Beiträge

Sparen war gestern in Schwelm

[jpg] Wir müssen sparen, so die FDP und CDU unisono. Die Decke im Rathaus kann nicht repariert werden – wir müssen sparen. Der ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) soll am Bahnhof eine Willkommensatmosphäre bringen – wir müssen sparen. Eine neue Weihnachtsbeleuchtung müsste in der Innenstadt angeschafft werden, damit mehr Kunden nach Schwelm finden – wir müssen sparen. Das Hallenbad müsste renoviert und saniert werden – wir müssen sparen.
In der Zwischenzeit werden die Ratssitzungen aus Sicherheitsgründen in der Gustav-Heinemann-Schule abgehalten, weil das Rathaus weder saniert, repariert noch renoviert werden darf – wir müssen sparen. Die Gustav-Heinemann-Schule müsste aber selber renoviert werden, wie so vieles in Schwelm. Unter der Dunstglocke des Austeritätsdogmas von CDU (Oliver Flüshöh) und FDP (Michael Schwunk), die immerhin Mehrheitsführer im Schwelmer Rathaus sind, werden sämtliche Entwicklungen für Schwelm blockiert. Die Austerität, als das Sparen schlechthin, gerät bei diesen beiden Politikern zum Selbstzweck. Es werden sogar kostenpflichtige Gutachten bemüht um zu beweisen, nichts tun ist besser als wenn man Geld(Investition) ausgibt. Wobei die Gutachten nicht billig sind. Spricht man die Parteien an, so erhält man die patzige Antwort: Das ist eben so. Wie eben bei unartigen Kindern die erwischt worden sind.

kunstrasen-2

Oliver Flüshöh, BM Jochen Stobbe, Michael Schwunk
Fotocollage: Linde Arndt

Jetzt scheint sich der Wind jedoch gedreht zu haben und es soll wieder Milch und Honig ,trotz Schulden und Haushalts- sicherungskonzept (HSK), fließen. Die CDU will mit der FDP für die Schwelmer Fuß- ballvereine Kunstrasenplätze haben. Warum?

Weil „die Stadt Schwelm die einzige Kommune im Fußball- kreis Hagen / Ennepe-Ruhr des DFB ist, die über keine Kunstrasenplatzanlage verfügt.“
So die Begründung im CDU Antrag

Ein Kunstrasenplatz kostet auf 25 Jahre gerechnet rund 1 Million Euro an Gesamtkosten! Da muss erst der Unterbau des Platzes hergerichtet werden, der Kunstrasenbelag muss alle 12 Jahre erneuert und entsorgt werden. Und wofür? Damit sich die Spieler nicht mehr so schmutzig machen und weil die Nachbarschaft auch einen Kunstrasen besitzt. Dabei ist der Einsatz von Kunstrasen aus ärztlicher und sportlicher Sicht höchst umstritten, der Pflege- und Kostenaufwand gegenüber einem Naturrasen sehr viel höher und das Problem der Entsorgung ist für die Umwelt nicht gerade gut. Immerhin ist der Belag Sondermüll. Spitzenclubs, wie Bayern oder Dortmund, spielen auf Naturrasen.

Da scheinen die beiden Politiker zu tief ins Bierglas geschaut zu haben; denn während die Stadt für einen Kreisverkehr am Ochsenkamp bei der Schwelmer Bevölkerung 60.000,– Euro zusammen betteln muss, sollen für Fußballspielstätten Millionen locker gemacht werden?

Nun fällt bei diesem Antrag noch was anderes auf – die in Anspruch zu nehmenden städtischen Personalkosten.

Immer wieder werden Kosten für Gutachten und Studie angefordert, obwohl von Anfang an die Lebenserfahrung sagen sollte, daraus kann nichts werden. Warum? Um den politischen Gegner in Schwierigkeiten zu bringen? Das kommt einem Zuschuss für den eigenen Wahlkampf sehr nahe. Was allerdings auch ins Gewicht fällt ist das städtische Personal welches immer wieder vorgehalten werden muss. So werden für diesen Antrag, der sicher keine Auswirkung haben wird, 1 – 2 Personen der Stadt beschäftigt werden müssen. Austeritätspolitik bedeutet strenge Sparpolitik, dass heißt aber nicht, dass die noch verbleibenden finanziellen Ressourcen für heiße Luft ausgegeben werden müssen. Aber das Ego jeder dieser einzelnen Persönlichkeiten treibt schon seltsame Blüten. Sparen war gestern, heute schmeißen wir die ersparten Cents für nichts zum Fenster raus. Dabei ist alles so einfach, die Politik sollte sich darauf einigen welche Prioritäten sie setzen will um eine Stadt wie Schwelm nach vorne zu bringen. Aber warum einfach wenn man Geld für nichts rausschmeißen kann. Die Redaktion schaut schon erwartungsvoll auf die Haushaltsberatungen, wenn die gleichen Politiker dem Austeritätsdogma huldigen werden. Kunstrasen muss aber sein; denn die Nachbarn haben auch so was.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

 

Halbjahreszeugnis für die Politik in Ennepetal

[jpg] Zweimal im Jahr gibt es in deutschen Schulen Zeugnisse, der Termin steht an. Da zittern und bibbern die Eltern und deren Sprösslinge wenn sie daran denken, dass ein Kreuzchen in dem Kästchen "Elterngespräche erwünscht"  stehen könnte. Dieses Kreuzchen wird deshalb gemacht, weil das Klassenziel, die Versetzung, gefährdet ist. Man macht es aber auch deshalb, weil der Lehrkörper dem Sprössling mehr zutraut, sprich, wenn er sich mehr anstrengen würde, könnte er das Ziel auch erreichen.

In der Politik ist das zwar nicht so, sollte es  unserer Meinung nach aber sein. Es sind Zeiten der Unsicherheit.
Wir wollen diese Unsicherheit nicht länger bestehen lassen und sind der Ansicht unsere Politiker und die Stadtverwaltung haben keinen guten Job gemacht, wir würden also das Kreuzchen genau in diesem Kästchen machen. Es wäre jetzt müssig die ganzen Baustellen aufzuzählen, die seit langem in Ennepetal noch offen sind. Immer mal wieder werden die Baustellenschilder erneuert, damit auch jeder von uns sehen kann, dass hier noch gebaut wird. Das war es aber denn auch.

Nun haben wir in 2009 zwei neue Baustellen hinzubekommen. Einmal einen Sparhaushalt hinzulegen und wir haben dank Herrn Bilstein; SIHK und EN-Mosaik unseren Bahnhof/Haltepunkt in unser Bewusstsein einfließen lassen dürfen.

Mit dem Sparen ist das so eine Sache. Man hat sich an so viele Dinge gewöhnt, von denen man sich aber beim Sparen verabschieden müsste. So geht es im Privaten wie auch bei unserer Stadt. Sparen hat etwas mit Disziplin zu tun, Disziplin Zielvorstellungen zu definieren aber diesen auch treu zu sein.  Jeder kennt das aus der Kindheit, wo das Taschengeld zu kurz  und die Woche so lang war. Der Eisverkäufer um die Ecke war immer schuld, denn der hatte immer so leckeres Eis gemacht, man konnte halt nicht daran vorbei gehen.  Ab und an hatten die Eltern oder Verwandten ein Auge zu gedrückt und uns die eine oder andere monetäre Zuwendung zuteil kommen lassen.

Nun sind wir erwachsen und sollten gelernt haben, dass das Geld genauso groß ist wie der Monat. Und darüber hinaus, so man etwas vorsichtiger ist, hat man sich etwas Geld zurückgelegt – für evtl. vorkommende Probleme. In der Wirtschaft nennt man das solide Haushaltsführung. Und diese solide Haushaltsführung wird von den Rankingagenturen mit dreimal A (triple A) gewertet. Nun wird jeder Kämmerer sagen für Städte gibt es kein Ranking. Nun, das stimmt und es stimmt wiederum nicht. Es stimmt, weil die Kommunen mit ihrer Kreditaufnahme im Bereich der Risikobewertung, mittels Vorgaben, auf Null gesetzt wurden. Das heißt, die Kommunen sollen bei den Banken kein Ausfallrisiko haben, dies geht auf eine Ausnahmereglung in der Kreditwirtschaft zurück ("Partial Use").

Nur seit Basel II geraten diese Ausnahmereglungen ins Wanken, denn schon jetzt werden die Kommunen nach ihrer Finanzkraft unterschiedlich intern bewertet. Da hat die Kommune Düsseldorf, die gänzlich schuldenfrei ist, ganz andere Bewertungen als die Kommune Oberhausen, die einen "Nothaushalt" führt. 

Und das wirkt sich eben auf die Kreditvergabe aus. Da kann schon mal ein Kredit 2% Punkte teurer werden. Dies wirkt sich dann eben auf den Haushalt aus, indem ein mehr an Zinsen gezahlt werden muss. Bei einem Kreditvolumen von 90 Mio an kurz- und langfristigen Krediten, die Ennepetal anstrebt, macht das mal eben über den Daumen 1,8 Mio p.a. an Zinsen aus. Und diese 1,8 Mio müssen von irgendjemand bezahlt oder anderswo eingespart werden.  

 

Da fehlt schon mal das Salz für den Winterstreudienst oder die Strassen können nicht mehr ausgebessert werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. Auch wird jeder Investor seine Investitionen eher mit einer schuldenfreien Stadt machen, weil eben schuldenfreie Städte eine höhere Leistungsfähigkeit haben.

Kurzfristig werden wir keine Veränderung erfahren, da die EZB den Zinssatz auf einem sehr niedrigen Niveau festgeschrieben hat und die Inflation kein Grund zur Sorge gibt. Nur das wird nicht immer so bleiben, denn wir sind national, Gott sei Dank, nicht auf einer "Insel der Glückseligen".

Und was macht die Politik und die ihr zugeordnete Stadtverwaltung? Sparen? Nein, alle sind sich einig, wir machen Schulden und legen noch einen drauf, so als wenn nichts passiert wäre und der Kämmerer eine Notenbankpresse im Keller der Stadtverwaltung hätte. Gelobt wird der Bürgermeister und der Kämmerer dafür, dass sie mittels Schulden eine Haushaltssicherung vermieden haben und damit nicht zum Sparen gezwungen werden können. Geht man mal die ersten Zahlen die in den Ausschüssen auftauchen durch, so erkennt man unschwer einen recht zweifelhaften Sparwillen. Nämlich kaum einen! Und die Parteien?  Nun als einzige Partei hat die SPD ihre "Bauchschmerzen" hinsichtlich des Haushaltes öffentlich bekundet. Die 90 Mio hat sie aber auch durchgewunken. Eine recht schwache Vorstellung.

Es lohnt nicht die Kosten aufzuzählen bei denen Einschnitte getätigt werden müssten, es sind zu viele und die Ausreden der Verwaltung, warum hier keine Einschnitte vorgenommen werden können, sind auch direkt parat.

Also würden wir für den Haushalt eine glatte 6 ungenügend vergeben.

Aber es geht ja noch weiter. Die Kommune Ennepetal will jetzt einen ersten Beigeordneten gemäß der so genannten Wirtschaftspartei CDU haben, die dieser Tage diesen Antrag stellte. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Der erste Beigeordnete, es soll der Kämmerer sein, wird logischerweise in seinem Gehalt hoch gestuft und zwar um mindesten 10%. Für eine Kommune die sparen sollte ein klares Signal, zumal die Kommune nicht unbedingt einen ersten Beigeordneten haben muss, es ist der reine Luxus mit einer besonderen Duftnote.

Tja so ist das mit der Wirtschaftspartei CDU, woher die ihre Wirtschaftskompetenz hat vermag ich nicht zu verorten. Parallel finden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst statt, da kommt aus allen Rathäusern ein Geschrei, es wäre kein Geld da und jetzt ein erstes Angebot von 1,5% durch die öffentlichen Arbeitgeber. Na ja, es ist halt nicht der gehobene – oder höhere Dienst, da gilt kein Sparen.

Und dann kommt der nächste Klops. Unser auf einmal entdeckter Bahnhof. Da hatte der "runde Tisch" noch keine einzige Idee oder ein Konzept einer wirtschaftlichen Nutzung hervorgebracht. Außer die Stadt möge doch ein paar Millionen  locker machen. Da faselt auf diesem Treffen ein sogenannter Künstler, eher Lebenskünstler, etwas über eine Nutzung die jedem Wirtschaftler die Haare ausfallen lässt. Da werden Mappen mit angeblichen Ideen rumgereicht, deren Inhalte nicht benannt werden und wahrscheinlich allesamt im Bereich von Märchen und Fabeln anzusiedeln sind. Und was passiert? Nichts.

Anstatt Einhalt zu gebieten und das Ganze auf andere, solide, Füße zu stellen, faselt man nunmehr von Stiftungen an allen Ecken und Enden. Aber Stiftung wofür? Dafür das die Stadt den EnnepeTaler, dieses "geniale" Marketingkonzept, in einem Büro im Bahnhof ausgeben kann? Und das hört sich ja alles so schön an. Ist aber nichts anderes als eine Kopie. Denn Michael Eckhardt hat nach seiner Wahl im Jahre 1999 auch die Bürger eingespannt, es entstanden damals die Leitbilder Milspe und Voerde in 2001. Umgesetzt wurde damals bis heute so gut wie nichts davon. In der Amtszeit von Michael Eckhardt haben wir aber rund 3.000 Bürger verloren – ist ja auch ein Erfolg.

Was diesem Projekt Bahnhof fehlt, es fehlt ein klarer Wille, es gibt nur Absichtserklärungen und Lippenbekenntnisse. Enden wird es ggf. damit, dass die aus dem Hauhalt 2009 eingestellten 180 Tsd. in die zu gründende Stiftung eingebracht werden. Für 70 Tsd. wird der Bahnhof von der Stiftung gekauft, die restlichen 110 Tsd. werden verpulvert. Ein nützlicher Idiot wird der Stiftung vorstehen und danach verkünden, es ist kein Geld für den Bahnhof mehr da. Wobei  – die Stadt ist fein raus, hat sie doch alles getan um das Ganze zum Guten zu wenden. Nur die anderen wollten halt nicht. So wie mit dem Citymanagement, keine Kunden weil kein Angebot, kein Angebot weil keine Kunden. Da komme einmal ein Bürger auf den Gedanken die Stadt tut nichts.

Auch hier müssen wir eine klare 6 ungenügend geben.

Nimmt man jetzt noch die anderen politischen Probleme hinzu, und davon haben wir genug, so kann man sagen, der Rat der Stadt als auch die Stadtverwaltung hinterlassen irgendwie den Eindruck  symbiotisch in Untätigkeit verbunden zu sein, beide lassen eine klare Linie vermissen. Eine Linie die die Stadt auf den Weg zu einem besseren Morgen bringt.

Und die Opposition?  Nun da gibt es keine, alle Parteien wollen sich ja lieb haben und alles gemeinsam machen – auch die Fehler.

Was bleibt? Die Politik faselt mal immer wieder gerne von Politikverdrossenheit, die durch Kritiker entstanden sein soll. Wobei die Presse immer wieder als Verursacher für die Politikverdrossenheit  herhalten muss. Nur wir denken, diese Politiker verwechseln Ursache und Wirkung. Wenn die Politik  einen "guten Job" machen würde, wenn sie das was sie sagt auch konsequent umsetzen würde, wenn die Entscheidungen transparent wären oder wenn sie zu ihren Fehlern stehen würde, ja dann, würde auch nicht dieses Gefühl des Verdrusses aufkommen.

Die vorgenannte Fälle befördern ja gerade die Politikverdrossenheit.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal