Collage Merkel-Obama Fotos:© Linde Arndt
[jpg] Man muss dem derzeitigen globalen Drama verblüfft zusehen. Die halbe Welt steht in Flammen und allen gehen die Werte, die gestern noch so wichtig waren, am Allerwertesten vorbei. Nein, nicht ganz. In der Berichterstattung der westlichen Medien über den Krieg in Palästina wird nur noch über Tote gesprochen und nicht mehr nach Kindern, Frauen, alten Menschen, Kranken oder Zivilisten unterschieden. Es sollen eben keine Emotionen „geschürt“ werden. Auch sollen die verstümmelten Leichen von Kindern, die über Twitter oder Blogs kursieren, nicht bei den westlichen Medien unterkommen. In den USA feiert der Rassismus blutige Feste.
Es brennt in vielen Staaten, viele neue Organisationen, von denen man vorher nie gehört hat, treten auf einmal auf die Weltbühne. Religion spielt wieder eine große Rolle, Religionen von denen man bis heute nichts gehört hatte, werden jetzt verfolgt. Warum nur? Moslems verbieten genauso das Töten wie Christen. Abgesehen davon war die Religion noch nie ein Kriegsgrund. In der Regel war es immer der Reichtum des Anderen oder die eigene Armut die zu Kriegen führte. Der Mythos von der Heldenschlacht um Troja war unbegründet, es war eine ganz primitive Plünderung. Die Trojaner hatten von den auf den Dardanellen vorbeiziehenden Schiffen Zölle genommen, womit sie einen großen Reichtum ansammelten. Um die Plünderung nicht als Plünderung dastehen zu lassen, machte Homer diese wunderbare Sage um Odysseus, Paris, Achilles und Kollegen. Viele christliche Kreuzzüge und viele Kriege wurden mit Plünderungen finanziert.
Man kann also noch hoffen, wenn die westlichen Medien tote Kinder im Krieg nicht gesondert aufzählen, dass noch ein gewisses Maß an Moral vorhanden ist. Man sollte aber nicht zu viel hoffen; denn wenn es um Schuldzuweisungen geht, geht man ziemlich skrupellos damit um. Projektionen sind angesagt, der eigene Schuldanteil wird als unvermeidlich hingestellt weil alles auf eine Handlung des anderen zurückgeht. Der kausale Zusammenhang wird beschworen und herbei geschrieben und geredet und evtl. umgedreht. Sand in die Augen des Volkes streuen. Die Irrationalität des Handelns bei der Darstellung und Analyse des eigentlichen Problems schmerzt fast jeden von uns. Sie lastet auf unser aller Selbstwertgefühl, welches mit Anpassungsmechanismen versucht zu reagieren. Warum wird durch unsere politischen Entscheider solch ein manipulativer Aufwand betrieben? Und weiter, sind denn noch unsere politischen Entscheider auf unserer Seite? Man kann getrost sagen, unsere politischen Entscheider haben kaum mehr etwas mit uns zu tun. Denn sie versprechen etwas und wissen ganz genau, es kann nicht eingehalten werden. Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit – nur ein Aushängeschild?
Stichwort Wachstum.
Um keinen Abbau von Arbeitskräften zu bekommen, sollte ein Wirtschaftswachstum mindestens 3% in einer Volkswirtschaft betragen, so die gängige Lehrmeinung. Deutschland hatte 2013 nach Schätzung des IWF (April 2014) ein Bruttoinlandsprodukt von 3.635.959 Millionen Dollar, dabei ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 0,54%. Zuwenig um bestehende Arbeitsplätze zu halten oder neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Aussichten für die westlichen Volkswirtschaften sind für die nächsten Jahre trübe. Hat man sich doch noch lange nicht von der Krise 2008/2009 erholt. Trotz dieser Aussichten versprach die Politik ein Wirtschaftswachstum, welches zumindest den jungen Menschen ausreichende Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zur Verfügung stellen sollte. Man wollte keine verlorene Generation und zumindest den Fachnachwuchs ausbilden können.
Aber es kam und kommt anders. In sämtlichen westlichen Staaten versprechen die prognostizierten Wachstumsraten von teilweise unter 1% kaum eine Belebung des Arbeitsmarktes. Selbst die führende Wirtschaftsmacht USA vermag nur für 2013 (geschätzt) 1,88% an Wachstum durch die FED zu melden.
Für die USA sind das dramatische Zahlen. Der hohe Schuldenberg (17,5 Billionen $), der sich durch die beiden Kriege aufgetürmt hatte und die hohen Militärausgaben (rund 600 Milliarden $ jährlich), nehmen den USA den Atem um sich zu entwickeln. Umsätze müssen her, die der US Wirtschaft zugute kommen.
Was aber tun, wenn alle Karten ausgereizt sind? Wenn die Märkte gesättigt sind und keine Produkte oder Dienstleistungen aufnehmen? Es müssen neue Regeln her. Regeln, die bis jetzt bestimmten Produkten der USA den Zugang zu den Märkten öffnen. Die Idee des Freihandels 2.0 wurde in den USA geboren.
Stichwort Freihandel vs. TTIP
Freihandel bedeutet, ungehinderten Handel zwischen den Staaten zu zu lassen. Zölle, Interventionen oder Subventionen, oder besser, alles was den freien Handel behindert, sind nicht erlaubt. Aber es gibt auch Ausnahmen. Beispiel – einen Wirtschaftsbereich, von dem viele Arbeitsplätze oder ganze Regionen eines Staates abhängen, kann der Staat mittels Zölle schützen. Macht ja auch Sinn. Um das Ganze vertraglich abzusichern treten Organisationen, wie die World Trade Organization (WTO) zwischen den Staaten auf. Eine wesentliche vertragliche Regelung zwischen den Staaten ist das Abkommen „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) . Nur dieses Abkommen ist nicht mehr zeitgemäß; denn durch das Selbstbewusstsein der Entwicklungs- und Schwellenländer wurden andere Aspekte sichtbar, die bis dahin nicht berücksichtigt wurden. Als Synonym steht das Scheitern der Doha Runde, hier stehen die USA mit einer aggressiven Politik des Marktzugangs bei den Schwellenländern Indien oder Brasilien für das Scheitern einer Regelung.
Die USA wandten sich denn auch von diesen Verhandlungen ab und streben jetzt eigene zwischenstaatliche Abkommen an. Als Beispiel mag das misslungene NAFTA (North American Free Trade Agreement ) Abkommen dienen, kein Vertragspartner hatte einen Vorteil mit diesem Abkommen. Im Gegenteil, es gab danach nur Verlierer. Die versprochenen Wachstumszuwächse blieben aus und Arbeitsplätze wurden abgebaut. Die USA hatten aber dadurch ihren Marktzugang bei den Vertragspartnern.
Jetzt soll mit der EU ein Freihandelsabkommen ausgehandelt werden, geheim, versteht sich. TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnershi) ist das Zauberwort der USA mit der die EU geködert werden soll. Auch wieder die gleichen Versprechen wie bei dem NAFTA Abkommen, absehbar werden diese Versprechungen nicht eingehalten werden können.
Aber es lohnt sich in die Verhandlungspapiere zu schauen, die bekannt wurden und in Brüssel überall unwidersprochen kursieren. TTIP ist das Schlaraffenland für Unternehmensverbände aller Branchen, es gibt nur zufriedene Gesichter. Geführt werden die Verhandlungen mit der europäischen Kommission, die übrigens nicht demokratisch legitimiert ist, sondern nur von den Regierungschefs ernannt wurde.
Beispiel Genmais
Genmais ist ein umgangssprachlicher Begriff für eine Maissorte, in die mehrere fremde Gene eingeschleust wurden.
Ein Gen hat eine Resistenz gegen das Pflanzenschutzmittel Glufosinat (Ein Herbizid einer Gruppe besonders gefährlicher Pestizide ) und ein zweites Gen bildet ein Gift in der Pflanze gegen den Maiszünsler und andere Schmetterlinge.
Dieser Genmais kann also den Schädling (Maiszünsler) bekämpfen und ist beim Aussprühen des Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resident.
Hört sich gut an. In der Praxis passierte jedoch folgendes, die Unkräuter, die ja mit dem Herbizid weiter bekämpft werden müssen, entwickelten zunehmend eine Resistenz gegen die Herbizide, mehr noch, die Unkräuter wurden zu Super-Unkräutern. Amerikanische Farmer verloren über die Jahre rund 36 qkm an Ackerfläche auf denen bis auf weiteres nichts angebaut werden kann. Denn für die jetzt wachsenden Super-Unkräuter hat man kein Gift.
Die Kosten des genmanipulierten Mais waren nachher doppelt so hoch wie vorher. Das neue, teure Saatgut und die mehrfache Versorgung mit einem Cocktail von Pflanzenschutzmitteln und zu guter Letzt die Anbauflächenvernichtung sind das Ergebnis.
Die Saatguthersteller, wie Monsanto, Dow AgroScience oder Pioneer Agro Extracts Ltd . machten natürlich erheblichen Mehrumsatz mit Saatgut und den Pflanzenschutzmitteln.
Die Mehrheit der EU Staaten, wie auch die Bevölkerung, ist gegen die Einführung dieser genmanipulierten Saaten. Bei einer Abstimmung zur Einführung dieser Saaten im Rat der EU, enthielt sich Deutschland der Stimme, weil die CDU für eine Einführung und die CSU gegen eine Einführung ist. Aber das nur nebenbei.
Wesentlich ist jedoch mit dem TTIP folgendes. Verbietet ein Staat per Gesetz die Zulassung dieses genmanipulierten Saatgutes, würde dies eine Behinderung des Marktteilnehmers Saatguthersteller bedeuten. Diese Firma könnte den Staat verklagen und auf Zurücknahme der Gesetze pochen. Ansonsten kann diese Firma Schadenersatz für den entgangenen Gewinn verlangen und das auf Jahre, bis die einschränkenden Gesetze fallen gelassen werden. Halt, werden jetzt einige von den Usern sagen, noch haben wir unsere Gerichte bis zum Bundesverfassungsgericht. Das ist zwar richtig. Aber die TTIP Verträge sehen nur ein Schiedsgericht von meinetwegen 3 – 5 Leuten vor, die nur geheim tagen sollen. Und was dieses Schiedsgericht entscheidet ist bindend für alle Parteien. Die in einem Staat normale Gerichtsbarkeit wird damit außer Kraft gesetzt. Und die Verfassung? Die wird eben angepasst. Im Moment haben wir eine große Koalition mit einer Mehrheit weit über der vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit. CDU/CSU und SPD haben keine erkennbare Abneigung gegen diese Abkommen erkennen lassen, im Gegenteil.
Warum geht man in den USA nicht her und verbietet dieses Saatgut, wenn es doch diese Nachteile hat? Nun, man kann den Zusammenhang nicht nachweisen. Auffallend ist jedoch, diese Schäden traten alle nach der Einführung der genmanipulierten Pflanzen auf. Dies gilt jedoch wissenschaftlich nicht als Beweis. Eine Studie, und zwar eine Langzeitstudie (10 Jahre), müsste her. Jedoch in den USA weiß man seit den Studien im Zusammenhang mit der Tabakindustrie, wie die Institute alle von der Industrie „gekauft“ wurden, so dass die Studien dementsprechend ausfielen.
Und die US-Amerikanischen Landwirte? Meist haben sie langfristige Abnahmeverpflichtungen bei den Saatgutherstellern unterschrieben, aus denen sie kurz- und mittelfristig nicht rauskommen.
Die USA sind sauer; denn das Wachstum ihrer Nahrungsmittelindustrie ist am Ende, neue Märkte müssen her. Und Europa kommt mit seinen 500 Millionen Konsumenten und seiner Naivität da gerade recht.
TTIP ist jedoch ein viel größerer negativer Themenkomplex, als dass er sich an einer Warengruppe aufhängen lässt. Das Ziel ist jedoch klar, die USA wollen auf den europäischen Markt, um Kasse zu machen.
Die Europäer haben jedoch ihre eigenen Wachstumsprobleme die gelöst werden müssen. Denn gerade die Überproduktionen im Nahrungsbereich zwingt die Europäer mit oder ohne Subventionen neue Märkte zu erschließen.
Was nicht nachvollziehbar ist – der Warenverkehr zwischen den USA und Europa ist bis auf 2% der Waren vollkommen frei.
Der Vorteil für die USA ist, die europäischen Landwirte müssten bei Monsanto und Kollegen kaufen. Die deutsche Firma Bayer CropScience spielt da eher eine Nebenrolle auf dem Weltmarkt.
Es geht um Einfluss, es geht um Abhängigkeiten, die wieder zu „verdeckten Monopolen“ führen. Man sollte sich die Abhängigkeiten in der digitalen Welt vor Augen führen, wo ein paar US-Amerikanische Unternehmen den Europäischen Markt fest im Griff haben. Ein Versäumnis der europäischen Staaten, welches durch die NSA Vorkommnisse sichtbar wurde.
Rinder- und Schweinemast
Die USA mästen ihre Tiere mit Hormonen. Dadurch werden die Tiere schneller schlachtfertig.
In der EU ist das mästen mit Hormonen verboten. Wenn aber die Tiere schneller wie in den USA zum Schlachthof kommen, werden sie logischerweise billiger ( Bis zu 30% ). Logischerweise wird das billigere Fleisch besser verkauft.
Letztendlich entsteht ein Kampf um die Standards, wie Verbraucherschutz, Arbeitsbedingungen, Sicherheit oder Gesundheit, der zu Gunsten der USA ausgeht.
In den Verhandlungen wollen die USA solche europäische Standards, die ihnen zum Vorteil gereichen, natürlich gelten lassen. Warum wohl?
Sollte Karl Marx Recht bekommen? Denn er hatte ja diese Hingabe zu immer größeren Wirtschaftseinheiten schon beschrieben und mit dem Begriff Monopolkapitalismus vor über hundert Jahren unterlegt. Sollte es wirklich nicht möglich sein ein System zu reformieren, welches aus der Zeit von Pferdekutschen stammt? Wir haben in den letzten hundert Jahren sehr viel lernen müssen, bzw. können, teilweise sehr schmerzhaft, wenn man an die zwei Weltkriege denkt. Ist es uns nicht möglich das Gelernte umzusetzen? Müssen wir wie Sisyphus immer das Gleiche tun?
Wir haben die Freiheit uns ein System aufzubauen, welches jedem Menschen ein menschenwürdiges Auskommen garantieren kann. Dabei geht es nicht um die viel zitierte Gleichmacherei des Kommunismus. Unterschiede wird es immer geben und das ist auch natürlich.
Nur, das Menschen einen Reichtum auf der einen Seite anhäufen, der sich aus der Armut der Mehrzahl der Menschheit speist, ist nicht hinnehmbar.
Deshalb sollten wir gegen solche einseitigen Freiheitsbestrebungen die in den Abkommensverhandlungen TTIP oder TISA verhandelt werden unser aller Veto einlegen.
Diese Abkommen sind überflüssig wie ein Kropf.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.