Das alte Paris ist hin……

[jpg] Geschichte wiederholt sich nicht, so sagt man. Die Geschichte hatte jedoch Epochen, die man gerne nachträglich nochmals erleben möchte. Etwas was immer wieder fasziniert sind die Aufbruchzeiten die immer wieder in der Menschheitsgeschichte vorgekommen sind. Es sind Weichenstellungen die bis in die heutige Zeit wirken, die etwas hinterlassen was den Gestaltungswillen des Menschen als Faszinosum erscheinen lässt.

Eines dieser großen geschichtlichen Ereignisse ist die Umgestaltung von Paris im 19. Jahrhundert. Das ehemalige, alte  Paris war in seinem Zentrum eine verwinkelte Stadt mit gebogenen Gassen, die noch aus der Zeit stammten als der dörfliche Charakter sichtbar oder erahnbar war. Denn Paris ist immerhin mindestens über 2000 Jahre alt. Es könnte aber noch älter sein, was jedoch nicht klar datiert werden kann. Gesichert ist nur das Paris von den Römern Lutetia Parisiorum genannt wurde und das seit 53 vor unserer Zeitrechnung.

Zurück zum 19. Jahrhundert. Es war ein Jahrhundert voller Umwälzungen. Und eine dieser Umwälzung war die weit in das nächste Jahrhundert reichende Umgestaltung von Paris. Napoleon III mit seinem Präfekten und Stadtplaner  Georges-Eugène Haussmann griffen derartig in das alte Stadtbild von Paris ein, dass Räume entstanden die bis heute das Bild von Paris prägen. Georges-Eugène Haussmann war zwar in seinem Handeln genial aber viele seiner Eingriffe in die Stadt blieben bis heute sehr umstritten. Beispiel: Haussmann organisierte Paris als absoluten Mittelpunkt Frankreichs. Dies hatte zur Folge, dass alle Verbindungen über Paris laufen mussten, was bis heute noch nachwirkt. Denn die anderen Städte waren nur unzureichend miteinander verknüpft. Aber lassen wir das und wenden wir uns wieder Paris und der damaligen Zeit zu.

Deleuil erfand die elektrische Beleuchtung, Nièpce und Daguerre erfanden die Fotografie oder Eiffel erbaute eines der heutige Wahrzeichen Paris, den Eiffelturm. Diese umwälzenden Neuerungen bewegten auch die Kunst. Und so ist es nicht verwunderlich das der Impressionismus, eine Stilrichtung in der Malerei, in dieser Zeit seine Geburt hatte. Der Impressionismus war, bedingt durch seine themenhaften und stilistischen Neuerungen,  der Wegbereiter der modernen Kunst. Er bewegte die damalige Kunst in allen Bereichen wie die Musik, Literatur oder die Fotografie und den Film. Alle schauten den Veränderungen welche die Metropole Paris erbrachte zu und begleiteten diese Einschnitte in diese Stadt. Es waren widersprüchliche Gefühle welche die Menschen und damit die Künstler erlebten. Einesteils gab es eine Begeisterung für die Veränderungen, andererseits gab es eine Traurigkeit für das für immer Vergangene. Manet, Pissarro, Monet, Caillebotte oder Degas, um nur einige zu nennen, sahen und malten die Eindrücke die sie mit der Verwandlung von Paris erlebten. Aber auch die Fotografen standen nicht abseits, so hielten  Gustave Le Gray, Edouard Baldus, Charles Marville, Louis-Emile Durandelle, Henri Rivière oder Eugène Atget die Veränderungen der Stadt auf ihren Fotos fest. Wenn man so will waren sie diejenigen die eine fotografische Dokumentation erbrachten.

So hat es sich das Folkwang Museum zur Aufgabe gemacht analog zu den Bestrebungen für eine Metropole Ruhr im Kulturhauptstadtjahr 2010, welches einen bedeutenden Impuls erbringen soll, den Impuls der damaligen Zeit im damaligen Paris in Form der Ausstellung

Bilder einer Metropole
Die Impressionisten in Paris

zu präsentieren.

Folkwang zeigt in dieser Ausstellung eindrucksvoll den Wandel der Metropole Paris und das im Herzen der Metropole Ruhr.

Und so ist die Ausstellung angeordnet als wenn der Besucher einen Rundgang durch das damalige Paris des Aufbruchs und der Veränderung machen würde. Da sind die Brücken, die Plätze, die Strassen, die Parks aber auch die Idylle der Vororte in ihrer Entstehung aber auch Vollendung zu sehen. Die Fotografie zeigt die imposanten industriellen Bauten, wie Brücken, Bahnhöfe oder Häuser.

Einige der Bilder haben wir bei der Pressekonferenz stellvertretend eingefangen um den roten Faden einmal sichtbar zu machen.

  Nächtlicher Zauber zeigt hervorragend die Stimmung die durch die Weltausstellung von 1900 ausgelöst wurde.

Der Eiffelturm im Hintergrund vor ihm eine Brücke und auf der Seine Boote, alle beleuchtet. Die Elektrizität war noch etwas was nicht selbstverständlich war. Man machte die Nacht zum Tag. Auf der Brücke drängen sich Menschen die allesamt der Stimmung des Besonderen erliegen.

Die Horizontale der Brücke scheint hier einen Weg zwischen dem Vergangenen und dem Zukünftigen darzustellen. Der Beginn der Moderne.

Maxime Maufra   
Nächtlicher Zauber Weltausstellung 1900
   
   

 In dem Restaurant Chez le père Lathuille umwirbt ein junger Mann eine junge Frau.

Was an der Stimmung besonders hervortritt sind die weichen Farben und die des Lichtes, die dem Werben des jungen Mannes einen zärtlichen Ausdruck verleihen.

Typisch für ein impressionistisches Werk.

Édouard Manet
Chez le père Lathuille
   

 

Die junge Fotografie zeigte die ganzen Ausmaße der damaligen Bauten.

Es ist ein Albuminabzug von einem Glasnegativ. Offensichtlich war der Fotograf von den Dimensionen dieses Bauwerkes sehr beeindruckt, so zeigt es zumindest seine Perspektivauswahl.

Louis-Emile Durandelle
Discontbank Bauarbeiten
   

  Der Gegensatz des schweren Stahlträgers und die Leichtigkeit der Passanten die in der Sonne flanieren, deutet an, dass die  Menschen die neue Zeit wie selbstverständlich angenommen haben.
Gustave Caillebotte
Der Pont de l´Europe
   

  Aber die neue Zeit brachte auch neue Probleme. Streiks und Aufstände in Paris brachten neue Formen des Arbeitskampfes.

Auf der linken Seite sieht man formiert die Staatsmacht der doch mehr ungeordneten Gruppe der Streikenden gegenüber.

In der Mitte ein großer freier Platz, der die Sprachlosigkeit dokumentieren könnte, die zwischen den Parteien herrschte. Fast teilnahmslos stehen die Bürger dem Treiben gegenüber.

André Devambez
Der Angriff
   

 

Eine Besonderheit dieser Ausstellung sind die stereoskopischen Aufnahmen.

Linde Arndt hat einmal versucht mit der  Kamera ein dahinter liegendes Bild auf zu nehmen.

Normalerweise muss man durch ein Glas schauen um die Bilder zu sehen. Es sind besondere Bilder die die damalige junge Fotografie erstellte.

     

Die Entscheidung, welche Bilder wir fotografieren sollten, sind von uns gefühlsmäßig gemacht worden. Die  Bilder sollen also einen winzigen Einblick in diese Ausstellung  gewähren. Die ganze Pracht aber auch das Gefühl für die damalige Zeit ist jedoch nur möglich indem man sich wie ein Spaziergänger von dieser Ausstellung führen lässt. 16 Themen in 13 Räumen beleuchten ein Paris im Aufbruch der damaligen Zeit. Und dieses Führen ist die Stärke dieser Ausstellung. Nach diesem Spaziergang wird Paris zwangsläufig eine Metropole sein, die seine damaligen Vorstädte vereinnahmt hat. Man sollte jedoch nicht vergessen, wir befinden uns im Kulturhauptstadtjahr 2010. Und es ist nicht schwer den Faden  der in dieser Ausstellung liegt aufzunehmen und ihn in den Städten der Metropole Ruhr weiter zu spinnen. Diese Metropole wird jedoch keinen Vereinnahmungsprozess anstreben, vielmehr wird es im Endstadium eine polyzentrische Metropole geben. 

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Januar 2011 geöffnet.
Weiter Informationen entnehmen sie bitte der Internetpräsenz: http://www.museum-folkwang.de

Hier noch ein paar Fotos von der Pressekonferenz im September.
[Alle fotos © Linde Arndt]

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen

Einfach nur Ehrfurcht – Folkwang-Museum in Essen

[jpg] Vorbemerkung:  Als wir 2006 erfuhren, dass Essen den Zuschlag für die Kulturhauptstadt bekommen hatte, wussten wir auch schon von dem Konzept der Regionalpräsentation. Wir beobachteten das Ganze. Wir sahen wie sich Stadt für Stadt der Region mit den unterschiedlichsten Projekten meldeten und eingebunden wurden. 2008 stellte das Land NRW den Städten der Region, auf Intervention der Ruhr 2010, pro Einwohner EUR 2,– zur Verfügung. Dieses Geld sollte dafür verwendet werden um eine Beteiligung nicht an den finanziellen Möglichkeiten scheitern zu lassen. Wieder meldeten sich Städte mit Projekten an. So entstanden die 52 +1 Stadt, die das Ruhrgebiet in vielen Bereichen nach vorne bringen sollten.

Ab März 2009 fragten wir die Verantwortlichen in unserer Stadt womit sie sich denn einbringen wollten. Ob die Partnerstadt Vilvoorde mit dabei wäre, immerhin hat Vilvoorde  eine recht lebendige Kunst- und Kulturgemeinde. Wir ernteten nur ungläubiges Staunen oder Phrasen bei unseren Ansprechpartnern. Es kam uns so vor, als wenn wir nach etwas Außerirdischem gefragt hätten, was für die Stadt und die Politik weit weg wäre.

Nun, wir und damit alle Ennepetaler Bürger, gehören zu dieser Region, für die einen am Rand und für die anderen mittendrin. Wir aber wollten mittendrin sein, wir wollten nicht zu dieser durch Politik und Verwaltung stillschweigend ernannten "Insel der Glückseligen" gehören. Wir, und damit Ennepetal wollten dabei sein.

Aus diesem Grunde haben wir uns recht frühzeitig bei der Ruhr2010 akkreditiert um auch allen Ennepetalern die Möglichkeit zu geben zumindest über unseren Zeilen dabei zu sein. Freude, Staunen, Inspiration, Nachdenklichkeit, Rührung, Emotionen, Denkansätze, Begeisterung und auch Enttäuschungen (Bis jetzt noch nicht), das wollten und wollen wir mit unserem Dabei sein vermitteln.

Die Enge die in Ennepetal herrscht wollten und wollen wir sprengen, Türen öffnen für die Nachbarn und für das Andere und die Andersartigen in unserer Region. Bis jetzt wurden wir mit keinem Tag enttäuscht. Und wir erkannten Ennepetal ist größer als nur  31.000 Einwohner, Ennepetal gehört mit zu einer 5,3  Mio großen Region die nicht vielfältiger sein kann. Und Sie und wir sind dabei.

Lassen Sie unsere teils bräsigen und sauertöpfischen Politiker und  so teuren Verwaltungsexperten zurück und folgen Sie uns zumindest geistig in eine Welt, unserer aller Welt, in der trotz überwiegend verschuldeter Städte soviel mehr geht. Von den  52 + 1 Städten  sind immerhin 37 Städte in der Haushaltssicherung, die trotzdem oder gerade wegen dieser Haushaltssicherung für ihre Städte Großes leisten.

Folgen Sie uns heute zum Neubau des Folkwang Museums in Essen.

Für den  27.01.2010 wurden wir zum Pressetermin geladen, also drei Tage vor der eigentlichen Eröffnung. Es waren so an die 100 Vertreter, der Print-, TV-,  Radio- und Online Medien anwesend.

Das alte Folkwang Museum war uns bekannt. Ab und an besuchten wir die angekündigten Ausstellungen und es war immer ein anregender Ausflug, der nach der Besichtigung im Cafe mit guten Gesprächen der Besucher endete.

Nun wusste jeder, das Folkwang Museum ist in die Jahre gekommen, der Fundus war zu groß und die Haustechnik nicht mehr zeitgemäß. Die Exponate im Lager fanden immer seltener Gelegenheit zu einer Ausstellung, kurz, dass Haus war viel zu klein geworden.

Prof. Dr.h.c. Berthold Beitz*, der Vorsitzende des Kuratoriums der gemeinnützigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, hatte 2006 – wie so oft aus dem Bauch heraus – bei seinem Aufenthalt in Kampen die Idee, den notwendigen Neubau des Folkwang Museums über die Stiftung alleine zu finanzieren.

[* Prof.Dr.h.c. Berthold Beitz wird in diesem Jahr 97 Jahre alt. Er hat von 1942 – 1944 hunderte Juden im polnischen Boryslaw das Leben gerettet. Er gehört zu den Deutschen die in der israelischen Gedenkstätte Jad Vaschem als "Gerechter unter den Völkern" 1973 ausgezeichnet wurden. d. Redaktion ]

  In Essen zurück rief er den Stiftungsrat zusammen und trug diese Idee vor. Der Stiftungsrat stimmte einstimmig für dieses Vorhaben. Es war der 23.08.2006 –  Dr. Berthold Beitz wieder in seinem Büro neben der Villa Hügel rief den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Essen Dr.Wolfang Reiniger  und den Leiter des Folkwang Museums Dr. Hartwig Fischer zu sich in die Villa Hügel und eröffnete den beiden, dass die Stiftung den Neubau unter drei Bedingungen finanzieren wolle.
v.l.n.r. Dr.Berthold Beitz und Dr. Hartwig Fischer
   

 

  • der Neubau sollte rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr fertig werden
  • die Stadt Essen muss für die laufenden Kosten des Neubau aufkommen
  • und die Stadt muss Rücklagen für künftige Renovierungen tragen

Dr. Beitz ging davon aus, dass Essen Kulturhauptstadt werden würde, was ja auch geschah. Und –  es sollte eine Stiftung für den Bürger sein – so Dr. Beitz.

Den beiden Herren,  dem OB Dr. Reiniger und dem Museumsleiter Dr. Fischer, blieb die Luft weg ob dieses Glücksfalles. Freudig sagten beide zu.

Was folgte war ein Wettlauf, die Zeit war knapp. Es wurde eine Sichtungs-, Findungs- und Anforderungsphase , die letztendlich in einem Architektenwettbewerb endete, dem ein umfangreiches Profil für den Neubau zugrunde lag. Die Maximen waren: Licht, Raum und Orientierung für diesen Neubau zu erbringen.

Gewonnen hatte diesen Wettbewerb der britische Architekt David Chipperfield, der bei Norman Foster gelernt hatte und in Berlin ein Büro unterhält. Bauherr wurde die Neubau Museum Folkwang Essen GmbH, ein Unternehmen der Wolff Gruppe.

                
                           Entwurf Chipperfield
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Soweit die Vorgeschichte die uns in der Pressekonferenz von Dr. Fischer vorgetragen wurde.

Klaus Wolff von der Wolff Gruppe, welche die Realisation des gesamten Neubaus umsetzte, berichtete sodann von den immensen Herausforderungen die der Neubau mit sich brachte. Er sprach von den  innovativen Materialien die  beschafft und eingesetzt werden mussten, um den Anforderungen der Museumsleitung als auch der Architekten gerecht zu werden. Die Verglasung die ein Spezialglas erforderten oder die Decke und mit ihr das Dach welches ein besonderes Licht erbringen sollte. Dann die enge Zeitplanung die immer wieder mal ins Wanken kam. Letztendlich haben alle die anvisierten Leistungen erbracht, denen sie sich verbunden fühlten.

Das angegliederte Restaurant "Vincent & Paul"  war zu letzt noch ein Problem. Hierfür fand sich auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kein ambitionierter Pächter, die Firma Wolff Gruppe sprang ein und übernahm das Restaurant in Eigenregie, mit gehobener Gastronomie der asiatischen und mediterranen Küche, um es sodann nach Einführung an einen geeigneten Pächter weiter zu reichen.

Für Wolff ist es das schönste Museum der Welt.

Oberbürgermeister Reinhard Paß war glücklich mit der Stadt Essen diesen gelungen Neubau in den Stadtmauern zu haben und schloss sich dem Anspruch, das schönste Museum der Welt zu haben, an.
 

David Chipperfield, als Architekt,  referierte über seine Gedanken zu diesem Neubau, über deren Umsetzung er sehr zufrieden sei.

Mit Chipperfield, Alexander Schwarz von Chipperfield Architects, Fischer als Museumsleiter und Klaus Wolff von der Wolff Gruppe stellte sich ein Team vor, was sich gegenseitig ergänzte.

        
     
                 

v.l.n.r: Wolff / Fischer / Chipperfield / Schwarz
 


Räume

Es gibt den Begriff wonach Museen die Kathedralen der Jetztzeit seien. In der Regel sind Kathedralen jedoch von einer festen Mauer umgeben, wobei der Eingang mit dementsprechender Freitreppe wie eine Einladung wirken soll. Nicht so der Neubau des Folkwang Museums. Die Räume sollen fließend vom Außen nach Innen gehen, doch sollte man an keiner Position von dem anderen Raum abgeschnitten sein. Der Eingangsbereich ist schon ein Raum für sich, zwar im Freien, jedoch hat man durch die Glaswand schon die Verbindung zum Innenbereich. Man sieht und ahnt die einzelnen Abteilungen, fühlt sich  hineingezogen. Es bedarf keiner Einladung, es bedarf nur eines selbstverständlichen Schrittes um die unsichtbaren Grenzen zu überschreiten.

Innen angekommen, fühlt man noch den öffentlichen Raum, sieht den Verkehr über die Bismarckstraße, die Fußgänger über den Gehwegen aber auch die anderen Bauten ringsum. In dem Bau sind bepflanzte Inseln integriert die eine Verbindung zur natürlichen Umgebung signalisieren. Lange freie Verbindungswege mit Abzweigungen lassen die Abteilungen schon erahnen, es ist als wenn jemand leise zu einem sagt: "Lass Dich auf mich ein."

In den Abteilungen sind gepolstete Bänke aufgestellt, sie laden ein zum Verweilen, zum Betrachten, dem Berühren lassen durch die Exponate. Ein Gefühl der Weite stellt sich ein, Weite die den Geist frei macht zum Empfangen der geistigen Strömungen der Kunst.

Licht

Wenn man durch die Abteilungen geht, merkt man das Licht berühren, es Stimmungen erzeugen, ja sogar schmecken kann. Licht kann zerstören, man denke an die alten vergilbten schwarz/weiß Fotografien, die jeder von uns schon einmal gesehen hat. Nicht so im Folkwang Museum. Licht hat hier eine besondere Qualität. Durch die Glasfassade und die besondere Decke, erscheint das Licht zu jeder Tageszeit anders, nicht verfälschend sondern unterstützend.
                         

Jeder von uns ist den unterschiedlichen Tageszeiten, den Witterungsbedingungen aber auch den Jahreszeiten stimmungsmäßig ausgesetzt. Wir sind stark abhängig von den Lichtverhältnissen. Wer schon einmal ein Museum besucht hat, wird bemerkt haben, die Exponate sind in der Regel immer gleichmäßig und indirekt ausgeleuchtet, das bedeutet,  sie vermitteln keine natürliche Stimmungen.

Das Kunstwerk sieht immer gleich aus, hat damit auch eine immer gleiche Ausstrahlung. Nur stellt man das Bild in den Kontext des Künstlers und darüber hinaus des Betrachters, müsste sich eine andere Wahrnehmung einstellen. Und da setzt das Radikale des Folkwangmuseums ein, zu jeder Tageszeit sind andere Lichtverhältnisse, die das Kunstwerk eben in einem anderen Licht erscheinen lassen Es bedeutet jedoch nicht, dass das Kunstwerk verfälscht wird, vielmehr sollen die durch die äußeren Lichtverhältnisse erzeugten Stimmungen auf die Kunstwerke einwirken.

Im Kleinen können Sie diesen Effekt auch hier beobachten. In Voerde steht vor dem Rathaus eine Skultur die den Nachtwächter darstellt. Gehen Sie einmal bewusst zu unterschiedlichen Tageszeiten dorthin, sie werden bemerken der Nachtwächter hat jedes Mal eine andere Ausstrahlung. Er ist aber immer der Gleiche.
 

Orientierung

In vielen Museen verliert man sich, manchmal entsteht ein Gefühl des Eingesperrt seins. Die verwinkelten Abteilungen auf mehreren Ebenen nehmen einem Energie damit die Orientierung nicht verloren geht, man möchte ja wieder herausfinden. Der Neubau des Folkwang Museums führt  wie an einem unsichtbaren Faden durch die Abteilungen. Immer wieder findet man  zurück und man ist sich sicher den Gedanken, die Orientierung  nicht zu verlieren, zu vergessen. So kann man sich getrost auf die einzelnen Abteilungen und die darin befindlichen Exponate einlassen. Auch die Glasfassade vermittelt hierbei ein Gefühl der Sicherheit, da das Außen ja nicht mehr weit ist, es ist ja fast drinnen. Es ist sofort das Gefühl vorhanden wie in einem schon vertrauten Haus zu sein, an dem alles seinen Ort oder seinen Platz hat – man ist zu Hause.

                                      

Abgrenzung

Es soll ein Haus für den Bürger sein, so Berthold Beitz. Das Folkwang Museum hat seinen Eingang zur Bismarckstraße, einer der verkehrsreichsten Straßen von Essen. Sie ist vierspurig und ist eine Bundesstraße, die B 224. Auf der einen Seite geht es zur Stadtmitte und auf der anderen Seite stadtauswärts oder in einen anderen Stadtteil, wie Essen –  Werden.

Die Intention ist, das Tosende des Verkehrs, welches den Puls der Stadt darstellt, einen  offenen Eingang und keine Barriere durch eine Rückwand entgegenzustellen. Man wollte dem Bürger gegenüber die Offenheit der Museumskunst dokumentieren.

So ergibt es sich wie von selber, dass sich, wenn man die Bismarckstraße heraufkommt, das Bedürfnis des Verweilen wollens, mal eben vorbei schauens, wie bei einem guten Nachbarn. Kein Gefühl der Abgrenzung, wie z. B.  "Halt, hier beginnt ein elitärer Bereich",  welches in einigen Museen zu beobachten ist. Die Überwindung der Grenze erscheint wie selbstverständlich; denn es gehört mir, so meint man.

Wir haben viele, viele gute Gespräche geführt, bei dem anschließenden Essen waren alle berührt von dem Geist der jetzt schon in den neuen Räumen fühlbar wurde. Es sind erhabene Momente die einen erfassen, die einen aus dem Alltag fliehen lassen. Persönlichkeiten, die auch Persönlichkeiten sind, deren Wort von einer innerer Freiheit zeugen, die souverän auftreten und mit ihren Leistungen überzeugen. Wort und Tat fallen hier nicht auseinander, sie sind eins.

Als ich auf den Rückweg war, war ich trunken von den Eindrücken und war nicht in der Lage sofort einen Artikel zu schreiben, man mag mir das entschuldigen.

Ab März 2010 ist auch der Altbau fertig, so dass dann das Folkwangmuseum komplett ist.

Am 20.03.2010 beginnt eine große Sonderausstellung, die die Kunstsammlung des Folkwang Gründers Ernst Osthaus aus Hagen beinhaltet. Viele dieser Exponate sind auf der ganzen Welt verteilt, weil das Naziregime sie als "entartet Kunst" verkauft hatte, sie wurden teilweise zurück gekauft oder finden sich in dieser Ausstellung als Leihgabe wieder.

Es war ein schöner Tag, dass wurde uns bewusst als wir wieder auf unserer "Insel der Glückseligen" ankamen.

Denken Sie daran auch einmal der "Insel der Glückseligen" zu entfliehen? Tun Sie es einfach.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen.
 

[Bild Nr. 16 Foto Jürgen Gerhardt, alle übrigen Fotos Linde Arndt]