Nach Denken

Nachdenklich  Collage: Linde Arndt

Nachdenklich   –  Collage: Linde Arndt

[jpg]Was soll ich denn nun feiern. Als Elberfelder, der damals ohne Probleme sehr oft nach Westberlin und zurück fuhr. Sehr oft habe ich mit den DDR Leuten gesprochen und habe keinen Unterschied zu uns gesehen. Ich habe keinen gesehen, der sich unterdrückt fühlte. Man musste arbeiten, studieren oder feiern und hatte auch nur 24 Stunden am Tag, die nie ausreichten. Heute sind das alles Freiheitskämpfer geworden und saßen alle in Bautzen.
Und als die Mauer fiel, wollten viele auch zwei Autos haben und auch jedes Jahr in den USA Ferien machen. Und die Gesichter wurden länger, als das verdiente Geld noch nicht einmal für ein Auto reichte und Malle das höchste der Gefühle wurde. Also, was soll ich feiern? Das die DDR Leute in der Realität angekommen sind?

Nein, ich finde diese Feier unanständig. Macht sie doch den DDR Staat zu dem was er niemals war – ein Unrechtsstaat. Haben die 16 Millionen Menschen in der damaligen DDR Unrecht getan. Wohl kaum, Sollen sie mit diesem Kampfbegriff ihrer gesamten Identität beraubt werden. Senkt den Kopf, ihr wart in einem Unrechtsstaat!
Und ich. Ich mache das was ich jedes Jahr an diesem Tag mache, ich denke an die Reichskristallnacht, an die 400 ermordeten Juden und an die 40.000 erstmals in KZs verschleppten Menschen. Die niemals zurück kamen und hinter Mauern verschwanden die wir teilweise noch heute in unseren Köpfen haben. Die Synagogen, die damals in Flammen aufgingen, die jüdischen Geschäftsleute, deren Geschäfte verwüstet wurden.

Aber ich denke auch, es ist Zeit zu vergessen und zu feiern das wir wieder ein Volk sind, ohne Verantwortung für die Vergangenheit. Wirklich vergessen?
Es ist der Versuch der Deutschen die Täterschaft der Reichsprogromnacht mit der Opferrolle der DDR Diktatur zu verrechnen.

Und deshalb finde ich 76 Jahre nach der Reichskristallnacht diese Feier unanständig. Es ist der Versuch

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik am Tage der Reichspogromnacht von 1938