Wie weit sind wir denn mit den Nachbarn?

[jpg] Ab und an sollte man den Nachbarn in Freundschaft einen Besuch abstatten, um zu sehen, wie weit ist es mit der Verständigung. Die Rede ist von unseren moslemischen Mitbürgern, bei  denen man in einem normalen Gespräch ab und an im Bereich der Missverständnisse landet.

Bestimmte Themen müssen von uns ( Ungläubigen) ganz und gar ausgespart werden, weil die Befindlichkeiten der Moslems weitaus größer sind als die der „Andersgläubigen“.

Jenseits der Debatte auf der Ebene "Kopftücher ja oder nein", gibt es noch andere Gemeinsamkeiten die man zusammen ausleben könnte. Es geht um das interkulturelle und interreligiöse Zusammenleben.

So brachte das Katakombentheater im Giradet Haus in Essen die Veranstaltung,
Du bist Wind und ich bin Feuer“
, über den persischen Mystiker Dschalal ad-Din Muhammed Rumi. Es sollte ein Abend mit Poesie und Musik der persischen Mystik werden.

Organisiert war alles perfekt mit dem exzellenten und bekannten türkischen Rohrflötenspieler Murat Cakmaz. Tasächlich gesellte sich noch ein Musiker dazu der sowohl sang als auch mit seinen Trommeln das Duo komplett machte.

Der Dritte im Bunde, der also über Rumi den Abend gestalten sollte war der Islamwissenschaftler, Schriftsteller und Übersetzer Nevlef Cumart. So weit so gut.

Mystik ist eigentlich für jeden gebildeten Gläubigen einer jeden Religion ein anregendes und erbauliches Thema mit dem man, dementsprechende Gesprächspartner vorausgesetzt, stundenlange Gespräche führen kann. Was ein Mystiker ist, ist mit einer Geschichte relativ schnell abgehandelt, was Curmat ja auch tat:  „Ein Gläubiger steht  klopfend vor der Himmelspforte und begehrt Einlass. Gott fragt hinter der Pforte wer der Gläubige ist. Und der antwortet: Ich bin es. Worauf Gott ihn wieder wegschickt. Nach einer Zeit kommt der Gläubige wieder und klopft. Und wieder fragt Gott: Wer bist Du? Und nun antwortet der Gläubige: Du bist es. Und die Himmelspforte öffnet sich.“

Nun ist das der Endpunkt auf dem Wege eines Mystikers. Und was wir betrachten  können, ist der Weg und die Werke eines Mystikers – also die Vita.
Und die Werke von Rumi haben es in sich,  sind diese Werke doch von einem hohen geistigen Erkenntniswert. Und was das schöne in der persischen Welt ist, sie liegt in Versen vor. In Persien  der damaligen Zeit war das Alltag, Menschen vom Schlage Rumis waren Universalgelehrte. Philosophie, Mathematik, Sprache oder auch Medizin waren diesen Personen auf den Leib geschrieben, sie hatten dies als Allgemeinbildung in sich vereinigt.

Und was machte  Nevlef Cumart mit diesem Abend? Er bekannte sich  außerstande den Mystiker Rumi in der zur Verfügung stehenden Zeit vorzustellen und erklärte den Abend zum Versuchsabend.

Cumart teilte den Abend kurzerhand in drei Abschnitte ein:

1. Basisinformationen Islam
2. Biographie  Dschalal ad-Din Muhammed Rumi
3. Ein paar Doppelverse des Dichters

Nun, das ganze geriet dann auch zu einer Mischung aus Predigt, Informationsabend und Rezitationen der Werke des Mystikers. Es waren so an die 10 Minuten an Poesie Rezitationen, mehr nicht.

  Die beiden Musiker waren wunderbar geeignet mit ihrer Musik den meditativen Aspekt der Mystik dem Besucher zugänglich zu machen.

Vergebens. Curmart der ein wirklich ausgesuchtes Deutsch sprach, hätte den interkulturellen Dialog mit diesem Abend befördern können. Er brauchte nur die europäischen Mystiker, wie meinetwegen Meister Eckhardt oder Hildegard von Bingen, vergleichend in den Abend einfließen lassen.

Brücken bauen nennt man das. Denn die Gott-Suche der Mystiker gleicht sich in vielerlei Hinsicht. Sie hätte allen ein Bild der damaligen Zeit beschert, welches in einer Hochsprache ohne gleichen geführt wurde.

Mein Erkenntniswert von diesem Abend, wollen wir uns denn annähern, verstehen oder tolerieren? Ich denke auch die islamische Intelligenz will den interkulturellen Dialog auf einer ansprechenden Ebene führen.

Diese ansprechende Ebene ist bei den Kopftuchdiskutanten oder Gewaltgläubigen jedoch nicht vorhanden.

Und weil der Abend so nicht geführt wurde, verließen so an die 20 Besucher während der Veranstaltung den Raum um sich auf den folgenden Salsaabend zu freuen.

Im Fernsehen oder Radio werden dann die Alibiveranstaltungen geführt, wo wir uns alle so lieb haben und der Hass ausgeklammert wird. Es ist zum Verzeifeln.

 

Sind beide Religionen doch dem Frieden und der Liebe verpflichtet. Nur was tun wir alle denn dafür? In den heiligen Büchern steht nicht das Gott uns alles richtet. Nein, wir müssen schon selber etwas dafür tun.
Religion scheint nur was für Machtmenschen zu sein, nicht für die Menschen welche die Liebe Gottes in Wort und Schrift erfahren wollen – so die heiligen Bücher. Und so scheint es nur um Unterordnung oder Ausgrenzung des Anderen zu gehen. Aber sind wir mit solch einer Strategie nicht schon immer gescheitert? Es gibt keinen Beweis für einen Gott aber es gibt auch keinen Beweis dagegen.

Vergessen wir also nicht, Religion ist eine Glaubenssache, gibt einer Vielzahl von Menschen Halt und müsste eingeführt werden wenn sie nicht vorhanden wäre. Aber Religion ist auch eine Möglichkeit Menschen zu manipulieren und dieser Möglichkeit bedienen sich viele Machtmenschen. Eine Möglichkeit der Manipulation ist in den unterschiedlichen Ansätzen der Religionen begründet. Was haben die drei Weltreligionen, Juden, Christen und Moslems, schon für ein Elend über die Menschheit gebracht und bringen es immer noch. Und das nur weil die vermeintliche Religionsgrundlage nicht passte. Es wird Zeit, dass man es mal mit Verständigung versucht. Die theoretische Grundlage ist in allen Religionen vorhanden.
Schade, wieder einmal eine Gelegenheit verpasst.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen.

Fotos:  © Linde Arndt

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