Verantwortung ist immer für die anderen da
[jpg] Vor und während des Heimatfestes haben wir uns immer in Schwelm gewundert. Wer hat die Verkehrsführung Bismarckstraße und Gartenstraße eigentlich neu erdacht? In der Schulstraße (Amtsgericht) muss ich jetzt immer auf den Bürgersteig ausweichen, ansonsten würde kein Durchkommen mehr gewährleistet sein. Die Gartenstraße zwingt mich wie in einem Käfig um den Neumarkt herum zu kurven. Na ja, es geht, kenne ich mich doch gut aus und weiß aus diesem Labyrinth letztendlich zu entkommen. Während des Heimatfestes wurde mehrfach auf die Stadtverwaltung geprügelt, sollte sie doch verantwortlich für dieses Bubenstück sein. Nur fiel mir ein, die Stadtverwaltung kann von sich aus diese Verkehrsführung nicht umsetzen, dazu bedarf es eines Ratsbeschlusses gemäß der Gemeindeordnung.
Gottseidank haben wir ja heute durch das Internet die Möglichkeit der Recherche. Gesagt getan und nach drei Minuten hatte ich den Beschluss des Rates. Es ist der Tagesordnungspunkt:
„Gemeinsamer Antrag der Fraktionen CDU, FDP, BfS und SWG vom 05.10.2010 zur Umkehrung der Verkehrsführung Bismarckstraße und Gartenstraße TOP 8 (Ö) aus Sitzung 20.01.2011 Rat der Stadt Schwelm“
Zur Abstimmung waren anwesend, gemäß der Niederschrift:
Oliver Flüshöh (CDU) |
Michael Schwunk (FDP) |
Ernst Walter Siepmann (BFS) |
Oliver Flüshöh (CDU)
Michael Schwunk (FDP)
Jürgen Kranz (SWG)
Ernst Walter Siepmann (BFS)
die ihre Fraktionen fest im Griff hatten und diese für diesen Antrag mit „ja“ stimmen ließen. Damit war der Antrag mit 20 ja Stimmen durch. Die SPD, Grüne und Die Linke hatten zwar gute Argumente gegen den Antrag und stimmten letztendlich auch dagegen, die aber hatten nur 18 Stimmen und waren damit in der Minderheit. Die Stadtverwaltung, und damit Bürgermeister Jochen Stobbe, wusste auch gute Argumente gegen die Umsetzung dieses Antrages anzuführen aber die Gegenseite ging auf keinen Dialog ein und wollte die Abstimmung.
Auf dem Heimatfest versuchte ich CDU, FDP, SWG und BFS Mitglieder zu einer Stellungnahme zu bewegen – vergeblich. Ja, hatten die von mir Befragten eine retrograde (rückwirkende) Amnesie zu vermelden? Sie wussten noch nicht einmal ob sie und ihre Partei am 20.1.2011 überhaupt im Ratssaal anwesend gewesen waren. Nun, ich fand doch noch jemand von den obigen 4 Fraktionen und Befürwortern dieser Vorlage. Dieser teilte mir unumwunden mit, dieser Antrag war als Machtprobe zu verstehen gewesen. Man wollte Bürgermeister Stobbe zeigen, wer das sagen im Rathaus hat. Vielen war allerdings nicht klar, welche Auswirkungen dieser Beschluss haben würde. Hätte man die Auswirkungen vorher gesehen, hätte man einen anderen Beschluss versucht zur Abstimmung zu bringen. Der von mir Befragte möchte logischerweise nochmals gewählt und deshalb auch nicht genannt werden. Er ist der Redaktion allerdings bekannt.
Als der Antrag durch war, musste Bürgermeister Jochen Stobbe als „Chef“ der Verwaltung diesen Beschluss auch umsetzen. Dazu ist er verpflichtet, weil er dem Rat der Stadt Schwelm verpflichtet ist. Er ließ die Verkehrsführung, obwohl er dagegen war, ändern. In der Praxis sieht das so aus, es mussten nunmehr Geschwindigkeitsbegrenzungen eingerichtet werden, was allerdings nicht zu der Entlastung der Situation führte.
Nun ist es für mich geradezu ein Witz, wenn die konservative und liberale Mehrheit an jeder Ecke von der eigenen Verantwortung spricht die man in die Hand nehmen sollte, selber aber bei der eigenen Verantwortung und dem Schaden der dadurch entstanden ist, sich wie die kleinen Kinder drücken. Bleibt zu hoffen, dass die obigen 4 Parteien (CDU, FDP, SWG und BFS ) zu ihrem Tun stehen und den Bürger von diesem unseligen Beschluss befreien. Über die Kosten, Schwelm unterliegt einem strengen Sparbeschluss, wollen wir jetzt einmal nicht reden. Schwelm in Kosten zu treiben nur wegen einem infantilem Machtspielchen, ist hochgradig verantwortungslos.
Vielleicht legen die vier Fraktionsvorsitzenden etwas in die Spendenkasse für die Schwelmer Weihnachtsbeleuchtung, wäre ja mal eine Maßnahme.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm
Sehr geehrter Herr Gerhardt,
ich gehöre zu der Klientel aus Wuppertal, der der Weg in die Schwelmer Innenstadt leichter gemacht werden sollte, was ich aber erst durch Ihren und diverse andere Online-Artikel erfuhr. Meine tatsächliche Erfahrung entspricht jedoch den Situationsberichten.
Ich vermute, dass Sie die Angelegenheit im Augen behalten, deshalb mein Bericht einer Nicht-Schwelmerin, aber trotzdem Kundin der Innenstadt und darüber hinaus.
Seit Jahrzehnten führen mich meine Einkäufe und weitere Wege alle paar Wochen nach Schwelm. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.
Ich bevorzuge Parkplätze gegenüber Parkhäusern, da ich keinen Kleinwagen fahre und zu oft schon Überraschungen hatte, dass die 70er-Jahre Parkhäuser nicht für mein Auto gebaut sind. Ich gestehe, dass ich zusätzlich eine Frauen-Klaustrophobie habe, dass mir Parkhäuser nicht liegen. Somit bietet sich der Neumarkt perfekt an.
Die Schwelmer City bot mir bisher genau den Querschnitt an Bäcker, Drogerie (leider ein auslaufendes Modell – wozu Schwelm nichts kann) und weiterem Kram. Hier ein Eis, dort einen Kaffee, ein Blick zum C&A. Wenige Schritte in die City, wenige Schritte zurück zum Auto.
Da ich im Beruf stramm eingespannt bin (auch viele Auto-Kilometer fahre), ist meine Zeit knapp und ich fahre noch schnell zum Lidl oder Aldi (früher Blumen Krause).
So geschehen am gestrigen Samstag.
Meine Augen wurden riesengroß, als mit den Armen fuchtelnd, ein Autofahrer dort in die Bismarckstraße herein wollte, wo ich mit meinem Wagen stand und links abbiegend in Richtung der Supermärkte wollte. Erst da sah ich rechter Hand ein Einbahnstraßen-Schild, welches in entgegengesetzte Richtung zeigte. Ich habe keinerlei Sperren, Vorabzeichen, Blinklampen oder Ähnliches gesehen!
Tatsache ist, dass für mich der Erfolg gegenläufig ist. Ich denke darüber nach: Fährst du überhaupt noch nach Schwelm? Wenn ich jetzt lese, dass die Variante von dem Parkplatz in Richtung der Supermärkte zu kommen, eher etwas für Fortgeschrittene ist, ich erst einmal durch eine Stadt irre (Navi oder ähnliche kann es ja dann auch noch nicht), kann ich mir auch andere Wege in Wuppertal suchen.
Ich hatte keine Chance vorher etwas davon zu erfahren, da ja seit Jahrzehnten sowas wie eine Nachrichtensperre zwischen Wuppertal und Schwelm besteht. Nur weil mich die Angelegenheit nicht in Ruhe ließ (nach dem Motto: Spinnst du eigentlich? Du fährst doch seit Jahrzehnten dort auf die Bahnhofstraße? Hast du Alzheimer, dass du dich nicht erinnerst, dass du bisher anders gefahren bist?), sorgte dafür, dass ich erst in den Routenplaner guckte und dann im Internet auf Ihre und noch andere Verlautbarungen dazu stieß.
Denken Sie daran, ich komme aus Wuppertal und für mich riecht es eher danach, dass eine klamme Stadt demnächst strahlend das Händchen aufhält, um die durch die Stadt irrenden Autofahrer abzuzocken. In Wuppertal versucht man schließlich die mangelnde Attraktivität der Innenstädte mit höheren Parkgebühren zu kompensieren …..
Überhaupt, vielleicht ist dies die Lösung für die Stadtfinanzen. Regelmäßig die Straßenführungen ändern und dann am Ende einen Stadtbediensteten hinstellen, der die Hand aufhält? Gab es so etwas nicht schon mal im Mittelalter? 😀
Bitte bleiben Sie am Ball.
Mit freundlichen Grüßen
Der Adressat ist der Redaktion bekannt.
[Hinweis der Redaktion: Die uns zugesandten Beiträge/Kommentare stellen nicht immer die Meinung der Redaktion dar, dienen aber in jedem Falle der eigenen Urteilsbildung.]
An die Redaktionen Schwelm im September 2012
Westfalen Post
wap – Schwelm
en-mosaik
Stadtanzeiger
wochenkurier Gevelsberg
Aufmerksam verfolgt die WGS die Diskussion über die Umkehrung der Bismarckstraße.
Zur Erinnerung: Seit Jahren hat die WGS auf die zunehmende Verödung des Neumarktes hingewiesen und Maßnahmen zur Wiederbelebung gefordert. Ein großes Problem war dabei, dass Kunden mit Auto den Neumarkt schlecht finden und erreichen konnten.
Hierauf angesprochen reagierte die eine politische Seite mit dem Hinweis, dass ein Gesamtkonzept für die Stadt erforderlich sei und Einzelmaßnahmen nicht helfen würden. Es passierte jedoch überhaupt nichts. Nur die leer stehenden Geschäfte am Neumarkt vermehrten sich.
Zunächst erklärte sich die Politik breit, kleine Schritte zu tun. Als erste Maßnahme wurde die Umkehrung der Bismarckstraße beschlossen. Dabei waren allen Seiten klar, dass dies nur ein Anfang sein kann, der nicht alle Probleme löst.
Bemängelt wird jetzt, dass es zu Staus und Verkehrsbehinderungen kommt. Das ist nicht schön. Es zeigt aber auch deutlich, dass offensichtlich tatsächlich mehr Menschen (mit Autos) in die Stadt fahren, denn sonst gäbe es ja keine Staus. Selbstverständlich müssen die jetzt bestehenden Probleme gelöst werden. Aber doch nicht dadurch, dass die alte Situation wieder hergestellt wird.
Bemängelt wird weiter, dass sich viele nicht an die Verkehrsregeln halten oder überfordert sind. Wäre das ein Grund zur Rücknahme der Regelung müsste jede Tempo-30-Zone vor Kindergärten wieder abgeschafft werden. Auch da fahren viele zu schnell.
Im Ergebnis war die Entscheidung zur Umkehrung nicht unsinnig sondern nur ein erster unvollständiger Schritt in die richtige Richtung. Die richtige Antwort ist also kein „nein“, sondern ein „ja, aber …“.
Die WGS bedauert die bestehenden Unannehmlichkeiten. Sie sieht sich durch die Diskussion jedoch in der Vermutung bestätigt, dass die Umkehrung der Bismarckstraße eine Belebung der Innenstadt bewirkt. Gerade das monierte erhöhte Verkehrsaufkommen lässt hierauf schließen.
Auch die WGS hält die derzeitige Regelung des abfließenden Verkehrs für problematisch, insbesondere im Bereich Schulstraße/Kaiserstraße. Eine mögliche Lösung wäre eine Überfahrsperre, die das falsche Abbiegen nicht mehr zulässt. So wurde in der Vergangenheit auch der Bereich Hauptstraße/Kaiserstraße an der „Tankstelle“ entschärft.
Als langfristige Lösung regt die WGS an, aus der nördlichen (unteren) Schulstraße ebenfalls eine Einbahnstraße zu machen in Richtung Innenstadt. So würde keiner mehr in die Versuchung geführt werden, die Innenstadt durch die Schulstraße zu verlassen. Der kurze Umweg über die gut ausgebaute und mit einer Ampel bestückten Mittelstraße dürfte hinnehmbar sein.
Zusätzlich sinnvoll wären Gespräche mit dem Betreiber des Parkhauses Schwelm-Center. Dort könnte ebenfalls eine Umkehrung der Verkehrsführung erfolgen (Zufahrt Schulstraße, Ausfahrt Gerichtsstraße).
Kritisch steht die WGS der angedachten Umkehrung der Gartenstraße gegenüber. Hierfür sind vermutlich kostenintensive Umbaumaßnahmen erforderlich. Zudem besteht bereits eine ausreichende Abflussmöglichkeit über die Mittelstraße mit bereits vorhandener Ampelregelung im Bereich Kaiserstraße.
Es werden sich sicherlich Möglichkeiten finden, um sowohl den Anwohnern als auch den Innenstadtbesuchern einen erträglichen Kompromiss anzubieten.
Ihre Werbegemeinschaft Schwelm e.V.
Der Vorstand
[Hinweis der Redaktion: Die uns zugesandten Beiträge/Kommentare stellen nicht immer die Meinung der Redaktion dar, dienen aber in jedem Falle der eigenen Urteilsbildung.]
Sehr geehrter Herr Stobbe,
im Zuge der Umkehrung der Bismarkstraße kommt es offensichtlich zu erheblichen
Schwierigkeiten und Unmut in der Bevölkerung. Da die Fraktionen CDU, FDP, SWG und
BfS mit ihrer knappen Mehrheit im Rat die Umkehrung trotz erheblicher Bedenken von
verschiedenen Stellen durchgesetzt haben, musste die Verwaltung entsprechend handeln. Dies
erkennen wir an. Die nun auftretenden Probleme decken sich in weiten Bereichen mit den von
uns in den Beratungen vorgetragenen Bedenken. Schon im Vorfeld haben die GRÜNEN
Schwelm daher immer wieder eine Gesamtverkehrsbetrachtung für die Innenstadt gefordert,
um die Auswirkungen zumindest abschätzen zu können. Nach längeren Diskussionen hat der
Rat schließlich den geänderten Antrag der GRÜNEN Schwelm am 24.05.2012 einstimmig
beschlossen. Wir denken, dass es aufgrund der vielfach aufgetretenen Probleme dringend
geboten ist, den Beschluss jetzt zügig umzusetzen. Da dafür Voraussetzungen erfüllt sein
müssen (siehe Beschlusstext) fordern wir die Verwaltung auf, die Vorbereitungen zum
Beschluss dieser Voraussetzungen baldmöglichst zu schaffen. Nur so kann ein
Gesamtverkehrskonzept „Innenstadt“ erstellt und notwendige Maßnahmen zeitnah abgeleitet
werden, um die bestehenden Missstände mindestens zu minimieren, besser zu beseitigen.
Aufgrund der vielfältigen öffentlichen Proteste sind wir der Meinung, dass außerdem eine
Bürgeranhörung für die Umsetzung dringend erforderlich ist.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitta Gießwein
(Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Schwelm )