Die Linke ist in Ennepetal angekommen
[jpg] Nun haben wir ja keine Berührungsängste. Auch haben wir keinen Machtverlust zu befürchten.
So habe ich recht unbefangen und ohne Scheu eine vorbereitende Sitzung des Ortsverbandes der Linken in Ennepetal besucht. Von Herrn Güzel Albayrak wurde ich sofort freundlich begrüßt und direkt aufgefordert, mich – wenn ich mag – auch einzumischen. Die Anwesenden stellten sich als Gewerkschafter, ehemalige SPD `ler oder Neuzugänge vor. Einziger Tagesordnungspunkt war die Durchsicht der 100 Programmpunkte und evtl. Änderungsvorschläge hierzu. Ziel war es diese Programmpunkte bis zur Wahl des Vorstandes aber auch der Wahlliste zum 27.6.09 fertig zu bekommen.
Eines muss ich vorweg nehmen, was die Partei Die Linke betrifft.
Sie wird die Machtbasis der etablierten Parteien nochmals verkleinern, wie es ehemals die Grünen taten.
Auch damals als die Grünen sich anschickten in die Parlamente und Rathäuser einzuziehen, wurden diese von den etablierten Parteien auf das Schlimmste diffamiert und diskreditiert. Heute gehören die Grünen selber zu den etablierten Parteien und haben einen festen Stamm an Wählern. Eingeordnet werden die Grünen mittlerweile politisch als FDP light. Der Kenner kann den Weg zu dieser politischen Positionierung als weit weg von den Gründungsidealen nachvollziehen. Und weil das so ist, haben die Grünen erheblich programmatische Probleme, die sie nur bis zu allgemeinen Aussagen, die nicht konkretisiert werden, bringen.
Diesen steinigen Weg haben auch die Linken jetzt vor sich, verwunderlich ist jedoch, dass sich ausgerechnet die Scharfmacher und Geschichtsklitterer der CDU an der Spitze der noblen Jagdgesellschaft befindet.
Ein paar krude Argumente der CDU gegen die Partei Die Linke:
" Die Linke hat ihren Ursprung in der ehemaligen SED und auch noch viele ehemaligen SED Mitglieder in ihren eigenen Reihen. Und weil die SED eine Diktatur hervorgebracht hatte, so sind auch die Mitglieder allesamt noch mit dieser Diktatur verbandelt."
" Die DDR war genauso eine Diktatur wie das Nazireich also ist die ehemalige SED und deren Mitglieder gestern und heute mit den Faschisten gleichzusetzen."
Fakt ist aber die CDU hat sich nicht geniert die ehemaligen DDR CDU Mitglieder, ja sogar ehemalige SED Mitglieder in ihren Reihen zu begrüßen, wenn es dem eigenen Machterhalt diente. So schickte die CDU in Hettstedt ( Sachsen-Anhalt) sogar einen hochrangigen früheren SED Funktionär als Bürgermeisterkandidat ins Rennen. Wie das? Leider siegte der parteilose Gegenkandidat.
Auf dem Parteitag der CDU 2008 sollte eine von Pofalla angestoßene Diskussion über die Vergangenheit der CDU in der DDR geführt werden. Diese Diskussion wurde nicht geführt. Warum wohl?
Fakt ist, die CDU war im DDR Regime selber mit in der Verantwortung. Sich heute als verkappte oder versteckte Widerstandskämpfer aufzuführen ist Unsinn. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel war selber mit dem System bestens verbunden, sie durfte, was nur ausgesuchten Mitgliedern möglich war, sogar in den Westen ausreisen. Ministerpräsident von Sachsen Tillich (CDU), möchte nicht über seine Vergangenheit reden, aber auch Herr Althaus (CDU) sieht keinen Anlass über seine Vergangenheit Auskunft zu geben.
Fakt ist also, wenn es dem Machterhalt dient, machen wir auch mit dem ehemaligen Klassenfeind, so einfach ist das.
Der Gipfel war jedoch die DDR Diktatur mit dem Naziregime auf eine Stufe zu stellen. Verhöhnte dieser Vergleich doch die Millionen Opfer der Nazidiktatur, indem er relativierend einwirkte. Postwendend hagelte es von allen Opferverbänden auch Proteste. Offiziell hat die CDU zwar diesen unseligen Vergleich nicht zurück genommen, verfolgt ihn aber auch nicht mehr. Der Vergleich wird aber weiterhin auf Ortsebene kommuniziert.
So auch in Ennepetal, wo ein paar CDU Dorftrottel noch nicht gemerkt haben, dass die CDU Führung in Berlin diesen Vergleich nicht mehr mögen. Wie so oft bei der CDU, man setzt was in die Welt, verfolgt es nicht mehr in der Hoffnung es bleibt doch noch was hängen.
Was bleibt also? Die Partei Die Linke ist vom Bundeswahlleiter zugelassen und hat die Voraussetzungen einer Partei damit erfüllt. Für Ennepetal muss sie also nur noch die Formalien eines Ortsverbandes erfüllen und sich beim hiesigen Wahlleiter anmelden. Dieses Prozedere wird in dieser Woche über die Bühne gehen.
Nun zu der Sitzung und der Tagesordnung die Programmpunkte durchzugehen.
Man merkte den Parteimitgliedern schon an, dass sie in Gründung sind und ihre idealistische Sicht der Politik in jungfräulichem Elan vortrugen. Schwerpunkte waren ganz klar der soziale Bereich der Kommune, der sicher wie überall in allen Kommunen vernachlässigt wurde. Gibt es seit geraumer Zeit keine Lobby mehr für das Soziale, wo sich doch alle etablierten Parteien in der Mitte rumtreiben. Die Profile der etablierten Parteien sind in den letzten 10 Jahren unscharf geworden, dies zeigt sich auch an den massenhaften Parteiaustritten und der mangelhaften Bindung der Mitglieder zu ihren Parteien. Der Wähler ist hochgradig verunsichert, noch nie waren die Wechselwähler so groß. Vor 20 Jahren hatten wir nur 5% an Wechselwählern, heute sind das je nach Mobilisierungsgrad schon mal 40%. Der Mobilisierungsgrad hängt aber von den Themen ab, die der Wahlkampf erbringt. Und Themen hat der Ennepetaler Wahlkampf von Seiten der Parteien eben nicht. Ein Thema, das sogenannte Ehrenamt ist eine Mogelpackung, soll doch mit der Würdigung dieses Amtes unentgeltliches Personal für den Sozialbereich rekrutiert werden, um die Kosten des Sozialbereiches der Kommune nachhaltig zu senken. Ich denke die Wähler werden dies sicher erkennen.
Nicht so die Linke, die die Arbeit im Sozialbereich auch mit einem dementsprechenden Lohn gewürdigt sehen möchte. Die 1 Euro Jobs sollen in sozialversicherungspflichtige Lohnverhältnisse überführt werden oder gänzlich vermieden werden. Die verschiedenen Privatisierungen sollen nicht nur gestoppt werden, sondern die Kommune soll wieder ihrer Verantwortung gerecht werden. So zieht sich die kommunale Verantwortung als roter Faden durch das gesamte Programm.
Teilweise will sich die Ennepetaler Linke jedoch auch in Belange des Landes und Bundes einmischen, was aber dem Anfangsidealismus geschuldet ist. Es schadet aber auch nicht, über den Tellerrand zu schauen.
Aus dem uns vorliegenden vorläufigen 100 Punkte Programm kann man schon eine klare Linie für die nächsten 5 Jahre Rat der Stadt herauslesen. Auch kann man sagen die Linke hat ihre Schularbeiten als Partei gemacht, was man von den anderen Parteien nicht sagen kann. Aber was ja nicht ist kann ja noch werden.
Vielleicht schafft ja auch die CDU noch die Kurve zu kriegen und ein kommunalpolitisches Programm aufzustellen, was den Namen Programm auch verdient. Denn mit Angst lässt sich sicher kein Wahlkampf mehr führen.
Ich bin gespannt und neugierig wie es mit der Ortpartei Die Linke in Ennepetal weiter geht. Interessant ist es allemal.
Auch bin ich auf die CDU gespannt, die ihre politischen Gegner ja schon mal als Blümchen schwingende Politikerinnen diffamiert, wie sie sich mit dem neuen politischen Gegner auseinandersetzt. Sachlich! – Kann sie das denn noch?
Jürgen Gerhardt