Ennepetal, Insel der Glückseligen
[jpg] Man sagt ja, Geschichte wiederholt sich nicht. In Ennepetal scheint dies jedoch nicht gültig zu sein. In der Weimarer Republik stand man den Nazis gleichgültig gegenüber, ging man doch davon aus, der Spuk würde sich von alleine erledigen. Sah man damals doch den Feind der Demokratie eher in der linken Ecke. So konnte sich die damalige "völkische Bewegung" ungestört entwickeln und letztendlich als das kleinere Übel auch die Macht übernehmen. Auch damals sah man in den Rathäusern über die vielen, teils hochkriminellen Aktivitäten einfach hinweg, galt es doch die linken Störenfriede, auch die Sozialdemokratie, in Schach zu halten. Über 60 Jahre, nach dem das verbrecherische Regime der Nazi von der Geschichte hinweg gefegt wurde, sollte man meinen jeder Einzelne habe diese Lektion internalisiert.
Nicht so in Ennepetal in der Stadtverwaltung und bei den etablierten politischen Parteien.
NPD Riege im Ratssaal |
Da "kräht" der Bündnisgrüne Sven Hustadt: "Als Mitglied im Wahlausschuss , werde ich mir die Unterlagen der NPD genau ansehen" . Wir haben noch nicht einmal einen Mucks von dem Bündnisgrünen gehört. Auch von anderer Seite wurden diesbezüglich Ankündigungen verlautet. Und was wurde daraus? Nun der Wahlausschuss winkte die Neonazis ohne Kommentar durch, keine Frage, nichts wurde bemerkt. Außer, man könne halt nichts daran ändern.
Mehner, der Paradiesvogel von Ennepetal, wurde jedoch akribisch behandelt, obwohl in diesem Fall die formellen Voraussetzungen offenbar noch nicht einmal im Ansatz erfüllt wurden. Zwei, drei Sätzen wären ausreichend gewesen. Aber eine ganze Stunde?
Nun sind wir davon ausgegangen, die Stadtverwaltung hätte im Zusammenhang mit den Neonazis ihren Job gemacht. Ist es doch bekannt, dass sie an anderen Orten den Zugang zu den Wahlen erschlichen haben, mit teilweise krimineller Energie. Und hier sollte das anders sein?
Da kommt uns doch die Meldung der WR mit Entsetzen auf den Tisch, ein Bürger unserer Stadt wurde als Direktbewerber auf deren Listen gesetzt. Er versichert vor der Stadt, er habe nichts davon gewusst.
Ja hat denn die Stadtverwaltung nicht vorher im Falle der Neonazis die einzelnen Bewerber überprüft? In anderen Städten ist das gang und gäbe, will man sich doch nicht dem Vorwurf aussetzen, man wolle ihnen Vorschub leisten. In Ennepetal ist das offensichtlich egal, da ist man mit anderen Dingen beschäftigt.
Die dreitägige Einspruchsfrist ist vorbei und gut ist. So schreibt die Stadt Ennepetal auf ihrer Webseite lapidar:
"Dennoch wird sich an der Kandidatur nichts ändern, da die Beschwerdefristen abgelaufen sind. Damit wird der Kandidat auf den Stimmzettel übernommen und hat natürlich im Falle seiner Wahl das Recht, diese abzulehnen."
Das darf doch nicht wahr sein!!! Wir haben die Landeswahlleiterin angerufen, die uns tatsächlich bestätigte, nach der Einspruchsfrist ist keine Möglichkeit mehr vorhanden in den nun ablaufenden Prozess bis zur Wahl am 30.08.09 einzugreifen. Wir wollten das nicht glauben, gibt es doch bei den Juristen die Möglichkeit des Antrages auf Widereinsetzung in den vorherigen Stand, auch dies, so die Wahlleiterin, wäre nicht vorgesehen. Einzige Möglichkeit wäre nach der Wahl, die Wahl in diesem Bezirk anzufechten, was evtl. zu einer Wiederholung der Wahl führen würde.
Wenn das Schule macht, dann können wir uns, Voraussetzung ist naive und schlafmützige Stadtverwaltung, auf folgendes einstellen:
Ein unbescholtener, geachteter und bekannter Bürger findet sich ohne es zu wissen auf den Wahlzetteln der Neonazis wieder, womit diese sich die notwendigen Stimmen einholen. Er braucht nicht den Wahlbezirk zu gewinnen, nur die Stimmen zählen, sodass über die Reserveliste ein anderer in den Rat einzieht. Mehrere Wahlbezirke werden auf diese Art und Weise mit besetzt und über die Reserveliste kommen auch mehrere Neonazis in den Rat. Man muss das nur mal zu Ende denken, eine fatale Strategie die unsere Demokratie herausfordert.
Da unsere Demokratie sehr bequem, unbeweglich und meines Erachtens nicht mehr streitbar ist könnte man über ein paar Jahre die Neonazi Bewegung wieder in unserer Demokratie "begrüßen".
Was verdammt noch mal hat die Stadtverwaltung gehindert, die nicht bekannten Bewerber einmal anzurufen und zu fragen ob sie ihre Zustimmung zu dem Wahlvorschlag auch gegeben haben? Wo ist das sogenannte kompenten Verhalten der höheren Verwaltungsfachwirte? Ist die besondere deutsche Geschichte nur noch ein Smalltalk wert, so bei Bierchen und Bockwurst? Man bedauert das Ganze,beißt mal in die Bockwurst und trinkt einen Schluck Bier dabei, und gut ist?
Auch wird es Zeit das die etablierten Parteien sich an ihre Landesvorstände wenden, um eine Gesetzesänderung zu erreichen, so dass nach solch einem Vorgang, immerhin wäre das ja ein Betrug, die Möglichkeit geschaffen wird, diese Partei zum Teufel zu jagen, sprich die Zulassung zur Wahl nachträglich zu verweigern.
Hier in Ennepetal wird sich sicher nichts ändern, wir haben unsere Insel der Glückseligen indem die Vergangenheit vergessen ist. Es zählt nur der heutige Tag und die Zukunft ist in weiter Ferne. Sensibel sind wir nur wenn wir an unsere persönliche Verantwortung erinnert werden.
Wie sagt unsere Frau Nachbarin so schön sinngemäß: Es wird Zeit, dass wir die Vergangenheit als solche behandeln, sprich vergessen. Wir müssen uns um unsere Zukunft kümmern und die ist halt rosarot, wenn man den von ihr favorisierten Kandidaten wählt. Sensibilisiert wie sie nun einmal ist, bietet sie unbedarft dem Neonazi Hüsgen eine Plattform, wo er sich dementsprechend profilieren kann. Das Hüsgen seine Botschaft so unter die Leute bringen kann, interessiert dabei wohl nicht. Hinterher kann sie ja mit einem roten Kärtchen sich dementsprechend profilieren. So schafft man sich halt seine eigene Bühne. Eine wahrlich fatale Einstellung, die uns die Verantwortung nimmt und das reflektierende Denken unterbindet.
Wie infantil muss man sein um solch einem Ruf zu folgen? Denn das hört sich so ein bisschen an wie, "es war ja nicht alles schlecht was im dritten Reich passierte", und bei diesem Gespräch möchte ich nicht dabei sein.
Jürgen Gerhardt