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Arbeitsbedingungen für Journalisten im EN Südkreis

Collage: Linde Arndt

Collage: Linde Arndt

[jpg] Journalisten haben es in der heutigen Zeit schwerer als vor 50 Jahren. Das Landespressegesetz NRW stammt aus dem Jahr 1966, als es noch gemütlich in den Amtsstuben der Kommunen zuging. Es gab noch die gute alte Druckerpresse, mit Winkelhaken, Setzkasten in dem gegossene Buchstaben zur Verfügung standen. Printpresse und das lokale Amtsblatt wurden ein Begriff der heute noch verwendet wird. Wobei die heutigen technischen Gegebenheiten die Erscheinungen der Printmedien einengen und sogar überflüssig machen.

50 Jahre danach grübelt man über die Inhalte dieses Landespressegesetzes in der heutigen Realität nach. Dieses Gesetz mutet antiquiert an wenn in,

„§ 7″

Begriffsbestimmungen

 

(1) Druckwerke im Sinne dieses Gesetzes sind alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift, Bildträger und Musikalien mit Text oder Erläuterungen.“

gesprochen wird.

Wobei der Bund sich an ein Pressegesetz erst gar nicht heran wagte und immer wieder höchstens auf den Artikel 5 (Meinungs- und Pressefreiheit) GG verweist. Der Bund überlässt die Regelungen lieber den Bundesländern.

 

Und dieser Artikel 5 GG spiegelt sich besonders in den beiden Artikeln des Landespressegesetzes wieder:

§ 3 “

Öffentliche Aufgabe der Presse

Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch, daß sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.

 

„§ 4“
Informationsrecht der Presse

(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.

(2) Ein Anspruch auf Auskunft besteht nicht, soweit

  1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
  2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder
  3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
  4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet.

(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse überhaupt, an diejenige einer bestimmten Richtung oder an ein bestimmtes periodisches Druckwerk verbieten, sind unzulässig.

(4) Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden.“

Soweit das Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW) vom 24. Mai 1966.

 

Über 20 Jahre ist das Internet jetzt alt und durchdringt sogar die deutschen Amtsstuben.

Journalisten tauschen sich mit Kollegen in den entlegensten Gegenden aus. Auch EN-Mosaik tauscht sich mittels Skype mit Kollegen aus – dies ist Alltag.

Arbeitsbedingungen in Brüssel für Journalisten Foto: Archiv EN-Mosaik

Arbeitsbedingungen in Brüssel für Journalisten
Foto: Archiv EN-Mosaik

Die Qualität der Verbindungen, der Webtraffic ist in Deutschland nicht gerade der Beste. Holland, Belgien oder Frankreich sind da viel weiter. Was aber auch in den drei genannten Staaten möglich ist, man bekommt in jeder Pressekonferenz oder bei einem Pressegespräch oder bei einem Vortrag, Wlan (WiFi) und Strom Anschluss. Sofort kann man mit der Arbeit loslegen, sich mit dem Verlag verbinden und den Stand der Dinge übermitteln. In den Brüsseler EU – Ausschüssen und den Pressekonferenzen stehen darüber hinaus sogar Audioanschlüsse und Telefonanschlüsse zur Verfügung. In den Pressekonferenzen wird dem Journalisten sofort über das anstehende Thema eine „amtliche“ Stellungnahme zu gestellt. Damit kann jeder Journalist das Geschehnis sofort einordnen und evtl. dem Absender Fragen stellen.

Nach dem Besuch des EU-Ratspräsidenten Tusk, bekamen wir am gleichem Tage um 21.19 Uhr seine Einschätzung über den Türkeibesuch in den Lagern Gaziantep und Nizip, sowie den Gesprächsverlauf mit Premierminister Davutoglu (Remarks by President Donald Tusk during his visit to Turkey). So weit, so gut.

Kehren wir zum EN-Südkreis zurück. Ich weiß der Ennepe-Ruhr-Kreis mit seinen 9 Städten ist nicht Brüssel oder Düsseldorf, wo Journalisten entsprechende Arbeitsbedingungen vorfinden.

Aber muss es denn sein, dass die Arbeitsbedingungen im EN-Südkreis einer teilweise so großen Einschränkung unterliegen, so dass man den Informationsgehalt als nur rudimentär bezeichnen kann?

EN-Kreis

Unsere Redaktion besuchte zwei Ausschüsse des Kreises. Eine Tagesordnung war nicht vorhanden und konnte uns auch nicht vom Vorsitzenden ausgehändigt werden. Einen Lan, Wlan/Wifi Zugang gab es nicht, sodass man evtl. auf die Tagesordnung hätte zugreifen können. Auch konnte kein Stromanschluss ausgemacht werden. Einen Platz für Pressevertreter war nicht vorgesehen. In einem Ausschuss fanden wir neben einem Stapel Getränkekästen einen Sitzplatz um Notizen zu machen.

Augenscheinlich waren Pressevertreter in den Ausschüssen nicht vorgesehen. Das zustande kommen von Beschlüssen war über das Protokoll nicht möglich, denn die politische Aussprache fehlte.

 

Schwelm, Ennepetal und Gevelsberg

Wenn man von der Technik ausgeht, so ist Gevelsberg mit seinem computergestützten und drahtlosen (Wireless) Mikrofonsystem und seinem im Ratssaal integriertem Pressebereich eine wahre Wohltat. Ennepetals Mikrofonanlage ist im Ratssaal nicht vorhanden, der im Haus Ennepetal tagende Stadtrat hat dagegen eine mehr „vorsintflutliche“ Anlage mit einer mangelhaften Akustik. Sitzungsunterlagen in Papierform werden in allen drei Städten nicht immer automatisch vorgehalten. Da kein Wlan oder Lan vorhanden ist kann man auch nicht auf das Ratsinformationssystem im Ratssaal zugreifen. Überhaupt Wlan/WiFi und Lan sind in den Ratssälen nicht vorgesehen. Die Netze sind zwar vorhanden, die Presse darf jedoch darauf nicht zugreifen; aus Sicherheitsgründen, wie uns ein Verwaltungsangestellter sagte. Anscheinend sind die Netze nur unzureichend gesichert.

Akustisch kann man nur in Gevelsberg und Schwelm den Sitzungen folgen, in Ennepetal ist das nur unzureichend möglich. Die Sitzungsunterlagen sind im Ratsinformationssystem nicht immer à jour, eine Deadline gibt es nicht, so dass man nie vorher weiß ob nicht im letzten Moment nicht doch noch ein TOP dazu genommen wird. Die Unterlagen die man im Ratsinformationssystem einsehen kann, sind jedoch nicht mit den notwendigen Links versehen um evtl. Hintergründe zu verarbeiten. Es wird nicht auf die Hierarchie des Vorgangs geachtet oder man weiß nichts von dieser Hierarchie. Überhaupt ist man in allen drei Städten mit Journalisten überfordert, denn die gegensätzlichen Erwartungshaltungen haben zu einer Arbeit geführt die man nicht als journalistisch bezeichnen kann. Es ist mehr eine Mischung aus Stadtschreiber und Heile Welt Journalismus über die Jahre entstanden. In einer der drei Städte sah sich die zuständige Presseabteilung nicht in der Lage der Presse eine gültige Tagesordnung vorzulegen, da sich diese Abteilung für nicht zuständig erklärte.

 

Ratsinformationssysteme der Städte

In einer Zeit von größtmöglicher Flexibilität und Mobilität arbeiten die Städte des Kreises nicht mit Deadlines in ihren Ratsinformationssystemen. Es kann passieren, und das ist nicht selten, dass die Sitzungsunterlagen kurz vor Beginn der Sitzung geändert worden sind. Und wenn man die Sitzungsunterlagen durch sieht, fragt man sich ob die Verfasser schon einmal was von Anker oder Hyperlinks gehört haben? Da wird Bezug zu ehemaligen Dokumenten genommen, die jedoch nicht sofort vorliegen. Ein zeitaufwändiger Suchvorgang bringt nicht immer im Archiv der Stadt den gewünschten Erfolg. Wozu haben wir wohl seit Jahren eine Metasprache, die uns in die Lage versetzt uns in einer vernetzten Welt zurecht zu finden. Um einer Sitzung zu folgen, sollten den Sitzungsteilnehmern, inklusive der Journalisten, sämtliche Informationen vor Sitzungsbeginn vorliegen. Das ganze Ratsinformationssystem ist von journalistischer Seite her gesehen, sehr zeitaufwändig und damit kostenintensiv, unter Effizienz ist dieses Ratsinformationssystem sicher nicht einzuordnen.

Ratsinformationssyste, und Arbeitsunterlagen Collage: Linde Arndt

Ratsinformationssyste, und Arbeitsunterlagen Collage: Linde Arndt

Für die Stadtverwaltungen wäre es ein leichtes ein effizientes Ratsinformationssystem zu führen, wenn sie denn mal wollten. News- oder RSS-Systeme (Really Simple Syndication) sucht man vergebens, sie könnten die Arbeit wesentlich erleichtern. Die gesamte Organisation im Hinblick auf die Presse des Südkreises ist mehr oder weniger in den 70er Jahren stehen geblieben.

 

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Hier stoßen zwei verschiedene Erwartungshaltungen aufeinander. Politik und Stadtverwaltung sehen die Journalisten als Empfänger, Verstärker und Sender von subjektiv gefassten Informationen, hinterfragen ist nicht erwünscht. Zwei Ennepetaler Politiker brachten es einmal auf den Punkt, indem sie EN-Mosaik an den Kopf warfen: Sie haben nur das zu schreiben was wir ihnen sagen! Mehr nicht.

Das Verständnis von Pressearbeit, welches hier zu Tage trat hat nichts aber auch gar nichst mit unserer Demokratie zu tun.

Dabei wittern wir Journalisten doch hinter jeder Botschaft eine Story, dass ist nicht unbedingt negativ gemeint. Eine kritische Distanz sollte unser Berufsstand gegenüber Politik und Verwaltung einnehmen. Passt also nicht zusammen.

Woran liegt die nicht gerade professionelle Zusammenarbeit in vielen Bereichen und Fragen? Es liegt an der Einstellung der Kollegen des ehemaligen Monopolisten Waz-Mediengruppe, heute Funke- Mediengruppe. Diese Kollegen haben ein anderes Berufsethos, sie wollen wie die Fische im Wasser mit den „Mächtigen“ schwimmen. Vorauseilender Gehorsam und Anpassung an die lokalen Verhältnisse haben einen Lokaljournalisten hervor gebracht, der dem Credo von Politik und Verwaltung, alles ist in Ordnung und wir müssen die Kommune nur schön finden (Heile Welt), nach hängen. So hat ein Ennepetaler Whistleblower im Zusammenhang mit den AÖR-Papers zu unserer Redaktion gefunden, weil die Kollegen der Funke-Medien Gruppe mit solchen Papieren nicht umgehen können (oder wollen), so der Informant. Dieses Vertrauen tut uns gut, macht aber auch deutlich wie wenig man den ehemaligen „Monopolisten“ zu traut.

 

Kritik (Kunst der Beurteilung)

Kritische Distanz sollen wir Journalisten, so wir denn Journalisten sein wollen, halten. Nur, wie soll das funktionieren, wenn mein Gegenüber aus Politik und Administration keine Kritik ertragen kann? Immer wieder werden uns Mails zu gesandt, in denen man uns unterstellt, dass wir Journalisten nicht über den viel gerühmten Tellerrand blicken können. In denen man uns ein Abhängigkeitsverhältnis mit den Größen aus Politik und Verwaltung unterstellt. Vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit sieht anders aus, sie unterstellt geradezu die Kritik. Wir Journalisten müssen uns, zu Recht, zunehmend selber einer selbstkritischen Betrachtung unterziehen. In vielen Fällen müssen wir uns unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Leser zurück holen. Einige von uns müssen sich dann von ihren Hängematten, in denen sie es sich bequem gemacht haben, verabschieden. Denn der gute alte Qualitätsjournalismus ist der einzige Weg um die Glaubwürdigkeit der Leser wieder zu erlangen und damit ernst genommen zu werden.

Diese Kritik der Öffentlichkeit in Richtung der Medien, ist aber ein rein deutsches Phänomen (Stichwort: Lügenpresse) und hat zur Folge dass  viele Politiker über die Jahre einer Selbsttäuschung erlegen sind und  in der Einschätzung der Wählergunst einem fatalem Irrtum erlagen. Dem fortschreitenden Machtverlust der etablierten Parteien kann man Jahr für Jahr zusehen. Immer mehr Parteien drängen in die Stadträte und Parlamente, wobei sie von den großen Volksparteien die Wähler bekommen. Wer hätte das gedacht, dass eine SPD in der Wählergunst bei stabilen 20% liegen. Oder die CDU als Juniorpartner mit den Grünen koalieren muss. Bei einer funktionierenden Presse wäre das sicher nicht passiert, denn die hätte mit dem notwendigen Druck fehlgeleiteten Politikern wie Stefan Mappus (CDU) die falschen Entscheidungen um die Ohren geschlagen.

 

Epilog

 

Auf der lokalen Ebene  sind die Arbeitsbedingungen für Journalisten miserabel. Da werden altgediente Journalisten bei Laune gehalten indem man ihnen Informationen zusteckt, die bei Licht betrachtet banal und trivial sind. Die eigentlich „heißen“ Informationen werden diesen Journalisten jedoch immer verborgen bleiben, es interessiert den lokalen Journalisten kaum oder nur als Petitesse. Man verlangt die Heile Welt, also bekommt man die Heile Welt. Das der Leser und auch Wähler sich abwendet wird dabei häufig übersehen. Und weil das so ist muss der Journalist auf lokaler Ebene investigativ arbeiten um an die nötigen Informationen zu kommen. Diese Arbeitsweise ist jedoch sehr zeitaufwendig, da fragt man sich, warum zur Hölle die Arbeitsbedingungen auf lokaler Ebene solch einen Zeitaufwand erfordern um eine „Schöne Stadt“ immer wieder dem Leser unter die Nase zu reiben. Er, der Leser, glaubt die Story sowieso nicht mehr, außer er ist debil und hat damit nur eine beschränkte Sichtweise.

Charly Marx hat in seinen Werken den geschichtlichen Werdegang des kapitalistischen Systems beschrieben und seinen Untergang prophezeit. Dann wendete Marx sich dem von ihm favorisierten kommunistischen System zu und erreicht mit diesem System ein Ziel in dem die Gesellschaft sich in paradiesischen Zuständen befinden wird. Es ist ein philosophischer Entwurf, ja, Marx war auch Philosoph. Nur, mit dieser Beschreibung der paradiesischen Zustände als Voraussage hat Marx die gesamte wissenschaftliche Arbeit unglaubhaft gemacht. Es kann kein Paradies geben. Denn wenn es dieses Paradies geben würde, würde der Mensch sein Streben nach einer besseren Welt verlieren.

 

Die lokalen Fürsten sollten aufgeben ihre Städte als vollkommene oder absolute Städte  einzustufen, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren wollen. Und nach der Glaubwürdigkeit würde man ihnen das Vertrauen entziehen. Und was danach kommt, müsste selbst der schlechteste Hauptschüler mitbekommen haben.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus dem Südkreis

Das Problem Attraktivität von Ennepetal, ist im Kopf angekommen

[jpg] Es ist schon faszinierend wie ein menschliches Gehirn funktioniert. Da sind diese grauen Zellen, die bei den Einen mehr funktionieren und bei Anderen halt weniger. Auch sagt man diesen grauen Zellen eine gewisse Trägheit nach, die die reale Welt,  zumindest in Teilbereichen, verdrängt.

Und diese Verdrängungsprozesse benötigen ganz schön viel Energie, die letztendlich bei anderen Vorgängen fehlt. Manchmal drängt es aber mit aller Kraft hervor. So auch in der 2. Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses am 14.1.2010. Was ist passiert? Herr Palomba trug seine Vision 2025 vor, und siehe da: Die Attraktivität der Stadt wird nunmehr auch als zweifelhaft angesehen. Es wurde bemerkt, dass uns im Laufe der Jahre viele junge Menschen an andere Gemeinden verloren gegangen sind. Noch nicht ganz klar, aber es macht sich ein anderes Bewusstsein in der Stadtverwaltung bemerkbar. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist: Die Stadtverwaltung will dies in Konsequenz einfach hinnehmen und nimmt sogar dabei evtl. in Kauf, dass Ennepetal in 2025 nur noch rund 24.000 Einwohner haben wird. Sie will "nur" darüber reden wie man diese Entwicklung begleiten kann. Konzeptionell hat sie nichts anzubieten, baut darauf, dass sich innerhalb des Zeitraumes von 15 Jahren eine Lösungsmöglichkeit anbietet. Der Vortrag von Cosimo Palomba war im Gegensatz zu seinem Vortrag während der FDP Sitzung im Haus Grebe, diesmal grafisch besser aufgebaut, ja sogar etwas übersichtlicher. Er konnte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Herr Palomba nur einen theoretischen Beschreibungsrahmen bot, der letztendlich auf viele Städte zutreffen konnte. Was fehlte diesem Vortrag? Es fehlte ihm ein unbedingter Wille der Stadt Ennepetal, die in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen ist, einen Handlungsrahmen zu bieten, welcher ein Gegensteuern ermöglichen könnte. Darüber reden,ok. Aber nur unerreichbare allgemeine und vage Zielvorstellungen zu definieren, dass hatten wir doch schon immer gemacht.

Was auch noch fehlte, eine schonungslose kritische Aufarbeitung des Vergangenen. Aber, na ja, mit Kritik hatte es die Stadtverwaltung ja noch nie. Stichwort: Majestätsbeleidigung. Dann war da noch ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre, der nur in bestimmten Zusammenhängen genannt wird: Fixkostenremanenz. Fixkostenremanenz ist ein Begriff, der eine langfristige ( bis 20 Jahre ) Entscheidung einfordert. Fixkosten sind Kosten die sich im Gegensatz zu variablen Kosten nur zögerlich anpassen lassen.

Ein Beispiel: Eine Produktionshalle wurde passgenau für eine Produktion gebaut. Im Laufe der Jahre stellt sich heraus, die Halle ist 50% zu groß. Logischerweise geht die zu große Halle als Kosten in die Kalkulation der zu produzierenden Produkte ein. Ziel muss es jetzt sein, eine neue, kleinere und damit preiswertere Halle zu finden, die damit die Produktionskosten senkt. Da man solch eine Halle nicht sofort findet, ist man gezwungen eine sofortige Entscheidung zu treffen. Die Umsetzung dieser Entscheidung geschieht jedoch erst nach Jahren, aus vielerlei Gründen. Ich habe das jetzt einmal verkürzt dargestellt.

Herr Palomba gebrauchte diesen Begriff aber im Zusammenhang mit dem Einwohnerrückgang. Und das bedeutet, er und damit die Stadt, haben sich damit abgefunden das die Stadt diesen dramatischen Rückgang der Bevölkerung tatenlos hinnimmt.

Wenn dem aber so ist, so sollte hier und jetzt die Entscheidung gefällt werden, den Rückbau von ganzen Stadteilen in die Wege zu leiten. Denn der Rückgang von 7.000 Einwohnern in den nächsten 15 Jahren bedeutet, z.B. Voerde-Nord + Hasperbach + Rüggeberg + Bülbringen zu verlieren, also Rückbau. Diese vier Quartiere habe ich jetzt deshalb genommen um die Dramatik zu verdeutlichen. Aber auch deshalb, weil dieser Rückgang langfristig und geordnet verlaufen sollte um gerade diese Fixkostenremanenz zu mildern. Baue ich z. B. diese vier Quartiere zurück, so kann ich auch die gesamte Infrastruktur abklemmen und hätte die Kosten nicht mehr dafür zu tragen. Aber dies ist ja nur ein Teilaspekt von dieser für mich unmöglichen Denke.
Diese Denke hat ja noch weiter reichende Folgen.
Es gibt aber noch andere Möglichkeiten. Dies setzt aber ein ambitioniertes Denken voraus, sprich Ehrgeiz, einen nicht Gott gegebenen Sachverhalt hinzunehmen. Dies setzt aber auch voraus, dass ich mich nicht als Bewohner einer "Insel der Glückseligen" einordne, für den alles schon gerichtet ist. Auch sollte ich begreifen, wir sind in einer Marktwirtschaft, die auch für die Kommunen gilt.
Und Marktwirtschaft lebt nun einmal von der Konkurrenz oder neudeutsch den Mitbewerber. Und meine Mitbewerber buhlen um Einwohner mit allen Möglichkeiten die ihnen zur Verfügung stehen.
 
Die Frage stellt sich dann: nutze ich alle Möglichkeiten die auch mir zur Verfügung stehen? Und diese Frage muss man ganz klar mit NEIN beantworten.
Da ist die Frage der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, die grottenschlecht die Stadt nach außen vermarktet. Da ist die Frage der Einbindung der Bevölkerung in wesentliche Entscheidungsprozesse in den Stadteilen, die die Identifikation erhöhen könnte. Es sind viele Entscheidungen gefällt worden die zwar der Spekulation Tür und Tor geöffnet haben, die aber letztendlich durch mehr Transparenz dem Bürger hätte näher gebracht werden können. Die Foren des Flächennutzungsplanes waren allesamt als Beginn von Gesprächen von Bürgern mit der Verwaltung gesehen worden. Es wurden Vorschläge vorgebracht die keinerlei Widerhall fanden.
Das Gutachten der CIMA, das doch mit erheblichen Zweifeln, wenn nicht sogar mit Fehlern, behaftet war, es wurde nichts aber auch nichts ausgeräumt, die Verwaltung hat es an diesem Tage mit der CDU und seinen beiden Appendixen, der Gruppe Hofmann & Hofmann, sowie der FWE durch gedrückt.
Die schlüssigen Gegenargumente wurden einfach vom Tisch gewischt. Absolut befremdend wirkte für mich die Aussage von Herrn Hofmann (Grüne): "Wir wollen das nicht auf die lange Bank schieben" – das Gutachten. Ob es passt oder nicht passt war den Grünen egal.
Ein paar Stimmen in dieser Diskussion: Berg (SPD) sah in mehreren Passagen begründete rechtliche Bedenken. Herr Höhl (Stadtverwaltung) wies das alles unbegründet einfach nur zurück. In dem Gutachten wird mehrfach von "hinreichend begründet" gesprochen, nur die Begründung fehlte.
Knüppel (CDU) wollte erst alle Zweifel ausgeräumt sehen, musste aber trotz dieser Aussage, die vernünftig war, dafür stimmen.
Haas (FDP) drückte erheblich Bedenken hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Milspe und Altenvoerde aus. Recht hat er. Denn durch die stadtplanerische Wegnahme der Industriebrache würde eine Öffnung entstehen, die würde ein Potenzial für Altenvoerde darstellen. Die Berlett Ansiedlung: Wenn die in Milspe schiefläuft, darf die am EN-Center  nach diesem Gutachten nicht angesiedelt werden.
Die Definitionen klein- und großflächig erscheint der FDP zu willkürlich, die innerhalb des Einzelhandels zu Fehlentwicklungen führen könnte.
Und dann der Gipfel: Bei der nun folgenden Frist von einem Monat kann ja jeder seine Einwände vorbringen. Nur wenn die Einwände mit Erfolg beschieden werden, muss ein neues Gutachten gefertigt werden und das kostet extra. Aber was soll es, wir haben es ja und das Gutachten ist vom Tisch, frei nach der Devise: Wir wissen zwar nicht was wir tun, aber das tun wir auf jeden Fall.

So gehen sie weiter die "Spielchen" der Stadtverwaltung mit CDU, Hofmann&Hofmann und der FWE auf der einen Seite und dem Rat der Stadt auf der anderen Seite. Und so bleiben die Ankündigungen eine bessere breitere Politik zu machen halt nur Lippenbekenntnisse. Und Ehrgeiz etwas für die Stadt zu erreichen? Hauptsache die Stadtverwaltung hat Recht gehabt und der Rat hat ja sowieso keine Ahnung. Tja, so ist das mit den grauen Zellen, manchmal reicht es eben nur für eine Ankündigung, für mehr eben nicht, dann läuft alles wieder mit der alten Programmroutine, manchmal auch Endlosschleifen wie in Ennepetal.

In der Zwischenzeit gehen die Leute weiter in andere Städte. Wie sagte Herr Peuser vom Bauamt der Stadt so schön hilflos. Die Leute laufen uns einfach weg!

Aber was soll es. Gut das wir darüber geredet haben.

 

Jürgen Gerhardt

für EN-Mosaik

Die „Kohle“ hat Ennepetal schon, wo bleibt das Feuer?

[jpg] Nach den Eröffnungsfeierlichkeiten am Wochenende zur Kulturhauptstadt Ruhr2010 auf der Zeche Zollverein, ein Weltkulturerbe, blieben nach unserer Rückkehr doch viele Fragen übrig. Seit Montag rufen uns Ennepetaler an um zu fragen warum Ennepetal nicht vertreten war. Die Stadtverwaltung ist offensichtlich abgetaucht, denn laut Aussage der Anrufer ist für dieses Thema niemand erreichbar. Herr Bröking titelt in der WR: Wann sind wir auch Kulturhauptstadt? und schreibt weiter: Es gibt keine zentrale Information, was die Städte des Südkreise machen wollen. Bei Frau Nachbarin schreibt ein CDU Parteigänger  "Letztlich ist Ennepetal bereits eine Kulturstadt.", und weiter: "ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich mit der "Kulturhauptstadt Ruhr.2010" wenig anfangen kann.", wobei er moniert das drei Städte diesen Titel zu gesprochen bekommen haben. Für ihn wäre das unverständlich.

Nun einmal etwas Grundsätzliches. Die Kulturhauptstädte werden seit 1985 auf Betreiben der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri ernannt. Später hat der Rat eine Änderung vorgenommen, indem eine Stadt aus den 15 alten EU Staaten und eine aus den neuen Staaten ernannt wurden. Die Bewerbungskriterien wurden klar vom Rat festgelegt. 2010 gilt eine Besonderheit, es wurde zum ersten mal eine Stadt der Beitrittskandidaten, nämlich Istanbul zugelassen. So dass 2010 mit Essen, welche die Federführung hat, Pecs (Fünfkirchen) aus Ungarn und Istanbul aus der Türkei als Kulturhauptstädte benannt sind. Essen hat jedoch schlüssig vor der Kommission ein Regionalkonzept vorgestellt. "Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel", war und ist das Motto der Essener Initiative. Es gilt diese (unsere) Region neu zu erfinden, ihr neue Inhalte in allen Bereichen der Kultur zu zuweisen. Aufgerufen sind dazu hauptsächlich die Menschen, die sich kreativ einbringen sollen, um den Wandel anzustoßen oder auch weiter zu entwickeln.

Wie wir, die wir  hier wohnen, alle positiv bemerken, sind die Grenzen in unserem Ballungsgebiet fließend. Diese Region, das Ruhrgebiet, ist neben dem Ballungsraum Paris oder London in der Ausdehnung fast gleich und ist das drittgrößte Ballungsgebiet in Europa. Kohle und Stahl prägten dieses Gebiet aber auch sein Image. Und das ist es was eine Kulturhauptstadt ausmachen sollte, sie soll sich vorstellen, Menschen, wie Investoren oder auch nur Neubürger anziehen. Essen hat, nachdem es den Zuschlag bekam, sofort die Ruhr2010 GmbH gegründet. Unter diesem Dach agieren nunmehr 53 Städte des Ruhrgebietes, seit 2006. Die Ruhr2010 hat alle Städte angesprochen und sie zum mitmachen animiert. Der Geschäftsführer, Herr Fritz Pleitgen , war auch in unserem Kreis zu Besuch um die Idee weiter zu tragen. Weiter hat die Ruhr2010 sich persönlich bei der Landesregierung NRW eingesetzt, damit die Städte einen Zuschuss für ihre Aktionen bekommen. Das Land NRW gab EUR 2,– pro Einwohner, also rund EUR 10,5 Mio. für die Region, die 2008 an die Städte überwiesen wurden.

                                                        

Nach meinen Informationen hatte der Kulturbeauftragte in Sprockhövel  für den Südkreis die Ursprungsidee für die  Aktion  "Kohle, Kühe, Kunst" angestoßen. Denn die Städte waren ja alle schon bei der Ruhr 2010 gemeldet. Die Aktion gefiel der Ruhr 2010, so dass sie diese finanziell  extra unterstützt.

Ein Flyer in pdf Form ist hierzu vorhanden, allerdings haben es nicht alle  beteiligten Städte  bis heute  geschafft ihre Internetpräsenz mit  weitergehenden Informationen zu versorgen oder z. T. auch nur einen Navigationsbutton einzupflegen, obwohl die Entscheidung am 2.12.09 kommuniziert wurde.

Nun läuft die Aktion unter der Federführung der Stadt Ennepetal?!, die auch den künstlerischen Leiter stellt. Es verwundert, dass sowohl der künstlerische Leiter, als auch die Ruhr2010 Beauftragten der Städte Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm und Sprockhövell, es bis zu den Eröffnungsfeierlichkeiten der Ruhr.2010 nicht geschafft haben ein dementsprechendes Programmheft oder Informationen als Vorankündigung zu diesem Projekt im Pressezentrum abzulegen. Wie viel Öffentlichkeit brauchen die 4 Städte denn noch? Hier war die gesamte nationale und teilweise internationale Presse einschließlich der Agenturen als Multiplikatoren anwesend. Wo kann man besser seine Botschaften zwecks Verbreitung an den Mann bringen, wenn nicht dort? Unfassbar!! Oder sollte das heißen, wir sind uns selbst genug?

Der künstlerische Leiter Herr Markus Nottke (Ennepetal) machte zwar eine Einzelausstellung mit Frau Anja Michel (Sprockhövel), der Ehefrau  des Ruhr 2010 Beauftragten von Ennepetal unter dem Motto "Regenbogenland Ruhrgebiet" in Essen auf der Ruhr.2010 (dem Vernehmen nach wurde diese Aktion von der  Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld finanziell unterstützt),  auf der Eröffnungsveranstaltung war also der Künstler und nicht der künstlerische Leiter, es war also nicht der Ruhr2010 Beauftragte der Stadt Ennepetal anwesend, sondern der Ehegatte der Künstlerin Anja Michel. Aber beide stehen und standen ja in der Verantwortung ihr Programm "Kohle, Kühe, Kunst" zumindest rudimentär zu kommunizieren, mittels dementsprechender Informationen, Druckerzeugnisse oder in einer Internetpräsenz, wie es sich eben gehört. Wenn Sie aber in einer anderen Funktionen anwesend sind, so kann man sie auch nicht in diesem Zusammenhang interviewen. Rätselhaft wird das Ganze, wenn auf dem obigen PDF Flyer noch die Gruppe Kunstraum-EN e. V. mit der Adresse des künstlerischen Leiters ins Spiel gebracht wird, indem die Künstler ihre Bewerbungsunterlagen an die selbe ausnahmsweise schicken mögen. Auf Anfrage teilte der Vorsitzende des Vereins mir mit, die Gruppe Kunstraum-EN e. V. ist in dieser Aktion gar nicht eingebunden.

Nun ist es so, Essen hat den Titel von Vilnius (Litauen) und Linz (Österreich) bekommen, die beide  Kulturhauptstadt 2009 waren, beide berichteten, dass auf Grund ihrer Aktionen 5 Mio. Besucher ihrer Städte besuchten und die durchaus positiven Eindrücke mit nach Hause nahmen. Während des Kulturhauptstadtjahres sind viele positive wirtschaftliche Entwicklungen beobachtet worden, die über das Jahr hinausgehen werden.

Ich habe  nach unzähligen Telefonversuchen bei den mit diesem  Projekt Involvierten Personen in Schwelm. Gevelsberg und Ennepetal  am Mittwochnachmittag endlich Herrn Zirkel, Sprockhövel erreicht. Es wurde ein recht diffuses Gespräch. Ich versuche einmal das Gespräch wieder zu geben: Die Idee "Kohle, Kühe, Kunst" kommt nicht von ihm, sondern von allen 4 Städten gemeinsam. Wie das? Die Verantwortung liegt bei allen 4 Beauftragten. Eine Projektleitung ist auch bei allen 4 Städten gegeben. Die Kommunikation als auch die Dokumentation liegt auch bei allen 4 Städten. Wer nun für die "Panne", dass keine Dokumentation/Information im Pressezentrum bzw. auf der RUHR.2010 auslag, verantwortlich zeichnet vermochte er mir nicht zu sagen. Im Übrigen, wäre der Termin für solch eine Dokumentation noch nicht verstrichen. Und er meinte mit solchen Fragen würde man dieses Projekt torpedieren und in Misskredit bringen. Hiervon möchte ich mich ausdrücklich distanzieren und ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich das Projekt für sehr gut erachte  und es alle erdenkliche Unterstützung verdient. Es ging in diesem Falle lediglich um die Öffentlichkeitsarbeit und darum, warum man eine solch große Chance verpaßt.

Das Gespräch war damit zu Ende.
Nach fünf Minuten rief er nochmals an, um mir jetzt mitzuteilen, dass unsere Artikel tendenziös wären, was auch immer das heißt. Offensichtlich erwartete er die von ihm gewohnte "Hofberichterstattung".


Und da kommen wir wieder zurück zum Feuer.

Offensichtlich ist es den 4 Städten nicht bewusst, dass auch sie von der Region abhängig sind, ja sogar im weiteren Sinn von der ganzen Welt. Wenn eine Firma Dorma in Dubai die Türen in einem Gebäude mit ihren Schließanlagen beliefert, so ist das unter anderem einer guten Öffentlichkeitsarbeit dieser Firma geschuldet.

Wenn sich rund 130 Menschen für die Ruhr.2010 den "Allerwertesten" über Jahre aufreißen um auf den Punkt genau eine Aufbruchstimmung, ein Startsignal zu erzeugen, so tun sie das um das Feuer für die Region anzuzünden. Nur wenn unsere Städte meinen, sie bräuchten sich nur an diesem Feuer zu wärmen um damit Heizkosten zu sparen, so ist das nicht nachvollziehbar und auch nicht entschuldbar. Die Städte hätten das Feuer aufnehmen können und in ihre Herzen eingehen lassen. Und da hapert es sehr wahrscheinlich bei allen, sie können nicht mehr brennen.
Bleibt die Frage: Wofür macht die Region denn so was, wenn das Kirchturmdenken alles verhindert.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik

Das Erscheinungsbild von Ennepetal in der Öffentlichkeit

[JPG] In der Werbung unterscheidet man zwischen Produkt- und Imagewerbung. Beides zusammen soll ein Bild ergeben, welches dem potenziellen Kunden suggeriert: Ich habe eine moderne und innovative Firma, dessen Produkte dementsprechend sind.  Es sind immer wieder ausgesandte Botschaften, die den potenziellen Kunden dazu bringen, sich zumindest ernsthaft bei einem Bedarf mit der Firma und den Produkten auseinanderzusetzen.

Diese Arbeiten sind letztendlich bei einer anstehenden Kaufentscheidung vorbereitend wichtig und ausschlaggebend für den Erfolg am Markt. Dies einmal vereinfacht dargestellt..

Wie ist das aber nun mit einer Stadt? Wie sollte die vorgehen? Sie hat ja keine Produkte, die sie anbieten könnte.
Nun, bei einer Stadt gelten die gleichen Regeln der Werbung, die für eine Firma und deren Produkte oder Leistungen gelten. Auch hier werden Botschaften aufgesetzt, gesendet, aufgenommen und verarbeitet, von der Stadt für die potenziellen Investoren oder zukünftigen Bewohnern um nur zwei Zielgruppen zu benennen.

Ein Beispiel:  Während der Weihnachtszeit hat sich eine Familie in München kundig gemacht, weil der Mann sich nach einem neuen Job hier in Ennepetal oder Umgebung beworben hat. Die Durchschnittsfamilie hat ein Kind ( 1,36 Kinder ) und  beide sind berufstätig. Beide werden sicher nicht am Jahresende von München mal eben in den EN-Kreis fahren um die einzelnen Städte zu erkunden. Also was macht man heute, man geht ins Internet um zumindest eine vorab Auswahl zu treffen. Sie rufen also unter anderem die Seite Ennepetal.de auf.  

Und diese Seite hat es in sich. Es ist ein Ausbund von einer negativen Werbung.
Es ist Weihnachten und das neue Jahr kommt. Kein Grußwort des Bürgermeisters an seine Bewohner, keine guten Wünsche für das neue Jahr. Stattdessen:

  • Erster Einsatz des Vorlesekoffers der Deutschen Bahn und der Stiftung Lesen
  • Brückenneubau Brücke Behlinger Weg
  • Müllabfuhrregelungen

An dritter Stelle kommt erst etwas von einem Neujahrkonzert, Weihnachten findet offensichtlich nicht statt.

Und diese Art der Imagewerbung geht über das ganze Jahr – seit Jahren.

Und nun sieht man eine wahre Orgie von Navigationspunkten, Standartpics und  Sponsoren ( 2 ) und ein paar Banner die auf andere Themen aufmerksam machen sollen. Was für eine Information oder Botschaft soll der Betrachter aus dieser Seite erhalten? Ist das Ennepetal? Soll bei dem Betrachter die Neugierde für diese Stadt geweckt werden? Eher nicht. Er wird die Seite weg klicken und die nächste Stadt an klicken. Es kann sogar noch schlimmer kommen: Er wird ein Vorurteil gegenüber dieser Stadt entwickeln. Das heißt, wenn er als Arbeitnehmer sich bei einer Ennepetaler Firma vorstellen würde, wird er von dieser Seite auf diese Firma ableiten. Der Personalchef würde es sicher schwer haben diesen Menschen für sich und seine Firma einzunehmen. Es ist schon beschämend wie wenig Kreativität und Phantasie für diese Seite aufgebracht wird. Man muss sich diese Seite mal in Ruhe zu Gemüte führen um zu sehen, was unsere "Superhirne" in unserer Stadtverwaltung "anstellen".

Aber es geht noch weiter. Wir haben in diesem Jahr das Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr2010 und Ennepetal hat die Gelegenheit sich vor einem Millionenpublikum darzustellen. Am Dienstag ist Pressekonferenz und es wird die Eröffnungsfeier aber auch das Programm vorgestellt. EN-Mosaik wurde hierzu eingeladen und gehört zu den akkreditierten Pressevertretern. Wir aber auch die anderen Pressekollegen informieren uns allesamt unter anderem über das Internet, parallel werden wir durch das Pressezentrum der Ruhr2010 GmbH über Newsletter, email all umfassend informiert.
Wir haben uns über Ruhr2010.de über Ennepetal schlau gemacht, so wie es auch die Kollegen machen würden.

Hier der Eintrag für Ennepetal:

Drei Dinge, für die wir berühmt sind:
Kluterthöhle, Shanty Chor Voerde Ennepetal, Internationales A-Jugend Pfingstturnier

Drei Dinge, die man nicht verpassen darf:
Einen Besuch in der Kluterthöhle, eine Wanderung durch das weite Grün der Stadt Ennepetal, einen Besuch der Fußgängerzone

Unsere Spezialitäten:
Offen gegenüber Neuem, bei uns geht DAS, Höhlentropfen, Krut Voerde

Wir sind Helden, weil … wir im südlichen Teil des Ruhrgebietes Großes für die Metropole Ruhr bewegen

Geht man weiter und fragt nach den Veranstaltungen der Stadt Ennepetal, so erfährt man:

Veranstaltungen dieser Stadt finden Sie in Kürze hier.

Wir haben Weltfirmen, wie Dorma, Febi oder auch ABC in unseren Stadtmauern. Drei Talsperren, landschaftlich sehr reizvoll im Zugriff. 1 Vogelschutzgebiet. Denkmalgeschützte Gebäude, wie Gut Ahlhausen oder das Ensemble in der Hinnenbergerstrasse vorzuweisen. Landschaftlich einmalige Flusstäler und Auen der Ennepe und der Heilenbecke. Oder gut erhaltene Stadtteilkerne, wie Rüggerberg oder Voerde. Alte Kirchen in Voerde, Rüggeberg oder auch Milspe. Dann haben wir jede Menge Vereine unter anderen Heimatvereine die die lokalen Traditionen pflegen.
Und daraus kann man kein ansprechendes Ortsprofil machen? Oder nur ein unzureichendes Profil?

Alkoholika (Höhlentropfen oder Krut Voerde) mag ja für einige Menschen ganz nett sein, sollte aber nicht im Mittelpunkt einer Vorstellung stehen. Es sei denn man will Alkoholiker anziehen oder heran ziehen. Das die Alkoholwerbung umstritten ist, weiß natürlich niemand auf der "Insel der Glückseligen". Ein Glück das die EU bald die Alkoholwerbung verbietet.Eine Fußgängerzone als herausragend hinzustellen, wo jede Stadt eine Fußgängerzone hat ist meines Erachtens lachhaft. Fehlte nur noch ein Eintrag: Wir leben schon in mehrgeschossigen Häusern und essen auch schon mit Messern und Gabeln.

Wieder einmal mehr verpasst die Stadt Ennepetal sich vor einem Millionenpublikum dementsprechend zu präsentieren. Stadtmarketing, Öffentlichkeitsarbeit sieht bei mir ganz anders aus. Hat die Stadt denn seit dem NRW Tag in Wuppertal nichts dazu gelernt? Wie soll das Image der Stadt Ennepetal denn in der Stadt  aussehen? Wir sind bieder, biederer geht es nicht? Es wird Zeit, dass Ennepetal sich als leistungsfähige Stadt darstellt und sich nicht als  Abklatsch seiner selbst generiert.

EN-Mosaik ist sehr gespannt auf die Eröffnungsfeierlichkeiten am 9./10. Januar und die dortige Präsentation der Stadt Ennepetal.

Jürgen Gerhardt