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Die Affäre „copy and paste“ hat doch noch ein Ende gefunden

[jpg] Es war lange, viel zu lange, wie diese Affäre geköchelt hatte. Trotz allem haben die Verantwortlichen noch die Kurve gekriegt. Nur keiner hat sich dabei mit Ruhm bekleckert.

Wenn man bedenkt wie Politiker aller Farben ihrem anvertrauten Volk immer mal wieder sagen wo es lang geht, so schienen bei dieser Affäre sämtliche moralischen Kompassnadeln abhanden gekommen zu sein.

Als ich im zarten Alter von 11 Jahren auf das Gymnasium gegangen bin, hatte ich mir in den vorherigen Jahren auf der Volksschule  Tricks erlernt die nicht so ganz in Ordnung waren.
Dazu gehörte auch, wie ich meiner Meinung nach vollkommen unauffällig von meinem Nachbarn abschreiben konnte oder wie ich mittels eines besonders präparierten Spickzettel Informationen für eine Arbeit mitbrachte. Ich war meiner Meinung nach gut, vielleicht sogar sehr gut, nur der damalige Dozent am Gymnasium war besser. Ich wurde bei einer Arbeit erwischt. Ich durfte nach 10 Minuten meine unfertige Arbeit wieder abgeben und mich bis zum Ende der Klassenarbeit auf meinen Platz setzen. Der Dozent sprach kein Wort mit mir. Als die Arbeiten alle abgegeben waren, musste ich mit dem  Dozenten ins Rektorenzimmer zum Rektor. Der Dozent schilderte dem Rektor kurz den Vorfall, wonach sowohl der Rektor als auch der Dozent sich mir zuwandten und mich fragten, was ich dazu zu sagen hätte. Also, mir war damals an einem kalten Wintermonat ziemlich heiß, sicher hatte ich auch einen glühenden Kopf. Und wie das so ist, versuchte  ich mich zu verteidigen. Ich fand, auch für mich staunenswerter weise, Argumente ohne Ende die zu meiner Verteidigung herhalten sollten.  Die beiden hörten auch gespannt und geduldig zu. Nur ich weiß es noch heute, ich habe mich damals mit jedem Wort um Kopf und Kragen geredet. Nach dieser Stunde bedeutete mir der Rektor, dass er meinen Vater zu sehen wünscht. Bis mein Vater nicht erschienen wäre, brauchte ich nicht mehr in die Schule zu kommen. Toll, dachte ich. Ich hatte eben Ferien, denn mein Vater hatte sehr wenig Zeit. Als ich nach Hause kam, schilderte ich abends meinen Eltern was passiert war.
Ich betonte dabei, dass diese Handlung für meine Begriffe doch nicht zu solch einer Entscheidung hätte führen müssen. Vielmehr dachte ich an eine Ermahnung des Dozenten.

Meine Eltern schwiegen, was für mich sehr bedrückend war. Langsam dämmerte mir etwas. Nur was, ich verstand das nicht so recht. Nun meine Mutter erklärte mir das Ganze. Nicht das Betrügen, ja sie sagte ausdrücklich "Betrügen", war so schlimm, sondern dieses feige herumreden, nicht zu dem stehen was ich gemacht habe. Warum hast Du nicht sofort gesagt, ja, ich habe das und das gemacht, warum hast du für sowas eine Entschuldigung gesucht?, so fragte meine Mutter. Die Traurigkeit meiner Mutter traf mich zu tiefst. Wobei, das war noch schlimmer, sie mich noch nicht einmal bei diesem Gespräch anschaute. Ich merkte da, dass ich anscheinend etwas fürchterliches getan hatte. Komischerweise hatte mein Vater am nächste Tag sofort frei und ging mit mir zur Schule. Ich war dabei etwas zerknirscht und niedergedrückt aber auch irgendwie wütend und ging dabei an der Hand meines Vaters der mich immer unwirsch zog.
In der Schule angekommen mussten wir einige Zeit warten bis wir zum Rektor vorgelassen wurden. Mein Vater durfte sich setzen und ich musste stehen. Und was hat ihr Sohn ihnen erzählt?, fragte der Rektor.

Ohne zu zögern, entschuldigte sich mein Vater für mich und erzählte das ich zu Hause alles zugegeben hätte. Nur die Angst hätte mich nach der Klassenarbeit zu solchen Geschichten getrieben obwohl ich genau wusste, dass ich unrecht getan hätte. Mein Vater meinte, mit meinen jungen Jahren könne sein Sohn die Konsequenz seines Tuns offensichtlich noch nicht richtig einschätzen.Die beiden Herren einigten sich auf eine sechs und auf einen Eintrag: Die Versetzung war gefährdet.

Ich will diese Erzählung nicht weiter führen. Um die Spannung rauszunehmen, ich habe die Versetzung noch geschafft. Ich hatte auch meine Lektion gelernt.

Und heute? Nun ich bin keine 11 Jahre mehr und bin erwachsen geworden. Und zum erwachsen sein gehört nun einmal, dass man zu dem steht was man gemacht hat und das mit allen Konsequenzen. Ich habe gelernt mit meinen Fehlern offensiv umzugehen. Das heißt wenn ich sie einmal erkannt habe, bekenne ich mich auch sofort dazu und versuche umgehend mich um einen dementsprechenden Ausgleich zu bemühen. Das spart Zeit und lässt auch vielen negativen Gefühlen keinen Raum. Mit den Jahren wurden, bedingt durch die gesammelten Erfahrungen, die Fehler immer weniger. Man nennt das auch Lernprozesse durchmachen.

Was soll das?  Nun, vielleicht hätte Herr zu Guttenberg früher auch solche Lehrer und Eltern  haben sollen, dann wäre so was nicht passiert. Ich habe mit Entsetzen eine Stelle in seiner Arbeit gesehen, wo er bewusst den Urheber am Ende der rein kopierten Zeilen gelöscht haben musste. Denn im Original war der Urheber vorhanden. Das ist schlicht und einfach Betrug. Betrug wird im BGB, mein Lieblingsgesetzbuch, als "ungerechtfertige Bereicherung" aufgeführt. Er hat etwas erlangt (den Doktortitel) was ihm  so nicht zustand (Jure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem). Die alten Griechen aber auch die Römer hätten ihn auf das schwerste bestraft.

Wie gesagt, er hätte das alles mildern können, wenn er offensiv sich sofort zu seiner Schuld bekannt hätte.

Aber es geht ja noch weiter. Jeder Prüfling der sich ab heute einer Prüfung aussetzen muss wird sich auf diesen Fall berufen wollen. Und nicht nur das, vielmehr wird heute die Frage erlaubt sein, welche Prüfungskontrollen sind auf unseren Bildungseinrichtungen vorhanden?
Nach der drezeitigen Analyse der Guttenberg Doktorarbeit sind 8061 von 16325 Zeilen, das sind 49% der Doktorarbeit (jeweils inkl. Fußnoten) als Plagiate identifiziert worden (Quelle: Guttenplag Wiki)

Eine weitere Frage muss hier gestellt werden: Wieso sind unsere Universitäten nicht in der Lage die einschlägigen Internetsuchprogramme zu nutzen? Innerhalb von drei Tagen wurden die wesentlichen Zeilen sichtbar. Dann die Frage, wieso viele Dokumente noch nicht digitalisiert worden sind?

Im Grund ist diese Affäre ein Affront gegen jeden Menschen der sich schon einmal unter Schweiß Prüfungen gestellt hatte. Auch ist es eine Herabsetzung der universitären Ausbildung, wenn die Kanzlerin erklärt sie habe keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter gesucht sondern einen Verteidigungsminister. Ist ein wissenschaftlich ausgebildeter Mensch weniger wert als ein Verteidigungsminister? Da stellt sich doch gleich die provozierende Frage: Brauchen wir noch die universitäre Ausbildung? Brauchen wir überhaupt noch Leistung? Genügt es nicht das wir clever genug sind uns in dem System zurecht zu finden um unseren Vorteil zu erlangen? Und das koste es was es wolle?

Weiter sollte endlich einmal die Führungsfrage gestellt werden. Die Kanzlerin hat als konservative Kanzlerin einen eklatanten Verlust an Werten erkennen lassen. Wir sollten nicht nur anderen Menschen die gemeinsamen Werte unter die Nase reiben, die dann allerdings nach Bedarf nicht belastbar sind und leicht zur Disposition gestellt werden können.
Der ganze Vorfall zeigt schon eine gewisse moralische Desorientiertheit unserer politischen Kaste, die allerdings durch viele Doktoranten so nicht hingenommen wird. Eine rühmlich Ausnahme bilden die CDU Politiker Biedenkopf, Lammert und Schavan, die vollkommen unaufgeregt das sagten was gesagt werden musste. Und zwar jenseits der politischen Farbenlehre.

Und wieder zeigt sich das Medium Internet an vorderster Aufklärungsfront. Die Sueddeutsche Zeitung hat zwar den Anfang gemacht, jedoch der Blogger Raphael Wimmer hatte das wichtige Einleitungsplagiat aus  der FAZ  entdeckt.

Und das Geschrei, die Medien haben alles versaut? Quatsch! Haben die Medien etwa die Doktorarbeit geschrieben?
 
Halten wir fest: Das Internet kann inzwischen Minister zum Rücktritt treiben und es kann Despoten ins Exil expedieren. Es muss nur richtig genutzt werden.

Update 05.März 2011

Hier habe ich ein Audiofile im Internet gefunden. Es gibt noch Journalisten (@Holgi)  die klar sagen, was gesagt werden sollte und die nicht wollen, dass unser Land zu einer Bananenrepublik á la Berlusconi verkommt. Komischerweise sucht man diese Journalisten in den etablierten Medien fast vergebens. Wogegen man diese kritischen Journalisten im Online Bereich sehr viel findet. Wir wollen keine Postdemokratische Verhältnisse wie in Italien.

 


Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus dem Net.

Ein entzauberter Barack Obama in „Hopenhagen“

[jpg] Ich bin nicht gekommen, um zu reden, sondern um zu handeln, so Obama.

Obama nannte drei Kernpunkte, die die USA in dem in Kopenhagen debattierten politischen Abkommen sehen wollen:

  •   "entschlossenes Handeln auf nationaler Ebene", um die Klimagase zu reduzieren
  • ein Überprüfungssystem, ob die Zusagen eingehalten werden
  • Finanzzusagen der Industrie- an die Entwicklungsländer, sowohl kurz- als auch langfristig

Und weiter:

"Amerika wird seinen Kurs beibehalten – egal, was in Kopenhagen passieren wird."
Nichts über konkrete Klimazusagen, die er auf 2050 vertagt sehen wollte, nichts über konkrete Finanzzusagen an die Entwicklungsländer. Das war zu wenig, zu vage und damit unredlich.

Es war Freitag in Kopenhagen, es war die Zeit der Regierungschefs. Sie sollten retten, was nicht mehr zu retten war. Obama kam mit leeren Händen, kein Konzept und keine Zusagen. Die "westlichen" Länder, also die Industriestaaten blockierten, denn sie hatten mit einem nicht gerechnet – mit dem verstärkten Selbstbewusstsein der G77 Entwicklungs- und Schwellenländer. Die deutsche Bundeskanzlerin, die immerhin maßgeblich an der Entstehung des Kyoto Protokolls beteiligt war, wusste sich auch nicht richtig einzubringen. Obama reiste mit der Begründung ab, es würde in Washington ein Schneesturm erwartet, der seine Landung verhindern könnte. Als wenn der amerikanische Präsident am nächsten Tag mit dem Schneeschippen dran wäre oder Kopenhagen keine Übernachtungsmöglichkeit für den Präsidenten vorhalten konnte. Der dänische Präsident Rasmussen gab den Vorsitz der Konferenz genervt ab und zog sich zurück.

Dieser Klimagipfel der mit soviel Erwartungen und Hoffnungen geradezu herbeigesehnt wurde, war kläglich gescheitert. Ein eilends geschriebenes Papier, was zumindest als Gesprächsprotokoll dienen sollte – wir haben über das 2% Ziel gesprochen –  sollte noch verabschiedet  werden. Aber auch dies gelang nicht, dieses Papier wurde lediglich zur Kenntnis genommen, nicht mehr aber auch nicht weniger. Norbert Röttgen  (CDU) der deutsche Umweltminister war zutiefst enttäuscht über die Art und Weise wie solch eine für uns alle lebensnotwendige Entscheidung in keinster Weise umgesetzt werden konnte.  

Erschöpft und frustriert machte er sich nach dem Gipfelmarathon auf den Rückweg. Die einzige Hoffnung die er mit nach Hause nahm, in 2010 könnte er die Vorbereitungskonferenz im heimischen Bonn für den im selben Jahr stattfindenden Gipfel in Mexiko maßgeblich beeinflussen. Denn das Kyotoprotokoll läuft 2012 aus und es ist kein Nachfolgeprotokoll in Sicht.
Kopenhagen sollte aber zumindest die Einhaltung der  Roadmap erbringen, also die Punkte wo man sich einig sein könnte um eine allseits verbindliche Verpflichtung zu unterzeichnen.

Was war passiert?

Zuerst einmal war die Konferenz von den Dänen und der UNO sehr schlecht vorbereitet. Die Arbeitsgruppen waren zu groß. Die Ministerebene wurde zu spät eingeschaltet und die Staatschefs hatten sich nur bedingt Zeit genommen.  Im Vorfeld war bekannt geworden, dass sich die Industriestaaten abgesprochen  und ein "letter of intent" vorbereitet hatten, das "Dänische Papier". Bei den G77, den Entwicklungs- und Schwellenländern, war der Inhalt jedoch nicht bekannt, wurde  auch nicht kommuniziert. Als man von dem "Dänischen Papier" auf Seite der G77 erfuhr machten sich diese unter der Leitung von China daran ein eigenes Papier zu entwerfen, das so genannte  "Chinesische Papier" Beide Seiten wollte nur über ihre Papiere diskutieren, die aber teilweise Gegenentwürfe waren. Hier zeigte sich die Arroganz der Industriestaaten die, bedingt durch die mangelhafte Kommunikation, bei den G77 Staaten den Eindruck des Diktates erweckten.

Das Problem: Die G77 sahen sich in ihren Bestrebungen gehindert, ihre eigenen Länder wirtschaftlich weiter zu entwickeln und evtl. in die Nähe des Niveaus der Industrieländer heran zu führen. Denn für die notwendigen Investitionen  um das Klimaziel zu erreichen, würden Gelder für die industriellen Entwicklungen der Länder fehlen. Und weiter, die Industriestaaten wollten ein riesiges Geschäft anstreben, denn nur sie haben die Technologie. Man spricht von einem Markt mit einem Volumen von 2 Billionen Euro, der ausschließlich von den Industrieländern generiert wird.

Zwischengedanken!

Irgendwo in den USA:

Morgens früh, es hat geschneit. Ein Mann kommt raus, stellt sein Auto an. lässt die Klimaanlage an, geht wieder ins Haus duschen. Nach einer halben Stunde kommt er wieder raus, der Schnee auf dem Auto ist inzwischen abgeschmolzen, er fährt zur Arbeit.
Dies ist eine symptomatische Geschichte für die USA. Da laufen die Klimaanlagen 365 Tage 24 Stunden am Tag, teilweise sind die Fenster zu genagelt. Wenn es heiß ist, laufen die Auto vor den Baumärkten, damit es auch ja immer kühl im Auto ist. Der Sprit ist ja billig. Die Kraftwerke sind hoffnungslos veraltet und spucken ihren Dreck meilenweit in die Gegend. Die Häuser sind schlecht isoliert, teilweise nur einfach mit Dachlatten zusammengehalten, eben das nötigste. Man schätzt, die USA könnten ohne Probleme 40% an Energie einsparen.
Nur es gibt keinen Druck um einzusparen, weil der Preis für Energie subventioniert wird.

Irgendwo in Deutschland:

Zur Weihnachtszeit  hat man den Eindruck, es würde ein Wettbewerb stattfinden, wer verbraucht am meisten an Kilowatt für seine Weihnachtsbeleuchtung. Ein ganzes Kraftwerk muss für die gesammelten Weihnachtsbeleuchtungen alleine in den Haushalten herhalten. Dazu kommen noch die innerstädtischen Weihnachtsbeleuchtungen.

Die Nordsee hat Offshore Windparks, der Strom der dort erzeigt wird kann mangels Leitungskapazität nicht in den Süden transportiert werden. 60% des Stromes wird dort für die Katz produziert. Ein Kohlekraftwerk könnte man damit einsparen. Im Hamburger Hafen stehen jeden morgen hunderte Lkws um die Container abzuholen.

Warum? Weil die Deutsche Bahn, die weitaus umweltschonender transportieren könnte, den notwendigen Ausbau der Gleise seit Jahren nicht vorantreibt. Der Strom hätte nicht so große Leitungsverluste, wenn die Stromversorger ihre Leitungsnetze intelligenter mit Gleich- und Wechselstrom ausstatten würden.

In China, Indien und anderswo:

China und Indien produzieren 50% des weltweiten Stahls und 75% des weltweiten Alumiums. Für wen? 70% gehen davon in die Industrieländer, die ihre Aluminium-und Stahlproduktion verlagert haben. Womit sie natürlich auch die Verschmutzung exportiert haben. In Mosambik, Afrika entsteht eine der größten Aluminiumhütten der Welt durch die Australier (BHP Billington),  die Produktion geht komplett in die Industrieländer, die diese Grundprodukte konsumieren.

Man könnte diese Liste der "Sünden" der Industrieländer beliebig fortsetzen. Was allerdings nicht heißt, dass Entwicklungs- und Schwellenländer ohne "Sünde" sind.

Nimmt man nunmehr die hysterische Komponente des Klimaschutzes weg und betrachtet dieses Problem nüchtern, bleibt jedoch eines bestehen: Es kann nicht mehr so weiter gehen.
Nur Chinas Präsident Wen Jiabao, der ja seinen neuen 5 Jahresplan vor sich hat, wollte nicht und der amerikanische Präsident Obama, der seinen Fokus auf die Innen- und Außenpolitik hat,  konnte nicht die Führung übernehmen. Als Obama am Freitag kam, zog er sich sofort hinter verschlossenen Türen zur Beratung mit seinen Kollegen der Industrieländer zurück. Dies verprellte letztendlich auch die restlichen Länder der Entwicklungs- und Schwellenländer. Der Gipfel war damit geplatzt. Was blieb? Man hatte zur Kenntnis genommen, dass es eine Zahl von 2% geben kann, könnte, sollte, wie auch immer. Mehr war nicht drin.

Was bleibt? Alle sind sich einig, die Industrieländer sollten ihre arrogante Haltung ablegen, sie sollten andere Länder nicht gönnerhaft zurecht  weisen. Vielmehr sollte gute Führung praktiziert werden, die dem Anderen die Möglichkeit gibt sich frühzeitig in die allgemeinen Überlegungen mit einzubringen. Wenn wir schon ein globales Problem haben, und die Erderwärmung ist ein solches, so sollte man auch eine partnerschaftliche gleichberechtigte Lösung herbeiführen.

Was die Industrieländer auch übersehen möchten, der Kapitalismus,  jetzt Carbon Kapitalismus, als System  ist in seinen Möglichkeiten hinsichtlich einer Problemlösung der Erderwärmung vollkommen untauglich. Der Kapitalismus ist als Theorie an seine Grenzen gestoßen. Denn es kann doch nicht sein, dass das Dogma des freien Marktes über dem Untergang der gesamten Menschheit steht. Denn die Theorie der Marktwirtschaft ist für Menschen und nicht als Untergangsszenarium geschaffen worden. Auch ist es den Beteiligten entgangen, dass der Vater der Marktwirtschaft Adam Smith, der nun auch schon 250 Jahre alt wäre, auch ein Moralphilosoph war.

Um das Verständnis für solche Theorien zu entwickeln, sollte man schon einmal die begleitenden Schriften zur Hand nehmen.
Auf der anderen Seite ist es nicht nachvollziehbar, warum Deutschland nicht mit anderen Ländern eine so genannte Koalition der "Willigen" bilden kann und mutig voranschreitet. Denn es gilt den Vorsprung in der grünen Technologie nicht nur zu halten, sondern noch weiter auszubauen.

Brückentechnologien zu definieren um letztendlich den Druck vom Markt zu nehmen, bedeutet einen Schritt zurück, den andere Marktteilnehmer nutzen könnten unseren Vorsprung aufzuholen. Die US Amerikaner sind noch nicht so weit, ihnen fehlt das notwendige Bewusstsein, wir sollten nicht aus falsch verstandener Solidarität auf sie warten.

Zum Schluss: Barack Obama  ist in der Realität angekommen. Er ist nur ein Präsident, der 44. Präsident der USA, mehr nicht, das sollte erst einmal reichen. Wir haben halt zuviel erwartet, seien wir nicht zu sehr enttäuscht.

Jürgen Gerhardt
 

Wir fordern die Abschaffung des Kündigungsschutzes

[jpg] Es sind Wahlen. Politiker aller Parteien schmeißen uns mit Kugelschreiber zu, die Schösser zu Hause quellen über, muss doch der Vorrat für die nächsten 4 oder 5 Jahre ausreichen. Sie versprechen uns mehr oder wenige vage das blaue vom Himmel. Je nach Präferenz hört der eine oder andere Wähler bestimmte Segnungen für sich selber heraus. Es ist wie bei einem Einstellungsgespräch, wo der Bewerber in einem guten Licht erscheinen möchte. Er möchte eingestellt werden, ist doch klar. Es kommt wie es kommen muss, der Tag der Entscheidung.
Im politischen System ist das die Wahl. Und nun wird, wie immer, die Katze aus dem Sack gelassen. Verblüfft bemerkt der Wähler die Entscheidungen, die er so, wenn er das vorher gewusst hätte, nicht tragen mag.

Da werden die Hotels entlastet, indem ihnen die Umsatzsteuer von derzeit 19% auf 7% heruntergesetzt werden soll.
Eine jahrelange Forderung des Hotel- und Gaststättenverbandes, die immer wieder abgelehnt wurde. Nun ist sie durch. Begründung: Der Gast, meinetwegen in Frankfurt, könne ja auch in Zürich übernachten, wo die Umsatzsteuer nicht so hoch wäre. Lächerlich. Wenn ich zur Messe in Frankfurt fahre, übernachte ich doch nicht in Zürich. Oder wer macht Urlaub im Berchtesgadener Land und übernachtet in Salzburg? Erkennbar ist das ein vorgeschobener Grund, der an Dummheit nicht zu überbieten ist. Es ist schon eine große Verbeugung vor der Lobby des Hotel- und Gaststättenverbandes.

Und kaum kommen die schwarz/gelben mit ihren Köpfen wieder hoch, so steht schon der nächste Verband vor ihrem Gesichtsfeld. Der deutsche Steuerberaterverband möchte, dass die Beratungskosten wieder steuerlich absetzbar sind. Hatten doch die Klein- und mittleren Unternehmen immer mehr ihre Steuererklärungen, dank immer besserer Steuersoftware selber verfertigt. Da konnten die Steuergesetze noch so schwierig sein, die Softwareprogramme fingen dies spielend auf. Umsatzeinbußen waren bei der Datev und den Steuerberatern hinzunehmen. Das Argument, Steuerberatungskosten sind absetzbar, fiel weg. Die schwarz/gelben Koalitionäre verbeugten sich wieder und die Beratungskosten sollen wieder absetzbar werden.

Nun gerät dieses Verbeugen zu einer Orgie oder auch zur Übung der Leibesertüchtigung, indem die Speckröllchen die man sich beim Edelitaliener in Berlin angefuttert hat, wieder abgebaut werden. Kaum sind die Brüderles und Schäubles schnaufend wieder hoch gekommen, steht der Haus- und Grundbesitzerverband vor ihrem, durch die Bückanstrengungen, roten Gesicht. Die Forderungen:


 
 
  •   Der Mieter soll in Zukunft bei einer energetischen Gebäudesanierung keine Mietminderung mehr geltend machen dürfen. Er soll das hinnehmen auch wenn es noch so lange dauert.
  •     Das "Mietnomadentum" solle besser bekämpft werden, was auch immer das heißt.
  •     Luxussanierungen zum Zwecke der Entmietungen sollen erlaubt werden, dem Mieter kann also in Zukunft gekündigt werden wenn er die dann exorbitante Miete nicht mehr begleichen kann. Die Gerichte hatten das in diesem Zusammenhang in der Regel für nicht wirksam erklärt.
  •     Die Kündigungsfristen der Mieter als auch der Vermieter sollen angepasst werden. Bisher gelten unterschiedliche Fristen. Der Mieter hat eine Frist von drei Monaten. Der Vermieter konnte bisher bei einer Mietzeit von fünf Jahren mit einer Frist von drei Monaten, bei einer Mietzeit ab sechs Jahren mit einer Frist von sechs Monaten und nach einer Mietzeit  ab acht Jahren mit einer Frist von neun Monaten kündigen. Das ganze läuft im Gesetz  unter "asymmetrischen Kündigungsfristen" und wurde letztmalig 2001 festgeschrieben. Gemäß Haus-und Grundbesitzerverband sollen die Fristen einheitlich auf 3 Monate festgelegt werden.

 

Die schwarz/gelben Koalitionäre verbeugten sich wieder tief, anscheinend so tief, dass ihnen die Sahneballen in den Rinnstein flogen. Flugs schickten sie ihre Schreiberlinge los um die Gesetzesänderungen zu formulieren.

Nun sollte man wissen, die Bundesrepublik Deutschland hat eine "soziale Marktwirtschaft", die noch unter Adenauer formuliert wurde und in vielen Gesetzen Eingang fand. Die soziale Marktwirtschaft ist eine abgemilderte Marktwirtschaft in der der Staat dem vermeintlich Schwächeren mittels seiner Gesetzgebungskompetenz zu Hilfe kommt. Der wirtschaftlich Stärkere soll den wirtschaftlich Schwächeren nicht durch Willkürmaßnahmen noch mehr schwächen. Diese Gesetze leiten sich alle in der Regel aus dem Artikel 14 unseres Grundgesetzes ab. In  diesem Zusammenhang spricht man auch vom so genannten rheinischen Kapitalismus, der bestrebt war eine "Waffengleichheit"  zwischen dem Eigentümer und demjenigen, der auf das Eigentum angewiesen ist, herzustellen. Denn der Artikel garantiert ein uneingeschränktes Eigentumsrecht, sprich die freie Verfügung über das Eigentum durch den Eigentümer.

Aber es geht ja noch weiter. Die Arbeitgeber wollen den Kündigungsschutz in den Betrieben gelockert sehen, hin zu mehr "hire and fire". Neidisch schauen unsere Arbeitgeber in die USA, wo man sich ohne Probleme der Arbeitnehmer täglich entledigen kann. Sozialpläne sind dort gänzlich unbekannt.  

Da kann es schon, wie jetzt in der Finanzkrise, passieren, dass sich Arbeitnehmer von Heute auf Morgen in einem Zelt am Stadtrand wieder finden ohne Sozialversicherungen versteht sich.

Viele Wähler haben sich das alles ganz anders vorgestellt und ballen jetzt wütend die Fäuste in der Tasche. Und die Politiker setzen auf die Vergesslichkeit der Wähler, denn am Ende der Legislaturperiode gibt es wieder die Geschenke vor der dann wieder anstehenden Wahl. Aber es ist ja bald wieder Wahl in NRW im Mai 2010, dort möchte die "Tigerente oder Biene Maya" Koalition wieder bestätigt werden,"Mutti" Merkel würde das sicher gerne sehen, hätte sie dann auch im Bundesrat weiter freie Bahn.

Das ganze erscheint uns doch nachdenkenswert. Denn auch wir meinen der Kündigungsschutz sollte gelockert wenn nicht sogar gänzlich abgeschafft werden, jedoch für Politiker die vorher nicht sagen wo es lang geht und hinterher sich auf einmal nur damit beschäftigen, wie sie bei den Lobbyisten "Bella Figura" machen können, damit die Spenden lustig in die richtigen Parteikassen fließen. Auch ist das ein gutes Rückzugsgebiet für alt gediente  und missliebige Politiker, die sich sodann bei den Verbänden entsorgen lassen können.

Was bleibt: Der Wähler ist doch schon sozialer eingestellt, belässt er doch die Kündigungsfrist für seine Regierung. Aber diese Kündigungsfrist sollte auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung bieten, sonst werden unsere Erwartungen ja nie erfüllt.
Ach ja. Minister Brüderle sah man beim Deutschen Hotel und Gaststättenverband als die Korken knallten und der wohl gekühlte Champagner die Runde drehte. Ob er danach beim Haus und Grund Verband  die Jubelfeier besucht hatte?

Jürgen Gerhardt