– Ein Plädoyer –
[jpg] Während die Duisburger Verantwortlichen der Love-Parade noch immer nach ihrer Verantwortung suchen und sie offensichtlich nicht finden wollen, hat der Geschäftsführer der Ruhr 2010 Fritz Pleitgen sich sofort der Situation gestellt und seine moralische Mitverantwortung erklärt. Dass die Veranstalter der Love-Parade und auch die Stadt Duisburg durch ihr Verhalten die Würde und das Vertrauen in die Stadt Duisburg als auch in ihre Ämter verloren haben, scheint den Verantwortlichen vollkommen egal zu sein. Auch dass der Imageschaden der Stadt Duisburg immer größer wird geht den Verantwortlichen vollkommen ab.
Hier fragen wir uns immer noch was macht diese Tragödie mit den 21 toten jungen Menschen, den hunderten Verletzten und Traumatisierten für einen Sinn. Wir stehen immer noch fassungslos vor diesem unsäglichen Leid.
Wir haben nun eine ganze Zeit lang das Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010 begleitet und nur aus diesem Grund die Love-Parade in unsere Berichterstattung mit einbezogen. Die Euphorie, die uns durch die vielen schon erlebten Projekte durchdrang, ist einem Bewusstsein gewichen, welches auch unsere Verantwortung im Zusammenhang mit der Tragödie widerspiegelt. Jeder muss mit seiner eigenen Schuld fertig werden, der mit dieser schrecklichen Tragödie zu tun hatte – auch wir. Es gilt aber nicht selber in tiefe Depression zu verfallen, dies nützt weder den zu Tode gekommenen jungen Menschen noch dem eigenen Leben. Die Trauerarbeit, und es ist verdammt schwer diese zu bewältigen, ist sicher bei den Meisten genau so wie bei uns noch nicht zu Ende Insofern sind wir noch nicht so abgeklärt, was wir auch während der Veranstaltung merkten. Aber muss man als Pressevertreter so abgeklärt sein um jederzeit den Handlungen und Geschehnissen gewachsen zu sein die auf einen einwirken? Ich denke nein! Wenn dem so wäre, so würden wir unser Menschsein verleugnen.
Der Gedanke des Kulturhauptstadtjahres sollte jedoch nach unserer Auffassung auf keinen Fall untergehen. Und das ist es, was uns wieder aufstehen lässt. Denn noch immer ist die Arbeit des Projektes "Metropole Ruhr" nicht beendet. Bis jetzt war es nur ein Impuls der durch die Vorkommnisse der Love Parade in Duisburg einen Schatten erhalten hat – dieser wird auch niemals weichen.
Da scheint es vollkommen unverständlich zu sein, wenn das Flagschiff der konservativen Presse die FAZ die Idee des Kulturhauptstadtjahres, eine Metropole Ruhr mittels eines starken Impulses zu initiieren, angreift.
So schreibt die FAZ in ihrem Artikel:
"Diese Tendenz der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010, alles und jedes zu adoptieren und in ihr Programm aufzunehmen, ihr dadurch starker, ja bestimmender Zug ins Beliebige und Allesmögliche, die massive Ausrichtung auf populäre, massenkompatible Events und mithin große Besucherzahlen – diese einerseits facettenreiche, andererseits durch Überfülle kaschierte Konzeptionslosigkeit war von Anfang an der zentrale Punkt, auf den sich die Kritik am Programm der Kulturhauptstadt richtete.
Insbesondere an den vielen Großveranstaltungen, mit denen der Rekord von Liverpool 2008, als 9,7 Millionen Besucher gezählt wurden, geknackt werden soll, machten sich die Bedenken fest."
Diese Argumente sind zu vordergründig und durchsichtig als dass man sie so stehen lassen kann. Nun muss man wissen, dass die FAZ eine nicht unwesentliche Deutungshoheit darüber hat, was Kultur in Deutschland sein soll oder ist. Aber – und das ist das Wesentliche – die FAZ ist eben ein konservatives Blatt und für die Konservativen ist Kultur nur den Eliten vorbehalten. Die Love-Parade gilt den Konservativen jedoch als Proll-Veranstaltung und ist nicht wert erwähnt zu werden.
Kultur und damit auch die Kunst ist also grundsätzlich erst einmal elitär, weil eben nur dieser Bevölkerungsgruppe zugeordnet. Das wäre also erst einmal eine einfache Erklärung. Was also will die FAZ mit diesem Angriff, oder sagen wir mal Seitenhieb, im Zusammenhang mit der Tragödie von Duisburg sagen?
1. Ich denke für die FAZ gibt es in Deutschland Kulturmetropolen die keiner weiteren Metropole mehr
bedürfen. Die Metropolen sind: München, Frankfurt (Mainmetropole), Köln/Düsseldorf (Rheinmetropole),
Berlin und Hamburg. Das Ruhrgebiet ist jedoch sicher auf dem Radar der FAZ eine "Malochermetropole"
und so soll es wohl auch bleiben.
2. Es spielen bestimmt auch gewisse Ängste der Kulturschaffenden eine Rolle. Denn der
Kulturbetrieb, der auch ein Wirtschaftssektor ist, ist nicht vermehrbar. So versucht die FAZ diese
Ängste zu transportieren und zu schüren.
3. Kultur und damit auch die Kunst gehören konservativer Deutung nach nicht zum Massen-
betrieb. Als Blaupause von konservativer und elitärer Kultur mögen die Festspiele in Bayreuth herhalten.
4. Die "Arbeiter" sollen sich mit ihrem Broterwerb befassen, sich das Fernsehprogramm ansehen,
bestenfalls Dieter Bohlen konsumieren – und darüber hinaus sich ihrem Schicksal ergeben.
Hiermit lassen wir es einmal gut sein, wir wollen ja nur die Richtung des konservativen Denkens aufzeigen und nicht die ganze verfehlte Denke des konservativen Lagers abbilden. Nebenbei hat die konservative Presse seit Joachim Fest keinen wesentlichen, authentischen aber auch ernstzunehmenden Sprecher mehr hervor gebracht.
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Nun folgt die Frage, was kann oder will ein Kulturhauptstadtjahr erreichen und dies speziell auf die Ruhr 2010 bezogen?
Ist der Vorwurf der Beliebigkeit, der "Gigantomanie" und der Konzeptionslosigkeit berechtigt? Ganz bestimmt nicht, so meinen wir.
Die Ruhr 2010 wollte und will auf keinen Fall irgendwelche Besucherrekorde, wie Liverpool mit seinen 9,7 Millionen, brechen. Warum auch? |
v.l.n.r: Dieter Gorny /künstlerischer Direktor der RUHR2010 GmbH
Fritz Pleitgen [Vorsitzender Geschäftsführer der RUHR 2010 GmbH] |
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Abgesehen davon, dass die Besucherzahlen meistens Zahlen aus dem PR Bereich sind und niemals irgendwelchen Belastungen standhalten können. Wenn nun Fritz Pleitgen diese 9,7 Mio. von Liverpool erwähnte, so hat er das immer mit einem zwinkernden Auge getan. Die eigentliche Aussage in diesem Zusammenhang war jedoch, wenn Liverpool durch das Kulturhauptstadtjahr einen Strukturwandel erbringen konnte, so gelingt das sicher auch im Ruhrgebiet. Was ist also falsch an dieser ambitionierten Zielsetzung? Nochmals, die Zielsetzung heißt dem Strukturwandel einen starken Impuls zu verleihen.
Nun zu der Konzeption der Ruhr 2010 der Metropole Ruhr. Hier muss ich allerdings etwas ausholen.
Dem Kulturhauptstadtjahr 2010 liegt der Ausspruch von Karl Ernst Osthaus zu Grunde: "Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel" – eine Gleichung. Der Hagener Osthaus versuchte Anfang des vorigen Jahrhunderts die Tristesse des damaligen Ruhrgebiets mittels eines Kulturimpulses zu überwinden. Das Ruhrgebiet war damals das industrielle Herzstück Deutschlands. Aber es hatte einen Nachteil. Es hatte nur zwei Funktionen, Wohnen und Arbeiten, sonst gab es nichts. Die urbanen Ansiedlungen waren nur auf eines ausgerichtet, und zwar auf die Leistungserbringung im Bereich Kohle und Stahl. Köln und Düsseldorf waren die nächsten Kulturmetropolen. In Berlin war damals die Avantgarde der Kulturschaffenden anzutreffen. Osthaus, der als junger Mann ein nicht unerhebliches Erbe antrat, band in Folge Künstler an Hagen und Umgebung, indem er ihnen ein Leben und Wirken ohne Existenznöte anbot.
Seine Idee: Kultur und damit die Kunst sollten sich mit allen andern Lebensbereichen versöhnen und befruchten. Und zu diesen anderen Lebensbereichen gehörte eben auch die Wirtschaft, die ja Teil der gesamten Gesellschaft sein soll.
1901 gründete er das Folkwang Museum welches später nach Essen umzog, sich aber bis heute dem Gedanken Osthaus verpflichtet fühlt. Osthaus versuchte mit der Bindung von Kulturschaffenden ein Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen. Die Baukunst sollte mehr dem modernen Gedanken der Funktionalität eines Gropius oder van de Velde verpflichtet werden. Die moderne Malerei wurde erst maßgeblich durch ihn unterstützt und auf den Weg gebracht.
Kurz, er wollte dass dieses kreative Schaffen auf die anderen Lebensbereiche abfärbte, was es ja auch tat. Der "Hagener Impuls" ist noch heute ein fester Begriff in der Kunstgeschichte. Sein Wirken beschränkte sich aber nicht nur auf Hagen, vielmehr weitete er seine Aktivitäten auf das Rheinland aus und wusste sich auch in der Kulturmetropole Berlin Geltung zu verschaffen. Er formte den damaligen Ort Hagen zu einem kleinen Zentrum neben Berlin um. Leider kam der erste Weltkrieg und der viel zu frühe Tod Osthaus dazwischen, so dass dieser Impuls eben nur ein Impuls blieb. Es fehlte die Nachhaltigkeit und Verstetigung dieses Impulses. Die Frage, was geschehen wäre wenn Osthaus länger gelebt und sein Wirken fortgesetzt hätte, musste sich jedem stellen, der die Aktivitäten von Osthaus studiert hatte.
Und das ist es was die "Macher" der Ruhr 2010 sicher bewegt hat, denn warum sonst sollten sie den Ruf Osthaus "Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel" als ihr Credo ausgewählt haben?
Gasometer Oberhausen |
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Seit 2006, als Essen und damit die Ruhrregion den Zuschlag für das Kulturhauptstadtjahr bekommen hatte, befindet sich die Ruhrregion in einem dramatischen Strukturwandel.
Viele Städte arbeiten mit einem so genannten Nothaushalt. Eine Perspektive, dass es wieder aufwärts geht, ist bis heute nicht in Sicht. Deutschland hat im Gegensatz zu Frankreich keine nennenswerte Industriepolitik vorzuweisen. Deutschland hat es ja immer abgelehnt Industriepolitik zu betreiben. Kohle und Stahl sollten verschwinden oder sind bereits verschwunden. Andere Länder, wie Australien Indien, China fördern und produzieren wesentlich billiger. |
Die Folgekosten, die durch die Beseitigung von den nun bestehenden Industrieansiedlungen entstanden, überforderten und überfordern die Kommunen. Haushaltsmittel der Kommunen sind auf Jahre in diesem Bereich gebunden und erschweren eine neue andere Wirtschaftspolitik. Erschwerend kam hinzu, dass die Ausgaben im Sozialbereich explodierten. Dies zwang die Kommunen dazu andere Bereiche zu vernachlässigen und das seit Jahren.
Der Ansatz einer tiefen Depression im Ruhrgebiet machte sich breit. Rund 5 Mio. Menschen leben mit einer Arbeitslosenquote von teilweisen 25% und mehr ohne Perspektive. Berlin investiert in die Zentren des Ostens, die Ruhrstädte müssen sogar noch in den Solidarfond für den Osten mit einzahlen. So dauerte es Jahre bis der Bund und das Land NRW mit dem Förderprojekt "Stadtumbau West" etwas für die Städte des Ruhrgebietes auflegten.
Es musste also eine andere Art der Motivation in der Ruhrregion Einzug halten, bevor die Depression sich manifestieren würde.
65% der Wirtschaft ist Psychologie und zur Psychologie gehören nun mal die Motivation und damit die Bewusstseinsschaffung. Und darauf zielt das Konzept der Ruhr 2010 ab.
Das Selbstbewusstsein und damit die Stärke der Region Ruhr, jetzt Metropole Ruhr, sollte ans Tageslicht gefördert werden. "Wo das geht (Kohle und Stahl), geht noch mehr", einer der Slogans der Ruhr 2010.
Rund 300 eigene Projekte hat die Ruhr 2010 angestoßen. Hunderte andere Projekte wurden unter das Label der Ruhr 2010 gestellt. Es wurde ein riesiges Netzwerk über 53 Städte gespannt, aber nicht nur das, es wurden auch noch die ausländischen Partner mit ins Boot geholt. Und das Wesentliche, die Kommunikation und Kooperation zwischen den Städten wurde befeuert. Innerhalb eines viertel Jahres war das Label Ruhr 2010 ein fester Begriff. War Anfang des Jahres 2010 noch eine kritische Grundhaltung bei vielen Stadtoberen zu konstatieren, so wich diese Grundhaltung zunehmend einer positiven Einstellung des "Wir schaffen das".
Es ist ja auch alles in der Metropole da, es gibt Museen, Opernhäuser, herausragende Künstler, Ideen zu Hauff, Kultur in der Nische aber auch Kultur von Weltrang. Es musste nur sichtbar gemacht und die Eigenständigkeit der Metropole herausgearbeitet werden. Die Region ist ja ein riesiges Ballungsgebiet, wo die einzelnen Städte bestenfalls als Ortsteile durch die Bevölkerung wahrgenommen werden.
Auch die fehlenden Traditionen wurden wieder belebt: Staunend erfuhr der Besucher, dass die Region wesentlich mehr Burgen und Schlösser auf ihrem Gebiet hat als es anderswo der Fall ist. Die Ruhr 2010 brachte Leuchttürme ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, wie den Day of Song, Schachtzeichen oder auch das Still Leben bei der die A40 auf einer Länge von 60 km gesperrt wurde und die Alltagskultur ihre Bühne fand. Aber es fanden auch kleinere Projekte nach vorne, wie das Ruhratoll, 2-3 Strassen oder Element X, die sowohl einem ausgesuchten Publikum und auch dem Massenpublikum einen Kunstgenuss verschafften. Aber nicht nur Kunstgenüsse alleine, sondern auch bewusstseinsbildende Impulse gab es, die zu neuer Stärke führen können. Können ist das richtige Wort, denn einen Garantieschein kann die Ruhr2010 nicht geben.
Die Folge: Viele große Firmen bekannten und bekennen sich zu der Ruhrregion und kündigten Investitionen oder ihre Investitionsbereitschaft an. Firmen die im Begriff waren weg zu ziehen, blieben. Denn wo kreative Menschen sind, sind innovative verwertbare Errungenschaften nicht weit, kurz, die klimatischen Bedingungen haben sich grundlegend geändert oder befinden sich in Änderung. Diese an allen Orten stattfindenden Impulse können und sollen zu einer größeren Bewegung werden, die letztendlich zu der angedachten Metropole Ruhr führen sollten.
Und dann war da noch die Love Parade. Bochum hat sie im vorigen Jahr aus sicherheitstechnischen Gründen abgesagt, wofür die Stadt öffentlich gesteinigt wurde. 2010 war Duisburg dran, so war es abgemacht.
Der Polizeipräsident von Duisburg Cebin sah erhebliche Sicherheitsprobleme, was in Duisburg auch für vielen Diskussionsstoff sorgte. Bis Februar 2010 war nicht sicher ob die Love Parade in Duisburg stattfinden könnte. Die Ruhr 2010 hat mit Pleitgen und Gorny sicherlich motivierend eingegriffen, indem sie den Stadtoberen Mut machte dass sie es schaffen würden. Nur haben sie sicher niemals den Sicherheitsaspekt zur Disposition gestellt. Vielmehr werden sie von einer soliden und seriösen Planung ausgegangen sein. Die Ruhr2010 vertraute der sachlichen und fachlichen Kompetenz der Kommunen und war von der Leistungsfähigkeit derselben überzeugt – wie denn sonst. Und die Love Parade ist ein Format das viele jungen Menschen aus aller Welt anspricht. Techno ist nicht jedermanns Geschmack, es ist aber eine Ausdrucksform der Jugend, wie eben ihre Väter dem Rock, Folk oder Jazz als Jugendliche anhingen. Ich denke da an die Flower Power Bewegung der 68er. Analog ist die Love Parade ein fester Bestandteil im Kulturbetrieb der Jugendlichen von heute.
Was lag da näher als ihr das Label der Ruhr 2010 zu geben? Seht her auch für die Jugend hat unsere Metropole Ruhr etwas, ihr braucht nicht zu gehen, könnte das Signal lauten. Denn zurzeit gehen die jungen Menschen aus der Region aber auch aus Deutschland. Ein nicht zu übersehender Aderlass.
Und dann die Tragödie mit ihren 21 Toten und den vielen Verletzten und Traumatisierten.
Mit aller Wahrscheinlichkeit wird diese Tragödie auf krasse Planungs-, Organisations- und Führungsfehler zurück zu führen sein. Sicherheitseinwände wurden nicht in die Planung mit einbezogen, oder es wurde zu sehr einem euphorischen Gefühl nachgegangen und der finanzielle Aspekt überwiegte, was letztendlich zu einer Selbstüberschätzung oder auch Fehleinschätzung führte. Das ist zu diesem Zeitpunkt aber mehr ein spekulativer Erklärungsversuch.
Aber rechtfertigt das den Vorwurf der Gigantomanie oder Konzeptionslosigkeit? Nein!
Soll man jetzt die Idee des Kulturhauptstadtjahres begraben? Um Gottes Willen, nein!
Denn eines ist sicher, der strukturelle Wandel muss in der Ruhrregion beschleunigt werden, und das ist unter Politikern aller Parteien unbestritten.
Nur die Wege zu einem nachhaltigen Strukturwandel sind strittig. Und weil der Streit schon lange andauert, dauert auch der notwendige Wandel an.
Wandel muss aber, wenn er wirksam sein sollte, auch die gesamte Region durchdringen und zwar schnellstens, nicht erst wenn der letzte das Licht ausmacht. |
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Bild oben: Schurenbachhalde |
Nur wie ist der Wandel finanzierbar, wenn die Kassen der Kommunen, des Landes als auch des Bundes leer sind? Auch hier greift das Konzept des Kulturhauptstadtjahres, indem es die Städte zur Zusammenarbeit ermuntert – Stichwort interkommunale Zusammenarbeit. Aber auch die internationale Zusammenarbeit soll aktiviert werden, indem Städtepartnerschaften mit in die Projekte einbezogen werden. Große hier ansässige Firmen, wie RWE, EON, Schenker, Haniel, Edeka oder der Deutsche Sparkassen und Giroverband, haben sich gerne mit einbeziehen lassen. Aus dem Impuls ist eine Bewegung geworden. Die Kreativität der Kunst bewegt eine ganze Region und befeuert ihren Wandel.
Mitte des Jahres konnte man feststellen, es findet ein Übergang zu mehr Nachhaltigkeit statt. Aber es sind noch viele Stellschrauben zu drehen um diesen Wandel auf einen guten Weg zu bringen. Unter anderen die Einsicht und die Erkenntnis der Ruhrgebietskommunen, dass nur das gemeinsam abgestimmte Handeln der einzelnen Kommunen als auch der ganzen Region einen Gewinn bringen kann. Und dieser Gewinn heißt einen Weg aus dieser strukturellen Krise zu erreichen. Gewinnen werden alle Kommunen dadurch. Und, was wichtig ist, die Selbstständigkeit der Kommunen steht hierbei nicht zur Disposition.
Bis jetzt hat die Politik diesen ganzen angeworfenen Prozess der Ruhr 2010 positiv begleitet und ich denke sie wird diesen Prozess weiter begleiten, obwohl ein Wechsel in Düsseldorf stattgefunden hat. Und wenn die Macher der Ruhr2010 es schaffen den Impuls umzuwandeln und eine Verstetigung zu erreichen, was spricht dann gegen eine Metropole Ruhr gleichberechtigt neben den anderen Metropolen? Nichts! Denn die neu geschaffene Metropole Ruhr könnte Signal für andere ehemalige Industriegebiete sein – eine Umwandlung ist zu schaffen.
Das Malocher- und Schmuddel-Image haben wir in den vergangenen 6 Monaten schon etwas abgelegt, nun sollten wir uns aufmachen das Image einer Region der Kreativen zu bekommen, aber auch einer Region, die sich aufmacht sich am eigenen Schopf aus der Krise zu ziehen.
Und was die PR Zahlen betrifft, vielleicht wird die Metropole Ruhr nur 9,6 Mio Besucher haben. Na und, so sind wir halt nur zweiter im Besucher- Ranking, Hauptsache die Metropole Ruhr ist auf dem richtigen Weg.
Langsam weicht die Lähmung die die Tragödie der Love Parade mit ihrem unsäglichen Leid in mir erzeugt hat.
Vielleicht sollten wir die Love Parade Tragödie wie eine Bergwerkskatastrophe mit vielen Toten behandeln, zu diesem Zeitpunkt vielleicht ein fragwürdiger Gedanke so meine ich.
1925 kamen auf der Zeche Minister Stein in Dortmund 136 Bergleute bei einer Schlagwetterexplosion ums Leben. Diese Schlagwetterexplosion wurde durch eine Sprengung ausgelöst die nur unzureichend erprobt war. Danach wurden umfangreiche Vorschriften erlassen, die solch ein Unglück nicht mehr zu ließen oder zumindest einschränkten.
Innenminister Ralf Jäger hat solche Vorschriften für Großveranstaltungen öffentlich angedacht und angekündigt.
Unsere Väter sind trotzdem nach solch einer Katastrophe mit einer tiefen Traurigkeit wieder in den Berg eingefahren und haben weiter gearbeitet. Doch sie haben die Toten und Opfer nie vergessen.
Wie sangen die Toten Hosen in einem Lied:
Steh auf, wenn du am Boden bist!
Steh auf, auch wenn du unten liegst!
Steh auf, es wird schon irgendwie weiter gehn!
Handeln wir danach: Stehen wir auf, ich zumindest will aufstehen.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
[Bildmaterial: © Ruhr2010 Pool und Linde Arndt]