Schwelmer Bücherei soll von CDU Bürgermeisterin in spe geschlossen werden?

v.l.:Gabrielle Grollmann, Stoffels   , Bürgermeistr Jochen Stobbe  Foto: Linde Arndt

v.l.:Gabriele Grollmann, Ralf Stoffels , Bürgermeistr Jochen Stobbe Foto: Linde Arndt

 

[jpg] Seit einem Jahr Dauerwahlkampf der bürgerlichen Mehrheit in Schwelm. Die Protagonisten dieser bürgerlichen Mehrheit: Oliver Flüshöh (CDU), Michael Schwunk (FDP) und Marcel Gieswein (Bündnis90/Die Grünen) und manchmal zur Verstärkung Dr. Christian Bockelmann (SWG/BfS). Sie hatten mal eine satte Mehrheit von 24 Sitzen, die sich aber nach der Kommunalwahl 2014 um 4 Sitze verringert hat.

Sie hätten von 2009 bis heute Schwelm gestalten können, nur es fiel ihnen nichts ein, wie man die Gemeinde Schwelm gestalten könnte. Mangels fehlender Kreativität verlagerte sich diese bürgerliche Mehrheit auf eine Fundamental-Opposition, indem jeder Antrag der die Gemeinde weiter bringen konnte bis zum geht nicht mehr zerredet wurde, letztendlich aber doch durch gelassen werden musste. Dabei wurde in den jetzt schon 6 Jahren viel, sehr viel Porzellan zerschlagen, das dem Image der Stadt Schwelm nicht gerade zuträglich war.

Ein alteingesessener Schwelmer Unternehmer wurde derart behandelt, dass er das Brauereigelände nicht mehr entwickeln wollte und es einer Beteiligungsgesellschaft im Schweizer Zug verkaufte. Diese Gesellschaft darf das Gebäude jetzt so hoch ziehen wie es dem einheimischen Unternehmer verwehrt wurde. Die Schwelmer Stadtverwaltung wurde permanent durch den Rat unter Dauerbeschuss gesetzt, wobei der Eindruck entstehen konnte, dass die Mitarbeiter nur aus unfähigen und überflüssigen Arbeitnehmern bestehen. Unwürdige Auftritte waren und sind an der Tagesordnung im Schwelmer Rat.

Als der Haushalt 2016 durch den Bürgermeister im Rat kassiert wurde, schwang sich ein Oliver Flüshöh (CDU) auf, die politische Inquisition auszurufen. Da wurde der Kämmerei Ralf Schweinsberg „hochnotpeinlich“ befragt, ob der Haushalt denn nicht hätte vorgelegt werden können. Flüshöh am Rednerpult zwang den Kämmerei gegenüber dem Bürgermeister zur Illoyalität. Ein würdeloses Schauspiel. Aber wie gesagt, es ist Wahlkampf und da sind Werte wie Würde, Integrität, Loyalität oder auch nur Niveau nichts wert. Schauspielerisches Talent, Taschenspielertricks Möglichkeiten der dramaturgischen Inszenierungen sind die richtigen Begriffe hier für.

 

Und Schwelm?

Gabriele Grollmann  Foto: (c) Linde Arndt

Gabriele Grollmann Foto: (c) Linde Arndt

Ach was, was kümmert uns diese Stadt, wenn wir die Macht über diese Stadt nicht haben. Der Grund? Der Bürgermeister ist von der SPD, und der muss halt weg.

Und so zauberte die bürgerliche Kooperative von CDU/FDP/Bündnis90|Die Grünen und SWG/BfS eine Gabriele Grollmann (parteilos) aus dem bekannten Zauberhut. Die oder keine, aus einer Wahl von angeblich 30 BewerberInnen. Frau Grollmann hatte die Stellenanzeige während ihres Bäckereibesuches gelesen und sich sofort beworben. Denn ihr guter Job bei der Stadtverwaltung Münster, ist nicht so gut wie der angestrebte Bürgermeisterjob in Schwelm? Weil, man höre und staune, die Menschen von CDU/FDP/Bündnis90|Die Grünen und SWG/BfS Frau Grollmann so begeistert hatten, dass sie sich flugs bewerben musste. So strebt man heute eine Stelle an?

 

Ralf Stoffels Foto:  (c) Linde Arndt

Ralf Stoffels Foto: (c) Linde Arndt

Jetzt kam der Showdown zwischen dem Amtsinhaber Jochen Stobbe in der rechten Ecke und der Bewerberin Gabriele Grollmann in der linken Ecke. Podiumsdiskussion nennt man so was. Und diese Podiumsdiskussion wurde organisiert von Ralf Stoffels, einer der Vizepräsidenten der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK). Auch diesmal wurde diese Diskussion etwas schwammig wie in Ennepetal, jedoch war die Spannung ungleich höher, was an der Kandidatin als auch an dem Kandidaten lag.

 

Christoph Brünger, Geschäftsführer für Standortpolitik, Existenzgründung und Unternehmensförderung der SIHK Hagen eröffnete die Podiumsdiskussion indem er die wirtschaftlichen Eckdaten von Schwelm vortrug. Quintessenz: Schwelm muss seine Potenziale besser nutzen! Sehr gut!

Es geht um Flächennutzung für Gewerbe- und Industrieansiedlung. Richtigerweise ist Schwelm mit seiner geringen Flächenreserve kaum eine Stadt für eine Industrieansiedlung, so Bürgermeister Stobbe, jedoch versucht Schwelm dieses Manko durch eine interkommunale Zusammenarbeit mit Wuppertal, Sprockhövel und Gevelsberg im Gebiet Linderhausen zu kompensieren. Frau Grollmann will erst einmal mit den Unternehmern sprechen und strebt einen Flächentausch an, Firmen die zuviel Flächen hätten tauschen mit Firmen die zu wenig haben. Wie das umgestzt werden soll, wollte sie nicht verraten. Bürgermeister Stobbe ist da schon ein Stück weiter indem er mit den Nachbargemeinden gemeinsame Flächen entwickelt. Frau Grollman fragt, was denn für die letzten 6 Jahren für Ergebnisse vorliegen. Bürgermeister Stobbe verweist auf die Regionalplanung, die eine spontane Flächenentwicklung kurzfristig nicht zu lässt. Alles was über die Stadtgrenzen geht muss vom RVR und Arnsberg respektive von Düsseldorf abgesegnet werden.

Schwelm hatte umfangreiche Gewerbesteuerrückzahlungen zu leisten, die mit einer Verzinsung von 6% versehen sind. Als Kritikpunkt ist das unverständlich, sind doch die 6% gesetzlich vorgeschrieben. Auch das Prozedere der Gewerbesteuerzahlung scheint weder bei Ralf Stoffels, einer der Vizepräsidenten der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) noch bei Frau Grollmann bekannt zu sein. Die Zeiträume von der Festsetzung der Gewerbesteuer und einer evtl. Rückzahlung, waren hier offensichtlich nicht bekannt.

Bürgermeister Jochen Stobbe Foto: (c) Linde Arndt

Bürgermeister Jochen Stobbe Foto: (c) Linde Arndt

Bei der Frage zur GSWS waren sich Frau Grollmann und Bürgermeister Stobbe fast einig. Nur Frau Grollmann will das Stadtmarketing wieder in die Stadtverwaltung holen. Hier sieht Bürgermeister Stobbe jedoch schon Erfolge, die durch einzelne positive Imageaktionen der GSWS entstanden sind. Neue Aufgaben sieht Bürgermeister Stobbe durch die neue Gestaltung der Innenstadt auf die GSWS zukommen. Grollmann verweist auf ihre Kompetenz im Zusammenhang mit ihren Vorlesungen zum Thema „attraktive Innenstädte“ und fordert einen Abendwochenmarkt. Frau Grollmann ist „Wochenmarkt-Enthusiastin“, seit ihrer Zeit in Gladbeck, dort war sie für den Wochenmarkt zuständig. Grollmann wie auch Bürgermeister Stobbe wollen an der Barrierefreiheit der Innenstadt arbeiten. Grollmann will darüber hinaus mehr Parkplätze in der Innenstadt schaffen. Wo, das mochte sie nicht sagen.

Ein Masterplan für die Innenstadt? Grollmann will denn auch sofort ein Dezernat Stadtplanung mit Baudezernenten einrichten, wo bei ihr  auf der anderen Seite die Forderung nach Personaleinsparung steht. Im Zusammenhang mit dem Investor fragt Frau Grollmann, ob denn überhaupt die Bonität vorhanden ist. Die Firma Paas und die Beteiligungsgesellschaft im schweizerischen Zug haben die Immobilie Brauerei ohne Probleme abgewickelt. Und jetzt soll eine Bonitätsprüfung gemacht werden?

Und dann kommt der Haushalt. Hier sieht Frau Grollmann den Schwelmer Haushalt seit 2013 schon defizitär. Jeder Cent sollte auf den Prüfstand, es muss gespart werden, die Bücherei, das Hallenbad, da es freiwillige Leistungen sind, könnten geschlossen werden. Und das Heimatfest?

Schwelm muss massiv sparen, so Grollmann. Auf der anderen Seite will Frau Grollmann, dass Freibad überdachen um dann ein Ganzjahresbad daraus zu machen. Bürgermeister Stobbe sieht seit 19 Jahren die Stadt Schwelm ohne genehmigten Haushalt und damit die finanzielle Lage in Schwelm als angespannt. Die Bücherei kann man nicht einfach schließen, da Schwelm eine vertragliche Kooperation mit Sprockhövel hat.

Zum Flüchtlingsproblem sieht der SIHK Geschäftsführer Stoffels Gevelsberg und Ennepetal weit vor Schwelm mit der Lösung der Probleme. Ist dieses Problem für Schwelm noch finanzierbar, so Stoffels?

Bürgermeister Stobbe sieht die gesetzlichen Vorgaben auf einem guten Weg in Schwelm. Was die Sprachkurse und andere integrative Leistungen anbelangt, hat Stobbe Sponsoren und sein eingespieltes Ehrenamt im vollen Einsatz. Wenn es in Schwelm mit dem Flüchtlingsproblem geräuschloser als in Gevelsberg zu geht, heißt das doch nicht, dass Schwelm zurück ist. Wir haben, so Bürgermeister Stobbe, sicherlich ein Problem uns in der Öffentlichkeit darzustellen. Wir sind hier sicher etwas zurückhaltender, der Problematik angepasst.

Frau Grollmann will zu diesem Thema eine hauptamtliche Kooperationsstelle schaffen und dem Ehrenamt die Zusammenarbeit entziehen. Die Flüchtlingsarbeit sollte Chefsache sein und Schwelm sollte mehr tun. Hauptamtliche Kräfte sollten die Flüchtlinge professionell begleiten.

Das Rathaus, sollte es so belassen werden oder sollte das zentrale Rathaus angegangen werden?

Frau Grollmann sieht hier die Möglichkeit einer ÖPP oder PPP (öffentlich-private Partnerschaft oder Public-private-Partnership), die in der Regel zwar die teuerste Lösung darstellt, man sollte diese Lösungsmöglichkeit jedoch nicht aus dem Auge verlieren. Den Plan von dem Schwelmer Bürger Uwe Hugendick die Schule West als Standort für das zentrale Rathaus einzuplanen, findet Frau Grollmann gut – warum nicht.

Bürgermeister Stobbe sieht den Beschluss für ein zentrales Rathaus, wobei die Schule West ein Projekt sein kann. Man sollte diese Entscheidung jetzt nicht übers Knie brechen, denn wir haben noch nicht alle Überlegungen hinsichtlich des Raumbedarfs, im Moment sind wir bei 9.000 qm,  nicht beendet. Eine beispielhafte Frage, was machen wir mit dem zur Zeit ausgelagerten Archiv? Sollen wir es digitalisieren, was erheblich weniger Platz benötigt als die analoge Aufbewahrung. Frau Grollmann merkte denn an, dass die Digitalisierung nicht klappen wird, weil es auch in Münster nicht geklappt hat.

In diesem Zusammenhang brachte Frau Grollmann den viel weiter führenden Begriff des E-Government ins Spiel. Dieser Begriff beinhaltet die gesamten Prozesse im behördlichen Bereich, einschließlich der Archivierung, die dann durch den Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien durchgeführt werden. Frau Grollman wollte hier ein Denkverbot aussprechen. Wenn auch nicht die gesamten Prozesse digitalisiert werden können, so sollte man aufgrund des in die Jahre gekommenen Archivgutes, eine Teildigitalisierung nicht von der Hand weisen.

 

Fazit:

Wenn man sich die gesamte Diskussion vor Augen führt, so hatte Frau Grollmann erhebliche Widersprüche in ihrem Vortrag. Da will sie viele Projekte zur Chefsache erklären. Damit zeigt sie aber doch klar Lücken im Management by Delegation und unterstellt der Stadtverwaltung eine fehlende Kompetenz. Bei der Kompetenz, die ja das Tor zur Akzeptanz darstellt, zeigt sie Wissenslücken und Widersprüche. Sie kann nicht ein Sparen Merkelscher Prägung propagieren und zwei Sätze später mit vollen Händen Geld unter die Leute verteilen, wie einen Baudezernenten mit oder ohne Personal einstellen wollen, nur weil sie ihren Mitarbeitern in spe nichts zutraut. Wissenslücken, wo es um die Innenstadtgestaltung geht. Es reicht heute nicht „nur“ einen Abendwochenmarkt zu initiieren, vielmehr greifen viele Faktoren in eine moderne Innenstadt.

Bürgermeister Stobbe kennt die Fehler seiner Stadtverwaltung, wie man immer wieder in Zwischenbemerkungen hören konnte. Da sind zum einen die erheblichen Defizite in der Öffentlichkeitsarbeit um ein positives Image der Stadt Schwelm zu transportieren. Es reicht nicht wenn sich Schwelmer auf die Schulter klopfen um sich toll zu finden. Stobbe war allerdings in seinen Antworten und Einlassungen strukturierter unterwegs, wobei er, bis auf einmal, kompetent vortrug. Von außen wird Schwelm als unscharf wahr genommen, die Schwelmer wissen allerdings nicht was draußen (Außenwirkung) rüber kommen soll. Der Schwelmer Rat sollte sich besinnen und sein würdeloses Spiel unterlassen, man kann auch dem politischen Gegner niveauvoll die Meinung sagen. Schreiereien, Drohungen, Beschimpfungen und Bloßstellungen sollten tunlichst vermieden werden.

Mit der Brauereiinvestition wird es in Schwelm noch erhebliches Kopfzerbrechen geben. Denn wenn die Investition einmal steht, werden die Gewinne in Zug/Schweiz versteuert (Steuervermeidungstrategie). Wenn es geht wird die Investition Verluste ausweisen, die hier in Deutschland verrechnet werden, so zahlt Deutschland dem Investor aus anderen Steuertöpfen.

Hier können sich die Schwelmer schon einmal bei Ihren Politiker bedanken, die damit einen weiteren Sargnagel eingeschlagen haben.

Die Diskussion selber war durchaus interessant, sah man doch zwei Persönlichkeiten die unterschiedlich nicht sein konnten. Gabriele Grollmann mit ihrem ich-gehöre-nur mir und Jochen Stobbe mit seiner in Stadt und Partei geerdeten Person.

Jetzt ist der Wähler dran.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm