L 699 und ein allseitiges Papperlapapp
[jpg] Im Internet gibt es eine eherne Regel, die lautet: Du sollst nicht langweilen.
Und diese L699 langweilt seit geraumer Zeit. Da geht der Veranstalter, Kluterthöhlen & Freizeit GmbH & Co KG , eine „Tochter“ der Stadt Ennepetal, her und kündigt eine Veranstaltung auf dieser Straße an die nicht dafür geeignet ist. „Ennepetal auf Rollen und Rädern“ so nennt sich diese Veranstaltung und diese sollte 2mal im Jahr auf der L699 stattfinden. Sie wurde abgesagt, weil „Straßen NRW“, so heißt die zuständige Behörde, die Straße für die Veranstaltung nicht herrichten wollte.
Wollte? Straßen NRW wollte die Straße nicht so herrichten wie die Stadt Ennepetal das gerne hätte, nämlich jedes Jahr eine flammneue Decke aufziehen. Wer soll das bezahlen? Auch das Land NRW hat nicht das Geld um einer einzigen Kommune eine Straße herzurichten, weil diese zweimal im Jahr eine Veranstaltung auf dieser Straße hat. Wohin soll das führen?
Nun hat sich eine Koalition gebildet, mit den Bürgermeistern von Breckerfeld, Ennepetal und dem Landrat des EN-Kreises, die eine Art von Petition für eine Erneuerung der L699 unterschreiben wollen. Das Ganze soll dann Verkehrsminister Harry K. Voigtsberger vorgelegt werden. Als wenn das nicht genug wäre, traf sich die Ennepetaler SPD mit rund 20 Menschen an der L699 (Behlinger Weg) zu einem ihrer „Vor Ort“ Gespräche um die L699 parteipolitisch zu thematisieren. Man zog da kräftig über die Qualität der L699 vom Leder.
Wir selber sind die L699 abgefahren und fanden die Straße als ganz normale „Flickenteppich“- Straße, wie es eben solche untergeordnete Straßen zuhauf im Westen der Bundesrepublik Deutschland gibt. „Straßen NRW“ die für diese Straßen zuständig ist hat hunderte solcher Straßen in seiner Verantwortung. Die ermitteln in bestimmten Abständen das Verkehrsaufkommen und ordnen die Straße danach ein.
Gibt es keine Besonderheiten, so wird die Straße jedes Jahr neu inspiziert und repariert. So ist auch dem Laien verständlich, dass eine B7 ganz anders eingeordnet ist als eine L699. Auf der B 7 ist das Verkehrsaufkommen sehr viel höher und deshalb muss dort die Straße viel öfter erneuert werden. Jetzt die L699 quasi mit der B 7 gleichzusetzen würde auch dem letzten Bürger sicher den Verstand rauben. Aber, es wurde inzwischen ein umfangreicher Schriftverkehr und sogar ein Ratsbeschluss herbei geführt und Bürgertreffs organisiert. Man könnte meinen die L 699 soll jetzt einen Autobahnstatus bekommen. Nur weil dort 2 Veranstaltungen stattfinden sollen? Was für ein Argument! Das Verkehrsministerium hatte auch eine Alternative zur L 699 vorgeschlagen. Die vorgeschlagene L 701 ist eine geschichtsträchtige Strecke die über die Delle, Steherberg, Oberbauer nach Voerde führt, also ein Zweig des ehemaligen mittelalterlichen Hile- oder Hellweges. Wahrscheinlich ist dieser Weg ein Handels- und Heerweg, während die L 699 ein Weg der Industriekultur ist.
Beide Wege sind landschaftlich sehr reizvoll und geschichtlich sehr interessant und spannend. Dies wollte natürlich niemand von Politik und Verwaltung. Man wollte und will mit den Köpfen mehrfach vor die Wand laufen. Wenn allerdings diese Veranstaltungen das einzige Argument sein sollten, so ist das aber sehr schwach. „Straßen NRW“ und das Verkehrsministerium gehörten gesteinigt, wenn sie dem Druck der Ennepetaler nachgeben würden. Mit Recht würden viele Städte dann auf ihre desolaten Straßen verweisen und auf deren Erneuerung pochen. Im Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz würde Münster ihnen dann sogar Recht geben.
Jetzt rächt sich die mangelhafte politische Arbeit der Ratsfraktionen mit ihrer „14 Millionen Truppe“, also der Stadtverwaltung. Hätte man den Wirtschaftsfaktor Tourismus ernster genommen, so wäre man heute weiter. Nur einen Flyer mit zwei Wanderwegen in die Welt zu setzen, erbringt noch keinen Wirtschaftsfaktor „Tourismus“. Politisch hätte die Stadt in dem derzeitigen Flächennutzungsplan (FNP) eine Freizeitzone im Bereich der L699 ausweisen sollen. Eine Gruppe hätte ein Tourismuskonzept erstellen können. Zumindest hätte man Bereiche andenken können, wie einen Erlebnisbereich, Wellnesskurbereich, Golfbereich, Fitnessparcour, und, und, und. Nur eine Wanderkarte mit zwei Wanderwegen ist doch ein bisschen dürftig auch für unsere14 Millionen Truppe.
Im Flächennutzungsplan sind nur Gewerbe-, Wohn- und Grünflächen ausgewiesen worden, die auch noch teilweise zurück geführt wurden.
Da kommt einem der Gedanken der Inszenierung von politischen Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten durch die Parteien und die Verwaltung. Der Flächennutzungsplan wurde mehr oder weniger fantasielos behandelt, obwohl er eine der „Königsdisziplinen“ einer jeden Kommunalverwaltung ist. Kann Politik und Verwaltung keine wirkliche Politik mehr? Kann man nur noch auf Zuruf Einzelfälle, wie das auswechseln eines Verkehrsschildes, lösen wollen? Mehr ist nicht drin? In diesem und nächsten Monat werden die Haushalte zur Beratung vorgelegt. Die Politik wäre gut beraten wenn sie sich zu ihrer Unfähigkeit bekennen würde, vielleicht den einen oder anderen Haushaltsposten anheben oder senken, ist keine Politik.
Und ein blindwütiges Sparen als Politik zu bezeichnen ist lächerlich. Es müssen Prioritäten gesetzt werden, die erkennen lassen welche Perspektiven eine Stadt wie Ennepetal bieten kann. Ein Antrag der CDU für die Prüfung eines zentralen Spielplatz , ist ja schon mal mehr als der Antrag für eine Hundewiese. In dem Antrag sah ich zum ersten mal das Wort Attraktivität für Ennepetal. Die Ennepetaler sind ja schon sehr bescheiden geworden. Nur, wo ist der Rest an Anträgen um neue zukunftsweisende Strukturen aufzubauen?
Wo ist die Task Force welche die Zukunftsfähigkeit von Ennepetal definiert, die Strukturen aufzeigt auf denen man etwas aufbauen kann?
So kann man die gesamten Gespräche nur als Papperlapapp einordnen um von einem abzulenken – von guter politischer Arbeit. Und diese fehlende gute politische Arbeit hat eine ganze Partei atomisiert – die FDP. In einigen Landtagen, im Bundestag gibt es sie noch. Stehen allerdings Wahlen an werden sie von den Wählern zu einer Splitterpartei expediert.
Nur für wen werden diese Inszenierungen eigentlich gemacht? Doch nicht für Menschen die wählen gehen, die durch solche Verhaltensweisen immer weniger werden. Doch nicht für zukünftige Parteimitglieder. Durch solche Verhaltensweisen bekommen potenzielle Parteimitglieder doch einen denkbar schlechten Eindruck von den etablierten Parteien.
Ich denke mir, diese L699 Aktion soll vor den anstehenden Haushaltsberatungen ablenken. So erfahren wir im Oktober oder November aus dem Nichts, dass für die eine oder andere kulturelle oder soziale Haushaltspositionen keine Gelder mehr vorhanden sind. Wen wundert es dann, wenn dann sämtliche Spielplätze angeblich geschlossen werden müssen und diese dann nur mit einem kümmerlichen Patenschild ausgestattet werden. Wir kümmern uns? Papperlapapp
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal