Die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen

Autoren der Jahresgabe des Vereins für Heimatkunde Schwelm 62. Heft, Ausgabe 2013   mit 1. Vorsitzende Anne Peter, Bürgermeister Jochen Stobbe und Wilhelm Erfurt Foto: © Linde Arndt

Autoren der Jahresgabe des Vereins für Heimatkunde Schwelm 62. Heft, Ausgabe 2013
mit 1. Vorsitzende Anne Peter, Bürgermeister Jochen Stobbe und Wilhelm Erfurt Foto: © Linde Arndt

[jpg] 370 Schwelmer und Freunde oder Förderer Schwelms bilden den Schwelmer Heimatkunde Verein. Ihr Ziel: Die vielfältige geschichtliche Vergangenheit und naturkundlichen Gegebenheiten Schwelms für die Nachwelt darzustellen. Es ist mehr als nur ein Archiv. Es ist ein beredtes Zeugnis wie Schwelmer dachten und denken, lebten und leben und wie sie ihre Umwelt wahrnahmen und -nehmen. Es ist die besondere Zusammenarbeit in den Nachbarschaften, das füreinander einstehen und das wertschätzen und respektieren des Anderen. Aus diesem Holz wurde der Verein für Heimatkunde Schwelm geschnitzt. Jedes Jahr macht sich der Heimatverein auf und verfasst eine Jahresgabe in Form eines gebundenen Buches. 61 Bücher sind seit 1934 liebevoll erstellt worden. Jetzt zum Jahresende wurde die 62. Jahresgabe herausgegeben.

Design und Layout vorsichtig verändert und im Inhalt: 6 Artikel, 2 Rezensionen und der Geschäftsbericht des Jahres 2013.
Es sind 3 natur- und 3 geisteswissenschaftliche Themen die aufgegriffen wurden und dem Leser in einer allgemeinverständlichen Sprache nahe gebracht werden.
Silke Jordan untersuchte die Flora des Schwelmer Stadtgebietes. Spürte bekannte Pflanzen auf aber auch Neubürger genannte Pflanzen, wissenschaftlich als Neophyten benannt. Recht seltene Arten wurden entdeckt, davon 51 alleine die sich auf der „roten Liste“ befinden. Sorgen bereiten allerdings die immer wieder vorkommenden Neupflanzen aus anderen Regionen unserer Erde. Jedem ist schon mal der aus dem Kaukasus stammende Riesen-Bärenklau unter die Augen gekommen. Er ist eine stark wachsende Pflanze die andere Pflanzen verdrängt. Aus diesem Grund sollten Wanderer auf neue und unbekannte Pflanzen achten, wie die Beifuß-Ambrosia aus Nordamerika die hochallergen ist. Sie befindet sich vom Süden kommend immer weiter auf dem Vormarsch nach dem Norden, sieht etwas dem Hanfgewächs ähnlich. Wer diese Pflanze sieht, aber auch andere ihm unbekannte Gewächse, sollte dies der Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz Schwelm (AGU)  melden.

Lutz Koch und Jürgen D. Schuster haben sich  auf die Suche nach Großlibellen gemacht und sind fündig geworden. Von den Libellen Familien der Quelljungfern, der gestreiften und der zweigestreiften Quelljungfer, wurden beide Exemplare entdeckt. Und dann ist da noch Jonas Kotlarz der für seinen Leistungskurs am Gymnasium Gevelsberg eine Arbeit über die Verbreitung des Kleinspechtes geschrieben hat. 15 cm sind die  Kleinspechte nur groß, also schwer auf zu spüren. Jonas Kortlarz hat sich wissenschaftlich den Spechten genähert und konnte sie auch beobachten. Man muss dazu sagen, es gibt nicht mehr viele dieser Kleinspechte, weshalb sie auch zu den gefährdeten Arten gehören.

Stadträte oder Ratsleute gab es schon vor rund 400 Jahren in Schwelm, so hat es Karl-Josef Oberdick im ältesten Protokollbuch der Stadt Schwelm herausgefunden. Das die Stadt Schwelm zweimal die Stadtrechte zuerkannt bekam ist ja allseits bekannt. Es war die Zeit des 15. Jahrhunderts mit den marodierenden Banden, die die Schwelmer auf den Gedanken brachte sich eine Stadtmauer zu bauen. Die Stadtrechte brachte den Schwelmern Geld in die Kassen indem Märkte abgehalten werden durften oder Abgaben generiert wurden. In diesem Protokollbuch befinden sich genaue Anweisungen wie der Rat der Stadt, der Bürgermeister und der Rentmeister (Heutiger Kämmerer) zu arbeiten hatten. Einmal im Jahr wurden sie von dem örtlichen Beauftragten des Grafen, dem Gografen, neu ernannt. Dieser Gograf kontrollierte auch die von ihm eingesetzten Bürger. Herzog Johann II (Herzog von Kleve und Graf von der Mark) hatte im Jahre 1501 einen Aufstand der Stände verloren und musste nun, wegen schlechter Führung seiner Besitzungen sich der Kontrolle der Landstände unterwerfen. Im Juni 1501 wurden Schwelm die Stadtrechte wieder entzogen. Ob hier ein Zusammenhang besteht, wer weiß. Fakt ist die Schwelmer arbeiteten gemäß diesem Protokollbuch weiter. Es muss eine sehr bewegende Zeit gewesen sein, ähnlich der heutigen. Insoweit haben die Regeln sich kaum verändert.

Über die „Schwelmerin Eva König“, die mit Gotthold Ephraim Lessing 15 Monate verheiratet war schreibt Gerd Helbeck.  EN-Mosaik schrieb über die Vorstellung dieses Beitrages

Die dunkle Nazizeit ging auch nicht an Schwelm vorüber. Klaus Figge nahm sich der Umbenennung von Straßen und Schulen an. Aber auch dies hatte ein Ende und so wurde die Adolf – Hitler – Straße wieder in Hauptstraße umbenannt. Die Umstände wie es dazu kam und was Schwelm damals erleiden musste werden in diesem Artikel belegt.

Die zwei Rezensionen beinhalten, „Die Zeit des Nationalsozialismus in Schwelm“ von Klaus Peter Schmitz und „Unser NRW“ Ruhrgebiet ein Reiseführer.

Es ist wie schon wie vorher erwähnt ein liebevoll erstellter Band der Heimatkunde der mit den 61 anderen Bänden sicher einmal unseren Nachfahren eine leichte Führung der Stadt Schwelm vermittelt. Die Sprache ist allgemeinverständlich und klassifiziert die Jahresgabe als Unterhaltungslektüre ohne die akademisch-wissenschaftlichen Ansätze zu übergehen. Sicher wird auch dieser Band Einzug in das eine oder andere Literatur- oder Anmerkungsverzeichnis finden.
Es ist ein lesenswertes, kurzweiliges und sogar witziges Büchlein für eine gute Abendstunde bei einem guten Roten. Ich konnte mich zumindest manchmal des Schmunzelns nicht erwehren.



Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

Literaturhinweise zum weiterlesen:

Beiträge zur Heimatkunde der Stadt Schwelm und ihrer Umgebung, 62.Heft, 2013
ISSN 0343 – 2785

Klaus Peter Schmitz: „Die Zeit des Nationalsozialismus in Schwelm“ Selbstverlag, 3.Aufl.2013

Unser NRW – Ruhrgebiet: Reiseführer zu den Kultur- und Naturdenkmälern in Nordrhein-Westfalen Klartext Verlag, 2011, Herausgegeben von der NRW-Stiftung, ISBN 978-3-8375-0623-5

Da kommt in Schwelm was zusammen

  Teilnehmer der Vorstellung der Broschüre "Martfeld von Jahr zu Jahr" vor dem Schloß Martfeld  

[jpg] In den meisten Städten blockieren sich die politischen Parteien. Nichts läuft mehr außer gegenseitigen Schuldzuweisungen. Und da tut es einer Stadt gut, wenn sie Persönlichkeiten besitzt, die der Stadt wohlgesonnen, vorausschauend, uneigennützig und politisch neutral verbunden sind. Und die sich dann fürsorglich mit ganzem Herzen einer städtischen Angelegenheit widmen, die der Stadt zum Wohle gereicht. Es geht um Wilhelm Friedrich Erfurt und sein Kind, die Schlossanlage „Haus Martfeld“, eines ehemaligen Sitzes von „niederen“ Adeligen an der Bergisch-Märkischen Grenze. Martfeld besitzt darüber hinaus eine weiträumige Parkanlage und viele Nebenanlagen. Da gibt es eine Kapelle mit Grabanlage, einen 400 Jahre alten Haferkasten und das eigentliche Haus Martfeld. Haus Martfeld hat einen angeschlossenen Restaurationsbetrieb „Schloß Martfeld“ der zur gehobenen Gastronomie gehört, ein Standesamt, ein Museum, einen Leseraum mit Antiquariat und einige Tagungsräume.
Es war jedoch nicht immer so; denn tatsächlich sollten die auf dem Gelände befindlichen Gebäude 1970 abgerissen werden, so die damalige politische Diskussion.
1954 wurde die gesamte Immobilie von der Stadt Schwelm gekauft und es waren 1970 die Schwelmer Jäger und die freiwillige Feuerwehr, die anfingen das Gelände aufzuräumen. Allen voran  respektive Mittendrin der Schwelmer Bürger Wilhelm Friedrich Erfurt. Die Politik zog nach dieser eindrucksvollen und vorbildlichen Bürgerarbeit die Konsequenz und stellte sich nun auf die Seite derer, die Haus Martfeld erhalten wollten. 1985 wurde dann der Südflügel eingeweiht und zwei Jahre später wurde das gesamte Ensemble unter Denkmalschutz gestellt. Der ehemalige Bürgermeister Rainer Döring sah in seiner Rede zur Einweihung Haus Martfeld als ein „Kulturelles Fenster der Stadt Schwelm“.

    Vorstellung der Broschüre "Martfeld von Jahr zu Jahr " im Nordflügel des Haus Martfeld  

Und so trafen sich diejenigen, die sich um den Erhalt und die Weiterentwicklung des Projektes Haus Martfeld verdient machen und gemacht haben vor Ort um sich mit der Jahresgabe „Martfeld von Jahr zu Jahr“  an das Vergangene zu erinnern und um Perspektiven aufzuzeigen, die das Projekt Haus Martfeld  beförderte und noch weiter befördern kann. Heike Rudolph galt ein besonderen Dank, den sie mit der wunderschönen redaktionellen Gestaltung der Broschüre „Martfeld von Jahr zu Jahr“ hoch verdient hatte.
Wilhelm Friedrich Erfurt erinnerte dann auch an 2010, als mit dem 400 Jahre alten Haferkasten als letzte Stufe der Renovierung das Projekt „Haus Martfeld“ eine neue Station erreicht hatte. Es ist nicht nur einer Person zu verdanken die dieses wunderschöne Freizeitgelände erstellt hat, vielmehr war es
ein Zusammenwirken von:

  • Verein für Heimatkunde e. V.
  • Verschönerungsverein Schwelm e.V.
  • BürgerStiftung Lebendiges Schwelm
  • Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz Schwelm e.V. (AGU)
  • Wilhelm Erfurt-Stiftung für Kultur und Natur

Und neuerdings kümmern sich auch die Gymnasiasten des Märkischen Gymnasiums Schwelm um das gemeinsame Kulturgut Haus Martfeld. Dies ist eine ungemeine Bereicherung für das Projekt „Haus Martfeld“; denn nun kümmert sich auch die junge Generation um das gemeinsame Kulturgut.
Was man aber auch nicht vergessen sollte, es sind viele Nutzungen die das weitläufige Gebiet beherbergt. Das geht von einem Tennisclub über einen zentralen Abenteuerspielplatz, eine Minigolfanlage, einen Kleingartenverein bis hin zu einer Krankenhausanlage. Die vielfältigen Nutzungen innerhalb des Hauses haben wir eingangs schon erwähnt.

 So kann man hier über eine weitere längst überfällige Säule in der Nutzung von kommunalen Flächen sprechen der "Freizeit- und Kulturnutzung". Es sollten jedoch noch weitere Aktivitäten entwickelt werden um den Bestand dieses Schwelmer Kulturgutes nie wieder zu gefährden, so Wilhelm Erfurt.
Bürgermeister Jochen Stobbe wusste von Gästen zu berichten, die ihn um diese Anlage beneiden und sich selber solch ein Schmuckkästchen wünschten.

  Die Stadt sollte dieses Haus grundsätzlich in seinem Besitz behalten und eigene Aktivitäten entwickeln um die Nachhaltigkeit dieser Anlage zu sichern, so Stobbe. Wilhelm Erfurt als auch Jochen Stobbe sehen für die Zukunft noch weiteres Potenzial welches in dem Projekt „Haus Martfeld“ schlummert. Denn auch die Kapelle, die heute vom Verschönerungsverein Schwelm e.V. gepflegt wird, erfreut sich einer Nutzung an die man vor 40 Jahren sicher nicht gedacht hatte     Wilhelm Friedrich Erfurt und Bürgermeister Jochen Stobbe mit der Broschüre vor dem Schloss
  Lothar Feldmann,
Vorsitzender des Vorstandes     
Stadtsparkasse Schwelm
     Zum guten Schluss  führte der Vorsitzender des Vorstandes Stadtsparkasse Schwelm Lothar Feldmann aus, dass Martfeld vor allen Dingen in erster Linie das „Kind“ von Wilhelm Friedrich Erfurt war und ist.
Wilhelm Friedrich Erfurt hat mit seiner „Wilhelm Erfurt-Stiftung für Kultur und Natur“ Gutes bewirkt ganz zum Wohle von Haus Martfeld und unser aller gemeinsamen Kulturarbeit.

Unter den Teilnehmern dieses Treffens entwickelte sich noch ein intensiver Gedankenaustausch über die weiteren Nutzungsmöglichkeiten von „Haus Martfeld“. Ob es nun eine Ausstellung in der weiträumigen Parkanlage oder ein Konzert auf einer evtl. neu gebauten Bühne sein wird, man wird sehen. Bei den Schwelmern kommt immer was zusammen.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm
[Alle Fotos © Linde Arndt]

s. auch Infos über die Broschüre "Martfeld von Jahr zu Jahr"