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Wenn etwas Neues entsteht und das Alte sich nicht ändern will

[jpg] Manchmal ist man es Leid wenn sich eine ganze Branche nicht von den liebgewonnenen Annehmlichkeiten verabschieden will. Die Rede ist von den Kollegen Journalisten die für sich in Anspruch nehmen die absoluten Wahrheiten zu besitzen. Diese Wahrheiten werden mit Regeln und Verbänden erzeugt die für einen Blogger, sprich einen modernen Journalisten, undurchschaubar und teilweise noch aus der Zeit der „Volksempfänger“ sind. Wie in allen Bereichen unserer Gesellschaft müsste auch hier reformiert werden, weil die Zeit die Branche überholt hat. Die Kollegen der Print- und E-medien jammern über die rückläufigen Zahlen, die Flucht der Verbraucher ins Internet oder über die Smartphones mit dementsprechenden Apps. So ist statistisch zu beobachten, dass z.B. im Printmedienbereich nur noch ältere Menschen zu einem Abo zu bewegen sind. Trotz allem werden auch im Printbereich die älteren Leser immer weniger, weil sie allmählich wegsterben.

Gehen die guten alten Medien unter? Ja und nein, ja wenn diese sich nicht ändern und nein, wenn sie ihre journalistische Tätigkeit qualitativ verbessern.

Ich will einmal ein krasses Beispiel von journalistischer Fehlleistung aufführen. Diese Fehlleistung kann man auch der neuen Gattung „manipulativer Journalismus“ zuordnen. Die Rede ist nicht vom „Pussemucker Tageblatt“, wo so was mal passieren kann, die Rede ist von dem Flagschiff des deutschen Journalismus der ARD und zwar der Tagesschau. Die Tagesschau hat alle Möglichkeiten Qualitätsjournalismus zu erbringen, wie also kann eine solche krasse Fehlleistung über die Schirme gehen?

In dieser Umfrage sind drei Fehler, die letztendlich zu der Frage führen: Was will die ARD damit bezwecken? Schauen sie sich einmal die Fragestellung an.

 

  1. Es begann eben nicht in New York sondern am 15 Mai.2011 in Spanien.

  2. Die Banken haben keine angebliche Macht, vielmehr wurden diese Banken als systemrelevant eingeordnet und damit ihre Macht von der Politik noch zementiert. Also die haben alle Macht.

  3. Die Politik ist nicht ohnmächtig, vielmehr ist sie nicht bereit die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um dem Treiben des monetären Bereiches ein Ende zu bereiten.

 

Was jeden halbwegs denkenden Menschen entsetzt, ist, dass die Politik nicht begreifen will, dass das System der Marktwirtschaft, des Kapitalismus oder wie man es nennen will, einer umfangreichen Reform unterzogen werden müsste. Das die Politik sich aus der Klammer der Wirtschaft befreien müsste um für eine Demokratie da zu sein, die allen Menschen (Demokratie!) dient. Deshalb der Ruf der Bewegung „ich bin 99%“, weil 1% der Bevölkerung über das Schicksal der restlichen 99% entscheiden. 99 % ist nichts anderes als die Weiterentwicklung des Rufes: „Wir sind das Volk“ Und so wurde aus dem spanischen Ruf „Democracia Real Ya!“ (Echte Demokratie jetzt) vom 15 Mai, hier in Deutschland die Bewegung  „Echte Demokratie jetzt“ oder 15M. Am Wochenende dem 15. Oktober kamen deshalb Hunderttausende in tausenden von Städten auf der Welt zusammen. Auch in Deutschland.

Hier die Demo in Spanien, die nach Twitter Follower auf 1 Millionen Teilnehmer gezählt wurde. Und das seit Monaten. ARD und ZDF meldeten dies jedoch nur am Rande.

Nur, wie immer bei solchen sozialen Bewegungen gibt es keine Führungsstrukturen, mit den sich ein Journalist der alten Garde mal eben kurz vor Redaktionsschluss unterhalten kann. Also machte man kurzerhand die US amerikanische Bewegung „Occupy Wall Street“ zur Führungsbewegung und brach diese auf alle Bewegungen inhaltlich runter.(Die US Amerikaner sind immer Führer – auch in der Armut)  So einfach ist das. Nur, die Wall Street ist eben nur ein Symptom eines reformbedürftigen Systems. Das Spekulantentum ist ja keine Naturkatastrophe, sondern es wurden Geschäfte innerhalb der im System vorgegebenen Gesetze gemacht, mehr nicht. Das weiß die ARD und mit ihr die etablierte Presse. Man berichtet nur ungern über solche Fehler, denn die Hand die einen füttert mag man doch nicht beißen.

 

Solche Fehler macht die ARD schon mal öfter, gerne außerhalb des eigenen Machtbereiches. Da wird ein 27 Minuten Interview 2008 mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin von dem Moskauer ARD-Studioleiter Thomas Roth auf 10 Minuten zusammen geschnitten. Das Interview hatte danach eine total andere Aussage. Die Qualität dieser Fehlleistungen ging auch sofort um die ganze Welt. Durch Weglassungen hatte man von Russland und Putin einen ganz anderen Eindruck. Da Russland dieses Interview jedoch ungekürzt ins Internet stellte, wurde diese ganze Aktion ruchbar. Bis heute hatte Thomas Roth nicht den Schneid gehabt zu dieser Kürzung zu stehen. Worum ging es 2008? Russland sollte mit Ministerpräsident Wladimir Putin im Georgienkonflikt als Aggressor da stehen. Was soll es. Solche Fehlleistungen gibt es auch im lokalen Bereich zu beobachten. Da fragt man sich doch nach einem Qualitätsjournalismus um das Überleben der etablierten Medien zu gewährleisten. Man feiert die alten Verbindungen und verflucht die neue Zeit. Die Blogger, also das Internet, sind zwar gut, wenn sie aus Krisengebieten berichten oder auch als erste aus denselben Fotos erbringen – ist ja auch eine "Bombenstimmung". Kaum sind die Krisen wieder vorbei, werden die Blogger wieder verteufelt. Merke: Blogger sind die direkten Konkurrenten der etablierten Medien – böse Menschen.

Wenn ich manchmal mit einigen Kollegen der etablierten Medien auf der Straße zusammentreffe, habe ich das Gefühl die haben gerade wieder ihr Revier markiert und ihre Duftmarken verteilt.

Also. In Zeiten wo viele Menschen auf der Welt sich um die Demokratie sorgen machen und dafür auch noch auf die Straße gehen, muten die altbekannten Fehlleistungen und das gleichzeitige Lamento der etablierten Presse eher bigott an. Dem Internet gehört sicher noch eine ganze Weile nicht die ganze Welt. Sicher werden die Printmedien noch eine Weile am Markt bleiben und dann abtreten müssen. Nur, beim Abtreten kommt es auf die Haltung an. Im Moment sieht das Ganze Spiel schon etwas peinlich aus.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

 

 

 

 

Tun wir einfach mal so als ob

[jpg] Alle hatten sich etwas vom 22. September 2011 im Schwelmer Jugendzentrum versprochen.

Nur was? Ich zumindest sah nicht vorrangig das  Thema Erhalt der Schwelmer Brauerei, zumindest nicht auf Seiten der Facebookgruppe. Es sollte eine moderierte Diskussion um die Zukunft der Schwelmer Brauerei werden. Die Moderation übernahm der Chefredakteur der Westfälischen Rundschau Klaus Bröcking. Auf der einen Seite war die komplette politische Riege nebst Stadtverwaltung mit Bürgermeister Jochen Stobbe angetreten. Und auf der anderen Seite viele „Freunde“ des Schwelmer Bieres, nebst der „8.000 er“ Facebook Gruppe.

 
  Forum der Bürgersprechstunde im Jugendzentrum                                                       Foto: © Linde Arndt
 

Bürgermeister Stobbe machte darauf aufmerksam, dass im Forum sehr viel Energie vorhanden wäre, die man positiv nutzen sollte.

Klaus Bröcking zurrte erst einmal die Regeln fest: Es sollte über die Zukunft der Schwelmer Brauerei geredet werden. Und um es etwas spannender zu gestalten, sollte auf eine Frage eine direkte Antwort kommen. Nachfragen oder Statements waren nicht erlaubt. Jetzt will ich die ganzen Fragen nicht aufdröseln. Vielmehr will ich das Erreichte dokumentieren.

 

Auf Seiten des Rathauses:

 

  • Politik, und zwar sämtliche Parteien, und Verwaltung waren uneingeschränkt für den Erhalt der Schwelmer Brauerei. Aber, und das wurde auch klar gemacht, Schwelm kann sich finanziell nicht bei der Brauerei arrangieren.

  • Falls ein Investor mit seinem Geschäftsmodell eine wie auch immer geartete bauliche Veränderung im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Pacht der Brauerei wünscht, wird das Rathaus die notwendigen Anträge mit Vorrang prüfen und auch genehmigen.

  • Jeder Investor der ein tragfähiges Geschäftsmodell vorweisen kann ist dem Rathaus willkommen.

 


v.l. BM Jochen Stobbe und Ralf Schweinsberg
Foto: © Linde Arndt

  Ob jedoch das Geschäftsmodell tragfähig ist, wird und kann nur von den Eigentümern der Immobilie als auch der Markenrechte entschieden werden.

Auf die Entscheidung hat das Rathaus nur bedingt Einfluss. Falls von Seiten der Genossenschaft oder der Facebookgruppe die Vermittlung eines Gespräches durch das Rathaus angedacht ist, wird die Stadt hilfreich zur Seite stehen.

Soweit das Rathaus mit Bürgermeister Jochen Stobbe und den gesamten Parteien.


Und was war mit den Schwelmern und der Facebookgruppe?

Nun, obwohl der Moderator die Fragen konstruktiv auf die Zukunft ausgerichtet sehen wollte, schmeckte dies vielen Leuten gar nicht. Die Facebookgruppe erkannte man an den beschriebenen Seiten die sie vor oder neben sich liegen hatten. Auf diesen Seiten waren die Fragen aufgeschrieben. Und was für Fragen!? Es ging darum einen Schuldigen zu finden, der für die Insolvenz herhalten sollte.

         
         

vlnr.: Barbara Lingnau, Claus Kaiser,  Dirk Podszuweit  und Yvonne Daniel                            Foto: © Linde Arndt

Der war auch relativ einfach gefunden – Bürgermeister Jochen Stobbe. Er hatte angeblich Investoren vergrault. Hinterher stellte sich jedoch  der Zeuge, Brauereimeister und Prokurist der Schwelmer Brauerei Stefan Jukic, der dies mitbekommen haben wollte, als nicht glaubwürdig heraus. Jukic soll auf der einen Seite im Zusammenhang mit dem Ossenkämper Fall unglaubwürdig und auf der anderen Seite mit der Erklärung gegen den Bürgermeister glaubwürdig sein. Die „Betriebsberaterin“ Yvonne Daniel wusste zum ersten mal konkrete und überprüfbare Zahlen zu nennen. Es sind rund 180 Genossen mit einem Kapital von rund 200.000,– Euro die sich erklärt (!!!) haben. Da die Genossenschaft erst am Morgen gegründet wurde, also eine Genossenschaft in Gründung ist, konnten noch keine Bankauszüge vorgelegt werden. Ob die Genossenschaft schon eingetragen ist wurde nicht gesagt. Es gibt allerdings einen Anwalt und einen Wirtschaftsprüfer auf Seiten der Genossenschaft, so Frau Daniel. In einem anderem Satz sprach Frau Daniel von Investoren (Plural), also mindestens zwei und im Nebensatz von einem Investor (Also drei Investoren) mit einem höheren Geldbetrag. Weitergehende Informationen über diese Investoren, wie Geschäftsmodelle, angedachte Investitionssumme, eigenes Personal, aus der Brauereibranche, die in solchen Gesprächen üblich sind konnten nicht genannt werden. Überhaupt bunkerte die Facebookgruppe wenn man sie gezielt befragte. Kurz, keine Aussage war belastbar man blieb im Allgemeinen und Nebulösen.

Michael Zander von der Facebookgruppe, wollte von allen Rathausmitgliedern eine persönliche Erklärung (Sogar schriftlich) gegen eine Nur-Brauhaus-Lösung haben. Als BM Jochen Stobbe diese Erklärung, nach Augenkontakt, für alle abgab, wollte Zander dies nicht gelten lassen, es sollten Einzelerklärungen abgegeben werden. Klar war aber auch, dass der Investor bei der Gruppe offensichtlich mit einigen Einschränkungen zu rechnen hat. Marktwirtschaftliche Regeln scheinen bei dieser Gruppe keine Geltung zu haben. Unfassbar und peinlich, war diese Veranstaltung, weil man weder eine Kapitalbedarfsberechnung, eine Anschubfinanzierung aufgestellt hatte, es braucht nur der Brauereiknopf auf „Go“ gestellt zu werden.Wie die Gruppe einem zukünftigem Investor helfen will ist mir schleierhaft. Durch höherem Bierkonsum?

Partizipative Demokratie kann man mit solchen Verhaltensweisen vergessen, denn es geht ja nicht um die Zukunft, es geht um Vergangenheitsbewältigungen und Therapiesitzungen um das Lecken der Wunden die man noch nicht einmal selber lecken will.

 

Und jetzt tun wir einfach mal so als ob Bürgermeister Jochen Stobbe am Abend das Handtuch geschmissen hätte. Was wäre dann gewesen?

 

Ich glaube dann wäre die Gruppe zufrieden nach Hause gegangen um sich dort eine Flasche Veltins, Krombacher oder Radeberger, gerne aus dem wöchentlichen Sonderangebot, zu „krallen“ und auf den Sieg zu trinken. Und die Schwelmer-Brauerei?

Und die Arbeitsplätze? Und Schwelm? Was soll es, Hauptsache wir haben denen da oben einmal gezeigt was Facebook so alles leisten kann und was man für eine Macht haben könnte. Mark Zuckerberg, Inhaber von Facebook, wird ihnen allen für diese kostenlose Werbung danken.

Und wie geht es weiter? Die Facebookgruppe wird so viel wie möglich an Genossenschaftskapital einsammeln, und Investoren Ratschläge erteilen wie sie ihr Geld anlegen sollen. Wie sagte Frau Lingnau vom Betriebsrat sinngemäß so schön: Wir brauchen keine Anschubfinanzierung also kein Kapital, wir brauchen nur bei den Supermärkten einzahlen und schon sind wir wieder im Geschäft. Toll! Betriebswirtschaft kann so einfach sein.

Im Saal sah ich Ernst Walter Siepmann vom Schwelmebad, der in diesem Jahr nicht weiß wie er die Gelder für das Schwelmebad zusammen bekommen wird. Aber wer erinnert sich noch an die Aufstände im Zusammenhang mit der Schließung des Schwelmebad. Wo sind die tausende von Leute ( Übrigens ohne Facebook) hin die ihr Schwelmebad unterstützen wollten. Aber das sind eben nur so Gedanken.

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

 

 

Wenn es doch so einfach wäre

[jpg] Rund 400 Freunde des Schwelmer Bieres hatten sich vor den Toren der Schwelmer Brauerei eingefunden um für den Erhalt ihres Bieres zu demonstrieren. Es war so eine Mischung von liebenswürdiger Jahrmarktstimmung und aufgesetzter Ernsthaftigkeit bei den Teilnehmern auszumachen, als sie mit „Kind und Kegel“ zum Märkischen Platz aufbrachen. Man schien sich einig zu sein, es brauchte nur jemand Geld auf den Tresen zu legen und schon geht das Brauen weiter. Einig waren sich die Demonstranten auch, dass die Politik wieder mal nichts tut und durch Abwesenheit glänzen würde.

Na ja, die Teilnehmer hatten recht und auch wieder nicht recht. Von der SPD kam überraschender Weise Bürgermeister Jochen Stobbe mit seiner Frau Carina Stobbe, beide wähnte man im Urlaub. Dann kam noch der Fraktionsvorsitzende der SPD Gerd Philipp und Heike Weidner, von den anderen Parteien haben wir nur Ernst Walter Siepmann von der BfS noch ausgemacht. Die CDU als auch die FDP vertrauen sicher wie immer auf die Mechanismen der Marktwirtschaft und sehen das Brauerei Problem durch ein kräftiges Aussitzen schon erledigt.

Dass das „Brauerei Schwelm“-Problem jenseits der Farbenlehre relevant ist, scheint nur ein paar Leuten bewusst zu sein.

Verliert Schwelm die Brauerei, verliert die Stadt damit auch einen Imageträger erster Güte.

 

Nun machte der Demonstrationszug sich auf den Weg durch die Brauereigasse zum Märkischen Platz wo er Halt machte. Es wurden ein paar Fotos gemacht und weiter ging es durch die Hauptstrasse bis vor das Verwaltungsgebäude der Schwelmer Brauerei. Man zeigte sich nochmals jöhlend und teilweise plöppend, wobei aber nicht auszumachen war was denn nun gefordert wurde. Die Informationen müssten doch auch bis zu den Demonstratoren vorgedrungen sein – es ist vorbei. Denn der Insolvenzverwalter, der nicht anwesend war, hat aufgegeben. Nichts geht mehr. Oder doch?

Klar, da geht noch immer was. Wenn die Demonstranten ein klares Konzept, einschließlich einer Finanzierung hätten, würden ihnen alle derzeitigen Verhandlungspartner zur Seite stehen. Nur dieses Konzept müsste konkret und auch belastbar sein.

Wie uns seit Mitte Juli bekannt ist wurden sehr intensive Gespräche mit den Investoren geführt. Am Verhandlungstisch waren die Stadt mit Bürgermeister Stobbe als auch eine Gruppe hochrangiger Schwelmer Unternehmer. Alle waren bereit sehr viel für die Brauerei Schwelm zu tun und das schloss nicht unerhebliche Anschubfinanzierungen ein. Die Gespräche scheiterten jedoch an mehreren Punkten. 

Ein wesentlicher Punkt, aber nicht der alleinige Punkt, waren die Geschäftsmodelle der Investoren. Diese Geschäftsmodelle waren nicht langfristig angelegt und nicht darstellbar. Fakt war, die Schwelmer Verhandlungsgruppe wollte die Brauerei langfristig aufgestellt sehen, sie wollten nicht in zwei oder drei Jahren wieder an den Verhandlungstisch geholt werden.

Wenn nun die Demonstranten sich über Facebook vereinigen und sich dort in einer virtuellen Welt mit einem anderen nicht herbei zu führenden realen Bezug abgeben, ist das in der realen Welt nur für die dadurch entstehende Drohkulisse von Belang.
Ob das zur Zeit von Nutzen ist sei erst einmal dahin gestellt; denn es entsteht dadurch eine recht diffuse Situation.

Jeder will irgendwie mitreden. Ob das Ganze jedoch betriebswirtschaftlichen Sinn macht interessiert niemand. Da werden zuhauf die städtischen Leitungen blockiert um den Mitarbeitern mal so richtig die Meinung zu sagen. Ob das Sinn macht?

Als ich mich mit dem Strom der Demonstranten treiben ließ erfuhr ich folgendes: Die Einen sehen, wenn auch verhalten, noch Chancen, die Anderen haben die Brauerei jedoch schon abgeschrieben.

Die [nach eigenen Angaben] Beraterin des Betriebsrates Yvonne Daniel versuchte dem Bürgermeister mit indirekten Unterstellungen eine Untätigkeit zu provozieren. Meine Güte, so geht es aber nicht. Die gleiche Frau Daniel kam danach im Interview mit mir ins schwimmen. "Der Betriebsrat denkt über eine Genossenschaft nach." Ja, mein Gott warum ist der Betriebsrat denn dann nicht während der Demo an die Öffentlichkeit gegangen. Nach Frau Daniels Angaben besteht der Betriebsrat aus 4 Personen, für die Gründung einer Genossenschaft ist das ausreichend.

Das wäre eine andere rechtliche Situation als die derzeitige. Auf die Frage ob es denn andere Anträge beim Insolvenzgericht gebe, wusste Frau Daniel nichts zu sagen.

Die Demo löste sich mit großem Hallo dann auch wieder auf. Und als die meisten in den Eissalon Conti zum Eisessen entschwanden, machten wir uns auch über ein Eis her.

Nur, wie gesagt, eines ist klar: So einfach ist das Ganze nicht. Einmal in Facebook eine bunte Traumwelt auf zu bauen und das alles eins zu eins in die Realität zu übertragen? 

Leute versucht auch  einmal den PC abzuschalten und in der Realität die vorhandenen Regeln zu erfassen. Es bestehen gewisse Chancen in Eigenregie solch einen Betrieb zu führen, nur, dann muss etwas mehr kommen als ein Plöpp.

 

 

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

[Fotos: © Linde Arndt]


s. auch unseren Bericht " Wenn es doch so einfach wäre"  von der 2. Demo am 20.08.2011

 

Morgen Demo in Schwelm [Schwelmer Brauerei]

Aus der  facebook-.Gruppe „Für den Erhalt der Schwelmer Brauerei“ kommt die Meldung:

Morgen, Samstag, den 13. August (10 Uhr) soll eine angemeldete Demonstration stattfinden. Hier wollen  Fans und Freunde des Schwelmer Biers auf sich und ihre Belange aufmerksam machen und für den Erhalt der Brauerei kämpfen. Treffpunkt ist am Neumarkt in Schwelm auf dem Gehweg direkt vor der Brauerei. Wenn möglich, auch auf dem Brauereigelände,! Von da aus bewegt man sich circa eine Stunde durch die Brauereigasse bis zum Märkischen Platz, durch die Fußgängerzonen bis zum Bürgerplatz und von dort aus wieder Richtung Brauerei. Die Demonstranten werden von zwei Polizeibeamten begleitet die aufpassen, das verkehrstechnisch alles in Ordnung geht.

Die Initiatoren freuen sich auf zahlreiches Erscheinen bitten aber schon im Vorfeld darum, auf den Gehwegen zu bleiben, Bürger nicht zu belästigen, friedlich zu sein und „keinen Blödsinn zu machen“. Hier sollte es aber keine Bedenken geben, denn das die Schwelmer Biertrinker sich zu benehmen wissen, hat das friedliche Verhalten der vorangegangen "Plöpp-Mobs", besser gesagt "Fläsch-Plöpps", in Schwelm und Umgebung ja schon eindrucksvoll bewiesen.

Soweit die Info von  der Facebook-Initiative.

Um Inhalte geht es gar nicht mehr.

 

[jpg]  Als wir gestern Abend die NPD Mahnwache von Samstag durchsprachen, stellte sich eine Frage:

 Welche Inhalte hatten denn die demokratisch orientierten Bürger den Neo Nazis entgegenzusetzen?

Dagegen zu sein ist relativ leicht ohne inhaltliche Ausrichtung. So auch die Gegendemo, der 40 bis 60 Bürger, die mit roten Karten und mitgebrachten Stickys oder  Banner ihre Gegnerschaft zu der anwesenden NPD Jugendorganisation zeigten. Aber 40-60 von wie viel Bürgern, Ennepetal hat immerhin 31.000 Einwohner?

In Gesprächen mit den anwesenden Politikern wurde schnell klar, die NPD darf es nicht geben, hier nicht und nicht woanders. Nur aufzeigen warum es sie nicht geben sollte, wollte so richtig keiner sagen.

Ist das Vergessen dieser nationalen Theorie, schon soweit fortgeschritten, dass wir nur ein Dagegen entgegen setzen können? Ähnlich, wie ich bin gegen Schalke oder gegen Dortmund?

Die wollen wir hier nicht, so die Aussage. Aber wir wollen auch keine Andersdenkenden, Querdenker, Aufmüpfige, kantige Menschen oder trinkende Jugendliche. Wir wollen nur das, was wir für richtig halten. Nur was richtig ist, vermögen wir nicht mehr zu sagen.

Da fällt es keinem auf, dass die JU, die Jugendorganisation der CDU in Witten und Hamburg, genau mit diesem Gedankengut spielt (Wir kommentierten das). Dort hat sich jedoch keiner dagegen verwahrt.  Es muss nicht immer auf der Verpackung NPD oder DVU stehen, es kann auch was ganz anderes drauf stehen. Wie gesagt, die Inhalte sind es.

                       


Unser Bürger vor Ort meinte, er könne nichts aus den Gesprächen entnehmen, warum diese jungen Menschen  eine Mahnwache abhielten und warum die Gegendemonstranten eben dagegen waren. Ok, die Plakate enthielten eine irgendwie geartete Aussage. Wurden dieses Aussagen denn auch von den Anwesenden getragen und konnten diese auch hinterfragt werden oder offensiv vorgetragen werden? Kaum. Einzig Frau Schöneberg konnte etwas mehr als nur Sprachhülsen ablassen. Da scheint noch etwas Bewusstsein vorhanden zu sein.

Kämpferisch hatte sie auch „inne Milspe“ die Führung übernommen um den anwesenden Bürgern bei der Ausrichtung zu helfen. Die anderen Politiker sah man mehr als Mitläufer der Demo. Angesprochen, wussten sie auch nicht mehr zu sagen, als ich bin dagegen.

So ist zu bemerken, dass das Nazi Gedankengut rund 60 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik fast der Vergessenheit anheim fiel. Wir meinen eine fatale Entwicklung. Denn politisch bemerkt man, dass es ein strukturelles Umdenken bei der NPD und der Noch Schwester DVU stattfindet. Österreich hat es vorgemacht,     nicht Glatzköpfe und Springerstiefel ist die erste Wahl. Der adrett gekleidete junge Mann von nebenan ist angesagt. Die Inhalte bleiben die Gleichen. So schreibt man auch hier den Neonazis ein Potenzial von 28-30%  zu, bei dementsprechender strategischer Ausrichtung. Springerstiefel schrecken ab, Slipper nicht, das haben auch die Neo Nazis begriffen. Hayder lässt grüßen.

Unsere Demokratie sollte wehrhaft sein, richtig! Aber was ist von den Politikern zu halten die missliebigen Fragen ausweichen? Die sich hinter Plakaten verstecken, die nur inhaltsleere Sprachhülsen oder gehübschte Kandidaten aufdrucken?  Die der Diskussion mit den Bürgern ausweichen und nur weichgespülte Fragen zulassen, bitte keine inquisitatorischen Fragen. Nachfragen ist nicht erlaubt. Nur Demokratie lebt vom Dialog und nicht vom Monolog, lebt vom Streit über den richtigen Weg. Begnadete Selbstdarsteller haben beide Seiten, sattelfeste Demokraten mit dem Hintergrundwissen unserer speziellen deutschen Geschichte, haben wir allerdings kaum mehr.

Wie sagte der Anchorman Kloeppel von RTL im Abspann  nach der Sendung „Townhall Meeting“ zu unserer Perle der Uckermark, Angela Merkel: "Alles klar, super, das war’s".

Und wenn wir inhaltlich den Neo Nazis nichts mehr oder nur wenig entgegen setzen können, wird irgendjemand in dieser Republik dann auch mal sagen: "Alles klar, super, das war’s". Nur das dann folgende 1.000 jährige Reich wird die halbe Menschheit vernichten.

Ja, unsere Demokratie ist so kuschelig und beliebig geworden, man hat es sich so gut eingerichtet.

 

Nun kuschelt man schön.

 

 

Jürgen Gerhardt