Ein hochexplosives Gemisch mit Zäunen? – Denkste!

[jpg] Man nehme rund 60 Jugendliche. Mische die zu gleichen Teilen aus einer israelischen High Scholl mit jüdischem Glauben,  einem Berliner Gymnasium mit christlichem Glauben und einer Hagener Hauptschule mit muslimischem Glauben und führe diese Jugendlichen zusammen.

Jeder würde denken, dort kann man 30 Minuten später eine Hundertschaft Polizisten und mehrere Krankenwagen hinschicken um die verfeindeten Glaubensanhänger auseinander zu bringen. Es ist nichts passiert. Nichts? Doch, es ist etwas passiert,  die Jugendlichen probten gemeinsam ein Theaterstück, welches am 24.Oktober in der Fabrikhalle der Firma  Bandstahl Schulte & Co. zur Uraufführung gebracht wird.

Was ist geschehen?

Motiv "Zäune"

Motiv „Zäune“

2007 kamen Werner Hahn, Diana Ivancic und Christian Bauer auf die Idee, Heranwachsende unterschiedlicher Religionen und Schichten zusammenzuführen um Gemeinsamkeiten künstlerisch vorzuführen.

Es war die junge Bühne Hagen die sich anbot und es wurde und sollte ein Ballett in Form eines Tanztheaters werden. Für Hagen bot sich die Partnerstadt mit ihrer High School Mota Gur in Modi´n in Israel an.

Dann kam noch das Werner Siemens Gymnasium in Berlin Zehlendorf, einem besseren Stadtteil, dazu. Den Abschlus  bildete die Hauptschule Altenhagen mit ihrem hohen Migrantenanteil muslimischer Herkunft. Ruhr.2010 war begeistet als dieses Projekt eingereicht wurde und sagte im Rahmen seines Twin Projektes die Unterstützung zu. Es mussten noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden und nun ist es soweit.

Die Jugendlichen kamen nach Hagen, fanden sich in der Halle der Firma Bandstahl ein und belauerten sich erst einmal.

Sie tasteten sich gegenseitig geistig ab, ob nicht doch jemand Waffen bei sich hatte. Tja und dann stellte man fest, der Andere hatte das gleiche coole und geile Outfit wie man es selber hatte. Die ersten Worte, der Versuch eine Kommunikation aufzubauen wurde belohnt.

Bald schon stellte sich das erste Lachen ein, der erste Scherz, die erste Berührung und letztendlich die erste Vertrautheit. Die „Zäune“ waren durchlässig geworden, nicht niedergerissen, sondern es waren Wege gefunden worden.

Man hatte Brücken, Stichwort Kommunikation, geschlagen und Gräben überwunden. Nur das Theater wollte das Stück „Zäune“ zur Aufführung bringen. Die Jugendlichen mussten jetzt etwas ausgebremst werden um das Ziel der Aufführung Wirklichkeit werden zu lassen.  Es klappte, die Mädels und Jungs zogen mit und übten wie die Profis auf der Bühne.

Dann kamen wir, die Presse. Uns schlug sofort die ungezwungene Stimmung der 64 Jugendlichen entgegen, halt wie es Jugendliche einmal sind.

Und dann kam eine Probe. Die Musik wurde aufgedreht, es war fast schon ein professioneller Tanz der uns gezeigt wurde. Gruppen fanden sich, trennten sich, standen sich bedrohlich gegenüber, eben wie in der gesellschaftlichen Realität. Einzelszenen sind erarbeitet worden und wurden szenisch umgesetzt. Verbannt war das Scherzen, es herrschte der Ernst einer gemeinsam erarbeiteten Aufführung vor. Innerhalb weniger Tage hat sich eine Gruppe von Jungendlichen, die unterschiedlicher nicht sein können, zusammengefunden. Und sie stellten Fragen, Fragen die beantwortet werden wollten. Kein Moslem mit Sprengstoffgürtel, kein Jude mit einer Uzi Maschinenpistole und auch kein Christ mit einem Leopard Panzer stand da in der Halle – perfekt.


In diesem Moment dachte ich, als gläubiger Christ, an die drei abrahamischen Weltreligionen, die alle die gleiche Schöpfungsgeschichte haben. Die Schöpfung des Menschen, die Genesis in der ein Gott, der bei allen drei Religionen der Gleiche ist, ein perfektes Wesen geschaffen hatte, eben diesen Menschen. Perfekt deshalb, weil er diesen Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Konnte dieser Gott irren?

Nein, diese Jugendlichen zeigten es, er hat es gut getan.
Es sind die gesellschaftlichen Umstände und die Scharfmacher die uns trennen wollen und uns dazu bringen unser Menschsein aufzugeben. Die Sarazins, Seehofers, Westerwelles und wer weiß noch mit ihrer Kulturmeierei, sie wollen nur trennen um die einzelnen Gruppen gegeneinander auszuspielen. Ein Kopftuch als Kulturschock der christlichen Welt? Mein Gott, für wie dumm müssen die uns halten. Wir haben in unserem Grundgesetz Religionsfreiheit, es gibt keine Staatsreligion. Jeder soll an das glauben womit er meint selig zu werden, hier bei uns in Deutschland. Und mein christlicher Glaube? Er lehrt die Toleranz gegenüber dem Anderen, wie übrigens die anderen beiden Religionen auch. Wo ist also dieser Unterschied? In den Genen? Quatsch, es gibt ihn nicht. Es gibt nur einen Unterschied, den der sozialen Herkunft. Und den wollen die „Scharfmacher“ bewahren. Einmal arm, immer arm, so soll es bleiben. Müssen wir das mit machen?

Zäune ist ein Stück mit 7 Bildern, mit einer Dramaturgie die in der letzten Konsequenz die Frage nach der Aussöhnung stellen will. Ob die Jugendlichen eine Antwort finden werden wird sich bei der Uraufführung zeigen. Man darf sehr neugierig sein.

Eines ist den Jugendlichen schon heute sicher, der Applaus für den Mut sich auf den Anderen einzulassen.


Uraufführung am 24. Oktober 2010, 19.30 Uhr
(Es sind nur noch Restkarten da)

Ort: Räumlichkeiten der Firma Bandstahl Schulte & Co.
Hellweg 81
58099 Hagen

Eintrittspreis: 10,–€ ermäßigter Preis 6,–€

Weitere Vorstellungen:

25. Oktober 12:00 Uhr
26. Oktober 12:00 Uhr
27. Oktober 12:00 und 19:30 Uhr
28. Oktober 12:00 und 19:30 Uhr
29.Oktober   19:30 Uhr

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen