Ennepetal geht einen Schritt vor und dann zwei Schritt zurück

Hülsenbecke/FuZo Collage Linde Arndt

Hülsenbecke/FuZo Collage Linde Arndt

 

[jpg] Wilhelm Wiggenhagen hat es geschafft. In mehrfacher Hinsicht. Einesteils hat er aus seiner Amtszeit als Bürgermeister und Wirtschaftsförderer kaum etwas hinterlassen, was erwähnenswert sein könnte. Er hat ältere und besorgte Menschen in den Stadtteilen mittels Sprechstunden die Sorgen genommen. Da saßen manchmal nur 3 oder 4 ältere Frauen im Gemeindehaus und sorgten sich, ob die Müllabfuhr kommen würde.

Das war und ist wichtig für die Lebensqualität einer dörflichen überalterten Gemeinschaft wie Ennepetal. Auf der anderen Seite hat er Teile der Verwaltung in eine AöR ausgegliedert, outsourcen nennt man das im Neudeutschen. In der Regel werden dadurch der derivative oder auch Godwill Wert des Anlagevermögens sichtbar gemacht um eine höhere oder auch bessere Finanzierung zu bekommen. Wenn also vorher die Kanalrohre der Stadt Ennepetal nur noch 1,– Euro wert waren, so wurden sie durch die neue AöR um ein vielfaches mehr Wert. 40 Millionen sollen dadurch auf einmal mehr in der Bilanz der Stadt gestanden haben. Nun, die Ausichtsbehörde –  also der EN-Kreis –  ließ die Stadt Ennepetal mit der Genehmigung des Haushaltes, weil nicht ganz fehlerfrei, lange warten. 300.000,– Euro soll die Stadt Ennepetal an die renommierte Beraterfirma PwC AG gezahlt haben um den Haushalt ins Lot zu bringen.

Oder die Berlet Investition, Der Investor Berlet freute sich über mehr als 2 Millionen Euro als Zubrot der Stadt Ennepetal, ein Parkhaus ist ja nicht zu verachten und das als Geschenk. Der kleine Gemüsehändler oder andere kleinen Einzelhändler müssen auf solche Zubrote verzichten, da richtet es die unsichtbare Hand der Marktwirtschaft.

Ansonsten hat Wilhelm Wiggenhagen sich mit seinen Bürgern an der Fußgängerzone abgearbeitet und nur eine Änderung erreicht, es gibt in dieser Fußgängerzone jetzt weniger als eine handvoll Einzelhändler. Der Wirtschaftsförderer und Bürgermeister hat mit der Politik gemeinsam den Einzelhandel vertrieben Während einem Berlet die Hilfen  nachgeschmissen wurden bekamen die kleinen Einzelhändler in Ennepetal jedoch keinen Cent.

Die restlichen Marginalien eines Wilhelm Wiggenhagen wollen wir unerwähnt lassen. So ist es nicht verwunderlich, wenn wir nach den Amtszeiten der beiden Bürgermeister Eckhardt und Wiggenhagen eine Stadt vor uns sehen, bei der man einen ungeheuren Werteverlust konstatieren muss. Haus Ennepetal soll da stellvertretend als ein Aushängeschild für die Vernachlässigung der eigenen städtischen Substanz stehen. 23 Millionen sollen es geschätzt sein, die in dieses Haus heute rein gesteckt werden müssten, nur weil man die notwendigen Instandhaltungsarbeiten vernachlässigte.

 

Entwurf Stadtentwicklung Ennepetal Screenshot: Linde Arndt

Entwurf Stadtentwicklung Ennepetal Screenshot: Linde Arndt

Aber wir haben ja jetzt eine Bürgermeisterin aus der freien Wirtschaft, die alles richten könnte, wenn sie nur wollte. Die hat als erstes ein Handlungskonzept auf den Weg gebracht welches notwendige Investitionen beinhaltet, oder vielleicht doch in den Schreibtisch versenkt? Eine Veränderung kann man bei Bürgermeisterin Heymann gegenüber ihren 2 Vorgängern, alles Verwaltungsleute ohne Wirtschaftserfahrung, beobachten. Sie will innerhalb und außerhalb der Verwaltung Leute mitnehmen, motivieren und ihnen mehr Eigenverantwortung zuweisen. Nur es fehlen die Ziele an denen sie sich messen lassen kann.

Bauarbeiten an der Hülsenbecke Foto: Linde Arndt

Bauarbeiten an der Hülsenbecke Foto: Linde Arndt

Der Rat der Stadt Ennepetal, der von der Stadtverwaltung nur als Abnickverein gesehen wird, ist seit langem nicht in der Lage eigene überprüfbare Zielvorstellungen zu artikulieren. Mal abgesehen von dieser seit Jahren rum geisternden Hundewiese – ein Witz. Ein zentraler Spielplatz wie in Schwelm war beantragt worden und ein BMX Gelände Parcour wurde abgelehnt weil der Antrag von den Jugendlichen kam. Ach die Jugend, die hat es schwer in einer Stadt der Methusalixe.

So wird der Rat der Stadt Ennepetal seit Jahren von seiner Stadtverwaltung zu einem Therapieverein missbraucht ohne Hoffnung auf Genesung der chronischen Perspektivlosigkeit.

Doch halt, es naht Rettung. Das Hülsenbecker Tal muss nicht nur instandgesetzt werden, vielmehr muss es die Hochwasserrichtlinie des Kreises umsetzen. Dabei bemerkte die Stadtverwaltung, dass sich in den Teichen seit fast 50 Jahren Schlamm angesammelt hatte. Staunend sah man seit Jahren der Verlandung der Teiche zu und fand die übelriechenden Fäulnisgase als eine außergewöhnliche Leistung der Stadt. Es kam wie es kommen musste, nach dem letzten Hochwasser wurde die Wasserbehörde des Kreises aktiv. Die Stadt Ennepetal, die ja auf einer Insel lebt, hatte von einem Klimawandel noch nichts gehört. Am 30. April 2014 kam der Klimawandel auch in Ennepetal vorbei – unangemeldet, versteht sich.

Wir wollen diese ganze Geschichte nicht weiter fortführen. Es folgte der Beginn einer Diskussion zwischen den Ennepetalern und dem Stadtrat nebst der Stadtverwaltung. Unsere Redaktion verfolgte die Diskussion, die offensichtlich unendlich weiter geführt werden soll. So besteht der Verdacht, dass die neue Bürgermeisterin Heymann sich an dem Hülsenbecker Tal abarbeiten will, genauso wie weiland Bürgermeister Wiggenhagen sich an der Fußgängerzone abgearbeitet hat.

Mutig voran schreiten und Impulse setzen sieht anders aus. Gehen wir also weiter zurück?

Es bleibt nicht mehr viel von Ennepetal, außer man macht den Gemeinde Zusammenschluss von 1949 wieder rückgängig. Von ehemals fast 38.000 Bewohner*innen auf heute fast 28.000 Bewohner*innen ist die Stadt inzwischen geschrumpft, da wird die Untätigkeit der Stadtverwaltung und des Stadtrates doch signifikant sichtbar. Wie heißt das so schön, vorwärts, wir müssen zurück, die Marke von 24.000 Bewohner*innen fest im Blick.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal