Ein entzauberter Barack Obama in „Hopenhagen“
[jpg] Ich bin nicht gekommen, um zu reden, sondern um zu handeln, so Obama.
Obama nannte drei Kernpunkte, die die USA in dem in Kopenhagen debattierten politischen Abkommen sehen wollen:
- "entschlossenes Handeln auf nationaler Ebene", um die Klimagase zu reduzieren
- ein Überprüfungssystem, ob die Zusagen eingehalten werden
- Finanzzusagen der Industrie- an die Entwicklungsländer, sowohl kurz- als auch langfristig
Und weiter:
"Amerika wird seinen Kurs beibehalten – egal, was in Kopenhagen passieren wird."
Nichts über konkrete Klimazusagen, die er auf 2050 vertagt sehen wollte, nichts über konkrete Finanzzusagen an die Entwicklungsländer. Das war zu wenig, zu vage und damit unredlich.
Es war Freitag in Kopenhagen, es war die Zeit der Regierungschefs. Sie sollten retten, was nicht mehr zu retten war. Obama kam mit leeren Händen, kein Konzept und keine Zusagen. Die "westlichen" Länder, also die Industriestaaten blockierten, denn sie hatten mit einem nicht gerechnet – mit dem verstärkten Selbstbewusstsein der G77 Entwicklungs- und Schwellenländer. Die deutsche Bundeskanzlerin, die immerhin maßgeblich an der Entstehung des Kyoto Protokolls beteiligt war, wusste sich auch nicht richtig einzubringen. Obama reiste mit der Begründung ab, es würde in Washington ein Schneesturm erwartet, der seine Landung verhindern könnte. Als wenn der amerikanische Präsident am nächsten Tag mit dem Schneeschippen dran wäre oder Kopenhagen keine Übernachtungsmöglichkeit für den Präsidenten vorhalten konnte. Der dänische Präsident Rasmussen gab den Vorsitz der Konferenz genervt ab und zog sich zurück.
Dieser Klimagipfel der mit soviel Erwartungen und Hoffnungen geradezu herbeigesehnt wurde, war kläglich gescheitert. Ein eilends geschriebenes Papier, was zumindest als Gesprächsprotokoll dienen sollte – wir haben über das 2% Ziel gesprochen – sollte noch verabschiedet werden. Aber auch dies gelang nicht, dieses Papier wurde lediglich zur Kenntnis genommen, nicht mehr aber auch nicht weniger. Norbert Röttgen (CDU) der deutsche Umweltminister war zutiefst enttäuscht über die Art und Weise wie solch eine für uns alle lebensnotwendige Entscheidung in keinster Weise umgesetzt werden konnte. |
Erschöpft und frustriert machte er sich nach dem Gipfelmarathon auf den Rückweg. Die einzige Hoffnung die er mit nach Hause nahm, in 2010 könnte er die Vorbereitungskonferenz im heimischen Bonn für den im selben Jahr stattfindenden Gipfel in Mexiko maßgeblich beeinflussen. Denn das Kyotoprotokoll läuft 2012 aus und es ist kein Nachfolgeprotokoll in Sicht.
Kopenhagen sollte aber zumindest die Einhaltung der Roadmap erbringen, also die Punkte wo man sich einig sein könnte um eine allseits verbindliche Verpflichtung zu unterzeichnen.
Was war passiert?
Zuerst einmal war die Konferenz von den Dänen und der UNO sehr schlecht vorbereitet. Die Arbeitsgruppen waren zu groß. Die Ministerebene wurde zu spät eingeschaltet und die Staatschefs hatten sich nur bedingt Zeit genommen. Im Vorfeld war bekannt geworden, dass sich die Industriestaaten abgesprochen und ein "letter of intent" vorbereitet hatten, das "Dänische Papier". Bei den G77, den Entwicklungs- und Schwellenländern, war der Inhalt jedoch nicht bekannt, wurde auch nicht kommuniziert. Als man von dem "Dänischen Papier" auf Seite der G77 erfuhr machten sich diese unter der Leitung von China daran ein eigenes Papier zu entwerfen, das so genannte "Chinesische Papier" Beide Seiten wollte nur über ihre Papiere diskutieren, die aber teilweise Gegenentwürfe waren. Hier zeigte sich die Arroganz der Industriestaaten die, bedingt durch die mangelhafte Kommunikation, bei den G77 Staaten den Eindruck des Diktates erweckten.
Das Problem: Die G77 sahen sich in ihren Bestrebungen gehindert, ihre eigenen Länder wirtschaftlich weiter zu entwickeln und evtl. in die Nähe des Niveaus der Industrieländer heran zu führen. Denn für die notwendigen Investitionen um das Klimaziel zu erreichen, würden Gelder für die industriellen Entwicklungen der Länder fehlen. Und weiter, die Industriestaaten wollten ein riesiges Geschäft anstreben, denn nur sie haben die Technologie. Man spricht von einem Markt mit einem Volumen von 2 Billionen Euro, der ausschließlich von den Industrieländern generiert wird.
Zwischengedanken!
Irgendwo in den USA:
Morgens früh, es hat geschneit. Ein Mann kommt raus, stellt sein Auto an. lässt die Klimaanlage an, geht wieder ins Haus duschen. Nach einer halben Stunde kommt er wieder raus, der Schnee auf dem Auto ist inzwischen abgeschmolzen, er fährt zur Arbeit.
Dies ist eine symptomatische Geschichte für die USA. Da laufen die Klimaanlagen 365 Tage 24 Stunden am Tag, teilweise sind die Fenster zu genagelt. Wenn es heiß ist, laufen die Auto vor den Baumärkten, damit es auch ja immer kühl im Auto ist. Der Sprit ist ja billig. Die Kraftwerke sind hoffnungslos veraltet und spucken ihren Dreck meilenweit in die Gegend. Die Häuser sind schlecht isoliert, teilweise nur einfach mit Dachlatten zusammengehalten, eben das nötigste. Man schätzt, die USA könnten ohne Probleme 40% an Energie einsparen.
Nur es gibt keinen Druck um einzusparen, weil der Preis für Energie subventioniert wird.
Irgendwo in Deutschland:
Zur Weihnachtszeit hat man den Eindruck, es würde ein Wettbewerb stattfinden, wer verbraucht am meisten an Kilowatt für seine Weihnachtsbeleuchtung. Ein ganzes Kraftwerk muss für die gesammelten Weihnachtsbeleuchtungen alleine in den Haushalten herhalten. Dazu kommen noch die innerstädtischen Weihnachtsbeleuchtungen.
Die Nordsee hat Offshore Windparks, der Strom der dort erzeigt wird kann mangels Leitungskapazität nicht in den Süden transportiert werden. 60% des Stromes wird dort für die Katz produziert. Ein Kohlekraftwerk könnte man damit einsparen. Im Hamburger Hafen stehen jeden morgen hunderte Lkws um die Container abzuholen.
Warum? Weil die Deutsche Bahn, die weitaus umweltschonender transportieren könnte, den notwendigen Ausbau der Gleise seit Jahren nicht vorantreibt. Der Strom hätte nicht so große Leitungsverluste, wenn die Stromversorger ihre Leitungsnetze intelligenter mit Gleich- und Wechselstrom ausstatten würden.
In China, Indien und anderswo:
China und Indien produzieren 50% des weltweiten Stahls und 75% des weltweiten Alumiums. Für wen? 70% gehen davon in die Industrieländer, die ihre Aluminium-und Stahlproduktion verlagert haben. Womit sie natürlich auch die Verschmutzung exportiert haben. In Mosambik, Afrika entsteht eine der größten Aluminiumhütten der Welt durch die Australier (BHP Billington), die Produktion geht komplett in die Industrieländer, die diese Grundprodukte konsumieren.
Man könnte diese Liste der "Sünden" der Industrieländer beliebig fortsetzen. Was allerdings nicht heißt, dass Entwicklungs- und Schwellenländer ohne "Sünde" sind.
Nimmt man nunmehr die hysterische Komponente des Klimaschutzes weg und betrachtet dieses Problem nüchtern, bleibt jedoch eines bestehen: Es kann nicht mehr so weiter gehen.
Nur Chinas Präsident Wen Jiabao, der ja seinen neuen 5 Jahresplan vor sich hat, wollte nicht und der amerikanische Präsident Obama, der seinen Fokus auf die Innen- und Außenpolitik hat, konnte nicht die Führung übernehmen. Als Obama am Freitag kam, zog er sich sofort hinter verschlossenen Türen zur Beratung mit seinen Kollegen der Industrieländer zurück. Dies verprellte letztendlich auch die restlichen Länder der Entwicklungs- und Schwellenländer. Der Gipfel war damit geplatzt. Was blieb? Man hatte zur Kenntnis genommen, dass es eine Zahl von 2% geben kann, könnte, sollte, wie auch immer. Mehr war nicht drin.
Was bleibt? Alle sind sich einig, die Industrieländer sollten ihre arrogante Haltung ablegen, sie sollten andere Länder nicht gönnerhaft zurecht weisen. Vielmehr sollte gute Führung praktiziert werden, die dem Anderen die Möglichkeit gibt sich frühzeitig in die allgemeinen Überlegungen mit einzubringen. Wenn wir schon ein globales Problem haben, und die Erderwärmung ist ein solches, so sollte man auch eine partnerschaftliche gleichberechtigte Lösung herbeiführen.
Was die Industrieländer auch übersehen möchten, der Kapitalismus, jetzt Carbon Kapitalismus, als System ist in seinen Möglichkeiten hinsichtlich einer Problemlösung der Erderwärmung vollkommen untauglich. Der Kapitalismus ist als Theorie an seine Grenzen gestoßen. Denn es kann doch nicht sein, dass das Dogma des freien Marktes über dem Untergang der gesamten Menschheit steht. Denn die Theorie der Marktwirtschaft ist für Menschen und nicht als Untergangsszenarium geschaffen worden. Auch ist es den Beteiligten entgangen, dass der Vater der Marktwirtschaft Adam Smith, der nun auch schon 250 Jahre alt wäre, auch ein Moralphilosoph war.
Um das Verständnis für solche Theorien zu entwickeln, sollte man schon einmal die begleitenden Schriften zur Hand nehmen.
Auf der anderen Seite ist es nicht nachvollziehbar, warum Deutschland nicht mit anderen Ländern eine so genannte Koalition der "Willigen" bilden kann und mutig voranschreitet. Denn es gilt den Vorsprung in der grünen Technologie nicht nur zu halten, sondern noch weiter auszubauen.
Brückentechnologien zu definieren um letztendlich den Druck vom Markt zu nehmen, bedeutet einen Schritt zurück, den andere Marktteilnehmer nutzen könnten unseren Vorsprung aufzuholen. Die US Amerikaner sind noch nicht so weit, ihnen fehlt das notwendige Bewusstsein, wir sollten nicht aus falsch verstandener Solidarität auf sie warten.
Zum Schluss: Barack Obama ist in der Realität angekommen. Er ist nur ein Präsident, der 44. Präsident der USA, mehr nicht, das sollte erst einmal reichen. Wir haben halt zuviel erwartet, seien wir nicht zu sehr enttäuscht.
Jürgen Gerhardt
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