Aus einem Guss sieht anders aus

Flüchtlinge Foto: (c) UNHCR

Flüchtlinge Foto: (c) UNHCR

 

[jpg] Eigentlich ist es doch ganz einfach. Man denkt sich die Flüchtlinge als Gäste, plant was man so mit seinen Gästen alles machen sollte, man will ja ein guter Gastgeber sein, und rechnet dann aus welches finanziellen Mittel man von seinem Konto abheben sollte.

Nun kamen die Gäste spontan. Nicht so schlimm, improvisieren wir halt. Da die Gäste uns mitteilen, dass sie in Not sind, setzt nach der Improvisation eine normale Planung ein.

So auch bei den Flüchtlingen die nach Deutschland kamen – spontan versteht sich. Die Improvisationsphase war sehr chaotisch, nur irgendwann sollte man meinen, da muss die Improvisationsphase in einen normalen Modus übergehen. Die Verantwortlichkeiten sollten festgelegt werden und die Flüchtlinge vor den Rathäusern der Kommunen abgeladen werden.

Seht zu wie ihr klar kommt.

Dafür war jetzt der Gipfel der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel am 24. September anberaumt worden.

Herausgekommen ist ein 10 seitiges Papier mit Handlungsanweisungen für Bund und Länder, Kommunen sind dabei außen vor.

  1. Eine Gesundheitskarte auf Länderebene, kann kommen
  2. Finanzhilfe für die Länder 2016 auf gut vier Milliarden Euro
  3. In 2015 Jahr sollen es zwei Milliarden Euro Finanzhilfe werden
  4. 500 Millionen Euro am sozialen Wohnungsbau durch den Bund
  5. 350 Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge durch den Bund
  6. Albanien, Montenegro und der Kosovo werden zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt
  7. 3000 neue Mitarbeitern für das BAMSF sollen für schnellere Asylverfahren sorgen
  8. Ein Kopfgeld von monatl. 670,–Euro pro Flüchtling für die Länder pauschal vom Bund
  9. Eine Beschränkung von Geldleistungen und Ausgabe von Gutscheinen
  10. Bis zu sechs Monaten sollen die Flüchtlinge in den Erstaufnahmelagern ausharren müssen

Die Umsetzung der Punkte soll bis Ende Oktober 2015 erfolgt sein.

Eine Überprüfung der eingeleiteten Maßnahmen erfolgt zum 30. Juni 2016.

 

Kurz, Menschen werden wie Hütchen hin und her geschoben, Konzepte wie oder was mit den Menschen geschehen soll, kein Wort. Scheckbuch raus und gut ist. Kein Wort über Spracherlernung, kein Wort über einen Dialog der Kulturen, kein Wort über die Menschen, die sich aufopfernd ehrenamtlich einsetzen und die durch ihr Verhalten für ein positives Image unseres Landes sorgten. Kein Wort über die Ursachenbekämpfung oder kein Wort über die Kommunen, die über Kassenkredite alles vorfinanzieren müssen. Stattdessen ein Armutszeugnis gegenüber den Flüchtlingen die nur wie auf einem Spielbrett verteilt werden. Traumatische minderjährige Flüchtlinge aber auch erwachsene Flüchtlinge werden erst gar nicht angesprochen, sie gehen in der Menge unter und werden verteilt ohne Sinn und Verstand. Das viele Unterkünfte oder Lager aus vielerlei Gründen nicht menschenwürdig sind, kein Wort davon.

Die Gelder bekommen die Länder, die für ihre Erstaufnahme sich erst einmal bedienen und dann den Kommunen nach eigenem Gusto von diesen Mitteln was abgeben.

 

Die Frage stellt sich, was für ein eingeschränktes Menschenbild bei dieser Besprechung vorherrschte. Es sind soziale Wesen die zu uns mit großem Vertrauen gekommen sind. Die Erwartung, hier sind die Menschenrechte belastbar, hier könnten sie sich von der Last und Pein die sie in ihren Ländern erlebten erholen, scheint in der Besprechung keine Rolle gespielt zu haben.

 

Es kann kein Paket aus einem Guss gewesen sein, wie soll man denn die 31% der Flüchtlingszuteilung für NRW erklären? NRW sollte nach dem „Königsteiner Schlüssel“ doch nur 21% der Flüchtlinge zu gewiesen bekommen. Es ist ein dürftiges Ergebnis auf Kosten der Kommunen und der ehrenamtlichen Helfer.

„Bis  zu sechs Monaten sollen  die Flüchtlinge in  den Erstaufnahmelagern ausharren müssen“.

 

Hat sich jemand mal überlegt, was es bedeutet 6 Monate in einer Turnhalle auf einem Feldbett mit 2 Kindern zu leben oder als erwachsener Mann in dieser Turnhalle sein Dasein zu fristen? Jeder psychosoziale Dienst würde davor warnen; denn Angst, Wut, Verzweiflung, Überaktivität sowie depressive oder aggressive Zustände wären vorprogrammiert.

 

„Eine  Gesundheitskarte auf Länderebene, kann  kommen“

 

Wenn man einmal den Gesundheitscheck bei der Erstaufnahme beobachtet hat, sieht man keine Blutbilduntersuchung. Warum? Aus Kostengründen, und nur aus Kostengründen wird darauf verzichtet. Wie menschenverachtend.

 

Und die Ursachen, die Flüchtlingswanderung?

 

„Die Bundesregierung wird daher ihr Engagement für die Krisenbewältigung und -prävention und die Fluchtursachenbekämpfung ausbauen, die entsprechenden Mittel aufstocken. und auf die wichtigsten Herkunftsländer konzentrieren. Darüber hinaus wird der Bund prüfen, ob – wie in Niger – weitere Anlaufstellen und Einrichtungen in Nordafrika eingerichtet werden können.“

 

Die Türkei soll für die 4 Millionen Flüchtlinge 1 Milliarde Euro bekommen. Damit soll verhindert werden, dass die Flüchtlinge die türkischen Lager verlassen.

Der Krieg in Syrien? Deutschland, wie viele Länder auch, hat sich auch hier mit Waffen engagiert und das hört noch nicht auf, der Krieg wird weiter angeheizt.

Aber wir haben ja noch unsere Grenzschutzorganisation Frontex, die uns die Flüchtlinge vom Leib halten soll. 950 Bundeswehrsoldaten sollen uns zusätzlich mit Waffengewalt die Flüchtlinge fernhalten. „Hotspots“ sollen in Italien und Griechenland, vielleicht noch wo anders eingerichtet werden.

 

Was ist mit der Integration? Sprache und kultureller Austausch sind die Schlüssel für einen guten Weg in eine erfolgreiche Integration. Nur, wie soll dieser Weg beschritten werden, wenn die Flüchtlinge nur mit dem absolut notwendigsten ausgestattet werden. In Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen leben ohne Perspektiven für eine persönliche Zukunft. Die Euphorie der ehrenamtlichen Helfer hält noch an, was aber wenn die Zustände sich nicht verändern? Wenn die Helfer Energie einsetzen und keine Besserung der Lebenssituation in Sicht ist? Was haben der Staat und die Parteien vor, wird man  sich dann ganz von den Menschenrechten unter fadenscheinigen Gründen verabschieden? Heute schon arbeitet der Staat mit Absichtserklärungen, die er nicht einhält. So waren die zugesagten Gelder für die Flüchtlingslager nur zur Hälfte überwiesen.

Was ist denn mit den 21 Milliarden an Steuermehreinnahmen die der deutsche Steuerzahler 2015 eingezahlt hat? Hat unser Finanzminister sich damit einen schönen Tag gemacht oder gar sich seine schwarze Null vergolden lassen?

Deutschland sollte dringend nachbessern, der Menschenwürde wegen.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und european-mosaic aus Ennepetal