Ennepetaler Attitüde: Ich bin denn mal dran.

 

Abschluss-Podiumsdiskussion bei Kolpings v.l.: Imke Heymann, Diemo Wasiak, Alfred Schmidtchen,Anita Schöneberg  Foto: (c) Linde Arndt

Abschluss-Podiumsdiskussion bei Kolpings v.l.: Imke Heymann,Diemo Wasiak, Alfred Schmidtchen,Anita Schöneberg Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Es sollte die letzte Podiumsdiskussion der Kandidatinnen für das Bürgermeisteramt in Ennepetal sein. Um es kurz zu machen, es war auch die interessanteste Diskussion. Unterhalb der Herz Jesu Kirche in Milspe fanden sich die Kandidatinnen ein. Der Vorsitzender der Kolpingsfamilie Ennepetal-Milspe Diemo Wasiak begrüßte die Kandidatinnen und das Publikum und übergab direkt an den  Schriftführer der Kolpingsfamilie Ennepetal-Milspe Alfred Schmidtchen, der die Diskussion aufs Beste moderieren sollte.

Als die Kandidatinnen sich zum ersten male auf der Handwerksmesse dem Publikum stellten, war Frau Heymann den Ennepetaler Wählern kaum bekannt. Sechs Monate später in der Herz Jesus Kirche sprechen die Ennepetaler über Frau Heymann. Womit sie eine nicht zu vernachlässigende Größe bei der Bürgermeisterwahl ist. Es ist noch alles offen und noch nichts abgemacht wer Bürgermeisterin wird.

1. Diskussionsrunde bei der Handwerkermesse/Haus Ennepetal<br /> v.l: Anita Schöneberg , Moderator Marc Schulte, Imke Heymann Foto:(c) Linde Arndt

1. Diskussionsrunde bei der Handwerkermesse/Haus Ennepetal
v.l: Anita Schöneberg , Moderator Marc Schulte, Imke Heymann Foto:(c) Linde Arndt

Nun ist Ennepetal nicht irgendeine Stadt im EN-Kreis. Ennepetal ist die reichste Stadt im EN-Kreis, kann aber am wenigsten mit diesem Reichtum anfangen. Man könnte meinen, „Armut“ regt die Fantasie der anderen Städte an und befördert die Kreativität. So kommt Schwelm, zwar nicht geräuschlos, mit seiner Stadt wie die Nachbargemeinde Gevelsberg ohne Probleme klar, obwohl beide Städte nicht die finanziellen Ressourcen haben.

Die Stadt Ennepetal hat einen Personalbestand von rund 400 Mitarbeitern, der über die Hauptverwaltung und Nebenbetriebe verteilt ist. Rund 100 Millionen Euro werden von der Stadt im Jahr ausgegeben. Alleine diese beiden Zahlen werfen die Frage auf, was für eine Qualifikation ist bei dem zukünftigen Bürgermeister notwendig? Die zukünftige Bürgermeisterin bekommt in etwa 7.550,– Euro plus evtl. Zulagen. Es ist ein Gehalt, das auch die dementsprechende Verantwortung darstellt. Zum Vergleich der Metalltarif für K 6, also eine leitende Beschäftigung, beträgt z. Zt. 4.221,– plus Zulagen. 7.550,– Euro wäre also ein Entgelt welches außertariflich gezahlt würde, was dementsprechende Qualifikationen und Leistungen voraussetzt. Und was wesentlich ist, der Mitarbeiter müsste schon einmal in führender und leitender Position Erfahrungen gesammelt haben und sich darüber hinaus  im Management bewährt haben.

 

Betrachten wir einmal die beiden Kandidatinnen. Anita Schöneberg reklamiert für sich 20 Jahre Ratserfahrung und Erfahrungen als stellvertretende Bürgermeisterin. Ihre Erfahrung mit der Verwaltung hat sie über Hörensagen und sich im Ältestenrat angeeignet. Die Tätigkeit bei der SIHK beschreibt sie mit dem Ausfüllen von Dokumenten die für den Export, z.Bsp. China, benötigt werden. In der Regel beschreibt das die Ausstellung von Konnossementen für den Außenhandel nach § 643 f HGB die durch die SIHK beglaubigt werden. Dies ist zwar eine verantwortungsvolle Arbeit, gehört aber nicht zu einer leitenden Arbeit, sondern ist einer Sachbearbeiterebene zugeordnet.

Anders Imke Heymann die sich durch Ehrgeiz und Zielstrebigkeit in einer 25 jährigen Tätigkeit vom Einzelhandelskaufmann bis zur Führungskraft in der GALERIA Kaufhof hoch gearbeitet hat. Zielstrebig hat sie ihre Stellung durch Ergänzungen, Kurse und Studium angereichert und befindet sich heute in leitender Funktion, über 150 Mitarbeiter sind ihr anvertraut. Das sie jetzt den Posten eines Geschäftsführers im Personalservice bekommen hat, bedeutet erst einmal einen Vertrauensbeweis in ihre fachliche Qualifikation.

 

Inhaltlich sind beide schon unterscheidbar. Frau Schöneberg steht für ein weiter so, denn sie sieht das ewige schlecht reden von Ennepetal sei die Wurzel allen Übels. Darüber hinaus sieht sie alles gerichtet und meint eher, da muss man mal sehen, ob man da nicht eingreifen sollte. Z.Bsp. eine Gesundheitsmesse, wo man die Stände nur etwas zusammen räumen muss. Für die nächsten 5 Jahre will sie den Ennepetalern ein Gefühl von Heimatglück vermitteln.

Imke Heymann im Gespräch mit Christian Lindner   (Bundesvorsitzender der FDP) Foto: (c) Linde Arndt

Imke Heymann im Gespräch mit Christian Lindner (Bundesvorsitzender der FDP) Foto: (c) Linde Arndt

Anders Imke Heymann. Sie betrachtet Ennepetal von draußen, den Nachteil der Betriebsblindheit hat sie nicht. Sie sucht sich alle schon vorhandenen Facetten und Parameter der Stadt Ennepetal zusammen um daraus ein Geamtkonzept (Masterplan) zu erstellen. Sie stellt Fragen und ist erst einmal neugierig was Ennepetal so ausmacht. Sie möchte mit den Leuten ins Gespräch kommen und erst einmal zuhören.

Ein ganzheitlicher und strukturierter Ansatz, der sicher zu einer gesunden unverbrauchten Betrachtung der Stadt Ennepetal führt. Letztendlich hat dies den Vorteil, Einzelschritte aus diesem Masterplan abzuleiten. Die Entwicklung einer Stadt wie Ennepetal ist ein dynamischer Prozess, der immer wieder Eingriffe erfordert.

Auch bei dem Problem Haus Ennepetal sind beide Kandidatinnen nicht d´accord. Frau Schöneberg versucht fast schon krampfhaft die Funktionen des Hauses zu schützen, Leo Theater, Mehrgenerationenhaus oder das Restaurant, dürfen nicht untergehen. Und letztendlich sieht sie die angesprochenen 10-15 Millionen als zweifelhaft an. Nur vergisst sie dabei die marode Bausubstanz des Gebäudes. Will sie warten bis das Gebäude zusammenbricht? Eine verantwortungsvolle Handlungsweise sieht anders aus.

Auch hier wieder Frau Heymann, sie will  wissen was mit diesem Gebäude los ist. Sind es 10, 12 oder gar 15 Millionen die sie in Haus Ennepetal reinstecken muss? Und das mit dem Gebäude etwas geschehen muss, dass kann man auch als Laie erkennen. Heymann ist vorbereitet auf den evtl.  Abriss und Neubau des Gebäudes, wenn es die Untersuchung ergibt. An den Funktionen, die diesem Gebäude  zugewiesen wurden, will sie jedoch nicht rütteln.

Auch bei der Schullandschaft sieht Frau Schöneberg keinen Handlungsgbedarf, hier hat der ehemalige Fachbereichsleiter Peter Müller gute Arbeit geleistet. Die Musikschule sieht sie als freiwillige Leistung, die der Stadt 500 Tsd. Euro kostet. Hier müssen wir uns mal Gedanken machen, so Frau Schöneberg. Heißt das, wir müssen die Musikschule schließen?

Frau Heymann sieht durch den demografischen Wandel schon die Möglichkeit, dass uns die Kinder für die Schulen ausbleiben. Ihr Gedanke ist dabei, vielleicht sollten wir uns mit den Nachbargemeinden zusammentun um die evtl. entstehenden Lücken nicht aufkommen zu lassen. Die Schüler der Albert-Schweizer-Schule in Oberbauer wurden ja auch  in die Nachbargemeinde überführt.
Auch sollten bei Bedarf Gespräche mit den Eltern geführt werden, deren Kinder der weiterführenden Schule Gymnasium nicht gewachsen sind; denn über die bestehende Sekundarschule besteht auch eine Möglichkeit das Abitur zu erreichen.

Zur Frage von Kultur, Freizeit und Tourismus sieht Frau Schöneberg durch die Highland Games, das Leo Theater und die Vereine die sich alle kulturell engagieren alles als gerichtet an. Sie sind ausreichende Alleinstellungsmerkmale die Ennepetal nach vorne bringen, so Frau Schöneberg. Und dann kommt wieder das Schlecht-reden von Ennepetal bei Frau Schöneberg zum Zuge. Es scheint eine Obsession bei Frau Schöneberg zu sein, wenn sie viele Dinge mit schön oder auch nicht schlecht reden erledigen will. Hier fehlt die Umsetzung von angeblich angeeignetem Wissen, überhaupt scheint Anita Schöneberg nicht begriffen zu haben, dass Ennepetal schon seit Jahren ein Umsetzungsproblem hat.

Frau Heymann sieht viele Veranstaltungen in Ennepetal, die kein großes Bild ergeben, sie sind zwar aneinander gereiht, sie ergänzen sich aber nicht. Sie mahnt ein Gesamtbild an. Die Angebotspalette im Bereich von Kultur, Freizeit und Tourismus muss überdacht und neu organisiert werden, so dass ein weithin sichtbares positives Signal nach draußen zu sehen ist.

Bürgermeisterkandidatin Anita Schöneberg bei der Kolping-Diskussion Foto: (c) Linde Arndt

Bürgermeisterkandidatin Anita Schöneberg bei der Kolping-Diskussion Foto: (c) Linde Arndt

Frau Schöneberg hat bei den Veranstaltungen nach ihrer Aussage  schon alles versucht und es hat nicht geklappt. Schade halt. In allen Gesprächen hatte Frau Schöneberg immer wieder die Ennepetaler Attitüde gezeigt, in Ennepetal geboren, 20 Jahre im Stadtrat, 11 Jahre als Bürgermeisterstellvertreterin, mich kennt hier jeder und jetzt bin ich mal dran. Das es aber bei diesem Amt nicht um Erbhöfe geht, sondern um Qualifikationen und Erfahrungen die man in dieses Amt einbringen müsste, kam Frau Schöneberg nicht in den Sinn. Auch die inhaltliche Ausrichtung dieses Amtes als politisches Amt, welches dann von der SPD durch sie besetzt wird, konnte nicht gut gehen. Das Frau Heymann mit ihrem Mann morgens über Politik sprechen wird ist genauso normal anzusehen, da auch Frau Schöneberg mit ihrem Mann und Sohn, zwei Mandatsträger, am Frühstückstisch zur Verfügung hat.

Was für Frau Heymann spricht, ist, sie kann sich relativ schnell in die neue Materie einarbeiten um dann führend tätig zu werden. Apropos Führung, ein ganz wichtiges Element im Bürgermeisteramt.

Hier kann man für Ennepetal die größten Probleme verorten; denn ehemaligen Bürgermeister Dessel, Eckhardt und Wiggenhagen hatten immer wieder eine klare Führung vermissen lassen, so aus Hörensagen und aus eigener Erfahrung. Soziale Kompetenz und Teamfähigkeit vermissten die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit denen unsere Redaktion gesprochen hatte.

Nach 20 Jahren Stillstand sollte endlich für Ennepetal ein Aufbruch stattfinden, Ennepetal hat mehr verdient, als ich-bin-denn-mal-dran.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal