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Die Idiōtae Europas wollen oder können nicht europäisch sein

Plenary-Session in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Wo haben die 27 (28) Staaten der EU eigentlich ein Problem mit Europa? Bei manchen „Europäern“ hat man den Eindruck, als wenn diese sich nach der Zeit zurück sehnten, in der noch Stämme Europa beherrschten. Langobarden, Kelten, Etrusker, Sachsen, Franken, Germanen, Goten (Ost und West) und was weiß ich, welche Stämme durch Europa wanderten, um den anderen die Köpfe einzuschlagen.
Oder, nicht der Neandertaler war unser gemeinsame Vorfahre, sondern ein in Afrika lebendes Wesen, welches sich später auf den Weg machte, die Welt zu erobern – der heutige Homo Sapiens. Denn, diesem heutigen Homo-Sapiens muss es doch möglich sein, den Staat weiter zu entwickeln zu einem größeren Gebilde, welches auch die größeren Probleme des Homo Sapiens lösen kann.

Die viel später nach den Stämmen folgende Staatenbildung wurde offensichtlich nicht richtig durch die einheimische europäische Bevölkerung eingeordnet oder ausgelebt. Deshalb wusste man in Europa immer irgendwo einen Krieg vom Zaun zu brechen, der Millionen Menschen den Tod brachte. Und hatten sich diese Kriege gelohnt? Nein, nicht wirklich!
Über 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg mit rund 50 Millionen Toten, hat Europa (Ausnahme die Balkan-Kriege in den 90ern) nun Frieden! Und warum? Weil die Europäer lieber Handel, Forschung oder Kulturaustausch betrieben haben und für einen Krieg keine Zeit hatten. Gottseidank, sollte man sagen.
Wie kann also der Vorteil einer größeren Einheit, Europäische Union (EU) mit 27 Staaten, dem einzelnen Bürger nähergebracht werden? Und darüber hinaus die Globalisierung der Beziehungen mit multilateralen Bezügen ohne einen Hegemon USA. Lohnt sich Europa für den einzelnen Bürger und seinen Eliten nicht (mehr)? Ist es erstrebenswert Nationalismus, Protektionismus, Isolationismus und Xenophobie und die damit einhergehenden Ängste und Hysterien aufleben zu lassen? Was für einen Vorteil können wir von den angestrebten Änderungen erwarten? Keinen, aber wirklich keinen.

Jean-Cloude Juncker Foto: (c) Linde Arndt

Der „Brexit“, also der Austritt der Briten aus der EU, hat Europa total durcheinander gewirbelt. Weshalb eigentlich? Das Referendum vom 23. Juni 2016 welches mit 51,89 % für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union endete, stellt eine Schande der britischen Eliten dar und nicht der EU. Schande deshalb, weil dieses Referendum die britischen Bürger durch Halbwahrheiten und Lügen zu diesem Ergebnis geführt hat. Von Nigel Farage von der UKIP Partei war man ja Halbwahrheiten, Lügen und populistische Sprüche gewohnt, aber von Boris Johnson (Tory) dem ehemaligen konservativen Londoner Bürgermeister hatte man keine derartigen Verhaltensweisen erwartet. Und Labour? Der linksgerichtete Jeremy Corbyn warb nur halbherzig in dem Wahlkampf für den Verbleib der Briten in der EU, obwohl er für den Verbleib war. Das verstehe, wer will.
Lassen wir einige Halbwahrheiten und Lügen Revue passieren:

    • 445 Millionen Euro wöchentlich soll angeblich Großbritannien an Brüssel überweisen, tatsächlich sind es jedoch knapp die Hälfte, die Großbritannien überweist.
    • Die Türken würden bald Mitglied der EU, tatsächlich ist eine Mitgliedschaft der Türkei eher unwahrscheinlich.
    • Großbritannien werde mit dem Austritt die Kontrolle über seine Grenzen zurück erlangen, tatsächlich gehörte Großbritannien nie zum „Schengen Raum“ und konnte jederzeit seine Grenzen dichtmachen, schützen oder kontrollieren.
    • Der Gipfel der Halbwahrheiten war: Durch den Austritt Großbritannien würde sich für die Briten im Verhältnis zur EU nichts ändern. Es wird sich viel verändern, letztendlich könnte Großbritannien auf einen WTO Status zurückfallen, wenn die jetzt zu tätigenden 2-jährigen Verhandlungen ohne Abschluss geführt würden. Und so sieht das im Moment aus.

    Nachdem die Kündigung der Briten in Brüssel dem Ratspräsidenten Tusk überreicht wurde, wurden auch die Verhandlungsführer benannt, das sind:

    • David Davis (67), britischer Brexit-Minister
    • Michel Barnier (66), Chefunterhändler der Europäischen Kommission,
    • Didier Seeuws (52), Direktor des Europarats und
    • Guy Verhofstadt (64), europäisches Parlament.

    Als wenn, das nicht reichen würde. Dann sind da noch die Probleme der osteuropäischen Staaten, die Visegrád-Gruppe mit Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die der EU äußerst kritisch gegenüberstehen. Diese Gruppe lässt in sehr großem Maße die Solidarität gegenüber der EU vermissen und tendiert zu der Rückkehr in den Nationalstaatsmodus. Hier geht es um Wirtschaft, Migration, Finanzen und Freizügigkeit. Polen und Ungarn schrammen an den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit vorbei und stehen seit geraumer Zeit im Blickfeld der Kommission. Es geht einfach nicht, dass einzelne Staaten die Annehmlichkeiten von Brüssel als Selbstverständlichkeit sehen und die Belastungen die sich durch die Mitgliedschaft ergibt, nach Belieben von sich weisen.

    Zu guter Letzt kommt noch der neue US-Amerikanische Präsident Trump, der der EU nicht gerade gut gesonnen ist. Er sieht die großen Exporte der EU in die USA, die die USA zum Schuldner Nummer eins in der Welt machen. Wobei, wo sind die USA nicht verschuldet? Aber, das ist ein anderes Thema.

    In Brüssel und Straßburg werden personelle Kräfte gebunden die sich mit den jetzt aufgetretenen Problemen befassen. Allein der Brexit bindet auf 2 Jahre hunderte Mitarbeiter; denn es gilt rund 80.000 Seiten Richtlinien oder Gesetze zu überarbeiten, damit die Briten aus diesen Texten getilgt und umgeschrieben werden. Wobei die Parlamente den Änderungten auch noch zustimmen müssen. Für die Briten gilt dies ebenso. Die Kosten dieses Brexit für Brüssel und London wagt keiner zu benennen, geschweige denn zu erwähnen.
    Dabei wäre es wichtiger, wenn Brüssel sich endlich auf den Reformstau stürzen würde, um die kritischsten Stimmen zu dämpfen.

    Abstimmung bei der Plenar-Sitzung in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

    Rückblick: Wie alles begann.

    An und für sich sollte die EU schon 1954 mit der europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) die ersten Schritte auf europäischem Boden machen. Ging aber nicht, da Konrad Adenauer die Zeit für eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik noch nicht für gekommen sah. Auch hätte Adenauer die Westbindung aufgeben müssen, denn der französische Präsident Charles de Gaulle wollte eine reine europäische Verteidigung organisieren, ohne die USA und Großbritannien. Es sollte noch ein Jahr dauern und Deutschland würde stattdessen der Nato beitreten. Adenauer wollte mit Unterstützung Frankreichs die Integration Deutschlands in die Weltgemeinschaft umsetzen, wobei Adenauer nicht drängen wollte. Überhaupt hielt sich Adenauer sehr zurück, verständlich, immerhin war der zweite Weltkrieg erst 10 Jahre her.
    Der erste Schritt fand dann auch am Abend des 25. März 1957 in Rom statt. Zwölf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich im Senatorenpalast von Rom die Staatschefs von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden zusammen um den EWG-Vertrag, den EURATOM-Vertrag und den EGKS (Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) Vertrag feierlich zu unterzeichnen.
    60 Jahre später trafen sich die 27 Mitglieder der (inzwischen) EU um sich der gemeinsamen Zukunft zu versichern. Die EU ist halt noch nicht reif für die Rente, so der Luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel. Man ist sich aber sicher die EU muss dringend reformiert werden, nur wer soll dies machen? Deutschland mit Bundeskanzlerin Merkel hält sich zurück und harrt der Dinge die kommen.

    Von Gurken, Staubsaugern und Feinstoffen

    In Brüssel schlagen Kommissare oder Parlamentarier regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammen, wenn die Nationalstaaten und deren Regierungschefs meinten wieder einmal die EU schlecht machen zu müssen. Wobei die politischen Parteien und die nationalen Medien mit in diese Kerbe schlagen. Es ist chic auf die EU „einzuprügeln“.
    Als Beispiel mag die Verordnung (EG) 1677/88 herhalten. Im Zuge der Normierung hatte man den Schlangengurken einen Krümmungsgrad verpasst, wonach die Klasse I ( Es wurden die Güteklasse „Extra“ sowie die Handelsklassen I bis III definiert) eine maximale Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimetern Länge aufweisen durfte. Diese Verordnung wurde als typische Regulierungswut der Brüsseler EU gegeißelt.
    Es war jedoch nicht die Kommission, die diese Richtlinie auf den Weg brachte, sondern der Groß- und Einzelhandel der Länder unter der Regie Deutschlands. Denn die Händler wollten, was ja auch Sinn machte, die Gurken besser und kostensparender verpacken und das ging nun einmal nur mit einer geraden Gurke. Und damit man nicht immer die Verpackungen aufmachen musste, wurde die Klassifizierung auf den Weg gebracht und auf die Verpackung gedruckt.
    Das Geschrei war groß und man ging die EU zu Unrecht an. Als nun die EU um des lieben Friedens Willen diese Verordnung 2009 außer Kraft setzte, hatten zwar die Kritiker gewonnen, nur die Händler waren enttäuscht. In Folge setzten die nationalen Händlervereinigungen sich zusammen und übernahmen die Normierung als eigene Norm. Da scheint die EU doch nicht so schlecht gearbeitet zu haben?
    Beispiel zwei, die Verordnung (EU) Nr.:666/2013 die Staubsaugerverordnung. Demnach darf die Leistung eines in den Handel gebrachten Staubsaugers ab 2017 die Leistung von 900 Watt nicht übersteigen. Daneben sind noch einige andere Parameter in dieser Verordnung, was jetzt einmal nicht erörtert werden sollte. Und wieder war der Aufschrei riesengroß über den Regulierungswahn der EU. Tatsächlich hatte die EU jedoch den Auftrag der Regierungschefs sich Gedanken zu machen wie die Pariser Cop21, also die CO2 Verpflichtungen, durch einen Beitrag der EU umgesetzt werden könnten. Auf diesem Wege stellte die EU fest, dass 900 Watt für Staubsauger vollkommen ausreichend seien um die gleiche Saugleistung zu erbringen wie ein 2.000 Watt Staubsauger. Bei einigen Millionen Haushalten in der EU ist das sicher eine nicht zu verachtende Energieeinsparung was einer CO2 Einsparung europaweit gleichkommt.
    Ein weiteres Beispiel, die „Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa“. In ihr wurden die Grenzwerte für Luftschadstoffe, Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2), Stickstoffoxide (Nox) oder Feinstäube verbindlich festgelegt. Nach dem heutigen Stand der Technik dürfte das kein Problem sein.
    Für Deutschland schätzt man z.Bsp. jährlich 12.000 Tote die an Lungenkrankheiten, wie Asthma oder Copd versterben. Nicht nur das, vielmehr sind viele Allergien oder Asthmaerkrankungen auf die erhöhten Luftschadstoffe zurückzuführen. Es wird aber nicht nur in Deutschland eine erhöhte Mortalität geschätzt, vielmehr können die deutschen Zahlen auch auf die anderen Staaten übertragen werden. Die wirtschaftlichen Gesundheitskosten innerhalb der EU sind enorm und verbrauchen finanzielle Ressourcen, die nicht hinnehmbar sind.
    Das wesentliche diese drei Beispiele sollen aber zeigen, wie gut die EU arbeitet, aber, und das ist noch wichtiger, die EU arbeitete immer im Auftrag der 27 Staaten, also nie ohne Weisung. Auch die Richtlinien und Verordnungen wurden immer im Rat der EU von den Regierungschefs abgesegnet.
    Wenn also die Regierungschefs sagen, sie hätten diese Verordnungen nicht gewollt so sagen sie nicht die Wahrheit.
    Aber es ist ja immer gut von dem eigenen Versagen abzulenken und die EU als Watschenaugust einzusetzen.

    José Manuel Barroso und Herman Van Rompuy
    Foto:(c) Linde Arndt

    Brexit, Trump und die französische Präsidentenwahl

    Als Premierminister Cameron das Referendum über den „Brexit“ auf den Weg brachte, dachte in Europa niemand an einen Erfolg dieses Referendums, selbst Cameron nicht. Nur, niemand hatte mit den Gegnern Boris Johnson und Nigel Farage gerechnet. Und niemand konnte die schwache Haltung von Labour gegenüber Europa voraussehen. Jeremy Corbyn von der Labour Party weiß bis heute nicht, ob er Fisch oder Fleisch ist. Die Befürworter der EU in Großbritannien waren sich zu sicher.
    Durch Halbwahrheiten, ja, sogar klare Lügen wurden die britischen Wähler in die Irre geführt und getäuscht. Das Referendum für den Brexit kam durch und wurde danach auch im Unterhaus beschlossen. Allerdings war das Referendum für die Regierung nicht bindend. Premier Cameron hatte dieses Referendum mit seiner Person verknüpft.
    Premierminister Cameron trat zurück und Theresa May wurde Premierministerin und reichte Ende März 2017 die Scheidungspapiere in Brüssel ein. Danach fixierte May auch noch Neuwahlen, die die Mehrheiten der Tories im Unterhaus verbessern sollen. Die Schwierigkeiten die jetzt auf die Briten und die EU zukommen werden beide, EU als auch Britannien, lähmen, so dass kaum Energien für weitere Entwicklungen in Europa frei gesetzt werden können. Nach der neuerlichen Parlamentswahl in Großbritannien, spekulieren viele Briten damit das Land auf den WTO Standard zurückfallen zu lassen. Denn die Zeit für Verhandlungen ist sehr knapp.
    Auch die USA machen im Moment einen Häutungsprozess durch. Dieser Häutungsprozess ist durch die unerwartete Wahl des Republikaners Donald Trump entstanden. Unerwartet deshalb, niemand hatte dem „Rüpel“, der in der Wahl gelogen hatte dass sich die Balken bogen, eine Chance gegeben. Trump wurde von den Republikaner nicht favorisiert, was ihn jedoch nicht scherte, er setzte sich mit seinem eigenem Geld in Szene und gewann. Wesentlich ist jedoch die Wählerschaft die Trump gewählt hat. Es sind die Abgehängten, sozial vernachlässigten Gebiete die Trump wählten. Diese Gruppe war es Leid von der Washingtoner Elite immer wieder vertröstet zu werden und nicht wahrgenommen zu werden.
    Jetzt versucht Trump seine Wahlversprechen per Dekret umzusetzen, was aber letztendlich den Kongress, also die gewählten politischen Vertreter, auf den Plan rief. Sogar die Gerichte mussten Trump stoppen. Ob das langfristig eine Veränderung der USA Demokratie bedeutet, es herrscht Unsicherheit, die die Welt dazu bringt sich neu zu orientieren. Kontinuität sieht anders aus. Trump war ein Nichts auf dem politischem Radar der USA, wie konnte es zu einer derartigen Wahl kommen?

    Die französischen Präsidentschaftswahlen

    Kommen wir zu der französischen Präsidentschaftswahl. Der neue französische Präsident heißt Emmanuel Macron.
    Was war das für ein Bangen, als Marine le Pen vom „Front National“ (FN) mit 21,3 % in die Stichwahl kam und Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En marche !“ mit 24 % nur ein paar Prozentpunkte Vorsprung hatte. Letztendlich reichte es für Marcron, er gewann die Stichwahl mit 66,1 %.

    Mit der französischen Wahl konnte jedoch eines nicht mehr übersehen werden, was sich in Europa und anderswo schon lange abzeichnet.

    • ie klassischen Rechten und Linken lösten sich auf. Aber, und das war auch noch zu sehen, die etablierten Parteien, wie die Sozialdemokraten (Parti Socialiste) und die Konservativen (Les Républicains), verschwanden von der Bildfläche zugunsten einer ganz neuen Bewegung (!), der Bewegung „En Marche“ (Vorwärts) eines Emmanuel Macron. Selbst die der Nationalisten (Front National) einer Marine Le Pen, hängten die etablierten Parteien ab. Die Franzosen wollten etwas neues, nicht mehr die alten Gesichter.
    • Die französische Nation spaltete sich in Eliten und Abgehängte, die Vorstädte und die Innenstädte oder die ehemaligen heruntergekommenen Industriegebiete und die neuen Ökonomien. Hier sollten wir uns die neuen Stichworte Gentrifizierung und „Bobos“ (bourgeois und bohémien) zu Gemüte führen. Die Franzosen waren ja mit Griechenland (Syriza Partei), Spanien (Podemos Partei) oder auch durch das Wiedererstarken der österreichischen Nationalisten unter Strache gewarnt.
    • Die USA haben mit Trump einen nationalistischen und populistischen Präsidenten bekommen, der die Nation spaltet und spaltete. Was aber noch wichtiger ist, die egoistischen Einstellungen Trumps haben weltweite Auswirkungen. Verträge, wie das Klimaabkommen von Paris, werden von den USA jetzt in Frage gestellt und gekündigt.
    • Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat im Wahlkampf eines vorbildlich gezeigt, man muss nicht die Positionen der Nationalisten und Populisten einnehmen, um die Wähler für sich zu gewinnen. Macron wusste die Argumente von Marine le Pen als ein Gebilde von Halbwahrheiten und Lügen zu enttarnen und damit die Nationalisten und Populisten zu entzaubern. Er überzeugte.
    • Was die Franzosen auch gezeigt haben, die Wahlen können aus dem Nichts bestehend Mehrheiten kippen, was die Briten mit ihrer Wahl auch zeigten. May war sich ihrer Mehrheiten sicher, zu sicher aber ihr Widersacher Jeremy Corbyn kippte die Wahl und nahm Theresa May die Mehrheit ab.
    • Für die deutschen Bundestagswahlen sollte das als Mahnung gereichen, dass die Parteien auch hier sich nicht sicher sein können. Merkel für immer? Wer weiß.
    • Eine Anekdote am Rande der französischen Präsidentenwahl. Philippe Poutou Nouveau Parti anticapitaliste (NPA) ein aussichtsloser Bewerber der 11 angetretenen Bewerber machte Furore in dem er Marine le Pen und anderen in der Fernsehdiskussion mit allen Präsidentschafts-Anwärtern einmal richtig die Meinung sagte, so Poutou in einem späteren Interview. So was ist auch nur in Frankreich üblich. Immerhin holte Poutou mit 1,2 % der Stimmen den viertletzten Platz.

    Angela Merkel Foto: (c) LInde Arndt


    Was kann Deutschland daraus lernen?

    Es ist vorbei! Jahrelang haben sich SPD und CDU die Macht in deutschen Landen geteilt, jahrelang haben sie sich mit Sprüchen und gut anhörenden Worten über Wasser gehalten. Sie haben Vertrauen verspielt und ihre Glaubwürdigkeit steht nicht zum Besten. Politik hat sich ihre eigene Welt geschaffen, losgelöst von sämtlichen Realitäten, lebte sie in der Bonner Republik in einem „Raumschiff Bonn“ so finden wir die Politik heute in Berlin in einer Filterblase oder Echokammer wieder. Nur die Eliten dürfen in die „heiligen“ Büros von Abgeordneten oder Amtsträgern. Mehrfach geweihte dürfen sogar im Kanzleramt den privaten Geburtstag feiern. Man sollte jedoch nicht meinen, das wäre eine für Deutschland typische Beschreibung des politischen Systems. Weit gefehlt, die USA haben genauso mit diesem System fertig zu werden, wie andere Demokratien auf der Welt.
    Welche Konsequenzen hat das für Deutschland? Deutschland hat im September eine Bundestagswahl.
    Zuerst einmal sollten die etablierten Parteien nicht die Positionen der nationalistisch, populistischen AfD übernehmen. Denn Frankreich hat gezeigt, es gibt kein politisches ausgeprägtes rechts links Verständnis mehr. Rechts von uns darf es keine Partei mehr geben, wie es die CSU immer wieder formuliert, diese Devise ist damit obsolet. Deshalb gilt, die Halbwahrheiten und falschen Behauptungen der Populisten zu entlarven oder die Zusammenhänge aufzuzeigen die die gemachten Aussagen der Populisten, als das zu enttarnen, was sie sind – Unsinn oder schlimmer noch Lüge.
    Weiter sollten die etablierten Parteien sich an ihre Anfänge erinnern, als sie noch authentische Aussagen machten, als sie Perspektiven aufzeigten, Probleme erkannten und diese auch mit Lösungsansätzen versehen konnten. Sie sollten zeigen, dass sie in der Lage sind, die Generationserneuerung in der Politik positiv zu begleiten – neue, junge und unverbrauchte Gesichter in die Führungsetagen einzubringen. Auch Deutschland könnte einen oder mehrere „Elder Statesmen“ aufzeigen, es muss nicht immer ein 88-jähriger Jürgen Habermas sein.
    Emmanuel Macron hat aber noch eines gezeigt, er hat eine Erzählung, eine Strategie geliefert die den Franzosen eine Zukunft aufzeigen – sie (Erzählung) fängt mit Europa an und schließt Frankreich mit ein. Frankreich eine Führungsmacht mit Deutschland.
    Ein weiter so wird sowohl die Konservativen als auch die Sozialdemokraten in den Orkus der Geschichte befördern. Und bei diesem Spiel, „Weiter so“ wird es nur Verlierer geben.

    Ist Brüssel noch bei „Sinnen“?

    Mit der Öffentlichkeitsarbeit hat es die EU  nicht so. Oder wollen wir mal so sagen, Transparenz ist in Brüssel nur ein Wort. Wer etwas über die EU wissen will, muss sich schon selber bemühen.
    So kommt es, dass Spekulationen, Unterstellungen und Halbwahrheiten durch die Politik der 27(28) EU Staaten ins Kraut schießen. Jeder einigermaßen intelligente lokale bis nationale Politiker kann seine eigene Unfähigkeit unwidersprochen auf die Brüsseler Politik schieben.
    Wen wundert es, wenn die EU ein denkbar schlechtes Image hat? Wenn die meisten der 500 Millionen Europäer nicht wissen, wofür und für was eine EU eigentlich steht? Wer weiß schon, dass die Regierungschefs der 27 (28) EU Länder die Marschrichtung bestimmen respektive dominieren? Und die Regierungschefs sind nur an einer handzahmen Brüsseler EU interessiert und äußerst wachsam, wenn es darum geht, Kompetenzen an die EU abzugeben.
    So konnte man und kann man Blüten der Inkompetenz beobachten, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Die EU hat zwar einen gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum, nur, wie konnte es da passieren das es ein Roaming im Mobilfunkbereich gab.
    Haben wir nun einen Wirtschaftsraum oder nicht? Und wieder waren es die Deutschen die hier eine „Extrawurst“ von Brüssel serviert bekamen. Erst dem energischen Einsatz der Kommissarinnen Viviane Reding und Neelie Kroes war es zu verdanken, dass die Roaminggebühren für 2017 ganz entfallen. Die Finanzkrise 2008 hatte die unfertige Währungsunion allen EU-Bürgern vor Augen geführt. EU Staaten hatten sich auf Geschäfte eingelassen, die die Staaten in Schwierigkeiten brachten. Griechenland konnte sich verschulden, ohne dementsprechende Sicherheiten zu besitzen. „Billige“ Arbeitsplätze aus den osteuropäischen Staaten konnten die heimischen Arbeitnehmer verdrängen. Speditionen machten in Ländern eine Firma auf die keine strengen technischen Vorschriften und „billige“ Fahrer haben. So leben die Fahrer in Europa auf der Straße, um irgendwo auf einem Parklatz für einen neuen Auftrag geordert zu werden. Ganz zu Schweigen von den Handwerkern, die per Entsendung preiswert ihre Dienste in den EU-Staaten anbieten können.
    Was sich in den letzten Jahren zeigte, es ist die EU der Eliten und weniger der europäischen Bürger. Überall politische Baustellen und keine Lösungen in Sicht.
    Die soziale EU, die die Arbeitnehmer schützen sollte, wurde noch nicht einmal angedacht. So konnte Deutschland jahrelang ohne Mindestlohn die Löhne niedrig halten.
    Reformen wurden immer mal lauter angemahnt, jedoch diese Anmahnungen vernahm man nur als Krächzen. Es musste ja kommen, die Populisten und Nationalisten wussten sich in Szene zu setzen. Österreich, Polen, Holland, Großbritannien und Frankreich stellten immer mehr signifikante Bevölkerungsteile an Europagegnern und Europaskeptikern ab und diese Gruppe ist nicht mehr zu übersehen und zu überhören.

    Donald Tusk – Präsident des Europäischen Rates
    Foto: (c) Linde Arndt

    Der ehemalige Kommissionspräsident José Barroso mit dem Ratspräsidenten Herman Van Rompuy hätten schon längst die ersten Reform-Schritte unternehmen müssen. Die folgende Spitze der EU, Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker mit dem Ratspräsidenten Donald Tusk interessierten Reformen auch nur wenig.
    Transparent hätte man zumindest eine Skizze, eine Vision oder Schritte zu einem weiter entwickelten Europa unternehmen können. Der Brexit hätte als Zäsur verstanden werden können, die zu einem Neuanfang hätte führen können.
    US Präsident Trump ließ die europäische Elite wie Schüler aus der Grundschule dastehen in dem er sie abkanzelte und Investitionen in den militärischen Bereich verlangte. Alles Momente, die ein „weiter so“, verboten haben und förmlich nach Reformen schrien. Wer ist denn die EU? Eine starke Wirtschaftsmacht mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 15 Mrd. Euro in 2016 oder eine Bananenrepublik? Ein bisschen Selbstbewusstsein könnte es schon sein. Die Nato ist obsolet, sagte der US Präsident Trump. Kein Problem, Europa hat seit Ende des zweiten Weltkrieges die europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) als Blaupause in den Schreibtischen der Regierungen. Es gibt ansatzweise militärische Zusammenarbeiten, wie die Deutsch-Französische Brigade oder das Eurokorps, Europa kann also seine Verteidigung in die eigene Hand nehmen. Zumal Europa gem. dem Sipri Institut über 200 Milliarden Euro an Rüstungsausgaben tätigt. Zum Vergleich: Die „bösen“ Russen investieren unter 100 Milliarden in ihre Rüstung. Alles eine Frage von Effizienz. Auch sind die EU in der Lage ihre eigene Rüstung zu entwickeln und zu produzieren, wenn die Politik das nur wollte. Stattdessen spielt man mit einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der Nato, die die EU über das Terrorismusproblem ködern will. Tatsächlich ist die Strategie der Nato hinsichtlich des Terrorismus in keinster Weise erfolgversprechend oder zielführend. Experten sind der Meinung, es müsse ein Mix von Prävention als langfristiges Mittel und Überwachung aufgebaut werden. Die ganze Bomberei bringt doch nur neue Terroristen, die inzwischen mit Messern und Vorschlaghämmern oder Lieferwagen die Toten produzieren, was letztendlich zu sozialen Unruhen führen könnte.
    Die Nato wird von den USA dominiert und die USA haben keine übereinstimmenden Interessen wie die EU. Die EU macht eine gute Miene zum bösen Spiel der USA. Und Brüssel ist nicht in der Lage den USA zu sagen, so geht es nicht mehr weiter. Was ist das denn für eine Freundschaft zu den USA, wo man den Freund nicht kritisieren mag.
    Die EU stellt noch einen nicht zu übersehenden Wirtschaftsblock dar, noch, und sie muss sich weiter entwickeln, um ihre Position in einer globalisierten Welt zu behaupten. Die Welt ist jedoch nicht nur unumkehrbar globalisiert, vielmehr entwickelt sie sich zu einer multipolaren Welt mit mehreren Blöcken in der die USA nicht mehr die restliche Welt dominiert. Die USA werden gleichberechtigt neben China, Russland, Indien eine Position einnehmen. Ob es der EU gelingt, gleichberechtigt in einem Kreis dieser Staaten zu bestehen, ist bei den derzeitigen Bestrebungen der einzelnen EU-Staaten ungewiss. Auch hier entwickelt die EU Führung keinen Ehrgeiz die Dinge so zu regeln, wie es für die EU prosperierend sein sollte.
    Man fragt sich schon, wofür es eine Führung mit Kommissionspräsident, Ratspräsident oder Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik gibt und welche Politik diese vertreten um die EU fit zu machen. Es erscheint alles so sinnlos für den einzelnen Europäer.

    Jürgen Gerhardt für european-mosaik und EN-Mosaik aus Brüssel.

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Ach Brüssel, jetzt auch du?

[jpg] Es schnürt mir das Herz zusammen, wenn ich die Bilder sehe, die zeigen, wie schwer Brüssel getroffen wurde. Nach Paris haben sie dich jetzt, Brüssel, angegriffen.
Ich denke an meinen Weg zum Rat der immer an der Metrostation Maelbeek vorbeiging. Maelbeek, die letzte Metrostation, danach Station Schumann aussteigen. Alle wussten wir es nach den Anschlägen auf Paris, die Terroristen würden auch nach Brüssel kommen, aber es war doch so abstrakt, warum musste es real werden?
je_suisBrüssel das mich 2013 aufgenommen hat. Meine Fehler die ich auf der Straße machte, wie selbstverständlich übersah. Kein Hupen, kein Schreien. Du hast mir soviel Verständnis entgegen gebracht und mir immer geholfen. Du bist eine liebenswürdige Stadt, die nie die Hauptstadt Europas reklamierte obwohl du es bist. Irgendwie hast Du einen kleinstädtischen Charakter erhalten, obwohl du durch uns Europäer aus allen Nähten platzt.
Und jetzt dies: Bomben, die Tote und Verletzte dir brachten. Es ist Krieg, wir wussten und wissen es alle, wir hatten es verdrängt. Es schnürt mir das Herz zusammen.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic

Mehr Union in der EU könnte nicht schaden

"Housing the heart of Europa" in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

„Housing the heart of Europa“ in Brüssel Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Das europäische Haus „EU“ ist in einem erbärmlichen Zustand. Denkt man an die Väter des heutigen europäischen Hauses, Robert Schumann, Claude Monnet, Konrad Adenauer oder Charles de Gaulle, fragt man sich heute, was ist heute fast 70 Jahre nach den Unterschriften zu dem Vertrag zur Gründung der EGKS falsch gelaufen? Die Fliehkräfte zwischen den einzelnen EU Staaten erhöhen sich immer mehr. Terror, Finanzkrise, Ukraine, Griechenland und aktuell die Flüchtlingskrise erfordern Solidarität, die aber nicht eingefordert werden kann. Grundlegende Analysen fehlen. Improvisationen ohne Ende führen nicht zu den gewünschten Lösungen. Mangelndes Selbstbewusstsein treibt die EU in die Arme des großen Bruders USA, der nach Gutdünken in Brüssel waltet. Entscheidungen die für den Süden gut wären, werden von dem Norden nicht toleriert. Zu guter Letzt sieht der Osten der EU sich in die Ecke gedrängt und koppelt sich ab.
Es bildet sich schemenhaft eine EU der zwei Geschwindigkeiten heraus.

  • 1. Der Club der Willigen: Luxemburg, Griechenland, Schweden, Belgien, Finnland, Slowenien, Portugal, Niederlande,Deutschland, Österreich und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, plus ein französischer Staatssekretär der den Französischen Präsidenten vertritt.
  • 2. Die Visegrad-Gruppe mit Polen,Ungarn,Tschechien und Slowakei

Das sind 50% der EU-Staaten. Wobei die restlichen Staaten sich nicht festlegen wollen, temporär sich aber immer mal wieder zu einer Mittelmeergruppe, also einer dritten Gruppe, zusammenschließen, zu der sich ab und an Frankreich und Italien gesellt. Wobei Frankreichs Rolle insgesamt, bedingt durch die derzeitigen Terrorakte und die schwache innenpolitische Position des Präsidenten, nicht klar auszumachen ist.
Tatsächliches Unbehagen bereitet vielen Staaten die zu starke Stellung der Deutschen, was ein echtes Problem in der EU darstellt. Den Deutschen fehlt es an „Leadership“ um die Rolle der führenden Nation einzunehmen.
Im Moment werden Polen und Ungarn als „Störenfriede“ der EU an den Pranger gestellt, dass lenkt zumindst von den eigentlichen Problemen der EU ab.
Wie immer liegen die Probleme jedoch tiefer.

Die EU-Kette mit ihrem schwächsten Glied.

Ketten symbolisieren Stärke und Zusammenhalt, nur die Kette hat auch ein schwaches Glied. Die EU als Kette zu bezeichnen, würde sofort die Frage aufwerfen, wer oder was ist das schwächste Glied? Und da gibt es viele schwache Glieder in der EU, die nur schwer zu kaschieren sind. Es sind nicht einzelne EU-Staaten die die Schwäche der EU dokumentieren, sondern die ungelösten Problemfelder.

Abhängigkeit von den USA
Wirtschaftswachstum
Verschuldung der Staaten
Hohe Arbeitslosigkeit
Geringe Investitionen
Unterschiedliche gesellschaftliche Strukturen und Philosophien
Personelle Möglichkeiten der EU

Diese Punkte sollten eigentlich durch die Harmonisierungspolitik der EU schon längst nivelliert sein, so dass das gegenseitige Verstehen und Handeln kein Problem hätte sein dürfen. Nun, dass dem nicht so ist, hat uns 2015 eindrucksvoll gezeigt.

Abhängigkeiten von den USA

Im März 2014 machten US Präsident Obama den Europäern klar, welche Richtung er eingeschlagen sehen wollte. Bei der Ukraine Krise wurde die US-Amerikanische Richtung vorgegeben. Wirtschaftssanktionen auf breiter Front gegen die Russische Föderation waren die Folge, die natürlich dementsprechende Gegensanktionen der Russen nach sich zogen. Sehr zum Schaden vieler EU Staaten. Gas und Öl, welches die Europäer vermehrt aus Russland beziehen, sollten durch US-Amerikanische Alternativen (Fracking) ins Auge gefasst werden. Auch mit dem Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ging es, im Sinne der USA, nicht so richtig weiter – Obama machte Druck. Auch machte Obama den Europäern klar, seine Geheimdienste würde sich weiterhin in Europas Datenleitungen tummeln um Daten von Relevanz abzusaugen.
Der Rest dieses Gipfels waren nur Erklärungen, die die USA und die EU im hehren Licht von Demokratie und Menschenrechten dastehen lassen sollten. Die massenhaft verhängten Todesurteile in Ägypten, die Kriegs-Tragödie in Syrien und in der Zentralafrikanischen Republik bedauerte man allerdings auf dem Gipfel.
Die Europäer kamen wie Befehlsempfänger rüber auch wenn man von einer starken Partnerschaft und Freundschaft sprach. Selbstbewusstsein sieht anders aus und wird auch von vielen Staaten der EU eingefordert. Deutschland spielte mehr einen starken Partner der USA als der EU. Hier sollte die EU eine andere gemeinsame Position gegenüber den USA einnehmen. Denn wirtschaftlich sind die USA und Europa fast gleich, mit klaren Vorsprüngen für die EU.

Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit

Das Wirtschaftswachstum der 28 EU Staaten in 2014 betrug 1,4%, der Eurozone nur 0,9% (Quelle:Eurostat), die ersten Zahlen für 2015 zeigen weiter nach unten. 3% Wirtschaftswachstum benötigt man, um überhaupt einen Wachstumseffekt, wie Senkung der Arbeitslosigkeit, zu erzielen.
Im Oktober lag die Arbeitslosigkeitsquote der 28 EU Staaten bei 9,3%, wobei Griechenland mit 24,6% und Spanien mit 21,6% besonders auffielen. Die Jugendarbeitslosigkeit lag in fast allen EU Staaten besonders hoch. Statistisch lag Deutschland mit der Arbeitslosigkeitsquote zwar auf 4,9% im genannten Zeitraum, dies konnte jedoch nur erreicht werden durch die hohen Zahlen an Niedriglöhnern, die durch den Staat alimentiert werden und daher eine (unerlaubte) Subvention darstellen.

Geringe Investitionen

Trotz der europaweit hohen Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und der hohen Kaufkraft der einzelnen EU-Staaten waren die Investitionen in den einzelnen Ländern sehr niedrig. Trotz finanziellen Anreizen durch die EZB, die eine Null-Zinspolitik fährt und darüber hinaus die Marktteilnehmer mit Negativzinsen bestraft, die ihr Geld parken, ist es nicht gelungen signifikante Investitionen in allen Branchen loszutreten. Lediglich die üblichen Ersatzinvestitionen wurden getätigt.
Es bleibt dabei, die Märkte sind dicht und es fehlt an Fantasie für eine lohnende Investition. Einzig der Finanzsektor selber boomt wieder, was evtl. zu einer neuerlichen Finanzkrise führen könnte.

Es gibt noch mehr Zahlen, die die einzelnen Staaten nervös machen, denn die Wirtschaft ist in jedem der Staaten der Motor für eine weitere Entwicklung. Eine wirtschaftliche Störung für einen derart langen Zeitraum bringt die Staaten und damit die EU unter innenpolitischen Druck. Griechenland, Portugal oder Spanien zeigen denn auch eine neue politische Richtung, die die Brüsseler Eliten mit Sorgen betrachten.

Personelle Möglichkeiten der EU

An der Qualifikation des Personals kann man immer die Wichtigkeit eines Ressorts ablesen. War der deutsche Günther H. Oettinger als Energiekommissar eine krasse Fehlbesetzung in der vorherigen Periode, so steht er in der jetzigen Periode als Kommissar für „Digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ einem weiteren Ressort vor, wofür er nicht geeignet ist.
In fünf Jahren ist es Oettinger nicht gelungen die europäischen Energiemärkte im Ansatz neu zu ordnen, obwohl in diesem Bereich ein rasend schneller europäischer Tranformationsprozess stattfindet. Die Stichworte „Green Power“ oder „Decarbonisierung“ seien einmal in diesem Zusammenhang genannt.
Kommisarin Cecilia Malmström hatte in der Kommission Barroso II das Flüchtlingskommissariat. Sie musste das Flüchtlingsdesaster 2013 gesehen haben; denn tausende von Wasserleichen wurde an die Mittelmeerküsten gespült. Dachte Frau Malmström, dass sich durch das Ertrinken der Flüchtlinge das Problem von selber lösen würde? Sie hätte zumindest die ersten Weichen stellen müssen – hat sie aber nicht. Die Völkerwanderung 2015 war 2013 vorauszusehen und hätte durch Frau Malmström vorbereitend organisiert werden können.
Jetzt hat Frau Malmström das Kommissariat für Handel und damit TTIP zu verantworten. Und wieder zeigt sich das Unvermögen der Kommissarin, indem sie sich gegenüber den USA nicht durchsetzten kann. Die TTIP Verhandlungen sind einer demokratischen Institution wie die EU es sein will nicht würdig. Geheimverhandlungen werden geführt, so als wenn es nicht um die Belange der europäischen Produzenten und Dienstleister geht, sondern um die privaten Belange einer kleinen USA und EU Elite – Demokratie ade(?).
Malmströms Nachfolger als Flüchtlingskommissar ist Dimitris Avramopoulos, der sich von Lager zu Lager karren lässt um Präsenz zu zeigen. Auch hier sind die Probleme nur im Ansatz auf den Weg gebracht.
Das Jahr 2016 lässt nichts gutes ahnen; denn das Flüchtlingsproblem ist immer noch nicht in geordneten Bahnen. An allen Enden fehlt es, klare Strategien – Fehlanzeige.
Es fehlt allen der ehemalige Präsident des Europäischen Rates Herman Van Rompuy der die 28 Staaten mit klarer Linie moderierte, vermittelte und in der Lage war verfeindete Parteien zumindest auf einem Minimalkonsens zu bringen. Diese Unaufgeregtheit war wohltuend. Anders der neue Präsident Donald Tusk, er quält sich durch die Sitzungen und scheint schon verbrannt zu sein. Ihm fehlt das diplomatische Geschick welches Van Rompuy auszeichnete.
Leider ist es wohl so, dass die vorgenannten erst 2020 abgelöst werden, was ein schlechtes Licht auf die Kommission wirft. Kommissionspräsident Juncker hat sich wohl zu sehr dem politischen Proporz verschrieben.

1.0 Welche Probleme die EU vor sich herschiebt?

1.1 Die Finanzkrise

Durch die finanzpolitischen Aktivitäten der EZB haben die EU und die 19 Euro Staaten (nur) Zeit gekauft. Die hohen Schulden wurden „geparkt“ und müssen irgendwann beglichen werden. Die von den Deutschen „durchgedrückte“Austeritätspolitik kann als gescheitert angesehen werden. Finanzminister Schäuble hat sich in der EU keinen guten Namen gemacht. Schäuble hatte auf die konservative Wirtschaftstheorie bestanden obwohl auch ihm andere erfolgversprechende Theorien bekannt waren. Schäubles Poltern auf der Brüsseler Bühne im Zusammenhang mit Griechenland wurde von vielen Staaten sehr reserviert hingenommen. Das die Griechenlandkrise nicht ins unermessliche eskalierte ist allein den Vermittlungen des französischen Präsidenten François Hollande zu verdanken.
Wie gesagt die Finanzkrise und die damit einhergehenden Probleme sind nicht gelöst, die EU hat nur Zeit gewonnen. Wie lange? Ist nicht absehbar.

1.2 Die Ukrainekrise

2013 sollte die Ukraine ein Assoziierungsabkommen mit der EU in Vilnius unterschreiben. Der damalige Präsident Janukowitsch verweigerte jedoch die Unterschrift. 37 Milliarden Dollar an Schulden hatte die Ukraine angehäuft die kurzfristig zurück gezahlt werden mussten. Die EU wollte diese Summe nicht finanzieren. Gleichzeitig überschnitt dieses Assoziierungsabkommen mit der EU das Assozierungsabkommen mit der Russischen Föderation. Zu viele Überschneidungen zum Nachteil der Russischen Föderation gab es in dem EU Abkommen. Präsident Putin wollte diese Nachteile nicht hinnehmen und kündigte an das Assozierungsabkommen mit der Ukraine zu kündigen, falls es zu einer Unterschrift kommen würde. Es kam wie es kommen musste, die Lage eskalierte, ein Bürgerkrieg wurde losgetreten der den gewählten Präsidenten Janukowitsch aus dem Amt jagte.
Nach kurzen aber heftigen Gewaltexzessen in Kiew und Odessa wurde eine westlich orientierte Regierung ins Amt gehievt. Staatsstreich nennt man so was im Völkerrecht. Der Osten der Ukraine erkannte die neue Regierung in Kiew nicht an. Auch die Krim lehnte sich gegen die Regierung in Kiew auf. Donezk, Lugansk und die Krim, mit einem großen russischen Bevölkerungsanteil verlangten mehr Autonomie, was Kiew ablehnte. Stattdessen schickte Kiew, seine Armee um seine Landsleute niederzuschlagen. Bis heute sind rund 3.000 Menschen getötet worden, Frauen, Kinder Alte oder Kranke. Wer konnte, flüchtete.
Die EU stützt die Ukraine in Kiew inzwischen mit Milliarden die sich auf bisher 40 Mrd. Euro angehäuft haben. Mit den 6-7 Mrd. Euro der USA befindet sich die Ukraine auf Jahre in Abhängigkeit von EU und USA.
Kiew entpuppt sich inzwischen für Brüssel als ein Fass ohne Boden. Es vergeht keine Woche in der Kiew nicht in Brüssel für neue Kredite vorstellig wird.
Die deutsche Bundeskanzlerin beharrt auf einer Unterstützung von Kiew, sehr zum Leidwesen der europäischen und deutschen Wirtschaft. Denn inzwischen wurden gegenseitige Sanktionen von USA und EU gegen die Russische Föderation und umgekehrt ausgerufen.
Eine Befriedung dieses Konflikts ist trotz einem ausgehandelten Vertrag (Minsk Verträge I-III) nicht in Sicht im Gegenteil, der derzeitige Waffenstillstand ist äußerst fragil.
Auch hier müsste sich die EU von den USA lösen und eine eigenständige und selbstbewusste Politik vertreten. Dank der Deutschen wird dies jedoch nicht möglich sein.

1.3 Terror (Daesch, IS,ISIS,ISIL)

Die Anschläge in Paris haben uns eines gezeigt, die Terroristen sind unter uns. Nicht nur körperlich, vielmehr haben wir es zugelassen, dass der Geist des Terrorismus sich in Europa der EU entfalten konnte und kann. Und, als wenn es so einfach wäre, meint die Politik, einen über die Jahre gewachsenen Terrorismus mit ein paar Kampfflugzeugen die in Syrien Bomben abschmeissen zu beseitigen. Nein, der Westen hat den Terror gerufen und jetzt ist er hier.
Als der Westen in Afghanistan, Irak, Libyen oder Tunesien den Regime-Change umsetzte, hatte er nicht daran gedacht welche Auswirkungen dieser Wechsel haben könnte. Die Terrororganisation Daesch hat ihren direkten Ursprung im Irak Krieg des Westens, der bekanntermaßen von den USA mit einer „Koalition der Willigen“ ( unter anderen EU Staaten) völkerrechtswidrig durchgeführt wurde. Die regierenden Sunniten und mit ihr die führende Baath Partei wurden von dem USA Statthalter Paul Bremer in die Wüste geschickt, um sich danach im Untergrund zu organisieren. Die gesamte damalige irakische Armee die sunnitisch war, die entlassen wurde, hatte sich im Untergrund organisiert. Nach kurzer Zeit wurde aus dieser Organisation die IS oder Daesch.
Heute beansprucht die Organisation als islamische Organisation anerkannt zu werden und hat das Kalifat ausgerufen. Allerdings islamisch kann man diese Organisation nicht nennen. Denn es reicht nicht, wenn man ein paar Verse aus dem Koran zitieren kann um damit ein islamisch begründetes Dasein zu reklamieren.
Viele europäische Jugendlichen ließen sich von dieser kruden „Religion“ mit einem Führer/Kalifaten anwerben um letztendlich als Terroristen erst in Syrien und Irak zu morden und als sie ihr „Geschäft“ beherrschten in ihren Heimatländern den Terror einzuführen. Allein Deutschland und Frankreich führen über 2000 Menschen die dem Daesch die „Treue“ geschworen haben.
Die Terroristen von Paris, stellen also nur die Spitze des Eisberges dar.
Die Frage in diesem Zusammenhang: Wie konnte es passieren, dass unsere europäischen Werte, und ich spreche nicht von den US Werten, keinen Einzug in die Köpfe und Herzen der europäischen Jugendlichen fanden? War das Europäische Haus nicht attraktiv genug? Und wenn ja, was kann Europa tun, um seine Jugend wieder zu gewinnen?

1.4 Griechenlandkrise

Andonis Samaras (ND) und Giorgos Papandreou (PASOK) waren die letzten Ministerpräsidenten die sich in Griechenland „bedient“ haben. Griechenland ist trotz oder gerade wegen seines maroden Staatsystems, wo nur die Korruption gut organisiert ist, Mitglied in der EU und des Euroraumes. Und so konnte der Schuldenberg der Griechen auf satte 170% ansteigen. Erlaubt sind nur 60%. Solange die altehrwürdigen Parteien von PASOK (Panellinio Sosialistiko Kinima) und ND (Nea Dimokratia) an der Macht waren, war das für die EU irgendwie in Ordnung, man war und ist politisch eine große Familie. IWF (Internationale Währungsfonds) und die Eurogruppe der 19 hatten auch nichts dagegen. Es gab zwar Ermahnungen hinsichtlich der Schulden, am Ende wurden die ganzen Schulden immer wieder umgeschuldet, heißt verlängert.
Alexis Tsipras (Syriza) mit seinem Finanzminister Gianis Varoufakis (Syriza), später Euklid Tsakalotos (Syriza) sahen sich als linke Regierung nach der Wahl einer feindlichen Wand von Eurogruppe und EU ausgesetzt. Die EU und die Eurogruppe forderten eine große Umverteilung von unten nach oben, was der neue Finanzminister Gianis Varoufakis jedoch ablehnte. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel setzten die Griechen so lange unter Druck, bis die Griechen das taten was ihnen gesagt wurde – eine Entmündigung Griechenlands. Wirtschaftlich steht Griechenland jetzt schlechter da als vorher und es ist nicht abzusehen, wie dieses wirtschaftlich kleine Land jemals wieder auf die Beine kommt. Dazu kommt jetzt noch eine hohe Arbeitslosenquote bei der Jugend mit über 50%, eine hohe Abwanderungsquote, also der „Braindrain“ gefährdet das zukünftiges Wachstum in Griechenland. Auch hier wurde mit der Umschuldung nur Zeit gekauft, dass Problem ist noch nicht gelöst.

1.5 Flüchtlingskrise

Alles begann damit, dass die Flüchtlinge sich auf den Weg machten. 6 Routen gibt es, wobei die gefährlichsten über das Mittelmeer führen. Und das Mittelmeer wurde zum nassen Grab von bis heute 20.000 Menschen, wenn nicht mehr. Die Kriege in Afghanistan, dem Irak und in Syrien haben die Menschen ihrer Lebensperspektiven beraubt. In vielen Städten steht kein Stein mehr auf dem anderen, wohnen ist dort unmöglich. Die Grundversorgung ist zusammen gebrochen. Millionen von Binnenflüchtlingen irren in den Kriegsländern umher, andere Flüchtlinge haben sich in die Nachbarländer, wie Jordanien, Libanon oder die Türkei begeben. Dort konnten sie zumindest von der UNHCR „grundversorgt“ werden. Diese Grundversorgung fiel in 2015 flach, weil der UNHCR das Geld ausgegangen war. Viele westliche Länder hatten Unterstützungsgelder zugesagt aber nicht überwiesen. Logischerweise machten sich die Menschen auf den Weg, wer will schon verhungern. Alternativen waren wieder in die Kriegsgebiete zu ziehen und dort zu verhungern oder erschossen zu werden.
Alle Kriege die in Nordafrika geführt werden, wurden von den USA inszeniert um einen Regime-Change herbeizuführen. In allen nordafrikanischen Staaten steht der Westen vor einem Scherbenhaufen. Die USA haben diese Kriege angezettelt, Europa muss die Flüchtlinge tragen. Als die Flüchtlinge als Obdachlose in den EU Ländern auf der Straße oder in Bahnhöfen ihr Leben fristen mussten, wollte die EU den Zugang zur EU erschweren. Hier machte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eine folgenschwere Entscheidung, indem sie die Kriegsflüchtlinge in Deutschland rein ließ. Die Folge war, 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge wurden in Deutschland aufgenommen. Deutschland steht nun vor größeren sozialen Verwerfungen. Denn eine Verteilung auf alle EU Länder wurde von allen Mitgliedern kategorisch abgelehnt.

2. Fazit und Perspektiven

Die EU Staaten sind heillos zerstritten und haben einen riesigen Schritt zurück in die Nationalstaaterei gemacht. Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei mögen da als schlechtes Beispiel dienen, die die Solidarität innerhalb der EU verweigern. Polens Premier Beata Szydlo(PIS) und Parteichef Jaroslaw Kaczynski haben jetzt angekündigt in ihren Staat wieder aufzuräumen. Kriegsflüchtlinge will Polen nur handverlesen aufnehmen. Selbst die USA nehmen nur 10.000 Flüchtlinge auf, obwohl sie diese Kriege geführt hatten. Im Februar 2016 wird der Rat der EU sein Consilium in Brüssel abhalten, bis dahin soll zumindest das Flüchtlingsproblem gelöst werden. Alle Beobachter wagen dies jedoch zu bezweifeln.
Viele Probleme lassen sich ohne die USA nicht lösen. Die USA haben aber eine total andere Vorstellung und sind derart unbeweglich in der Diplomatie, so dass sich die Lösungen über Jahrzehnte hinziehen kann. Ob die Ukrainekrise im nächsten Jahr oder in 20 Jahren gelöst wird, ob es noch weitere tausende Tote gibt ist für die USA ohne Relevanz. Wenn Putin weg wäre und ein USA freundlicher Präsident der Russischen Föderation vorstehen würde, wäre der Ukrainekonflikt kurzfristig gelöst. Bei dem Syrienkonflikt sieht es nicht anders aus, geht Präsident Assad und die verbleibenden Terrormilizen (Nach den USA ist das die friedliche Opposition) stürzen, wie in Libyen, Syrien ins Chaos, wäre auch hier der Konflikt erledigt. Und Daesch (IS) oder die Taliban in Afghanistan? Für die USA sind die Terrororganisationen ohne Belang, solange sie nicht persönlich angegriffen werden.
Die EU hat 507 Millionen Bürger. Das hört sich viel an, ist es aber nicht, wenn man die Erdbevölkerung von über 7 Milliarden ansieht. China, Indien aber auch Russland und Brasilien stellen schon heute die Hälfte der Weltbevölkerung. Das wirtschaftliche und finanzielle Potenzial dieser Länder ist immens.
Die USA als Supermacht wird auf Dauer, bedingt durch seine Politik der Stärke, den Führungsanspruch verlieren. Schon jetzt bildet sich langsam eine Multipolare Weltordnung aus. China und Indien werden sicher mit Russland einen eigenen Pol bilden. Ob Europa mit den USA einen eigenen Pol bilden kann und eine Eigenständigkeit behalten kann, ist fraglich. Europa wäre gut beraten eine eigenständige Politik zu vertreten. Europa braucht die Westbindung ja nicht aufzugeben, nur sollte Europa seine Selbstständigkeit selbstbewusst auch gegen die USA vertreten.
Eine Multipolare Weltordnung sollte mit einem Europa, welches durch die Stärkung der französisch-deutschen Achse als Kerneuropa, ein Machtzentrum gegenüber den anderen Mächten darstellt. Die EU sollte zu einer EU der zwei Geschwindigkeiten umgebaut werden, wonach einzelne Staaten sich genügsam am Rande bewegen, während der Rest der EU Staaten sich mit höherer Geschwindigkeit am Um- und Aufbau des europäischen Hauses befasst.
Das größte Problem ist das Wirtschaftssystem. Es kann nicht sein, dass die Jugend nur zu 50% eine Arbeit bekommen. Perspektivlosigkeit ist die Folge und die Terrororganisationen warten nur auf solche desillusionierten Jugendlichen.Wachstum in einer automatisierten Wirtschaft wird es nicht mehr in dem Maßen geben wie ehedem vor 40 Jahren. Es muss darüber nach gedacht werden, wie die Arbeit zukünftig auf den Schultern aller verteilt werden. Die unsichtbare Hand der Marktwirtschaft wird dieses Problem nicht lösen. Die USA haben kein Interesse daran, haben sie doch durch dieses ungerechte liberale System die größten Vorteile.
Abgesehen davon, haben die USA die geringsten intellektuellen Ressourcen um solch ein Problem durchzudenken. Anders Europa mit seinen vielen Staaten, die teilweise nicht unterschiedlicher sein können. Dieses Europa könnte eine Lösung erarbeiten, wenn es sich als Europa begreifft und getreu seinem Leitspruch „In Vielfalt geeint“ handelt.
Deutschland und Frankreich sollten die restlichen Staaten nicht dominieren sondern führen, was im Februar 2016 bewiesen werden kann.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und european-mosaic

Ankunft Bundeskanzlerin Merkel in Brüssel zum Sondergipfel

23. September 2015 Sondergipfel Flüchtlinge

[Video: Credit © European Union, 2015 Producer : EC – Audiovisual Service ]

Schuldig, schuldig, schuldig der fahrlässigen Tötung

[jpg] Als die EU zum ersten mal von dem Untergang der Flüchtlinge im Mittelmeer erfuhr, hätte sie direkt handeln müssen. Stattdessen bekam die Öffentlichkeit nur weich gespülte Sprachhülsen um die „Ohren“ geschlagen. Und das geht jetzt schon monatelang, inzwischen haben wir geschätzte 2.000 Tote im Mittelmeer gezählt. Und die EU? Sie hat ihre Frontex Operation Trident vor der italienischen Küste des Mittelmeers. Die Leitmedien hatten die Ukraine und Griechenland auf dem Radar. Da waren ein paar ertrunkene Afrikaner mehr oder weniger nicht so wichtig. Und dann kam am Sonntag, dem 19. April 2015 die Katastrophe mit 700 bis 900 ertrunkenen Afrikanern, die vor den Augen der Besatzung des Containerschiffes “King Jacob” ertranken. Über Twitter gingen die Bilder mit den Nachrichten um die ganze Welt. Der Papst und der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon meldeten sich zu Wort und erinnerten die EU an ihre Verantwortung. Und diesmal hielten die westlichen Leitmedien nicht still oder schrieben den Vorfall runter.

Die EU konnte sich jetzt nicht mehr wegducken um die Verantwortung auf andere abzuwälzen. Schnell rief der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk,  einen Sondergipfel der Regierungschefs zum 23. April 2015 nach Brüssel. Das war schnell, sehr schnell für eine Ratssitzung der Regierungschefs der EU. Nachher wird sich herausstellen, es war nur Aktionismus.

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(c) Guardia Costiera

 


Und der 23. April kam, ein Donnerstag, Bundeskanzlerin Angela Merkel traf um 14:00 Uhr ein und gab nach 7 Stunden um 21:20 Uhr ihre abschließende Pressekonferenz. Kein Wort der Trauer, so wie das eben bei den terroristischen Aktivitäten immer der Fall ist.  Immerhin gab es Tote und Verletzte und das in tausendfacher Höhe.

Die Entscheidungen der EU waren: Die Kosten der Frontex Mission „Triton“ sollen verdreifacht werden. Der Auftrag, den die Grenzschutztruppe der Frontex durch den Rat bekommen hatte, wird jedoch nicht geändert. Also weiterhin Grenzsicherung und nur im Wege des Internationalen Seerechts sollte Seenotrettung betrieben werden. Später setzt Ratspräsident Donald Tusk in seiner Pressekonferenz eins drauf, indem er anmerkte „Triton“ würde nur bei Aufforderung die Seenotrettung nach internationalem Recht betreiben. Deutsche und englische Kriegsschiffe werden im Mittelmeer kreuzen um der Grenzschutzmission hilfreich zur Seite zu stehen. Die italienische Mission „Mare Nostrum“ will man allerdings nicht mehr. Die aufgenommenen Flüchtlinge werden bei den Mittelmeer Küstenstaaten an Land verbracht, dort sollen sie gemäß den Dublin Verträgen „erkennungsdienstlich“ (Fingerabdrücke, Fotografien) behandelt um sodann in Lager verbracht zu werden, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist. Die Dublin Verträge sollen nicht geändert werden und die Anliegerstaaten des Mittelmeeres sollen keine Unterstützung für den Aufwand bekommen.

Schuldzuweisungen

Was folgte, ist eine mehr oder weniger offene Schuldzuweisung an die Schlepper, an die Heimatstaaten und an die Flüchtlinge selber. Authentisches Mitleid der EU konnte man getrost vergessen. Die EU hatte einen Scheck ausgestellt, hatte gegen alle Gruppen um die Flüchtlinge gedroht und gut war es. Im Juni 2015, zum 25. und 26., wird man das Thema nochmals behandeln. Angela Merkel: Am Geld soll es nicht liegen, bei Bedarf legen wir noch was drauf.

Peinlich und schlimm wurde es mit einem Satz des Ratspräsidenten Donald Tusk den dieser Eingangs der nachfolgenden Pressekonferenz von sich gab: „Europa hat diese Tragödie nicht verursacht“, so der Ratspräsident. Für viele der Kollegen war das eine Frechheit und Zynismus pur. Denn Europa hat diese Katastrophe verursacht. Hat der Ratspräsident die Kolonialzeit vergessen, die bis heute die afrikanischen Staaten belastet?

Neuere europäisch/afrikanische Geschichte

Lassen wir einmal ein bisschen die Geschichtsbücher des afrikanischen Kontinents aufschlagen um zu sehen wie es zu dieser Tragödie nur kommen konnte.

Es dürfte zur Allgemeinbildung eines jeden Europäers und US Amerikaners gehören, dass Afrika durch die europäischen Staaten und die USA wirtschaftlich ausgebeutet wurde und immer noch wird. Lassen wir den schwunghaften und gewinnbringenden Sklavenhandel einmal sein, der etwas zu weit zurück liegt. Und betrachten wir stellvertretend die Entwicklung von belgisch Kongo.

Als die belgische Regierung 1960 ihre ehemalige Kolonie Kongo ( Heute Demokratische Republik Kongo) in die Unabhängigkeit entließ, war diese Republik, trotz eines immensen Reichtums an Bodenschätzen, nicht oder kaum lebensfähig. Die Belgier hatten zwar gutes Geld mit Kupfer, Uran, Gold, Eisen und anderen Mineralien gemacht, hatten aber nichts in eine ordentliche Bildung, Staatswesen oder Gesundheitssystem investiert. Die Folge waren Unruhen als die Belgier abzogen. Ein junger Mann Mitte 30 trat mit einigen Mitstreitern auf die politische Bühne und verlangte einen Ausgleich von der belgischen Regierung. Patrice Émery Lumumba, so hieß der junge Mann, wurde nach der ersten demokratischen kongolesischen Wahl der erste Premierminister des Kongo (Kongo-Léopoldville). Auf einem feierlichem Festakt der mit dem belgischen  König Baudouin I und vielen internationalen Honorationen begangen wurde, musste König Baudouin I unbedingt die angeblichen Errungenschaften der belgischen Regierung vor den gesamten Gästen erwähnen.

In seiner Erwiderungsrede widersprach Premierminister Patrice Émery Lumumba dem belgischen König, mit folgenden Worten:

[…] erniedrigender Sklaverei, die uns mit Gewalt auferlegt wurde. […] Wir haben zermürbende Arbeit kennengelernt und mussten sie für einen Lohn erbringen, der es uns nicht gestattete, den Hunger zu vertreiben, uns zu kleiden oder in anständigen Verhältnissen zu wohnen oder unsere Kinder als geliebte Wesen großzuziehen. […] Wir kennen Spott, Beleidigungen, Schläge, die morgens, mittags und nachts unablässig ausgeteilt wurden, weil wir Neger waren. […] Wir haben erlebt, wie unser Land im Namen von angeblich rechtmäßigen Gesetzen aufgeteilt wurde, die tatsächlich nur besagen, dass das Recht mit dem Stärkeren ist. […] Wir werden die Massaker nicht vergessen, in denen so viele umgekommen sind, und ebenso wenig die Zellen, in die jene geworfen wurden, die sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung nicht unterwerfen wollten.“ (Quelle: „Der gewaltsame Tod von Patrice Lumumba“ Von Bill Vann)

Starke Worte des jungen Premierministers. König Baudouin I, wollte abreisen, seine Begleiter rieten ihm jedoch ab. Ein Jahr später war der junge Lumumba tot, er wurde gefoltert, erschossen und sein Körper mit Bleisäure aufgelöst, der Rest der wurde verbrannt. Später wird herauskommen, dass die CIA mit dem belgischen Königshaus und dem britischen Geheimdienst den Mord an Lumumba betrieb. Man hatte Angst die Rohstoffe nicht mehr zu bekommen, da man davon ausging, dass Lumumba ein Kommunist war. Der Sohn von Lumumba wird später Klage gegen zehn Belgier wegen Mordes in Belgien einreichen. Ein Untersuchungsausschuss in Belgien wird die Verwicklungen Belgiens mit dem Mord an Lumumba feststellen.

Bis heute hat Belgien mit anderen westlichen Staaten noch einen Fuß im Land um seine Rohstoffversorgungssicherheit zu gewährleisten. Bis heute ist die demokratische Republik Kongo militärischen Unruhen ausgesetzt. Und bis heute gehört der Kongo zu den ärmsten Ländern der Welt und steht im Armutsranking auf dem vorletzten Platz.

Durch die immerwährenden Kriege und gewaltsamen Auseinandersetzungen konnte keine wirtschaftliche Entwicklung registriert werden. Das BIP pro Kopf beträgt in der demokratischen Republik Kongo rund 650,– Dollar (Stand: 2013, Quelle: IWF), zum Vergleich. Dass BIP von Deutschland beträgt rund 40.000,– Dollar (Stand: 2013, Quelle: IWF).

Das in solch einem Land für die Menschen keine Perspektiven vorhanden sind ist selbstredend. Nur, wer ist an solch einem Elend Schuld? Die Kongolesen selber? Nein, sie hatten ja nie eine Chance gehabt aus dem natürlichen Reichtum ihres Landes Profit zu ziehen, wenn von außen die Destabilisierung des Landes betrieben wird, wie jetzt im Osten des Landes.

Nun, der Kongo ist nicht der einzige Staat der noch heute vom Westen gesteuert wird, nehmen wir Somalia, Nigeria, Kenia, Eritrea, Elfenbeinküste (Republik Côte d’Ivoire) oder Uganda. In der Regel alles Staaten in denen Politiker regieren die vom Westen gesteuert werden. Auch die destabilisierten Länder im Norden des afrikanischen Kontinents, sie alle können ihren Bewohnern keine Perspektiven mehr bieten. Die Losung lautet also: Verhunger (neuerdings verdurste) oder versuch dein Glück im Westen. Das diese Menschen nie eine Chance haben zu leben, i.S. von etwas zu essen, ein Dach über den Kopf oder Bekleidung zu haben, ist offensichtlich.

In den Dörfern wird für ein oder zwei Bewohner gesammelt, damit diese im Westen etwas verdienen und davon etwas dem Dorf zu gute kommen lassen können.

Ratspräsident Donald Tusk weiß entweder nichts von diesem Elend oder steckt bewusst den Kopf in den Sand. In beiden Fällen scheint er für dieses Problem überfordert zu sein.

Was sollte die EU als Sofortmaßnahme tun?

Die erste Entscheidung sollte sein, die italienische Operation „Mare Nostrum“ wieder einzusetzen. Denn die Italiener haben die Erfahrungen gemacht, mit der sich die Operation „Mare Nostrum“ noch verbessern könnte. Sie fuhren zumindest die Schifffahrtsrouten im Mittelmeer ab, während die Frontex nur 30 Kilometer vor der Küste Italiens patrolliert. Die Flüchtlinge mit ihren Schleppern steuern doch grundsätzlich die Schifffahrtsrouten an, wegen der größeren Chance von einem Handelsschiff aufgenommen zu werden.

Parallel sollten die Aufenthaltsbedingungen für Flüchtlinge für die Mittelmeerstaaten ausgebaut und verbessert werden. Die subventionierten Nahrungsmittel Exporte der EU sollten unterbunden werden. Stattdessen sollte in den afrikanischen Staaten mit den Afrikanern eine funktionierende Landwirtschaft aufgebaut werden. Das Bildungs- und Gesundheitssystem der afrikanischen Staaten sollte reformiert und den dortigen Möglichkeiten angepasst werden. Es ist so viel zu tun, es wird nicht so viel kosten um den Menschen in ihrem Heimatland eine Perspektive zu bieten.

Es hat sich alles verändert, es gibt neue News.

Was müssen die europäischen Regierungschefs aufgeatmet haben, als in Nepal ein schweres Erdbeben mit der Stärke 8 viele Dörfer und Teile der Hauptstadt Kathmandu in Schutt und Asche legten.

Es darf wieder im Mittelmeer gestorben werden, unbemerkt und namenlos. Und morgen wird der Ukrainekrieg und die Finanzkrise in Griechenland von dem Sterben im Mittelmeer ablenken.

Und warum? Nur weil die EU, die ja angeblich eine Wertegemeinschaft sein soll, keine Entscheidung für den Menschen, den Fremden, treffen will. Die EU hat Zeit gewonnen, mehr nicht. Denn an der Nordküste des afrikanischen Kontinents stehen heute schon 1 Millionen Menschen, bereit das nächste Schiff zu nehmen und sich auf den Weg zu machen. Was haben sie schon zu verlieren? Nur ihr Leben. Wen kümmert es?  Die EU?  Wohl kaum.

Jürgen Gerhardt aus Brüssel für european-mosaic  und en-mosaik

 











 

Chaotisches mit der Ratssitzung in Brüssel

Hollande - Merkel  Foto: Linde Arndt

Francois Hollande und Angela Merkel Foto: © Linde Arndt

[jpg] Soldaten des belgischen Militärs streifen bewaffnet durch die Straßen des Europaviertels in Brüssel, dazwischen fahren Spezialeinheiten der Polizei mit Blaulicht herum. Das alles wegen der Terroranschläge in Paris vom 7.1.2015. Präsenz des Staates war angesagt, und zwar nicht zu knapp. Allerdings wussten die Soldaten und Polizisten sich dezent im Hintergrund zu halten. Beschaulichkeit war diesmal nicht auf der Agenda.

Dazu wurde das Consilium, also der Rat der Europäischen Union, von 13:00 Uhr auf 15:00 Uhr verschoben, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande in Minsk einen Friedensplan für die Ukraine verhandelten. 17 Stunden dauerten die Marathonverhandlungen bis OSZE Botschafterin Heidi Tagliavini, der ehemalige Präsident der Ukraine, L. D. Kuchma, der Botschafter der Russischen Föderation in der Ukraine, M. Yu. Surabov, A.W. Sakharchenko für das Donezk Gebiet und I.W. Plotnitski für das Luhansker Gebiet ihre Unterschriften unter das erarbeitet Dokument gesetzt hatten.Die Präsidenten Poroschenko (Ukraine), Hollande (Frankreich), Putin (Russische Förderation) und Bundeskanzlerin Merkel unterschrieben wohlweislich das ausgefertigte Dokument nicht.

Poroschenko   Foto:  ©  Linde Arndt

Poroschenko Foto: © Linde Arndt

Der ukrainische Präsident Poroschenko, drohte fortwährend mit dem Kriegszustand. Übrigens sprach keiner von einem Kessel Debalzewo, nicht einmal der Ort wurde erwähnt, obwohl in dem Kessel „fleißig“ getötet wurde. Danach ging es ab in den Flieger und rund 1.600 km nach Brüssel.

Der Bundeskanzler der Republik Österreich Werner Faymann hat es am Eingang des Ratsgebäudes auf den Punkt gebracht: „Es ist ein besonderer Tag indem der erste Schritt für einen Friedensplan in der Ukraine gemacht wurde, man muss jetzt mal sehen wie es weiter geht.“  Ab Sonntag sollen in der Ukraine die Waffen ruhen, die schweren Waffen sollen von der Front zurück gezogen werden. Und man hatte sich auf eine Frontlinie geeinigt. Allerdings waren die Verträge noch nicht einsehbar. Aus dem Umfeld der beiden Parteien waren über die einzelnen Punkte keine begeisterten Kommentaren zu hören. Alexander Sachartschenko, Präsident der Donezk Republik, wollte mit seinen Leuten die Unterschrift unter dem Vertrag verweigern. Überhaupt waren viele Punkte des Vertrages, so wie sie bekannt wurden, als zu schwach formuliert. Zu viele Interpretationsmöglichkeiten sind schon immer für Verträge schlecht gewesen. Minsk I hielt auch aus diesem Grund nicht lange. Auch soll kein Folge-Terminplan und Umsetzungs-Plan existieren. Wer die Vereinbarungen kontrollieren soll, wurde auch nicht festgelegt. Nur eines wurde klar festgelegt, die Zentralregierung in Kiew erhält 17,5 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern vom IWF. Wesentlich ist jedoch, die Europäer haben ihr europäisches Problem alleine gelöst. (Haben sie das?) Es scheint so, als wenn ein größerer europäischer Krieg, der nicht in den  Griff zu bekommen wäre, vorerst einmal mit diesem Friedensplan abgewendet wurde.

Normalerweise wäre dieses Problem für jeden genug, nur die EU bekam noch ein nicht unwesentliches Problem dazu – Griechenland. Beide Themen korrelierten sogar mit einander, indem der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gedanklich die Russische-Föderation als Ersatz-Geldgeber ins Spiel brachte.
320 Milliarden Euro Schulden hat Griechenland bei EU, IWF und EZB. Im Gegenzug hat sich Griechenland verpflichtet umfangreiche Reformen durchzuführen, die von einer Troika überwacht werden. Griechenland ist gut bei den Reformen voran gekommen, nur es entstand kein Effekt im Hinblick auf eine Schuldensenkung – im Gegenteil. Nach Jahren stellt sich heraus, die Austeritätspolitik der EU hat bei den Griechen versagt. Es sind in Griechenland umfangreiche soziale und wirtschaftliche Verwerfungen zu beobachten, die absehbar den Griechen keine Luft für eine Investitionspolitik lassen. Der Schuldenabbau geht aber auch nicht voran, im Gegenteil.

Die Bevölkerung hat reagiert und die alte konservative Regierung von Antonio Samaras ( Nea Dimokratia ) wurde abgewählt und von der 2012 gegründeten linken Syriza abgelöst. Alexis Tsipras hat auch direkt nach der Vereidigung als Ministerpräsident sofort alle Verträge gekündigt und Neuverhandlungen gefordert. Die „verhasste Troika“ die, Tsipras Meinung nach, dem griechischen Volk die Würde nimmt, die möchte er in seinem Land nicht mehr sehen. Nach diesen spektakulären Ankündigungen tourte Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis erst einmal durch die EU Mitgliedsstaaten um Verbündete zu suchen. Er fand sie in Italien oder Spanien, wobei Spanien mit der neuen linken Partei Podemos eines Pablo Iglesias Turrión die Mehrheit im spanischen Parlament in diesem Jahr übernehmen könnte. Tsipras mit seinem Finanzminister Yanis Varoufakis fordert nicht mehr und nicht weniger als einen Pradigmenwechsel im Hinblick auf den Schuldendienst eines Staates.

Es kann doch nicht sein, dass in einem Staat wie Griechenland ohne Ende Suppenküchen aufgemacht werden müssen, die Menschen von heute auf morgen keine Krankenversicherung mehr haben, ihr wohl verdientes Einfamilienhaus verlieren und sich auf der Straße wieder finden, ohne jemals Aussicht auf eine Besserung der Lebenssituation zu haben. Die Suizidrate bei Erwachsenen und bei Kinder  steigt signifikant. In Griechenland ist vieles schief gelaufen ohne das eine Troika dies jemals registrierte.

Was Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis wollen, ist ein vernünftiger Mix aus sparen und investieren. Es kann nicht mehr gespart werden als das, was ein Land erwirtschaftet. Und, die Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben in ihren Äußerungen schon erkennen lassen, dass sie nicht auf der Seite der neuen griechischen Regierung sind. Für sie gilt, die Griechen sollen weiter so verfahren, wie mit der Vorgängerregierung abgemacht. Das hört sich so an wie Operation wird gelingen, auch wenn der Patient dabei sterben wird.

Rsipreas - Renzi  Foto: © Linde Arndt

Alexis Tsipras und Matteo Renzi Foto: © Linde Arndt

Ein weiterer Aspekt ist die Jugend der neuen Politiker-Generation aber auch das viel umfangreichere Wissen. Die Generation Schäuble ist mit 72 Jahre, gegenüber der Generation Alexis Tsipras oder Matteo Renzi, die rund 40 Jahre sind, in die Jahre gekommen. Die europäische Linke ist radikaler als die Sozialisten der europäischen Party of European Socialists (PES).  Zu lange haben die europäischen Sozialisten mit der Mitte immer mehr an Stimmen verloren. Die Generation Alexis Tsipras oder Matteo Renzi sind frisch und unverbraucht und könnten einer europäische Sozialpolitik mehr Kraft geben.

Selbst Parlamentspräsident Martin Schulz verhehlt nicht seine Sympathie mit der neuen griechischen Regierung und plädiert dafür ihnen eine Chance einzuräumen, damit sie sich zuallererst einmal findet um in eine klarere Linie hinein zu wachsen.

Am Rande des Treffens wurde auch über das Massengrab Mittelmeer gesprochen. Über 300 tote Flüchtlinge wurden von den Italienern aus dem Wasser gezogen. Parlamentspräsident Schulz mahnte zum wiederholten mal eine Flüchtlingspolitik an. Allerdings sagte er in der gleichen Konferenz, dass die Grenzen der EU, und dazu gehören auch die Seegrenzen im Mittelmeer, besser bewacht werden sollten.

Die EU bleibt eine riesengroße politische Baustelle, die nicht wesentlich weiter kommt als wie zu einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Migrationspolitik ist für Brüssel nur ein Fremdwort.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic aus Brüssel.

 

 

Zum Jahreswechsel 2014/2015

Weihnachten 2014  Foto: Linde Arndt

Weihnachten 2014 Foto: Linde Arndt

Es ist wieder so weit, es wird Weihnachten. Tage, in denen wir in uns gehen, Tage, die uns bewusst machen es geht uns gut. Tage, an denen unsere Probleme kleiner werden. Tage, die uns die Liebe zu unseren Mitmenschen näher bringt. Es sind Tage, die auf den einen Tag hinaus laufen – auf Weihnachten. Liebe ist das Zauberwort der Tage, Liebe die niemals erlöscht und in unserem Herzen ruht. Der Wunsch kommt auf, lass diese Tage in uns das ganze neue Jahr bestehen bleiben.

So sollen die kommenden besinnlichen, harmonischen und liebevollen Tage mit unseren Lieben, die wunderschönsten Tage in einem Jahr werden.
Fassen wir uns alle an den Händen und wünschen uns:

Frohe und besinnliche Weihnachten und ein glückliches neues Jahr.

Ihre EN-Mosaik und european-mosaic Redaktionen

Wo Demokratie draufsteht muss nicht Demokratie drin sein

Panel 12. Debatte TTIP  Foto: Linde Arndt

Panel 12. Debatte TTIP Foto: Linde Arndt

[jpg] In Brüssel muss man differenzieren. Und zwar immer. Es geht um die demokratisch legitimierten Kräfte oder Institutionen. Demokratisch in Brüssel legitimiert heißt, es fand europaweit eine demokratische legitimierte Wahl statt. Wichtig ist das dann, wenn man wissen will, für wen Die- oder Derjenige spricht und auch handelt. Für seinen Staat, für Europa, für seine Wirtschaft oder gar für eine übergeordnete Macht.

So ist der Rat der europäischen Union (Rat), also die 28 Regierungschefs, die oberste Instanz in der EU,  nichts geht gegen ihn. Die Regierungschefs der zur Zeit 28 Länder treffen sich regelmäßig und entscheiden über Gesetze, Richtlinien, Verordnungen, die von dem Parlament und der Kommission erarbeitet wurden. Fast die Hälfte aller Arbeiten wandern durch den Rat in den Papierkorb.  Nur ein Land braucht gegen eine Vorlage zu stimmen um die Vorlage zu Fall zu bringen. Das wesentliche am Rat, die Teilnehmer, wenn es sich um einen Regierungschef handelt, werden von ihren nationalen Parlamenten gewählt, nicht von ihrem Volk und schon gar nicht vom europäischen Volk. Der Rat ist also weit davon entfernt demokratisch legitimiert zu sein.

Kommen wir zu der zweiten Institution, der Europäischen Kommission (Kommission). Die Kommission besteht aus ihrem Präsidenten und zur Zeit aus 27 Kommissaren. Das sind 28 Personen, die vom Rat vorgeschlagen werden und vom Parlament „abgesegnet“ werden. Die Kommission wird zwar vom europäischen Parlament gewählt, das Parlament hat jedoch nur indirekt Einfluss auf die qualifizierte Zusammensetzung der Kommission. Auch hier, die Kommission ist weit weg von einer demokratischen Legitimation. Rat und Kommission stellen den immer wieder reklamierten größten Bürokratieaufwand dar. Dieser Bürokratieaufwand ist jedoch alleine von den Regierungschefs des Rates zu vertreten. eu-grafik


Entfernung von der demokratischen Legitimation.

  Und zum letzten gibt es noch eine Besonderheit, „Der Ausschuss der Regionen“ (ADR) oder ​“The Committee of the Regions“ (CoR). Mitglieder sind die Bürgermeister, Landräte oder Mitglieder einer Gebietskörperschaft (Stadtrat oder Regionalverbände). Dieser ADR hat ein Mitwirkungsrecht und wird bei Vorlagen zu Rate gezogen. Er empfiehlt, schlägt vor oder nimmt Stellung, gegenüber den Ausschüssen oder der Kommission zu den Vorhaben der EU. Seine Legitimation ist die Wahl seiner Mitglieder in ihren Gebietskörperschaften. Sie sollen aus der lokalen Sicht die vorgelegten Arbeiten betrachten. Da die 353 Mitglieder in ihren Regionen direkt oder auch indirekt gewählt wurden, haben sie eine hohe demokratische Legitimation. Die Kommission führt zur Zeit Verhandlungen mit den USA über TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), TISA (Trade in Services Agreement) und das ISDS (Investor-State Dispute Settlement). TTIP ist der freie Handelsbereich, TISA ist der freie Dienstleistungsbereich und ISDS ist der Bereich des Investorenschutzes. Das mit Kanada verhandelte CETA Abkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement)  steht vor der Ratifizierung bis Ende 2014.

Plenar-Sitzung  Foto: Linde Arndt

Plenar-Sitzung Foto: © Linde Arndt

Nun hatte die Kommission zwar das Parlament und die Ausschüsse über TTIP und ISDS informiert, nicht jedoch den ADR/COR. Die Mitwirkung des Ausschusses wurde schlicht vergessen. Das der Ausschuss sich dies nicht gefallen ließ war vorprogrammiert. Denn die vorgenannten Abkommen gelten als „Geheimabkommen“. Selbst in den USA dürfen die beiden Häuser, Kongress und Senat, den Stand dieser Abkommen nur einsehen und dürfen sich keine Aufzeichnungen machen. Für eine Demokratie wie die USA, die als Führungsnation dastehen will, unhaltbar. Und in Brüssel? Auch hier sind die Verhandlungsprotokolle nicht einsehbar. Was bis heute über die Verhandlungsdelegationen herauskam, war für die europäischen Abgeordneten erschreckend. Denn es kann doch nicht sein, so der Tenor, dass Europa seine  Standarts einem nicht beweisbaren Wachstums- und Arbeitsplatzversprechen opfert. Denn das NAFTA (North American Free Trade Agreement) hat in seiner Umsetzung nur eines gezeigt, die Kleinen verlieren und die Großen gewinnen.  Für Mexiko kam zum Beispiel nur ein Sterben kleiner landwirtschaftlicher Betriebe heraus, tausende Arbeitsplätze waren davon betroffen. Es kam heraus, dass die diversen Studien zu diesem Abkommen geschönt wurden. Tatsächlich kam nur ein Wachstum von 0,05 pro Jahr heraus, als sich jemand mal die Mühe machte die Studien zu überprüfen. Unterm Strich kommen in den neuerlichen Berechnungen ein paar tausend Arbeitsplätze heraus. Warum also, wurde der ADR übergangen? Warum sind die Verhandlungen geheim? Der ADR/COR bat aus diesem Grund EU-Handels-Kommissar Karel de Gucht und den amerikanischen Botschafter bei der EU Anthony L. Gardner zur Sitzung, um die drängenden Fragen zu klären. Der neue ADR/COR Präsident Michel Lebrun betonte zu Beginn der Sitzung im Charlemagne-Gebäude, ein Gebäude der Kommission, die Bedeutsamkeit dieses Abkommens für Wachstum und Arbeitsplätze. Kommissar Karel de Gucht zeichnete ein allgemein positives Bild von diesem Abkommen – Handelshemmnisse, wie die Teilnahme an den Ausschreibungen, Abbau von Regulierungen oder aber auch die noch bestehenden Zölle bei Textilien. Hindernisse zwar abbauen aber den bestehenden Schutz der Bürger in der EU nicht beseitigen. In den Sektoren Pharma oder Automobil könnten die Standards angeglichen werden. In Punkto Investitionsschutz, also ISDS (Investor-State Dispute Settlement befindet man sich mit den USA noch in einer Streitpause. Die Pause will man jedoch in den nächsten Monaten beenden und mit weiteren Diskussionen beginnen. Warum dieses Abkommen nicht mit der WTO in der stockenden DOHA Runde umgesetzt wird, kein Wort darüber. Überhaupt waren nur allgemeine Argumente zu vernehmen, die nichts klärten.

Auch von US Botschafter Anthony L. Gardner war nichts Konkretes zu erfahren, außer dass er sich auf die weiteren Verhandlungen mit der neuen Handels-Kommissarin Cecilia Malmström aus der neuen Junker Kommission freue. Diese hatte sich ausdrücklich bei einer Parlamentsanhörung für dieses Abkommen ausgesprochen. Bei TTIP gehe es nicht ausschließlich um Profit, vielmehr will die USA Mitglied des bestehenden EU-Binnenmarktes werden, dadurch würden die USA attraktiver in Europa. Gleichzeitig würden die KMUs gefördert, sprich der Mittelstand.(Und jetzt kommt es) 4,2 Millionen Arbeitsplätze werden geschaffen! (Das sind schon wieder die bekannten Studien, die ja bereits widerlegt sind) Die Botschaft von US Botschafter Anthony L. Gardner – es ist alles gut. Und wir (USA) werden die Öffentlichkeit mit ins Boot holen. Allerdings schränkte er ein: Nicht alle Dokumente können zugänglich gemacht werden. (Warum?) Weil wir darüber noch verhandeln und die Veröffentlichungen zu Unsicherheiten führen würden. (Wer es glaubt.)

Markus Töns (SPD) aus NRW will TTIP nicht zu jedem Preis und stellt die Frage, ob TTIP nur den Konzernen nutzt. ISDS lehnt er ab; denn die EU ist für ihn eine Wertegemeinschaft und keine Wirtschaftsgemeinschaft.
Markku Markkula (EVP/FI) will das Abkommen nochmals überprüfen, da der ADR nicht zu den Gesprächen der Kommission eingeladen war. Was ist bei den öffentlichen Anhörungen heraus gekommen, 150.000 Einwände sind zu ISDS eingegangen? Was passiert wenn ISDS aus dem Abkommen heraus genommen wird?
Karl-Heinz Lambertz (SPE) will nicht den Kopf für etwas hinhalten, ohne zu wissen worum es geht. Solche Abkommen lassen sich nicht so einfach bei der Bevölkerung durchsetzen.
Anthony Gerard Buchanan (EK/EA) reklamiert die mangelnde Transparenz. Wachstum ja, aber nicht um jeden Preis. Eine Privatisierung des Gesundheitssystems lehnt er vollkommen ab. Und so ging es im Tenor weiter.

 

Markus Töns (SPD) ist demnach der Berichterstatter für TTIP. Nachdem die Mitglieder des ADR/COR ihre Positionen vor dem Ausschuss dargelegt hatten, nahmen Kommissar Karel de Gucht und US Botschafter Anthony L. Gardner noch einmal Stellung. Karel de Gucht wollte schon früher das Abkommen offen legen, wurde aber durch den Rat daran gehindert, namentlich nannte er die deutsche Bundeskanzlerin, die die Zustimmung zur Offenlegung des Abkommens verweigerte. Auch sieht er es als unmöglich an, eine Offenlegung anzustreben, wenn die USA alles geheim behandelt, so Karel de Gucht.

US Botschafter Anthony L. Gardner unterstellt den Mitgliedern und den Kritikern eine falsche Wahrnehmung, denn bei den Stakeholder (Teilnehmer) Versammlungen haben wir alle Informationen heraus gegeben. (Besser kann man es nicht machen?) Und im übrigen wird die Schwelle der ISDS sehr hoch sein um ein Schiedsgericht anrufen zu können, so Gardner.

Im Grunde wollten oder konnten beide nichts Konkretes von sich geben, deshalb auch nur die Worthülsen und einige Sprachregelungen, die kaum etwas zur Aufklärung taten. Auf den Fluren waren die Mitglieder des ADR auch etwas enttäuscht, man wird sehen welche Informationen der Berichterstatter bekommt. Aber wie gesagt, der ADR/COR hat nur! ein Mitwirkungsrecht. Mit Demokratie hatte das nichts zu tun.

Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik aus Brüssel.

Totgesagte leben länger

Juncker  Foto: Linde Arndt

Jean-Claude Juncker Foto: Linde Arndt

[jpg] Die Europawahl ´14 ist vorbei. In Brüssel haben sich viele neue Abgeordnete eingefunden um sich, wie für Neuankömmlinge wichtig, mit ihren Daten registrieren zu lassen. Es gab die notwendigen Ausweise (Badges) mit denen der Zugang zu den Sitzungen garantiert ist. Es ist für jeden ein Kreuz den administrativen Teil in Brüssel hinter sich zu bringen. Muss aber sein; denn dahinter steht ein ausgeklügeltes Zugangs- und Sicherheitssystem.

Heute sind die Fraktionen und Ausschüsse gebildet und der „Pulverdampf“, der durch die Wahl von Jean-Claude Juncker zum Kommissionspräsidenten entstanden war, ist schon längst verflogen. Es ist aber nicht die einzige Personalie, die in Brüssel anstandt und noch ansteht. Bis Ende des Jahres muss ein neuer ständiger Präsident des Europäischen Rates von den Regierungschefs benannt werden, Herman Van Rompuy wird aufhören.

Federica Mogherini  Foto: Linde Arndt

Federica Mogherini Foto: Linde Arndt

Ebenso wird die „Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Erste Vizepräsidentin der Europäischen Kommission“ Catherine Margaret Ashton ersetzt werden. Hier ist im Moment die derzeitige Außenministerin Italiens Federica Mogherini sehr gut im Rennen, wobei die französische Sozialistin Elisabeth Guigou mit großen Erfahrungen im Bereich Justiz, Wirtschaft und Außenbeziehungen ein Schwergewicht im diplomatischen Ring darstellt.

Helle  Foto: Linde Arndt

Helle Thorning-Schmidt
Foto: Linde Arndt

Die Position von Herman Van Rompuy wird sehr schwer zu besetzen sein, denn er muss die 28 sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten der europäischen Regierungschefs zusammen halten – die Fliehkräfte in dieser Gruppe sind sehr stark. Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt wird derzeit auf den Fluren gehandelt. Geht aber nicht, wenn der Posten der Hohen Vertreterin wieder von einer Frau eingenommen wird. Zwei Frauen an der Spitze wäre für diese europäische Männerwelt zu viel. Die Spannung bleibt also.

Anders ist es mit den Kommissaren und Kommissarinnen, hier hatten die Regierungschefs vor der Wahl einen Bürokratieabbau versprochen. Denn die Kommission ist die größte Behörde. Sicherlich erinnert sich der eine oder andere Wähler an dieses Versprechen. Nur der Europäische Rat, also das Gremium der Staats- und Regierungschefs, der für die Ernennung der Kommissare zuständig ist, denkt nach der Wahl nicht an einen Bürokratieabbau. Es bleibt bei den 28 Kommissarinnen und Kommissaren mit allen ihren Kabinetten. Das Gedächtnis der Staats- und Regierungschefs hält nicht über die Wahl hinaus.

Ich denke, wichtiger ist erst einmal der Wechsel in der Ratspräsidentschaft. Griechenland hatte die Ratspräsidentschaft bis zum 30.Juni 2014 und Italien übernahm nahtlos am Folgetag in Straßburg. Der griechische Premierminister Andonis Samaras übergab denn auch mit einer Bilanz an den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi.

Die Europawahl ´14 führte uns mit der erstmaligen „Direktwahl“ von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker das Fortschreiten des europäischen Projektes vor Augen. Manchmal geht das europäische Projekt etwas langsamer aber in diesem Fall war es ein großer Schritt, so Samaras.

Samaras  Foto: Linde Arndt

Andonis Samaras Foto: Linde Arndt

Samaras bilanzierte denn auch das griechische Semester, welches zwar durch die Wahl etwas kürzer war als ein Semester, jedoch konnten viele Projekte zu einem guten Ende gebracht werden. 67 Rechtsakte und 15 legislative Fortschritte konnte das griechische Team bilanzieren. Dazu gehörte die Vertiefung der Währungsunio. Das Wachstum und die Beschäftigung konnte mit der Verabschiedung des Haushaltes einen Impuls an die gemeinsame Wirtschaft aussenden. Der Steuerbetrug erfuhr eine weitere Eindämmung durch gesetzgeberische Maßnahmen der EU. Investitionshemmnisse wurden beseitigt, indem die Kreditvergabe an KMU´s weiter vereinfacht wurden – dies schafft Arbeitsplätze. Die Außengrenzen der EU wurden besser geschützt und das Migrationsmanagement wurde verbessert – eine neue Frontexverordnung (Frontex ist eine Institution der EU, die für den Schutz der Grenzen zuständig ist (d.Red.)) regelte das. Mit Drittstaaten wurde eine bessere Zusammenarbeit hergestellt, die Meerespolitik wurde unter Sicherheitsaspekten überarbeitet. Zu guter Letzt wurden die Beitrittsverhandlungen mit Serbien und Albanien auf den Weg gebracht.

Europa hat funktioniert und ist nicht auseinandergebrochen, wie es viele vorausgesagt hatten. Und der Euro? Auch er hat sich in diesen schweren Zeiten bewährt und ist härter geworden. Nur wir sollten die Europäische Union näher an die Herzen der Europäer bringen. So der griechische Premierminister Andonis Samaras.

Es vergingen nur ein paar Stunden und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi hatte den Staffelstab des logo-italien-2014.jpg
„Vorsitz im Rat der Europäischen Union“ turnusmäßig übernommen. Mit seiner Antrittsrede eröffnet Ministerpräsident Matteo Renzi das folgende italienische Semester ´14.

Der Rat hat mit der Wahl des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker seinen Respekt vor dem demokratisch gewählten EU Parlament gezeigt, so Renzi eingangs.

„Wenn Europa heute ein Selfie von sich selbst machen würde, welches Bild würde sich dann ergeben?“, so fragte Renzi.

Wir würden ein müdes und gelangweiltes Gesicht von Europa sehen. Und das ist unverständlich. Die Welt dreht sich sehr schnell und die Entwicklungen rasen nur so an uns (Europäern) vorbei. Es sind Chancen die an uns vorbeiziehen, die wir nicht ergreifen. Die Zukunft braucht unseren Tatendrang, sie fordert uns heraus und wir lassen sie vorüberziehen. Warum? Weil wir mit einer Wunde beschäftigt sind, die uns 2009 die Finanz- und Wirtschaftskrise geschlagen hatte. Was soll das? Die Wunde ist versorgt, nun sollten wir uns den neuen Herausforderungen stellen. Als erstes sollten wir die Seele Europas suchen um damit unsere Identität zu finden.

Italien wird sofort seine eigenen Probleme lösen, es sind nicht die Probleme Europas, sondern die Probleme Italiens. Italien kann sich voller Kraft diesen Problemen stellen, weil es weiß, es ist stark.

Es geht um Wachstum UND Stabilität, nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa. Wachstum kann nur durch Investitionen entstehen, welches dann der Wirtschaft die notwendige Stabilität bringt.

Wir Europäer sind führend in den Umwelttechnologien, warum sollten wir das nicht ausweiten. Wir sind zurück in den digitalen Technologien, warum sollten wir nicht einholen. Beide Bereiche ragen weit in die Zukunft hinein, Europa kann die Zukunft für sich entscheiden.

Wir sollten aber nicht vergessen, Europa ist nicht nur eine geografische Fläche auf eine Karte, Europa ist das Haus mit 500 Millionen Bewohnern. Und diese Bewohner vertrauen und fordern uns, den Mut zu haben die Zukunft zu meistern. Unsere Generation steht in der Tradition von der Antike, über die Verträge von Maastricht bis heute in einer Gegenwart die uns auffordert, die erarbeiteten Errungenschaften unserer vormaligen Generation zu bewahren aber auch in diesem Geiste weiter zu führen.

Renzi  Foto: Linde Arndt

Matteo Renzi Foto: Linde Arndt

Renzie erntete stehenden Applaus aus allen Fraktionen.

Der noch amtierende Kommissionspräsident Barroso fand im Anschluss, die Rede als sehr gelungen, da Renzi auf die Werte, den Stolz und die Würde Europas abstellte. Europa kann immer noch mehr geben, wenn es sich auf seine Stärken besinnt, so der scheidende Barroso.

Alles in allem merkte man aber, es gibt diesen Wermutstropfen, den der Krieg in der Ukraine den Europäern in Brüssel und Straßburg vor Augen führt. Alle sind sich einig, Krieg in Europa sollte der Vergangenheit angehören, ob das in Jugoslawien oder in der Ukraine war oder ist.

In einer der Aussprachen des Parlamentes war man sich nicht so einig in der Vorgehensweise, wie man den Krieg in der Ukraine stoppen kann. Die Kommission mit Štefan Füle; EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, machte es sich etwas zu leicht, indem sie die Schuldfrage auf die Russische Föderation ablud.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

Politische Leistungen werden vom Wähler auch belohnt

Wahlparty 2014  Foto: Linde Arndt

Wahlparty 2014 Foto: Linde Arndt

[jpg] Wahlen allerorts. Im Vorfeld der Wahlen, die am 25.Mai 2014 stattfinden sollten, gab es vielfältige Diskussionen. Politikverdrossenheit, Rechtsruck, Wählermüdigkeit usw. waren die Themen die Politik und Medien beschäftigten. Es war ein spannender Tag der eines bestätigte  – gute politische Arbeit wird vom Wähler auch belohnt. Da EN-Mosaik eine starke Affinität für die Europäische Union hat, haben wir die Europaanalyse hier mit eingebunden.

Europawahlen

Die bayrische CSU hat in Deutschland als erstes das deutsche „Gejammere“ eröffnet. Die (CSU)  hat mit lediglich 40% zu dem Wahlergebnis der EVP beigetragen. Danach wurde die AFD zum Thema erkoren, die den Einzug aus dem Stand ins europäische Parlament mit 7 Sitzen schaffte. Der Vorsitzende der AFD, Bernd Lucke, sah seine Partei denn auch schon als Volkspartei neben CDU und SPD. Die eigentliche Sensation waren jedoch die kleinen Parteien die durch Wegfall der 3% Hürde im europäischen Parlament nun anzutreffen sind. Wer hätte das gedacht, dass solche exotischen Parteien wie die Tierschutz-, Familienpartei oder „Die Partei“ eines Martin Sonneborn im europäischen Parlament je verortet werden könnten.
Nationalisten, europakritische bis –feindliche Parteien wurden vom Wähler auserkoren seine Interessen zu vertreten. Welche Interessen?  Frankreich, United Kingdom oder Ungarn sehen wie ihr Parteiensystem sich total verändert.
Die Partei Front National (FN)  von Marine Le Pen in Frankreich landete nach der Auszählung mit rund 25% auf dem ersten Platz (vor den regierenden Sozialisten), die UK Independence Party (Ukip) des Nigel Farage in Großbritannien (UK) (das ist eine englische Tea Party) bekam rund 28% und die ungarische Jobbik Partei (mit faschistischen Zügen) rund 15%.

Brüssel nimmt dies zur Kenntnis sieht dem Treiben eher gelassen entgegen, es werden kaum politische Veränderungen zu registrieren sein. Die EVP und die PES, also die Volksparteien zu der die CDU gehört und die PES zu der die SPD gehört, haben die Mehrheiten im EU Parlament erhalten, die sie zu einem politischen Handeln benötigen. Das die PES stärker wurde und die EVP etwas schwächer, an den Verhältnissen ändert dies kaum etwas. Das Haus Europa gerät nicht so schnell aus den Fugen. Es ist noch viel in Europa zu tun – Stichwort: Soziales Europa. Die neuen Parteien über die sich die Medien so aufregen, haben eine nicht ernstzunehmende Sitzanzahl innerhalb des 751 Sitzen zählenden EU Parlaments. EU Parlamentsarbeit ist eine Arbeit, die dem bohren von dicken Brettern gleicht.
Eher betrachte man das Image der EU mit Sorgen, denn die 28 Regierungschefs der EU haben es sich zur Regel gemacht ihre eigene schlechte Politik Brüssel anzulasten. Die nationalen Medien unterstützen dieses „Schwarze Peter“ Spiel auch noch. Kein Wunder wenn viele Wähler die EU aufgrund dieser Tatsache nicht mehr wollen oder an der Leistungsfähigkeit der EU zweifeln.

Ein Wort zum Kommissionspräsidenten, der ja neu durch den Rat ernannt werden muss. Jean Claude Juncker, (EVP), Martin Schulz, (PES), Guy Verhofstadt, (ALDE), Ska Keller, (Grüne/EFA), José Bové, (Grüne/EFA), Alexis Tsipras, (GUE–NGL) haben (nicht überall) sich an vielen Orten für ihre politischen Meinungen in Debatten geschlagen (Zumindest da wo sie gemeinsam auftraten). Da wo sie sich dem Wähler stellten, war die Europa-Begeisterung. Bundeskanzlerin Angela hat sich dagegen nur plakatieren lassen um ihrem Ego zu genügen. Die Wahlbeteiligung war EU-weit rund 43%, was den 6 Spitzenkandidaten sehr hoch anzurechnen ist. Das alles nutzt aber nichts wenn in Deutschland die EU kaum oder nur unzureichend dargestellt wurde und wird. Heute, am Dienstag, wird der Rat zum ersten mal am Rande über diese Wahl und deren Auswirkungen sprechen. Über eine Verkleinerung der Kommission, die ja immerhin 28 Kommissare hat, wird man jedoch nicht sprechen. Obwohl die Kommission und deren Kommissare von den 28 Regierungschefs ernannt werden.
Ein wesentliches Thema wird jedoch die Ukraine Krise mit der am Sonntag stattgefundenen Präsidentenwahl sein.

Ukrainewahlen

Die Ukraine kann man nach den diversen Vorkommnissen wohl kaum als Demokratischen Staat einordnen. Ob das der Putsch in Kiew, die Abspaltung der Krim, die Ausrufung einer Republik Donbass, der Einsatz von Militär gegen die eigene Bevölkerung ist, dies kennen wir nur von Diktaturen.
Die Präsidentenwahl am Sonntag sollte eine Heilung der verschiedenen demokratischen Sünden bringen oder zumindest eine demokratische Legitimation der Kiewer Administration.
Kurz vor der Wahl wurde noch schnell das Wahlgesetz geändert! Danach muss nicht jede Stadt oder jede Region wählen um eine gültige Wahl zu bekommen. Es genügt wenn die verfügbaren Städte oder Regionen gewählt haben. Für Demokratien eigentlich unmöglich. Das war aber für viele nicht das Problem.
Die Kandidaten (!) die zur Verfügung standen waren das Problem. Mit Petro Poroschenko und Julija Tymoschenko standen dem Wähler zwei ausgesuchte Oligarchen zur Wahl, wovon einer den durch Putsch an die Macht gekommenen Olexandr Turtschynow ablösen soll. Es soll ja anscheinend nur eine Pseudolegitimation werden. So wie es am Sonntagabend aussah hat der Milliardär und Oligarch Petro Poroschenko die Präsidentenwahl gewonnen, also keine Stichwahl.
Was dabei bestürzt ist folgendes: Der Maidan demonstrierte Ende 2013 gegen die korrupten Oligarchen die der Ukraine den Staatsbankrott gebracht hatten. EU und die USA hatten dafür vollstes Verständnis und unterstützten diese Bewegung mit Geld und guten Worten. Und genau diese Oligarchen standen den Ukrainern jetzt zur Wahl? Wie groß muss die Enttäuschung bei den demokratischen Kräften jetzt sein. Oder waren es keine demokratischen Kräfte?

Ganz anders die Kommunalwahlen im EN-Südkreis, die mit den vorgenannten nur etwas gemeinsames hatten, es gab keine Themen die die Wähler an die Wahlurnen trieb. Aber es gab ein politisches Highlight.

Gevelsberg

claus-jacobyHier wurden die Bürgermeister- und die Gemeinderatswahl ´14 zusammen abgehalten. Es wurde ein überwältigender Sieg des derzeitigen Bürgermeisters Claus Jacobi (SPD) und seiner SPD. Jacobi bekam 88% (+10,2) die SPD bekam 63,5% ( +8,1%), DDR Verhältnisse raunte man auf den Fluren. Nein, es waren keine DDR Verhältnisse, es war die Belohnung für eine gute Arbeit die der derzeitige und zukünftige Bürgermeister bekam. Es ist eine Liebeserklärung der Gevelsberger an ihren Bürgermeister. Und Jacobi hat in den 5 Jahren diese Liebeserklärung immer wieder erwidert.
Tatsächlich hat er ja auch sehr viel vorzuweisen – Vorzeigbares aber auch sehr vieles nicht sofort Sichtbares. Nun, es wurde von seinen Bürgern registriert und auch goutiert.
Das Wahlergebnis konnte mit einer Wahlbeteiligung von 52,5% aufwarten – ein gutes Ergebnis.
Gevelsberg taugt als Blaupause für Städte dieser Größenordnung.

Für die Chronistenpflicht: CDU 18,8%,  FWE/FDP 6,5%, Grüne 6,3%, Die Linke 4,4%.
Bürgermeisterwahl: Frau Dietz für die FWE/FDP 8,4%, und Herr Schock für die Linke 3,6%

Ennepetal

Die Gemeinderatswahl hat keine wesentlichen Veränderungen gebracht. Haben doch die Sozialdemokraten nicht von den Verlusten der CDU und FDP profitieren können. Von dem Verlust von gesamt 11,5%, wobei CDU -7,5% und die FDP – 4 % erhielten, konnte die SPD nur ein +2,6 % und damit nur einen Sitz einfahren. Die eigentlichen Gewinner sind die neue AFD mit 4,7% und damit 2 Sitzen, Die Linke mit 4,0% und damit 2 Sitzen, die Piraten mit 1,9% und 1 Sitz.
Schuld an diesem umfangreichen Revirement ist der schlecht organisierte Generationswechsel der CDU der danach auch noch zu einer Häutung führte. Der Wähler traute dieser CDU nicht (noch) wirklich was zu – sie wurde mit Minus 7,5% abgestraft.

Charline Zwick  Foto: Linde Arndt

Charline Zwick Foto: Linde Arndt

Nebenbei schlug ein Newbie Charline Zwick (CDU) Elmar Herrmann (SPD), immerhin Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung der Stadt Ennepetal. Tja, so ist das in der Politik. Und eine Besonderheit: Die SPD holte 16 der 20 Direktkandidaten, so dass 2 Überhangkandidaten in den Rat zogen.
So konnte man auch keine richtige Mehrheit ausfindig machen. Die Sozialdemokraten als auch die anderen Parteien saßen mehr oder weniger unter sich und es kam keine richtige Stimmung auf.
Major Minor spielte lustig auf und ein Moderatorenpärchen erklärte die Ergebnisse. Es gab die üblichen Frikadellen und frittierten Schnitzelchen, zu einem Buffett reichte es eben nicht. Einzig Güzel Albayrak von der Linken freute sich über seine Fraktion, die nunmehr mit zwei Stimmen in den Rat einzieht.
Warscheinlich werden wir nunmehr 6 Jahre vor uns haben, die für Ennepetal nichts bringen werden, wo die Stadtverwaltung den Rat weiter dominieren wird um die eigenen Ziele durch zu drücken. Man wird sich streiten über die Gewerbesteuererhöhung, während man derzeitig die Kreisumlage recht großzügig bedient. Wofür eine Steuererhöhung, wenn die Steuern dann dem Kreis zugeführt werden. In Milspe wird die Berlet Ansiedlung ausgeführt, die die Situation in diesem Stadteil verschlimmbessern wird. Verlorene Jahre für Ennepetal. Und das, weil niemand auf den anderen zugehen mag, um für eine Ennepetaler Politik mit einem politischen Partner auf Augenhöhe einen konstruktiven Dialog zu führen.

Für die Chronistenpflicht: Wahlbeteiligung: 46,4%

SPD 38,5%, CDU 26,3%, Grüne 9,8%, FDP 6,1%, FWE 8,8%, Die Linke 4,0%, AfD 4,7%,
Piraten 1,9%

Schwelm

Vorab muss man festhalten, 2 Stimmbezirke konnten nicht ausgezählt werden, weil die Kandidaten kurz vor der Wahl verstorben sind. Die Nachwahl findet am 15. Juni 2014 statt. Wir arbeiten also mit dem vorläufigem Wahlergebnis.

Vorläufiges Zwischenergebnis nach 18 von 20 Stimmbezirken

SPD 31,4% (+0,9%), CDU 29,3% (-1,2%), FDP 7,0% (-4,8%), Grüne 9,1% (-2,0%), SWG/BfS 6,6% (-4,1%), Die Linke 5,9% (+0,2), Bürger 9,6% (+9,6%)

In allen drei Standorten wo Wahlpartys stattfanden spürte man die Enttäuschung und es war eine deprimierende Stimmung auszumachen. Im Ratssaal des Rathauses huschten die Kandidaten herum um die ausgedruckten Ergebnisse einzusehen und sodann einzustecken. Gespräche fanden vereinzelnd statt um Möglichkeiten auszuloten.
Sieht man sich im Kontext mit der vergangenen Sitzungsperiode das derzeitige Zwischenergebnis an, so ergäbe sich rein rechnerisch eine Mehrheit mit SPD/Grüne/Bürger die für die nächsten 6 Jahre halten könnte. Allerdings könnte auch die CDU eine Mehrheit mit FDP/SWG/BfS/Bürger bilden. Wesentlich sind die Schnittmengen, die die einzelnen Parteien verbinden. Politische Inhalte und Entscheidungen sind in den letzten 5 Jahren genug aufgrund der Blockadehaltungen des Rates verschoben worden oder liegen geblieben. Was fehlt sind Parteipolitiker, die sich zu einem Dialog zusammen finden um eine Zusammenarbeit zu verabreden. Auch fehlen Parteipolitiker die mit wechselnden Mehrheiten umgehen können.
Schwelm kann kein weiteres Jahr mit einer Blockade leben nur weil den Politikern der politische Gegner nicht behagt. Auch sollte das „schwarze Peter“ Spiel aufhören wonach die Stadtverwaltung an allem Schuld ist, was so alles falsch laufen könnte. Die Ratsmitglieder haben in der Vergangenheit keine rühmliche Figur gemacht, indem man mehrfach rechtsirriges Verhalten registrieren konnte. Zuletzt konnte eine falsche Arbeitsweise erkannt werden, wonach die bürgerliche Mehrheit nach dem alten Doppelspitzenmodell der Gemeindeordnung die letzten 5 Jahre gearbeitet hatte. Die Bürgerlichen haben vieles gegenüber dem Schwelmer Bürger wieder gut zu machen. Man sollte sich eine mehr konstruktivere Arbeit des Rates im Sinne von Schwelm wünschen. Die jetzige Sitzungsperiode dauert 6 Jahre, wobei 2015 die Bürgermeisterwahl auf Schwelm zukommt.
Was nun die neue Partei „Die Bürger“ angeht, sind ja schon Gemeinsamkeiten in der Schulpolitik als auch in der Stadtplanung auszumachen gewesen. „Die Bürger“ sind frisch und unverbraucht und könnten Probleme sicher unkonventionell anpacken. Zumal mit der Schulpolitik wesentliche Nacharbeitungsmöglichkeiten vorhanden sind, womit man sich politisch profilieren könnte. Da sind die Sekundarschule oder der Inklusionsunterricht als erste Stichpunkte auf einer noch zu erstellenden Agenda aufzuführen.
Ansonsten sollten die Schwelmer sich auf einen Nothaushalt und einen Sparkommissar einrichten, den es nicht die Bohne interessiert welche politischen Eitelkeiten zu solch einer finanziellen Situation führten. Dann wird der Rat nur noch nach den gesetzlichen Vorgaben alle 2 Monate tagen und hat die Maßnahmen des Sparkommissar nur noch zur Kenntnis zu nehmen. Für manch einen Schwelmer Politiker sicher gut, braucht er doch dann keine Verantwortung mehr zu übernehmen. Ob das aber Sinn macht als Ratsmitglied nichts mehr entscheiden zu dürfen. Ich weiß nicht.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik