„Kinshasa – Stadt der Bilder“, zeitgenössische Kunst aus dem Kongo: „Le surréel Congo“
[Dortmund] Die Demokratische Republik Kongo ist ein Land der Superlative: einer der größten Staaten Afrikas, und einer der ärmsten der Welt. Welches Bild haben wir von dem Land – haben wir überhaupt eines? In diesem Sommer sind junge Künstler aus der Hauptstadt Kinshasa zu Gast in Dortmund, um unser Bild zu vervollständigen – mit ihren Bildern, aber auch mit Installationen, Plastiken, Fotos, Videos und Filmen.
Das Projekt „Kinshasa – Stadt der Bilder“ bietet eine Reise durch die kongolesischen Künste der Gegenwart. Die Ausstellung „Le surréel Congo“ (bis 3. September) im Museum für Kunst und Kulturgeschichte/MKK ist der wichtigste Teil des bislang bundesweit am breitesten angelegten Gesamtprojekts zur Präsentation kongolesischer Künste.
Dazu gehören neben der Schau im MKK weitere Ausstellungen: Im ehemaligen Museum am Ostwall (bis 12. August) sind dokumentarische Fotografien aus dem Alltag des heutigen Kinshasa zu sehen. Werke der „Artistes populaires“, der Straßenkünstler mit ihren Bildern im Stil der Schilder- und Werbemalerei, sind im Einkaufszentrum Thier-Galerie zu sehen (bis 12. August). Das Kino im U zeigt begleitend acht Spielfilme und Dokumentationen aus dem und über den Kongo.
Die elf Künstler, die für die Ausstellung im MKK ausgewählt wurden, sind Reisende zwischen den Kulturen. Sie haben im Kongo studiert, ihre Studien anschließend in Europa fortgesetzt oder waren im Rahmen eines Werkstattaufenthalts in Europa. International arriviert, haben sie sich unter anderem in Paris, Wien, Brüssel und Nordamerika längst Namen gemacht: Aimé Mpane, Alain Polo, Freddy Tsimba, Michèle Magema, Kiripi Katembo, Mega Mingiedi, Vitshois Bondo, Henri Kalama, Sammy Baloji, Toma Muteba und Yves Sambu.
„Sie eignen sich alles an, sie kombinieren alles miteinander. Häufig gibt es keinerlei Spuren eines Afrikanismus mehr in ihren Arbeiten. Sie verleiben sich auf ihrem Weg alles ein und produzieren dann eine universelle Kunst“, beschreibt es der Kurator der Ausstellung, Aimé Mpane, im Katalog, der zum Ausstellungsprojekt erschienen ist.
Der Kurator Aimé Mpane selbst ist das beste Beispiel dafür: 1968 in Kinshasa geboren, studierte er Malerei und Bildhauerei an der Kunsthochschule Kinshasa und wechselte anschließend an die Hochschule La Cambre in Brüssel. Seine Arbeiten sind in Galerien und Museen auf der ganzen Welt vertreten. Mpane gehört selbst zu den elf Künstlern, deren Werke nun den Sommer über im MKK zu sehen sind.
Die künstlerischen Arbeiten sind direkt oder indirekt geprägt von den Erfahrungen, die die Künstler in ihrem Alltag im Kongo machen – einem Alltag, der geprägt ist von Überlebenskunst, Chaos und den Erfahrungen von Krieg und Gewalt, die noch immer im Osten des Kongo herrschen.
Da ist etwa der Bildhauer Freddy Tsimba, der menschliche Torsi gestaltet – aus Patronenhülsen, die er an Kriegsschauplätzen im Kongo aufgesammelt hat. Da ist Fotograf Sammy Baloji, der sich in seinen Montagen mit dem Erbe des Kolonialismus auseinandersetzt. Aimé Mpanes „Portraits d’ identité“, Identitätsporträts, sind grob geschnitzte und bemalte Sperrholzplatten von faszinierender Rauheit und Mehrschichtigkeit; die Gesichter seiner Holz-Porträts zeigen alle Gefühlsregungen von Freude und Überraschung bis zu Schmerz – einige sind gar ausgelöscht, das Gesicht ist ein klaffendes Nichts. Da ist aber auch der Maler Henri Kalama, dessen abstrakte Bilder keinerlei Rückschlüsse mehr seine Herkunft erlauben, oder Fotograf Alain Polo, der sich in seinen Bildern auf die Suche nach seiner Identität begibt.
Kurator Mpane wünscht sich, dass die Kunst aus dem Kongo einen Gegenpol setzt zur Medienberichterstattung über sein Land, in der es ausschließlich um Elend, Armut, Kriege, Epidemien, politische und wirtschaftliche Instabilität geht. Die Ausstellung, das gesamte Projekt sind eine Einladung, sich dem afrikanischen Land einmal aus anderer Perspektive zu nähern.
Öffnungszeiten des Museums für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastraße 3:
dienstags, mittwochs, freitags, sonntags: 10 bis 17 Uhr, donnerstags 10 bis 20 Uhr, samstags 12 bis 17 Uhr.
Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt 2,50 Euro, samstags frei, Eintritt frei unter 21 Jahren.
„Kinshasa – Stadt der Bilder" ist ein Projekt des Kulturbüros der Stadt Dortmund, des Museums für Kunst und Kulturgeschichte und der Demokratischen Republik Kongo in Zusammenarbeit mit der Acádemie des Beaux-Arts Kinshasa, Africalia e.V. (Brüssel), Africa positive, Association des artistes peintres de style populaire, Kinshasa, Auslandsgesellschaft NRW e.V., Dorkin e.V., ProKultur, Thier-Galerie Dortmund.
Sponsoren: EDG • DEW21 • Aktion Afrika • Vodafone • ProCredit Bank • bpb
Foto: © Kiripi Katembo: Survivre