung fehlen 5.000 Lehrer vor Ort, rund 5 Mio Schulstunden fallen pro Jahr aus. Durch die Studiengebühren werden Jugendliche aus finanziellen Gründen nicht mehr studieren. Abgesehen davon , dass in Zukunft viele Lehrer wegen Eintritt ins Rentenalter vermehrt ausfallen,der demografische Faktor lässt grüßen.
  • Und dann sind da noch die Pläne der CDU geführten Landesregierung, der Polizei  private Hilfssheriffs zur Seite zu stellen. Auch die Polizei hat ein Altersproblem, man registriert für die nächsten Jahre eine große Zahl von Beamten die in die Pension gehen werden. Personalengpässe sind schon vorprogrammiert. Bleibt die Frage, bekommen die Hilfspolizisten wie in den USA dann auch eine Pumpgun und 9 mm Pistolen?

Das war es aber auch schon. Offensichtlich steht die Strategie auf Landesebene noch nicht. Kramer versprach zu gegebener Zeit noch mal vorbeizuschauen. Wenn die Kugelschreiber gebracht werden?

In den Gesprächen mit den Kollegen aber auch in vielen Artikeln der Kollegen denkt man, die SPD braucht sicher 15 Jahre um sich von der Ära Schröder zu erholen. In keinem Politikfeld wird ihr noch die Kompetenz zu gesprochen. Ihr Profil ist zu unscharf,  sie unterscheidet sich kaum von der CDU oder der FDP. Sie weiß kaum nachvollziehbare Botschaften zu artikulieren. Die personelle Decke von bekannten Führungspersönlichkeiten ist sehr, sehr dünn. Der Generationswechsel ist zu spät und überhastet vollzogen worden und brachte keine profilierten Persönlichkeiten hervor, die Programme glaubhaft rüber bringen können. Gabriel der ja als Siggi Pop schon mal mit Erstaunen durch die Presse ging, wird es sicher nicht bringen.

Was der SPD fehlt ist die glaubhafte Rückbesinnung auf die Werte, die sie mal ausmachte. Auch fehlt es an der Basis "vor Ort" an Personen, sie hatten sie mal gehabt, die mit kämpferischen Elan gemeinsame Programmpunkte glaubhaft an den Wähler bringen.

Aber wir sind ja eine große Familie, solidarisch bis zum Ende. Wobei was solidarisch sein soll, das bestimmen die Häuptlinge ganz alleine.
Wenn nicht sofort ein Ruck durch diese Partei geht, dieser Ruck kann auch von unten kommen, wird diese Partei sich demnächst mit der FDP, Bündnisgrünen und Die Linke um den dritten Platz streiten. Wobei nicht klar ist wer den zweiten Platz belegen wird. Ich höre schon die Stimme, die sich darüber freut einen Punkt vor der FDP zu liegen.

Was bleibt? Wir haben 50 Jahre Godesberger Programm zu feiern. Das war damals die Wende. Ob man das aber heute noch mal kann? Es kann aber auch sein, nur darauf sollte die SPD nicht spekulieren, dass auch der CDU der Volksparteienstatus vom Wähler abgenommen wird. Nur am 5. Mai 2010 ist in NRW Wahl, ich bin verhalten  gespannt wie die SPD sich berappelt.

Jürgen Gerhardt