Ennepetal macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt
Es wurde in den letzten 40 Jahren viel über das Haus Ennepetal geredet, immer schwankten die Gespräche zwischen abreißen und entwickeln. Man kann sagen, die Ennepetaler entwickelten eine gewisse Hassliebe zu ihrem Haus Ennepetal. Wobei die Ennepetaler nicht deckungsgleich mit der Gesamtbevölkerung sind, der einzelne Ennepetaler Bürger ist gegenüber seiner Stadt phlegmatisch und depressiv, er fühlt sich dem Treiben der politischen Kaste und der Verwaltung hilflos ausgeliefert. Wenn wir also von dem Ennepetaler sprechen, so sprechen wir über die politische Kaste und die Verwaltung, die die Stadt Ennepetal irgendwie in Geiselhaft genommen hat.
Das es in Ennepetal schon lange keine Grundversorgung mehr gibt, der Einzelhandel hat sich von der Stadt verabschiedet, bestimmte Bereiche der Infrastruktur werden nicht mehr angeboten oder der kulturelle Bereich niemals einen Faktor in dieser Stadt darstellte, ist ein Zeichen dafür, dass es in Ennepetal weder politische noch administrative Bereiche gab und gibt die die Interessen der Bürger wahrnehmen und umsetzen können.
Als 1973 nach einem Architektenwettbewerb für das Haus Ennepetal der Architekt Scheele mit seinem Entwurf die damalige SPD und FDP überzeugte und den Zuschlag bekam, brach man auf, um eine neue Mitte für Ennepetal zu bauen. Die alten mittelständischen Industriebauten mussten weichen und es entstand ein Mehrzweckbau der weit in die anderen Städte strahlte. Die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld baute neben dem Haus Ennepetal, was die städtebauliche Mitte noch betonte.
Der Bau selber steht außerhalb der damaligen innerstädtischen Bauweise der damaligen Zeit, aber, und das sollte nicht unerwähnt bleiben, dieser Bau entspricht dem damaligen Strukturalismus des Gründervaters dem Niederländer Aldo van Eyck oder eines anderen Vertreters dieser Stilrichtung dem Japaner Kenzō Tange. Nur Ennepetalern mit Kultur zu kommen, ist vollkommen sinnlos und entspricht nicht ihrer Wesensart oder Tradition.
Wenn jetzt in der Pressekonferenz vom 16.Mai ´17 mit Bürgermeisterin Imke Heymann, dem Kämmerer und Beigeordneten Dieter Kaltenbach, dem SPD Vorsitzenden Volker Rauleff und dem Geschäftsführer der Kluterthöhle & Freizeit Verwaltungs- und Betriebs-GmbH & Co. KG Florian Englert, davon gesprochen wurde, dieser Bau wäre ein banaler Bau der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts, ist das schon ziemlich ignorant. Aber in Ennepetal gilt, keine Bildung ist auch eine Bildung.
Auch das Herr Englert von sogenannten verwinkelten Begehungen des Hauses spricht, ist der damaligen bewussten Planung geschuldet, die eine andere Nutzung vorsah als die später in der Realität umgesetzte.
Ach ja, ein Nutzungskonzept für das derzeitige Haus Ennepetal gab es damals nur von Architektenseite und dem damaligen Beigeordneten für das Bauwesen Ingo Mehner, nur wusste man es nicht in Folge umzusetzen. Und das notwendige Geschäftsmodell wurde schlicht und ergreifend nie entwickelt, zumindest war es nicht transparent. Diese fehlenden betriebswirtschaftlichen Grundmodelle, wie man Werte mit einem wirtschaftlichem Objekt (Haus-Ennepetal) schaffen konnte, wurden bis heute nicht erarbeitet. Warum auch, die Stadt schoss doch jedes Jahr Geld in das Haus, und zwar nicht zu knapp. Die Frage nach einer Auslastung dieses Hauses wurde nur im nichtöffentlichem Bereich gestellt. Es fehlte schlicht und ergreifend betriebswirtschaftlich geschultes Personal, welches aus diesem Haus etwas machen konnte. Und von öffentlicher Seite wurde dieses Treiben einfach so hingenommen.
Abriss und Neubau von Haus Ennepetal
Wenn wir also heute über einen Abriss und einen Neubau sprechen, so verlieren wir die Leuchtturmfunktion dieses Hauses. Mit der favorisierten Vorgehensweise, das Mehrgenerationenhaus wird zuerst auf dem benachbarten Gelände neu erbaut, wahrscheinlich weil für dieses Haus die Förderbeträge gehalten werden müssen nicht zurück gezahlt werden sollen, abgesehen davon, dass es jährliche Zuschüsse gibt. Bis hierhin hat die Stadt Ennepetal schon 11,5 Millionen Euro (plus) verbraten. Plus deshalb, weil die Stadt zwar den Grund und Boden erworben hat, den Wert jedoch nicht in die Kalkulation hat einfließen lassen. EN-Mosaik geht davon aus, hier sollte mit insgesamt 15 Millionen Euro gerechnet werden.
Wenn der Teil Mehrgenerationenhaus neu aufgebaut ist, wird der Gesamtkomplex Haus Ennepetal niedergerissen und entsorgt. Für den Abriss des Gesamtkomplexes Haus Ennepetal wurden nur undurchsichtige Kosten veranschlagt. Hier sind bei dieser Größenordnung an die 2 Millionen Euro zusätzliche reale Abriss- und Entsorgungskosten zu veranschlagen. Denn die damaligen Industrieprojekte wurden sicher nicht nach den heutigen Maßstäben entsorgt, so das der Boden Überraschungen bieten könnte. Die Stadt Ennepetal betont ja auch, dass es sich um eine Grobschätzung handelt, wie grob, bleibt jedem selber überlassen.
Nachdem das Mehrgenerationenhaus für 17-20 Millionen Euro neu aufgebaut wurde und der Komplex Haus-Ennepetal abgerissen wurde, würde jetzt das Veranstaltungsgebäude Haus-Ennepetal für weitere grob (!) geschätzte 15 Millionen erbaut werden müssen. In der Regel laufen solche „groben“ Schätzungen auf eine Investitionssteigerung um mindestens 100% hinaus.
Spätestens hier wird die Stadtverwaltung die Hand heben und sich bettelarm stellen um den Bau zu verhindern. Politik und Verwaltung werden dann auf das Industriemuseum oder das Gymnasium als alternative Spielstätten hinweisen. Volker Rauleff (SPD) ging in der Pressekonferenz noch ein Stück weiter und pries „seine“ Grundschule in Hasperbach als Spielstätte an. Die Grundschule Hasperbach ist seit Jahren außer Betrieb und wird vom Stadtteil Hasperbach „privat“ für unterschiedlichste Nutzungen immer mal wieder herangezogen. Die Grundschule Hasperbach, scheint inzwischen eine „Kultstätte“ für die Hasperbacher, genauso wie die ehemalige Förderschule in Oberbauer, zu sein. Natürlich auf Kosten des Steuerzahlers.
Aber warum sollte der heutige Neubau von Haus Ennepetal anders verlaufen? Als der Neubau von Haus Ennepetal hoch gezogen wurde, ging Ennepetal auch auf einmal das Geld aus. Haus Ennepetal ist bis heute nicht nach Plan fertig gestellt worden. Einige erinnern sich sicherlich noch an die sogenannte Plattenlösung für Haus Ennepetal. Schnee von gestern. Wie schon öfter von uns bemerkt, hatten Verwaltung und Politik nie aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt. Die Fehler schmerzten, inzwischen findet man die immer mal wieder auftretenden Schmerzen als angenehm und befriedigend.
Das neue Haus Ennepetal
Gehen wir einmal davon aus, alles läuft nach (Grob!) Plan und Haus Ennepetal nebst dem Mehrgenerationenhaus ist 01/2023 komplett hochgezogen worden, alles ist bestens.
Kann das sein? Nein! Was fehlte? Während des Pressegesprächs waren weder ein schlüssiges Nutzungskonzept noch ein ein tragfähiges Geschäftsmodell auszumachen. Auf Nachfrage von EN-Mosaik, wurde auf später noch zu erstellende Konzepte und Modelle verwiesen. Diese Konzepte und Modelle sind und müssen jedoch immer bei der Berechnung der auszuführenden Bauleistung vorhanden sein. Der SPD Fraktionsvorsitzende Rauleff (SPD) meinte sogar, dass die Politik dies so beschlossen hat und es jetzt auch so umgesetzt wird. Dies deutet darauf hin, dass es zumindest der Politik egal ist ob das Haus Ennepetal weiterhin subventioniert wird und mit roten Zahlen arbeitet. Wirtschaftliche Erwägungen spielen in der Politik, zumindest bei der SPD, keine Rolle. Auch auf die Frage, inwieweit man mit einer zukünftigen Auslastung rechnet, wollten Politik und Verwaltung keine Antwort geben.
Dabei sollte es auch einem „Volksschüler“ wie Herrn Rauleff (SPD) klar sein, dass die Größe eines Hauses auch größere Einnahmen erfordern.
Apropos Wirtschaft. Politik und Verwaltung haben ja vor ein paar Monaten ihr „Meisterstück“ in puncto Haus Ennepetal aufgegeben. Das Restaurant, welches eine Runderneuerung durch die Stadt ( Kluterthöhle & Freizeit Verwaltungs- und Betriebs-GmbH & Co. KG) in nicht zu verachtender Höhe erfahren hatte, wurde nach dieser Investition geschlossen. Der Tanzverein der die Räumlichkeiten angemietet hatte, wurde verprellt und hat heute seine Zelte in Schwelm aufgeschlagen, dann muss der Steuerzahler einen Geopark im Haus Ennepetal finanzieren, und zu guter Letzt hat man das Leo Theater auch noch nach Schwelm „vertrieben“.
Und diesen Leuten aus Politik und Verwaltung, soll man bei einer Investition für das Haus Ennepetal trauen?
Architektonische Bedeutung des neues Hauses
Im Moment sehen die eingezeichneten Bauten wie hingelegte Sarkophage aus, billig und zweckmäßig und passend zu den Bauten der Firma Berlet, also, die Verkaufshalle und das Parkhaus. Ein trivialer und banaler Bau, wie es ihn millionenfach auf der Welt gibt. Wie vor beschrieben ist das Haus Ennepetal ein Leuchtturmobjekt welches durch den Dortmunder Architekten Scheele erstellt wurde. Dieser Architekt hatte in der damaligen Zeit Architektenwettbewerbe gewonnen und wurde für seine Arbeiten geehrt.
Ein Wohlfühlort kann es auf keinen Fall werden, noch nicht einmal ein Abklatsch des Gevelsberger Ennepebogen. Da nutzt auch keine Grünfläche.
Erhebt sich die Frage, warum in Gottes Namen, wird das Haus Ennepetal nicht, so wie es ist, renoviert und saniert? Denn die Schwächen des Hauses sind bekannt, die ohne Probleme ausgeglichen werden könnten. Zumal die Kosten mit 21 Millionen Euro (Grob!) doch noch überschaubar sind. Auch wäre der Gastronomiebetrieb im Innenstadtbereich als auch für die Kluterthöhle und die Touristik ein positiver Faktor für die Innenstadt. Die Strukturen des Hauses sind durchaus positiv zu bewerten, nur, man muss sie auch nutzen können und wollen. Und der Bau hat eine Ausstrahlung die der Stadt gut zu Gesicht steht, also Image-fördernd.
Das bis heute fehlende Nutzungskonzept oder das Geschäftsmodell kann man sicher mit einem guten Betriebswirt erarbeiten. Nur qualifiziertes Personal für Ennepetal zu finden, ist sicher schwer möglich. Wer wollte wohl in einer sterbende Stadt seine berufliche Perspektive sehen?
Abschlussbemerkung
Dieses ganze Projekt ist sicher aus der Taufe gehoben worden, weil die öffentliche Hand einen Förderantrag bewilligt hatte. Nur, so das Geld des Steuerzahlers zu verbrennen, erscheint für den Bund der Steuerzahler sicherlich eintragungsfähig zu sein.
Ach was ist die Welt schön, wenn man frei von finanziellen Sorgen, das Geld aus dem Fenster werfen kann.“Zwei mal drei macht vier, widewidewitt und drei macht neune“, so singt Pippi Langstrumpf. Vielleicht hätte sich in Ennepetal, der Insel der Glückseligen wohlgefühlt. Aber nein, lassen wir Pippi ihr unbesorgtes Kinderleben.
Und die Ennepetaler Bürger? Die drehen sich um und fahren weiter durch die Schlaglöcher für die dann kein Geld da ist.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
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