Klimawandel (COP21) ist in Gevelsberg angekommen

[jpg] 20 Jahre ist das Kyoto-Protokoll (COP3) jetzt alt, indem erstmals verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen  für die Industrienationen festgelegt worden sind, und vor 2 Jahren hatten wir in Paris mit der Klimaconferenz (COP21) endlich den erwarteten Durchbruch. 195 Staaten haben sich auf ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, das Verpflichtungen für alle enthält, geeinigt.
Deutschland hat sich verpflichtet den Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, erreicht werden soll dieses Ziel im Jahre 2020. Tatsächlich hat oder wird Deutschland, bedingt durch das erhöhte Verkehrswachstum, seine Zielvorgaben nicht erreichen können und wird sie auch in 2020  nicht erreichen.
Was fehlt, ist ein abgestimmtes Verhalten von Bund, Land und Regionen bis zu den Kommunen. Denn tatsächlich greifen die Gebietskörperschaften, wie die Kommunen, auf die schon erarbeiten Regeln und Normen der übergeordneten Gebietskörperschaften, wie Bund und Land, zurück. Was aber, wenn bedingt durch die Förderpraxis von Bund und Land, fehlerhafte oder zweifelhafte Regeln und Normen in die Klimaschutzaktivitäten einer Kommune einfließen? Was wenn, durch die Gesamtkomplexität des Systems, ein Teilbereich des Systems der durch die kommunale Investition abgedeckt werden soll, sich kontraproduktiv sowohl auf das System als auch auf das Nachbarsystem auswirkt?
Wir wollen einmal  an zwei Beispielen die Ambivalenz der geförderten Maßnahmen darstellen.

Foto: Archiv EN-Mosaik

In Gevelsberg resümierte Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Umwelt Björn Remer über die von der Stadt Gevelsberg schon in Angriff genommenen oder in Planung befindlichen Arbeiten im Zusammenhang mit den Einsparungen von Treibhausgasen. Unter anderem war da von Wärmedämmung der städtischen Gebäude die Rede gewesen, wie es  landauf und landab auch im Privatsektor vorgenommen wird. Das ist gut und bringt auch sicher den gewünschten Effekt, durch Einsparung von Heizungswärme weniger Energie in den Kraftwerken zu erzeugen.

Falsche Materialien durch Lobbyismus?

Was aber ist, wenn die eingesetzten Dämmmaterialien, überwiegend expandierbares Polystyrol (EPS) sind? Beobachten konnte ich den Einsatz dieses Material schon im Vorbeifahren. Dieses EPS ist für diesen Zweck ausdrücklich zugelassen, es entspricht der vorgeschriebenen Baustoffklasse B1, die nach DIN 4102 als schwer entflammbar eingeordnet wurde.
Als Mitte 2017 die Fassade des Londoner Grenfell-Tower mit 79 Toten ausbrannte, fragten sich die Brandexperten der Londoner Feuerwehr schon, wie konnte die Fassade dieses Hochhauses, das gerade erst saniert wurde, so schnell ausbrennen? Der Brand griff nach 3 Minuten auf die gesamte Fassade über und die Feuerwehr brauchte über 24 Stunden um den Brand zur Gänze zu löschen. Die Fassade war mit diesem EPS verkleidet, welches bei uns zwar etwas anders aufgebaut wird, aber im Grund gleich ist.
Nun, sagten die Produzenten und die Wehren, in Deutschland würden sogenannte Brandstopps eingebaut, die ein Übergreifen verhindern.
Dieses Argument hatte solange Bestand, bis das Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge (IBK Heyrothsberge) in einer Brand Versuchsanordnung mit deutschen Materialien, dass gleiche Ergebnis erzielte, wie beim Londoner Grenfell-Tower mit 79 Toten.
Nach dem Londoner Brand hätten in Deutschland zum ersten Mal die Alarmglocken schrillen müssen und ggfls. zwingend die Materialien verboten werden müssen.
Nun, die Materialien sind noch im Verkehr, weil die Vorschriften noch nicht geändert worden sind, so die Auskunft, nach Anfrage durch die Redaktion.
So gibt es auf allen Ebenen weiter keine Information über die Gefahr, die von diesen Stoffen ausgeht.

Ein ziemlich komplexes System, für unsere Mobilität

Wenn wir von Mobilität, im Zusammenhang mit unseren Pkws, sprechen, so sprechen wir immer von dem Verkehrssystem. Dieses Verkehrssystem ist so komplex, da kann schon mal die Asphaltierung einer Straße  zu Störungen in einem anderen Bereich führen. Ja, diese Störungen können sogar systemübergreifend sein.
Im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative fördert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ein Teilbereich dieser Initiative lauft unter dem Titel „Klimafreundliche Mobilität“, die letztendlich zu einem „Integrierten Klimaschutzkonzept“ zusammen gefasst wird.

Auftaktveranstaltung zum Klimaschutzkonzept Stadt Gevelsberg Foto: Archiv EN-Mosaik

Deutschland hat einen Kfz Bestand von 62.6 Millionen, darunter 5,5 Millionen Nutzfahrzeuge, wie Lkw oder Busse. Über 900 Millionen Tonnen an Co2 werden jährlich ausgestoßen, wovon rund 20% dem Verkehr zu gerechnet werden können. In diesen ganzen Zahlen ist der Lkw-Verkehr, der von Jahr zu Jahr steigt, enthalten. Es lohnt sich also hier genauer hinzusehen. Um noch etwas Dramatik hinzuzufügen, machen wir einen kleinen Ausflug in den Agrarbereich. Ach was ist diese Idylle schön anzusehen. Rinder stehen auf der Weide und führen sich das frische Gras zu Gemüte. Harmonische Gefühl überwältigen uns, da stehen unsere Steaks und warten nur darauf auf unsere Teller zu gelangen. Nur ganz so harmonisch ist es denn doch nicht. Denn weltweit stehen heute anderthalb Milliarden Rinder auf der Weide. Das bei der Verdauung ausgestoßene Methan heizt das Weltklima 25 Mal stärker auf als Kohlendioxid. 2/3 der landwirtschaftlichen Fläche benötigt die Viehwirtschaft. Gut, etwas Fläche wird noch für die Spritproduktion benötigt. Da bleibt nicht mehr viel übrig um die Menschheit mit Obst und Gemüse zu versorgen. Der Leser ahnt es, Agrar- und Verkehrssystem sind zwei komplexe Systeme, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Bleiben wir lieber beim Verkehrsystem, welches ja zu unser aller Mobilität beiträgt. Da gibt es ein paar statistische Ungereimtheiten, die wir noch erwähnen sollten. 1,3 Personen sitzen Tag für Tag in einem Mittelklasse Pkw, fahren immer zur gleichen Zeit zur Arbeit und zurück. Was uns zu der Aussage bewegt, dass der Pkw nicht nur Transportmittel ist, sondern im Laufe der Jahre sich zum Statussymbol „gemausert“ hat. Der Spritverbrauch wird nach bestimmten Regeln gemessen, sodass immer ein Verbrauch jenseits des realen Verbrauchs herauskommt. Logischerweise sollte es dem Konsumenten dadurch erleichtert werden, solch ein Auto zu erstehen.
Es hätte alles so schön weiter gehen können, wenn die Autoproduzenten nicht angefangen hätten, diese Verbrauchszahlen so zu manipulieren, dass jetzt von Betrug gesprochen werden kann. Durch diese Manipulationen, hauptsächlich im Stickoxidbereich der Dieseltechnologie, wurde jetzt eine Diskussion angestoßen die die Autoprodukte grundsächlich in Frage stellten. In diesem Zusammenhang sorgte eine Zahl für eine große Nachdenklichkeit. Deutschland verbraucht 1,7 mal die natürlichen Ressourcen unseres gemeinsamen Planeten Erde. Sägen wir also einen Ast ab, auf dem wir es uns so gemütlich gemacht haben?
Während des Wahlkampfes zur NRW Wahl wurde vielfach die Verkehrssituation in NRW angesprochen und als Lösungsmöglichkeit, mehr Straßen ausgerufen. Das diese Lösung jenseits der realen Möglichkeiten, keinen Bestand haben kann, weiß jeder der mit seinem Pkw durch NRW gefahren ist. Man muss sich nur mal die Trassenführung der Bundesautobahnen A40, A42 oder die A46 ansehen. Auf all diesen Bundesautobahnen kann man während der Fahrt oder im Stau in die Wohnzimmer schauen, ggfls. am Familienleben teilnehmen. Wie sollen in den Ballungsgebieten weitere Fahrspuren eröffnet werden, ohne ganze Stadtteile nieder zu reißen? Und nebenbei, was ist mit der Versiegelung der Landschaften, hat da jemand an den Hochwasserschutz gedacht?
Es nützt nichts, wenn alle Verkehrsteilnehmer, Kfz-Produzenten und Politiker*innen ein Lamento anstimmen, wenn dem Wachstum des Verkehrssystems eine dann zwangsläufig neue entstehende Realität Tag für Tag andere Entscheidungen erfordert. Und es nutzt auch nichts, wenn blinder Aktionismus zu nicht tragbaren Lösungen führt.
Die eMobilität als einzige Option, ist als fragwürdig abzulehnen. Die Akkumulatoren sind in der Regel Lithium-Ionen (vorwiegend Mangan)-Akkus, die mit giftigen Materialien, wie z.B. Kobalt, Mangan oder Nickel ein riesengroßes Problem darstellen. Abgesehen davon, dass für 60 Millionen Kfz das ein Beschaffungsproblem darstellen würde. Woher so viel Lithium, Mangan oder Kobalt nehmen, zumal die anderen Länder dann auch als Nachfrager nach diesen Materialien auftreten? Die vielfältigen Hybridlösungen oder die Wasserstoffmotoren stellen zumindest mit der eMobilität einen diskussionswürdigen Lösungsansatz dar. Insgesamt aber sollte das Verkehrssystem von Grund auf in Frage gestellt werden um einen kritischen und intelligenten Lösungsansatz zu erarbeiten. Es geht kein Weg an einer Wachstumsbeschränkung vorbei, was ja auch möglich wäre. Letztendlich geht es ja nur darum eine Lösung für den Transport von A nach B zu organisieren. Und die derzeitigen Lösungen sind keinesfalls als intelligent zu bezeichnen man merkt ihnen schon an, dass sie in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts gedacht worden sind, später nur fortgeschrieben und nie infrage gestellt wurden.

Die Gebietskörperschaft Gevelsberg macht ihr „integriertes Klimaschutzkonzept“

Bürgermeister Claus Jacobi
Foto: Archiv EN-Mosaik

Wie Eingangs schon erwähnt, hat die Stadt Gevelsberg in einer Kick off Veranstaltung den Rahmen für das integrierte Klimaschutzkonzept abgesteckt.
Bürgermeister Jacobi betont den auch in seiner Grußbotschaft, dass Gevelsberg nicht moralisieren will und auch keine oberlehrerhafte Attitüde zielführend sein kann, vielmehr ist mobilisieren und motivieren das Gebot der Stunde um Gevelsberg auch im Klimaschutz positiv aufzustellen.
Reiner Tippkötter von der Energielenker Beratungs GmbH rief die Anwesenden dazu auf mitzustreiten den Klimaschutz umzusetzen. Vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, kurz, Wuppertal Institut, wird für die konkrete Umsetzung des Projektes „integriertes Klimaschutzkonzept“ Oliver Wagner als Projektleiter verantwortlich sein.
Nach den Erfahrungen hat es sich für richtig erwiesen zielgruppenorientierte Ansprachen aufzubauen, hierzu wurden denn auch Workshops initiiert, die mit den Problemfeldern übereinstimmen. Viele, viele Ideen fanden nun den Weg auf die Tafeln, die mit den bunten Ideenzetteln letztendlich das Konzept darstellen sollten.

Wohngebäude/private Haushalte | Reiner Tippkötter, energielenker Beratungs GmbH
Klimafreundliche Mobilität | Björn Remer, Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Gevelsberg
Klimaschutz in Gewerbe und Industrien | Thorsten Coß, Geschäftsführer AVU-Serviceplus
Öffentlichkeitsarbeit und Bildung | Claudia Mahneke, EnergieAgentur.NRW

Zu den vier Gruppen wird bis Anfang 2018 ein Status erstellt um die folgenden Fortschritte zu quantifizieren. Man darf gespannt sein auf den Beginn der gemeinsamen Arbeiten, aber auch die Zusammenarbeit innerhalb der Projektgruppe.

Zu guter Letzt fragt sich der Verfasser dieses Artikels, warum die vor Jahren von den Grünen einmal aufgebrachte Idee der „regionalen Vermarktung“ nicht umgesetzt wurde.
In der Nähe von Lyon/Frankreich haben die regionalen Landwirte eine Vermarktungsgenossenschaft gegründet, ein Gebäude angemietet, um dort ihre Produkte selbst zu vermarkten, mit Erfolg wie die Geschäftsführerin versicherte.

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Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg

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