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Europa bedeutet mehr als nur ein paar Richtlinien

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel  Foto: Linde Arndt

Tagung des Ausschusses bei der EU in Brüssel Foto: Linde Arndt

[jpg] Vor Ostern sprach mich ein Kollege, der im lokalen Bereich arbeitet, an. Ob ich den neusten Schwachsinn der EU kennen würden. Nein, erwiderte ich. Die wollen jetzt nur noch Kaffeemaschinen produzieren lassen, die die Heizplatten nach 15 Minuten ausschalten, so mein Gesprächspartner. Dabei schaute er mich erwartungsvoll an. Über mein Smartphone sah ich den Bericht der EU ein um ihm dann zu antworten: Es geht um das Energiesparen. Und ob er denn wisse, wenn man diese Idee umsetze, das Europa tausende Tonnen von Co2 sparen könne? Er fand es trotzdem nicht so toll wenn er solch eine Kaffeemaschine hätte. So ist es wenn man die Zusammenhänge nicht wissen will und stattdessen sein Vorurteil pflegt.

Solche und andere Gespräche habe ich im letzten Jahr dutzendfach geführt und konnte niemanden von Europa und der EU überzeugen. Wie kommt das?

Es ist ein diffuses Gefühl was Menschen Brüssel ablehnen lässt. Es ist die größere Einheit von 28 Staaten und rund 500 Millionen Menschen die den Europäer zurück schrecken lässt. Und es sind die mangelnden Informationen über Brüssel, Straßburg, Frankfurt oder auch Warschau, eine gewisse Unaufgeklärtheit der Bürger. Sicher ist die EU an der Aufklärung nicht ganz unschuldig, wenn man sich manche Publikation ansieht.

Aber, und das ist für mich irritierend, die nationalen Politiker aller Parteien verstehen es den Bürger gegen Brüssel aufzuhetzen. Der Nationalstaat wird als hilflos gegenüber Brüssel dargestellt. Brüssel als Krake, die alles regulieren will.

Alles dummes Zeug der jeweiligen nationalen Politiker um die Menschen zu manipulieren. Denn wenn der Regierungschef eines Nationalstaates NEIN zu einer Richtlinie sagt, landet die Richtlinie in der Tonne. Alle Vorlagen müssen durch den Rat der Europäischen Union, der auf dem Consilium in Brüssel tagt. Mit Einstimmigkeit im Rat werden die Richtlinien verabschiedet, ein Staat der EU kann eine Richtlinie zu Fall bringen, wenn er NEIN sagt.

Die krumme Gurke und sonstige Einzelvorschriften wurden vom Rat abgesegnet, also von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande oder dem britischen Premierminister David Camaron. Und das sind nur drei der 28 Regierungschefs.

v.l.: Angela Merkel, Francois Hollande und David Cameron  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Angela Merkel, François Hollande und David Cameron
Foto: © Linde Arndt

Manchmal ist dieses Spiel unerträglich für die 751 Abgeordneten des europäischen Parlaments. Denn für die Fehler, die man noch nicht einmal gemacht hat, gescholten zu werden und für gute Ideen, die sich die Regierungschefs als Eigenverdienst ans Revers heften, nicht gelobt zu werden, macht den Parlarmentarier traurig und manchmal auch wütend.

96 deutsche Abgeordnete werden über die Listen nach der Europawahl 2014 nach Brüssel geschickt, 24 Parteien bewerben sich in NRW um Wählerstimmen. Neben den etablierten Parteien, wie CDU, SPD, FDP, GRÜNE und die Linke bewerben sich eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Parteien wie die NeoNazis oder christliche Parteien. Sperrklauseln, die in Deutschland fest verankert sind, wie die 5% Hürde des Bundestages, gelten für das Europaparlament ausdrücklich nicht – hier zählt am Ende jede Stimme. So hatte es das Bundesverfassungsgericht am 26. April 2014 unter Vorsitz von Richter Andreas Voßkuhle am Bundesverfassungsgericht gewollt.

Rund 60% der Vorlagen schaffen es durch den Rat, werden dann in nationale Gesetze der einzelnen Staaten umgesetzt. Die restliche 40% werden von Merkel und Co. abgelehnt.

Es sind Europawahlen am 25. Mai und wieder werden böse Spiele auf nationaler Ebene gespielt. So wird vorgegaukelt, der Kommissionspräsident, der derzeitige heißt Manuel Barroso, könne durch den Wähler bestimmt werden. Das ist falsch. Fakt ist, die Mitglieder des Rates, also die 28 Regierungschefs, bestimmen den Kommissionspräsidenten hinter verschlossenen Türen und zwar einstimmig.

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Martin Schulz und Jean-Claude Juncker
Foto: © Linde Arndt

Jean-Claude Juncker (Christlich Soziale Volkspartei), der ehemalige Eurochef und Martin Schulz (SPD) werden als wählbar für das Spitzenamt dargestellt. Sachlich ist auch das indirekt total falsch. Bei der deutschen CDU wird sogar noch einer drauf gesetzt, Bundeskanzlerin Angela Merkel wird indirekt als wählbar plakatiert. Ein Etikettenschwindel? Sicherlich erkennt man an solchen Verhaltensweisen nicht den Einsatz für Europa, den man sich wünschen würde. Europa ist für die Parteien nicht gerade ein Liebesprojekt für das man sich einsetzen sollte. Eben gerade sieht man in der Ukraine Krise wie die europäischen nationalen Spitzenpolitiker versagen und letztendlich den US-Amerikanern das Feld der Diplomatie in Europa überlassen. Mangels Selbstbewusstsein ist ihnen Europa egal. Wenn aber den Parteien Europa egal ist, wie soll sich denn dann der Wähler für Europa erwärmen?

Dann stellt sich doch die Frage, warum sollte der Wähler sich für Europa erwärmen und sein Parlament wählen?

 

Es gibt es, das Europa für das es sich einzusetzen lohnt.

Und aus dieser Behauptung kann man die Wahl am 25. Mai 2014 ableiten. Es ist das Europa, welches seit fast 70 Jahren Frieden hatte. Wenn man die ParlarmentarierInnen in den Ausschüssen und im Parlament beobachtet, was sie sagen, wie sie handeln und wie sie sich für eine Sache einsetzen, so sind sie sich der Verantwortung für unseren Kontinent bewusst. Sie sind engagiert und hochmotiviert etwas für Europa zu bewegen. Nicht alle, jedoch die überwiegende Mehrheit. Einige wenige sind noch mit Parteireflexen ausgestattet und denken in nationalen Kategorien, sie werden jedoch immer weniger.

Was ist mit den Grenzen? Auf dem Kontinent sehen wir an den Grenzen nur noch Ruinen der alten Grenzstationen und Wechselstuben aus längst vergessenen Zeiten. Womit wir das sind wo Europa hin wollte. Ein gemeinsamer Raum der gleiche Regeln hat, aber seine kulturellen Eigenheiten bewahrt. Die Vielfalt ist Europas Stärke.

Begonnen hat es mit der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion ( WWU ) als konsequente Folge des Europäischen Binnenmarktes. Der Euro wurde eingeführt und die Verrechnung von Warenlieferungen und Dienstleistungen wurden vereinfacht. Kaum einer erinnert sich an die teilweise großen Kurssprünge der internationalen Währungen, die unsere Exporte und Importe manchmal unkalkulierbar machten. Heute haben wir trotz der Unkenrufe nach der Finanzkrise, einen harten Euro der stabil ist. Wobei der Euro in vielen Ländern die Leitwährung ist und den Dollar abgelöst hat. Was die USA nicht gerne sieht, da die Wechselkursgewinne nun in Europa anfallen.

Der Vorteil für die 500 Millionen Europäer? Wir können ohne Probleme, ohne Zölle in jedem Land der EU einkaufen oder verkaufen. Wir haben die Wahl, kein Papierkram mehr.

Nun das hört sich jetzt so an, als wenn alles so wunderbar und fehlerfrei laufen würde. Nein, weiß Gott nicht, es sind noch Fehler zu beseitigen. Die Finanzkrise hat uns Europäer gezeigt, dass wir die Hände nicht in den Schoß legen können. Ungeheure Anstrengungen der EU führen letztendlich zu einer starken Absicherung des Finanzsektors. Der letzte Schritt läuft noch – die Bankenunion.

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung   Foto: © Linde Arndt

Abgeordnete in einer Ausschuss-Sitzung
Foto: © Linde Arndt

Was war passiert? Ein Systemfehler, der sich aus dem Konstrukt der EU ergab, der die EU in den Abgrund hätte reißen können. Aber die EU hatte ja die EZB, die sich des Fehlers annahm und nachjustierte. Allerdings kann man heute sagen, hätten wir die EU und keine EZB gehabt, hätten wir in Europa eine Wirtschaftskrise erlebt, die einen weitaus größeren Schaden angerichtet hätte als der „schwarze Freitag“ von 1929. Die 500 Millionen Europäer solidarisierten sich und wehrten die Finanzkrise aus den USA erfolgreich ab.

Die Wirtschafts- und Währungsunion brachte aber noch andere Freiheiten, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die bis heute zu immer mal wieder größeren Aufregungen führte, besonders und gerade nach der Osterweiterung der EU 2004 und 2007. Es wurde die Ausnahmeregelung „2-3-2-Formel“ eingeführt. Deutschland nahm denn auch mit Österreich das Recht in Anspruch, die aus dem Osten kommenden Arbeitnehmer 7 Jahre von ihren Arbeitsmärkten fern zu halten. Trotz allem hatte auch Deutschland und Österreich der Osterweiterung zugestimmt. Ein einfaches NEIN der beiden vorgenannten Länder hätte die Osterweiterung unmöglich gemacht.

Am 31.12.13 liefen alle Fristen ab, so dass Bulgarien und Rumänien jetzt auch die volle Freizügigkeit genießen. Beide Länder sind jedoch die ärmsten Länder in der EU. Wie vorauszusehen war, haben wir nunmehr das Problem der Freizügigkeit in Deutschland und Österreich obwohl nicht mehr Arbeitnehmer aus dem Osten in die Länder kamen. Aber auch hier wurden handwerkliche Fehler sichtbar. Unverständlich, zumal alle Regierungschefs ihre Fachbeamten zu den jeweiligen Sitzungen nach Brüssel mitbringen, denn es soll ja entschieden werden.

 

  • Kindergeld

Das Prinzip, wenn Leistungen eines Staates vorhanden sind, gelten die auch für die in diesem Staat vorhanden EU Ausländer, also für alle EU Bürger. Das gebietet die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion, die auch die Deutschen wollten. Konkret: Wenn ein EU Bürger in Deutschland ist hat er auch ein Recht auf Kindergeld. Das Kindergeld bezieht sich nach dem Gesetz nur auf die Kinder, es ist egal wo sich ein Kind befindet. Beispiel, EU Eltern arbeiten als Spargelstecher in Deutschland, die Kinder sind bei der Oma in irgendeinem EU Land. Somit gibt es Kindergeld solange hier gearbeitet wird. Aber es gibt das Kindergeld auch, wenn die Eltern in Deutschland nicht arbeiten oder weiter gehend, es in dem anderen EU Land kein Kindergeld gibt. Ungerecht? Nein, wenn sich unsere Regierung was dabei gedacht hat, denke ich nicht. Nur unsere nationale Regierung äußert sich ja nicht, abgesehen davon macht sie ja keine Fehler. Eine Besonderheit von Fehlleistungen der 28 EU Nationen stellt die Problematik der Sinti und Roma dar. Immer wieder werden hier die bestehenden Problem der EU Brüssel angelastet um von dem eigenen Versagen abzulenken. Einmal sind die Sinti und Roma mehr oder weniger Asylanten und auf der anderen Seite kommen sie aus einem der 28 EU-Staaten. Welchen Status die Sinti und Roma bekommen ist manchmal verwunderlich. Letztendlich ist dieses Problem ein reines europäisches Problem, denn die Gebiete wo die Sinti und Roma herkommen befinden sich alle in Europa. Lösungen wurden in Brüssel erarbeitet, nur sie müssen auch von den Regierungschefs umgesetzt werden.

 

  • Aufenthaltsrecht

Es gehört zur Freizügigkeit der EU, ArbeitnehmerInnen können überall in der EU einen Arbeitsplatz suchen und auch annehmen. Im Gewerbebereich hat jeder EU Bürger Niederlassungfreiheit. Das hört sich gut an, in der Praxis waren jedoch ein paar Fehler sichbar geworden.

Wenn aus einem anderen EU Land ein Arbeitnehmer in einem anderen EU Land eine Stelle sucht und nicht findet, haben alle EU Staaten ein Problem. Irgendwann sind evtl. die finanziellen Reserven aufgebraucht und dieser Arbeitnehmer versucht über die Sozialsysteme seinen Lebensunterhalt zu sichern. Hat er eine gewissen Zeit in dem Land gearbeitet und in die Sozialsysteme eingezahlt, so wird er auch einen Beitrag zu seinem Lebensunterhalt aus den Sozialkassen bekommen. Ist das aber nicht der Fall steht er ohne auf der Straße. Der Gaststaat tut so als wenn er nicht da ist.

In der Regel passiert jetzt folgendes – der Arbeitssuchende wird versuchen sich am Arbeitsmarkt als Tagelöhner mit ganz niedrigen Hungerlöhnen zu verdingen um die Zeit zu überbrücken. Das geht eine kurze Zeit gut, dann wird er entweder obdachlos oder er rutscht ab in die Beschaffungskriminalität. Wo ist jetzt das Problem? Nun, er ist mittellos und ist nicht in der Lage die Heimfahrt zu finanzieren. Die Jobcenter oder Sozialämter können diesen Leuten keine Fahrkarte geben, weil die gesetzliche Grundlage fehlt. Bei den afrikanischen Flüchtlingen ist es da einfacher, die werden in einen Flieger gebracht und auf Staatskosten mit Begleitung nach Hause gebracht.

 

Beide Problemfelder sind Konstruktionsfehler der nationalen Staaten. Die Lösung wäre Brüssel. Denn Brüssel könnte zentral die in den 28 Einzelstaaten aufgetretenen Probleme vereinheitlichen und von dort auch die Umsetzung betreiben. So bekämen die Eltern ihr Kindergeld und die Arbeitnehmer ohne Arbeitsstelle würden wieder in ihre Heimatländer verbracht. Nur, das wollten die 28 EU Staaten nicht, sie wollten die Entscheidung in ihrem Machtbereich belassen.

 

Noch ein Wort zum Vorwurf über die „Regulierungswut“ der Brüsseler Administration. Die EU hat 28 Staaten und jeder dieser Staaten hat „Anspruch“ auf einen Kommissar in der Kommission. Selbstverständlich bekommt der Kommissar in der Kommission ein Büro mit Personal und ein Aufgabengebiet. Und das schafft Verordnungen und Regeln ohne Ende. Nur die Kommissare werden vom Rat, also wieder den Regierungschefs, eingesetzt.

 

Im Grund stehen die Parlamentarier des europäischen Parlaments immer außen vor und dienen der Kommission und dem Rat als Ideengeber und Problemlöser. Eine starke Position hat in diesem Spiel der Parlarmentspräsident, z.Zt. der deutsche Martin Schulz (SPD), sein Vorgänger war der Pole Jerzy Buzek (PO), beides Präsidenten des Ausgleichs, die sich nie gegen den Rat stellen würden. Beide wirken aber motivierend auf die Mitglieder des Parlaments ein. Und so kann man den Parlamentariern der EU eine gute handwerklich politische Arbeit attestieren.

Sie sind es, die Europa nach vorne bringen, die Europa leben, mit ihnen macht Europa Sinn. Wenn man einmal erlebt hat wie 4 – 5 Personen aus unterschiedlichen Staaten in den Ausschüssen über eine Sache diskutiert haben und letztendlich zu einem positiven Ergebnis kamen, geht man mit einem gewissen Stolz auf Europa aus dem Ausschusssaal.

Und deshalb sollte es für jeden überzeugend sein die 96 deutschen Abgeordnete für das europäische Parlament am 25. Mai 2014 zu wählen. Europa ist nirgendwo ein Problem, Europa ist die Lösung.

Schlussendlich muss man noch anmerken, viele Rechtspopulisten wollen ihr nationales Süppchen wieder kochen, aber auch unser westlicher Verbündete, die USA, steht der EU misstrauisch gegenüber. Denken ist Gott sei Dank noch nicht verboten. Wenn man etwas negatives über Brüssel erzählt sollte man immer an den römischen Staatsmann Cicero denken, der mit seinem Ausspruch „cui bono“ eine Verteidigungsrede verstärkte. Cui bono, wem nützt dieser vorgebrachte Sachverhalt? Europa braucht jedoch nicht nur Wähler, Europa braucht Menschen die sich für die europäischen Werte einsetzen. Der Jugendaustausch, der Studentenaustausch, die Städtepartnerschaften oder auch der Kulturaustausch, dies alles ist möglich um zusammen zu rücken, voneinander zu lernen oder aber nur mitzumachen.

 

Es ist unser und Ihr Europa, fühlen Sie sich angesprochen!

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Eigentlich ist in Brüssel zur Zeit Stress pur angesagt

 

Udo van Kampen  Foto: © Linde Arndt

Udo van Kampen Foto: © Linde Arndt

[jpg] Seit März 2014 ist in Brüssel die Hölle los. Brüssel heißt nicht nur EU, vielmehr hat die Nato ihr Hauptquartier auch noch in Brüssel. In der Regel hat die EU kaum etwas mit der Nato zu tun. Die Situation in der Ukraine zwang diese beiden Organisationen zur Zusammenarbeit. Mitten in Brüssel am Schumann Kreisel liegen die Gebäude des Rates und der Kommission. Tag für Tag, bis zu 18 Stunden lang, trafen sich die unterschiedlichen Fachminister und die Regierungschefs der 28 EU Mitgliedsstaaten. Hinzu kamen ab Ende März fast die gesamte neue Regierung der Ukraine aus Kiew. Und zu guter Letzt kam der amerikanische Präsident Barack Obama dazu, der zum ersten mal die EU Spitzen besuchte. Kommissionspräsident Barroso und Ratspräsident van Rompuy gaben eine Pressekonferenz nach der anderen. Die Krise in der Ukraine oder auch Krim hielt alle ganz schön in Atem. Zeitweise sah es so aus als wenn wir alle nur noch einen Schritt vor einem neuen Krieg in Europa gestanden hätten.

Im Atrium des Justus-Lipsius-Gebäudes arbeiteten einige Hundert Journalisten aus allen Ländern. Im Atrium gibt es aber noch mehrere Emporen, auf denen die TV Sender ihre Aufnahmen machen.

So auch das ZDF mit Udo van Kampen oder die ARD mit Rolf-Dieter Krause, beides erfahrene Journalisten und Korrespondenten mit sehr viel Erfahrungen in diesem Geschäft. Man sieht sich, kennt sich und grüßt sich.

v.l.: Udo van Kampen und Sparkassendirektor Bodo Bongen  Foto: © Linde Arndt

v.l.: Udo van Kampen und Sparkassendirektor Bodo Bongen
Foto: © Linde Arndt

Udo van Kampen wurde von der Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld für einen Vortrag eingeladen. Rund 260 Kunden waren gekommen um aus berufenem Mund zu hören, wie der Hase in Brüssel so läuft.Und da lag es doch nahe auch mal aus dem „Nähkästchen“ zu plaudern.

Bodo Bongen der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse und Udo van Kampen warfen sich die Stichworte zu um dem Ganzen Farbe zu geben. So wurde die New Yorker Zeit etwas näher beleuchtet nach dem ein Einspieler ein „besonderes“ Verhältnis zu Condoleezza Rice, der ersten Afro-US-amerikanischen Außenministerin, erscheinen ließ. Was denn da gewesen wäre, so fragte Bodo Bongen. Es wurde natürlich nur ausweichend beantwortet. 9/11 erlebte van Kampen hautnah und schickte, ganz Profi, sofort ein Kamerateam zu den nahe gelegenen Twin-towers. Nun, wie das Leben so ist, wurde van Kampen zum Leiter des ZDF Studios Brüssel versetzt. Brüssel als eines der großen Machtzentren auf der Welt. Ja, die Bürokratie ist in Brüssel zu groß geworden aber trotz allem ist Europa eine gute Sache. Der Euro käme uns teuer zu stehen wenn wir Deutschen aussteigen würden und die DM wieder einführen würden. Und es kam die „krumme Gurke“ zur Sprache, warum die auf einmal gerade sein musste und nur mit einem bestimmten Winkel wachsen durfte. Es waren die Händler die einen „Gurkenstandard“ verlangten. Sie wollten es nicht hinnehmen wenn in einer Kiste Gurken mehr und in der anderen Kiste weniger Gurken sind. Und als das Ganze als Unsinn gebrandmarkt wurde, stimmte der Rat der EU gegen eine Streichung dieser Richtlinie. In Summa hat die EU jedoch Europa mehr gebracht als diese „Gurkenrichtlinie“, so van Kampen.

Aufklärend merkte van Kampen an, dass nichts gegen den Rat der EU, also die 28 Regierungschefs, geschehen kann. Und er plädierte für die am 25. Mai stattfindenden Europawahlen. Zum ersten mal wird auch darüber entschieden wer Kommissionspräsident werden soll. Entweder der EVP ( Europäischen Volkspartei) Mann Jean Claude Juncker oder der SPE (Sozialdemokratische Partei Europa ) Mann Martin Schulz. Allerdings hat der Rat der EU noch ein gewaltiges Wörtchen dabei mit zu reden. Dem Vernehmen nach behagt Bundeskanzlerin Merkel ein Kommissionspräsident Martin Schulz nicht.

Zum Schluss des wirklich einmal leicht verständlichen Vortrages mahnte van Kampen noch eindringlich zur Wahl zu gehen, denn Europa kann nur mit seinen Bürgern funktionieren.

 

Frühjahrsempfang 2014 in der Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld  Foto: © Linde Arndt

Frühjahrsempfang 2014 in der Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld Foto: © Linde Arndt

Es war aber noch eine Premiere für die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld; denn die neue Schalterhalle ist nun auch mit der Haustechnik fertig eingerichtet. Es hat alles geklappt, und die guten Geister der Sparkasse waren wie immer freundlich und zuvorkommend um das Wohl der Gäste bemüht.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

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Man muss seine Freunde immer wieder bei Laune halten

 

v.l. Barroso, Barack Obama, Rompuy   Foto: © Linde Arndt

v.l. José Manuel Barroso, Barack Obama, Herman Van Rompuy
Foto: © Linde Arndt

 

[jpg] Ist ist eine schwierige Zeit für die USA. Die europäischen Verbündeten mögen nicht so recht auf die Linie von Präsident Obama einschwenken. Rhetorisch oder auch sprachlich mag man Russland bestrafen. Ein paar Kontensperrungen hier und ein paar Einreiseverbote dort und das Ganze dramatisch vor großem Publikum verkünden. Was Russland tatsächlich schmerzen würde, wären harte Wirtschaftssanktionen, wie die zwei Mistral Hubschrauberträger der Franzosen, die auf der bretonischen Werft von Saint-Nazaire kurz vor der Fertigstellung sind und die schon auf die Namen „Vladivostok“ und „Sébastopol“ getauft sind. Ein Milliardenauftrag, an dem auch Arbeitsplätze der angeschlagenen französische Schifffahrtsbranche hängen. Laurent Fabius, der französische Außenminister, verkündet in den letzten Tagen schon mal lautstark, den Vertrag mit den Russen zu annullieren. Sicher wird diese Ankündigung Barak Obama und die USA freuen. Allerdings haben die Europäer eine andere Kultur im Bereich von Ankündigungen. Wenn die Europäer etwas ankündigen muss das nicht unbedingt umgesetzt werden und wenn, kann diese Ankündigung mit einer sehr langen Verzögerung umgesetzt werden.

Die „Wildwest Politik“ der USA verträgt sich eben nicht mit der europäischen Politik-Kultur.

Auch sind im Moment berechtigte Zweifel im europäischen Raum entstanden, ob man auf die richtigen Personen in der Ukraine gesetzt hat. Dies alles nachdem der ukrainische Abgeordnete der “Swoboda” Partei, Igor Miroschnitschenko, den Fernsehchef des ukrainischen Staatsfernsehens mit Schlägen zur Kündigung gezwungen hat. Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko legte aber noch eines drauf, indem sie den „Scheißkerl (Putin) in den Kopf schießen will“ oder die Russen in der Ukraine mit einer Atombombe entfernen will. Die ukrainische Armee auf der Krim musste nach dem Referendum unnötigerweise in ihren Kasernen auf der Krim verbleiben, es fehlten schlicht und ergreifend die Befehle des Verteidungsministers der Ukraine, Igor Tenjuch. Kurz darauf wurde der in die „Wüste“ geschickt. Dies verträgt sich alles nicht so recht mit den europäischen Standarts.

Kritische Stimmen sehen auf einmal keine legitime ukrainische Regierung mehr und verweisen deshalb auf die ukrainische Präsidentenwahl am 25.Mai 2014. Die Parlamentswahlen sollten auch zu diesem Termin abgehalten werden, so die Stimmen.

Lady-ashton

Im Vordergrund: Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton Foto: © Linde Arndt

In dieser Stimmung trifft sich der amerikanische Präsident Barak Obama mit dem Präsidenten der EU Kommission José Manuel Barroso, dem Ratspräsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy sowie der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton. Es geht um die Ukraine und es geht um die gemeinsame abgestimmte Haltung gegenüber Russland. Die USA haben nicht viel zu verlieren, während Europa sehr viel mehr zu verlieren hat. Obama versucht jedoch die Europäer auf Linie zu halten und mehr Sanktionen gegen Russland zu erreichen. Was tun? Es bleibt nichts anderes übrige als immer wieder die bekannten Drohungen  gen Russland zu wiederholen. Es sind halt Symboldrohungen, die aber so langsam peinlich wirken. Wie kommen die Parteien Obama und die EU aus dieser Nummer wieder raus, denn richtigerweise sollte man sich an einen Tisch setzen und über die Probleme reden, wie es der Außenminister der Russischen Föderation, Sergei Lawrow,  anmerkte. Außenminister Sergei Lawrow schaut dem Treiben des Westens auch ruhig zu und wartet auf die Signale, die der Westen aussendet. In dieser verfahrenen Situation kommt den Deutschen ihre traditionell gute Beziehung zu Russland zu Hilfe. Nur, wo sind die diplomatisch und ausgleichenden Elemente einer guten Außenpolitik sichtbar? Kanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier fallen nicht gerade mit diplomatischen Glanzleistungen auf die bei den Russen Vertrauen erzeugen könnten. Ob sich die Deutschen besinnen und endlich eine selbstbewusste, von den USA unabhängige, außenpolitische Rolle  annehmen?

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Der EU-US amerikanische Gipfel brachte aber noch etwas anderes zutage. Es sind die Gegensätze, die das Handeln der beiden Gruppen bestimmen. Das Freihandelsabkommen (TTIP) stockt,  weil von den US-Amerikanern der Verbraucherschutz und die Qualitätsstandards der Europäer  nicht getragen werden. Klimaschutz, Cyberkriminalität, Außenhandel, Technologietransfer, Energietransfer, Verteidigungspolitik, überall sind Themen wo eine besondere US-Amerikanische Sicht fernab der europäischen Sichtweise auf einander prallen. Man hat den Eindruck Europa macht einen Emanzipierungsprozess durch. Als einzigen Erfolg können die US-Amerikaner die Wiederbelebung der Nato durch die Krim Krise für sich in Anspruch nehmen. So sollen jetzt Nato Truppen an die Ostgrenzen zu Übungszwecken verlegt werden um den russischen Truppen Präsenz zu zeigen. Da soll uns einer mal sagen der Kalte Krieg 2.0 hätte keine Chance.

Na ja, und weil sich das vor der Presse gut macht, hat man auch noch über die vielseitigen menschlichen Katastrophen gesprochen.

Barack Obama  Foto: © Linde Arndt

Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Die Flüchtlingsproblematiken in Syrien, Sudan, Süd Sudan, Kongo oder Zentralafrika sollten besser koordiniert werden. Hier würde die Staatengemeinschaft eine weltweite humanitäre Krise erleben.

Auf den Fluren fragte man sich, darf Russland bei der Bewältigung dieser Krisen nicht mehr mitmachen?

In der abschließenden Pressekonferenz waren nur 2 Fragen zu gelassen. Warum wohl? Überzeugend war Obama in Brüssel nicht, vielleicht verlangen wir europäischen Journalisten ja auch zu viel von einem US-Amerikanischen Präsidenten. Obama flog denn auch weiter nach Italien um dem Papst einen Besuch abzustatten – eine wunderbare Symbolik.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Solidarität in der EU sieht anders aus

pressesaal[jpg] Brüssel hat sich entschieden. Der Konfrontationskurs wird weiter gefahren. So hat heute morgen am 21. März die EU in Brüssel den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine unterzeichnet.

Arseniy Yatseniuk Foto: Linde Arndt

Arseniy Yatseniuk
Foto: Linde Arndt

Ministerpräsident der Ukraine Arsenij Jazenjuk hat sich darin verpflichtet die politischen Werte der EU in der Ukraine einzuhalten. Absichtserklärung?

Aus dem wirtschaftlichen Bereich des Abkommens wurden einige Handelserleichterungen für die Ukraine in Kraft gesetzt, was der Ukraine einen finanziellen Vorteil von rund 500 Millionen durch den Wegfall von Zollschranken verspricht. Weiter wurden der Ukraine 11 Milliarden Euro von der EU als Hilfe (unabhängig von den Hilfen der USA ) zugesichert. Damit kann die Ukraine die kurzfristigen Verpflichtungen bedienen. Mittel- und langfristig benötigt die Ukraine jedoch einen Betrag um 300 Milliarden.

 

Abreise Ministerpräsident Jazenjuk Foto: Linde Arndt

Abreise Ministerpräsident Jazenjuk Foto: Linde Arndt

Nachdem alles unterzeichnet war reiste „Ministerpräsident“ Jazenjuk wieder ab. Kein Wort über die politische Legitimation der Regierung Jazenjuk.

Die Regierungschefs der EU mussten noch die Bannliste mit den Personen fertig machen, deren Konten eingefroren werden sollten und darüber hinaus im Westen als unerwünscht erklärt werden sollen. Es sind alles Russen und ukrainische Russen die dem Umfeld der derzeitigen Regierung von Wladimir Putin zugeschrieben werden. Diese Aktionen gehören noch zur Stufe 2 der EU. Von der russischen Seite hört man, dass die Russen die auf der Liste stehen, sich als geadelt sehen. Teilweise ist es lächerlich bis peinlich wenn zu erfahren ist, dass Personen auf der Liste stehen die überhaupt keine Konten im Westen haben oder auf diesen Konten keine Guthaben nachgewiesen werden können.

Gestern hat die EU Führung einhellig mit der dritten Stufe gedroht. Hier sollen Wirtschaftssanktionen in Kraft gesetzt werden. Die Kommission hat vom Rat den Auftrag, diese Wirtschaftssanktionen schon vorzubereiten und auszuarbeiten. Unter der Hand könnte da eine Summe von 400 Milliarden Umsatz der EU mit Russland zusammen kommen. Abgesehen von dem entgangenen Gewinn stehen hier einige hunderttausend Arbeitsplätze auf dem Spiel. Hier scheint die Solidarität jedoch an Grenzen zu stoßen. Die Engländer möchten ihren Londoner Finanzplatz damit nicht belasten. Immerhin setzen die Russen in London zig Milliarden an der Londoner Börse um. Bei den Franzosen stehen 2 Mistral Hubschrauberträger, die in der bretonischen Werft von Saint-Nazaire für über 1 Milliarde Euro vor der Fertigstellung liegen, vor der Stornierung durch die Franzosen. Dieses Muskelspiel von Hollande werden sich die französischen Arbeiter jedoch nicht gefallen lassen.

Interessant waren denn auch die Nebensätze in den Pressekonferenzen, nachdem offensichtlich die Krim schon verloren gegeben wird. Denn Stufe 3 wird nur in Gang gesetzt wenn die Russen sich an dem Osten der Ukraine zu schaffen machen werden. so haben prorussische Demonstranten in Donezk schon mal den Aufstand geprobt. Die Oblast Donezk, mit der Stadt Donezk als Mittelpunkt, ist eine der wirtschaftlich bedeutendsten Regionen der Ukraine, steht allerdings im Einfluss von Oligarchen. Hier ist es fraglich auf welche Seite die Oligarchen sich schlagen werden. Dem Vernehmen nach werden sich die mächtigsten Oligarchen Rinat Achmetow, Ihor Kolomojskyj, Serhij Taruta auf die Seite der Kiewer „Regierung“ schlagen. Denn wenn die Russen kommen würden müssten sie sich um ihre Pfründe Sorgen machen. Der Kiewer „Regierung“ soll das nur Recht sein; fordern sie doch die Oligrachen auf die Macht in den Bezirken zu übernehmen. Fakt ist jedoch, die dortigen russischen Ethnien streben gleichsam ein Referendum an. Sehen sie doch der Kiewer „Regierung“ misstrauisch entgegen und befürchten zumindest ihre Ausgrenzung.

Vertragsunterzeichnung

Vertragsunterzeichnung v.l.Mr David CAMERON, UK Prime Minister; Mr Arseniy YATSENIUK, Prime Minister of Ukraine; Mr Herman VAN ROMPUY, President of the European Council; Mr José Manuel BARROSO, President of the European Commission Foto: Der Europäische Rat, Brüssel

Kommen wir wieder zu der obigen Vertragsunterzeichnung. Da die EU das Völkerrecht immer wieder reklamiert, fragt man sich schon, wieso die EU mit einer „Putschregierung“ einen völkerrechtsfähigen Vertrag abgeschlossen hat? Zumal bei den Wahlen am 25. Mai eine legalisierte Regierung in der Ukraine als Vertragspartner zur Verfügung gestanden hätte. Die Eile war notwendig geworden, weil Zahlungen oder Umschuldungen kurzfristig fällig gestellt waren. Aus Regierungskreisen wurden die westlichen Banken genannt, die Abschreibungen in ungenannter Höhe bei Nichtzahlung hätten vornehmen müssen, was in den Bilanzen der Banken zu dementsprechenden Verlusten geführt hätte.

Letztendlich führte dieses Verhalten der USA und der EU zu Sanktionen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, wobei die Verluste der USA nur als gering zu bezeichnen wären, da keine wesentlichen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Russland geführt wurden. Allerdings hätten die USA einen gewaltigen Vorteil wenn sie auf Grund eines Gasembargos durch Russland ihr Flüssiggas an die Europäer verkaufen könnten. Die Energiekosten würden in Europa nochmals steigen und der Wiedereinstieg in die Kohle- und Atomkraftwerke würde durch die Bevölkerung toleriert. Das führt jetzt zu weit? Lassen wir das also.

Bleiben wir bei der Solidarität des Westens, die ihre Grenzen dort hat wo die wirtschaftlichen Nachteile einer Sanktion keinen nennenswerten Effekt gegenüber dem Sanktionsgegner hat. Wir sollten uns erinnern, dass Russland zu Zeiten der Sowjetunion dem westlichen Währungs- und Finanzsystem nicht angeschlossen war. Trotzdem wurden Waren und Dienstleistungen damals ausgetauscht.

Jetzt rächt sich die arrogante Haltung des Westens, die nie eine Russlandpolitik definiert hatte. Russland wurde zur G7 eingeladen indem man eine G7+ benannte, wobei Russland das Plus darstellen sollte. Gleichberechtigung kennt der Westen nicht. Die USA sind unser „Führer“ so versteht sich der Westen. Im Grunde genommen hat die europäische Union alles falsch gemacht was man im Zusammenhang mit Russland falsch machen konnte. Es ist schon nachvollziehbar, wenn Putin heute von einer Demütigung des Westen nach dem Zerfall der Sowjetunion spricht.

Als Russland in die EU wollte, mochte die EU Russland deshalb nicht, weil Russland auch zum asiatischen Kontinent gehört. Gespräche zwischen der EU und Russland, in der Qualität wie man mit den USA sprach, fanden niemals statt. Stattdessen wurde das nationale Ego der Russen immer wieder gekränkt. Polen, Rumänien, die baltischen Staaten, der Balkan – alles Staaten, die im Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion lagen. Diese Staaten wurden wie selbstverständlich von der EU und teilweise von der Nato einverleibt. Eine Kränkung, zumal Absichtserklärungen des Westens und auch Vertragsbestandteile dies normalerweise nicht zugelassen hätten. Der Westen ging aber einfach darüber hinweg. Wieso hatte man nach dem Zerfall der Sowjetunion keine gemeinsame Sicherheits- und Konsultationsstrategie erarbeitet? Wohl deshalb nicht, weil man die Russen nicht ernst nahm. Die Frage ist aber auch: Wieso konnte man ein so rohstoffreiches Land wie Russland einfach so vernachlässigen? Mit einer freundschaftlichen Bindung zu Russland wäre ein Konflikt niemals möglich geworden.

v.l.Angela Merkel wird von Udo van Kampen vom ZDF in der Pressekonferenz befragt.  Fotos: Linde Arndt

v.l.Angela Merkel wird von Udo van Kampen vom ZDF in der Pressekonferenz befragt. Fotos: Linde Arndt

Ein anderer Aspekt zur Krim Krise wirft seine Schatten über Brüssel. Dieser Schatten macht der EU Angst. Es ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches mit einem Referendum aus einem Staat zwei Staaten machen kann. Kann man einem Landesteil das Selbstbestimmungsrecht verweigern? Der Westen hatte mit dem Kosovo die Büchse der Pandora geöffnet.

Schottland steht vor der Volksabstimmung gegenüber Großbritannien. Dies führt zu einem neuen Staat auf der Welt, der aber, man höre, nicht automatisch Mitglied in der EU ist. Oder doch? Venetien probt schon mal online den Aufstand um sich von Italien los zu sagen, Katalonien und die Basken wollen nicht mehr zu Spanien gehören. Flandern und die Wallonen wollen nicht zu Belgien gehören und Korsika will mit Frankreich nichts mehr zu tun haben. Auch deshalb reagiert Brüssel so hysterisch auf die Unabhängigkeitsbewegung der Krim. Diese Art von Selbstbestimmungsrecht der Völker (Wilsonsches System ) ist in den meisten Verfassungen gar nicht vorgesehen und bringt den Zentralstaat in die Bredouille. So hat Brüssel zwar ein Committee of the Regions (COR) in der die Regionen ein Mitwirkungsrecht haben, aber eben nur eine Mitwirkung.

Der Vielvölkerstaat Russland mit seinen ehemaligen Satelliten hat genau die gleichen Probleme, man denke da an Tschetschenien, kann die Probleme aber besser systembedingt dominieren. Und die USA? Texas will sich von den USA lossagen, aber es wird nicht bei Texas bleiben.

Das Problem sind die großen Staatseinheiten in der der Einzelne sich in seiner kulturellen und wirtschaftlichen Selbstbestimmung nicht wieder findet. Der Riese Europa definiert sich zwar „In Vielfalt geeint“, nur, die einzelnen lokalen Landesteile sehen Brüssel als weit entfernte Zentrale, die sie fremdbestimmt. Brüssel sollte das Referendum der Krim als Weckruf sehen, Weckruf deshalb, weil den Europäern in Brüssel die Landesteile der Staaten weglaufen könnten.

Und die europäische Solidarität? Sie existiert nur in den Köpfen der Ratsmitglieder die nicht mitbekommen haben wie sich Europa verändert hat. Mit oder ohne Putin, die Welt dreht sich eben weiter.

Am Mittwoch, dem 26. März wird der US-Amerikanische Präsident Barak Obama in Brüssel zu Beratungen erwartet. Ungewöhnlich, man darf jedoch auf die Ergebnisse dieser Beratungen gespannt sein. Nach 14:00 Uhr wird es eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Wir sind sehr gespannt.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

Nur gegen den Terrorismus?

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Digitaler Datensatz

[jpg] In Ägypten hat das Militär geputscht und den gewählten Präsidenten unter Hausarrest gestellt.

Der „Whistleblower“ (Enthüller) Snowden sitzt noch immer im Transitbereich des Moskauer Flugplatzes. Das Flugzeug des südamerikanisch gewählten Präsidenten Morales wurde zum Landen auf dem Wiener Flughafen vom Himmel geholt.

Das sind die Schlagzeilen die die deutschen Medien z. Zt. beherrschen. Wobei die Enthüllungen des ehemaligen NSA Mitarbeiters Edward Snowden nicht wirklich überrascht haben. Was allerdings überraschte war das Ausmaß der Schnüffelei durch die USA und Großbritannien, immerhin sind das unsere Verbündeten. 500 Millionen Datensätze monatlich machen schon nachdenklich. Und dann, von einem Tag zum anderen Tag zu einem Verbündeten dritter Klasse ernannt zu werden ist schon kurios. Rücken wir doch damit in eine Ecke von Staaten, die uns nicht genehm sind. Wenn man jedoch weiter denkt so macht diese Aktion einen erschreckenden Sinn.

 

  • Die USA dürfen ihre eigenen Bürger nicht beschnüffeln, andere jedoch schon. Genauso verhält es sich rein rechtlich auch in den anderen Staaten. Die Dienste der einzelnen Staaten werden untereinander kooperieren. Beschnüffelst du meine Bürger mache ich das auch mit deinen. Der Sinn: Die Dienste tauschen die gewonnenen Daten danach aus. Wenn also Deutschland mitmachen will, muss der deutsche Dienst meinetwegen die USA beschnüffeln und den USA eine Schnittstelle zu seinen Datenbanken überlassen. Damit haben die USA ihre eigenen Bürger eben nicht beschnüffelt. Umgekehrt bekommt der deutsche Dienst den Zugang zu den gewonnenen Daten der USA. Clever!

  • Klar ist auch, es werden Industrie- oder Wirtschaftsdaten über die Kommunikationskanäle fließen, die gilt es natürlich abzugreifen. Auffällig war dabei das relativ schnelle Nachziehen der USA bei den Kohlefaserverbundstoffen, die bei Airbus einen Wettbewerbsvorteil darstellten.

  • Kurz danach wusste Boing seinen Dreamliner auch mit diesen Werkstoffen zu bauen. Es sind die geistigen Errungenschaften der Europäer, die auch auf dem Radar der USA stehen. Da geht es um Milliarden an Entwicklungsgeldern, die die eigenen US Firmen nicht mehr aufwenden müssen.

  • J. Edgar Hoover, der Direktor des US amerikanischen FBI von 1924 bis 1972, hatte eine analoge (digital gab es damals noch nicht) „Sammelwut“. Von den gesammelten Daten legte er Akten der verschiedensten Personen an. Diese Akten nutze er später um die Personen zu erpressen, oder besser, sie in seinem Sinne zu manipulieren. Selbst Präsident Kennedy hatte eine umfangreiche Akte, die Hover auch zu nutzen wusste. Nun wurde damals alles akribisch mit der Hand eingetragen und verwaltet. Heute bestehen durch die moderne IT Verarbeitung ungeahnte Möglichkeiten. Bei einem 80 Millionen starken Volk wie das der Deutschen, kann man jeden einzelnen Bürger anhand der Daten filtern und eine persönliche Akte erstellen. Da stehen für jeden Deutschen dann die netter und weniger netten Vorkommnisse in dieser Akte. Dadurch ist jeder Deutsche auf Dauer erpressbar. Ich habe nichts zu verbergen, so lautet die einhellige Meinung. Aber, was ist mit dem Finanzbeamten, der das Wissen über die Steuerdaten anderer hat, er hat zwar nichts zu verbergen, hat aber Informationen über einen Steuerpflichtigen, die ein Dienst benötigt.

  • Fasst man die Daten zusammen, so kann man mittels der Psychologie ein Profil eines gesamten Volkes erstellen. Mit dem gewonnenen Wissen, „Wie tickt ein Volk“ kann man manipulativ auf das gesamte Volk einwirken. So wird es dann ein leichtes sein, bilaterale Verhandlungen zu torpedieren damit der angestrebte Vertrag nicht zustande kommt.

  • Ach ja, Verhandlungen. Es wäre ungemein wichtig zu wissen, welche Strategie der Verhandlungsgegner verfolgt um mit einer Gegenstrategie während der Verhandlungen aufzuwarten. So geht jede Strategie ins Leere.

Angela Merkel   foto: Linde Arndt

Angela Merkel Foto: Linde Arndt

 

Es geht gar nicht um die persönlichen Daten des Einzelnen, diese Daten sind nur Beiwerk für das große Ganze, die es gilt zu einem Ganzen zusammen zu fügen und aus diesen Daten Informationen über Firmen zu gewinnen. Es geht um Sozial- und Psychoprofile von Gebieten oder ganzen Ländern oder das Festlegen von Multiplikatoren eines Gebietes. Es geht um Manipulation und Domination von Teilen bis hin zu einer Gesamtheit einer Gesellschaft.

Wobei der Kampf gegen den Terrorismus immer noch ein Kampf einer personell gut ausgestatteten Polizeibehörde ist. Es kann kein einziges Bombenattentat durch diese Daten verhindert werden, so der Londoner Polizeipräsident. Und weiter, die meisten Erfolge hatten wir durch die Bürger die uns ihre Beobachtungen übermittelten.

Im Grunde genommen geht es doch um die Sicherheit in der Informationstechnologie. Was nutzt uns allen die moderne Technologie wenn der Staat sie nicht schützen kann? Wenn meine Erfindung, in die ich zehntausende Euro reingesteckt habe auf dem digitalen Wege zu meinen Partnern kopiert wurde und danach ohne einen Cent verwendet wird? Wenn ich durch geschickt auf unsere Gesellschaft zugeschnittene placierte Informationen eine Entscheidung treffe, die ich sonst nie getroffen hätte.

Deutschland hat zwar ein Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nur es hat auch einen Bundesnachrichtendienst. Beide haben unterschiedliche Aufgaben die teilweise nicht zusammen gehen. Deutschland ist ein europäisches Land, welches in der IT führend ist. Deutschland hat weltweit mit DE-CIX in Frankfurt mit 2,4 Terrabyte Datendurchsatz den größten Knoten. Aber wir haben auch die dümmsten Politiker im Zusammenhang mit der modernen Informationsgesellschaft, wenn man sich den Ausruf der Bundeskanzlerin, „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ jetzt der Tage in Erinnerung ruft. Das Bundesinnenministerium ist für die Sicherheit der Netze zuständig. Was aber soll man tun, wenn Innenminister Friedrich auf Pressekonferenzen das Internet mehr oder weniger als Tummelplatz für Spieler und Sexbesessene einstuft? Man spürt es sind noch nicht einmal ansatzweise Kompetenzen in der Politik erarbeitet worden.

Und die EU in Brüssel? 2005 brachte der Rat einen Rahmenbeschluss über Angriffe auf Informationssysteme heraus. 2008 vergab ein Bericht der Kommission ein „relativ gut“ bei den Fortschrittsbemühungen der europäischen Staaten. Und so schreibt der Rat der EU, also alle Regierungschefs, bindent für seine 28 Mitglieder in dem vorgenannten Rahmenbeschluss:

 

„Um diesen Gefahren wirksam begegnen zu können, ist

ein umfassender Ansatz zur Gewährleistung der Sicher-

heit der Netze und Informationen erforderlich, wie dies

im Aktionsplan„eEurope“, in der Mitteilung der Kommis-

sion „Sicherheit der Netze und Informationen: Vorschlag

für einen europäischen Politikansatz“ und in der Ent-

schließung des Rates vom 28. Januar 2002 zu einem

gemeinsamen Ansatz und spezifischen Maßnahmen im

Bereich der Netz- und Informationssicherheit hervor-

gehoben wurde“

Und was ist passiert? Offensichtlich nicht viel, wenn sich alle Länder unseres Erdballes die Daten aller europäischen Staaten abgreifen.

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Sitzung Ausschuss der Regionen am 11.4.2013 Foto: Linde Arndt

Als der Ausschuss der Regionen (COR) der europäischen Union sich in seiner 102. Plenartagung am 3./4.Juli mit dem kriminellen Akt der Cyberkriminalität befasste, befasste er sich auch mit dem Cloud Computing. Es ist ein weiterer Schritt im Bereich der modernen Informationsgesellschaft. Nur in Gesprächen waren sehr viele Irritationen: Was nützt es wenn wir uns hier um etwas Gedanken machen, wenn die Mehrzahl der nationalen politischen Entscheider alles was das Internet betrifft als irrelevant einstuft. Die Staats- und Regierungschefs des Rates müssten ein anderes Bewusstsein entwickeln um den Cyberraum als das zu begreifen was er ist, ein virtueller Arbeitsraum analog dem realen Arbeitsraum.

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Robert Bright

Eine der Ideen, die der Berichterstatter Robert Bright (UK) aus Newport vortrug, war die Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (Städte und Kreise in Deutschland). Dezentrale Cyberstrukturen oder Werkzeuge, die den Cyberraum schützen, wären die erste Wahl. Alle „offline“ Rechte und Werte sollten sich „online“ wieder finden. Sicherheit und die Bekämpfung der Cyberkriminalität funktioniert nur im Zusammengehen aller Gruppen und Gebiete in Europas Staatengemeinschaft.

 

Und der immer wieder viel zitierte Terror? Nun, wenn man 9/11 in New York mit dem Amoklauf von Erfurt am Gutenberg Gymnasium vergleicht, stellt man fest: Beides sind kriminelle Akte auf die Gesellschaft, die man hätte verhindern können. Die Täter dieser kriminellen Akte können nicht durch die „Schlapphüte“ ermittelt werden, sondern durch gute alte Polizeiarbeit vor Ort. Dazu braucht es aber andere gesellschaftlich soziale Strukturen und Prioritäten im System. Allerdings haben wir dafür kein Geld.

Das wir aber für einen potenziellen Wirtschaftsschaden in Milliardenhöhe keine finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen ist jedem unbegreiflich.

 

Bleibt zu hoffen, dass die Schamgrenzen der internationalen Dienste noch nicht ganz gefallen sind und der private Informationsaustausch unserer Bundeskanzlerin nicht abgegriffen wird. Aber Scham ist wieder etwas was diese Dienste nicht kennen, genauso wie Freundschaft,Vertrauen, Partner oder Verbündete. Es sind nur Datensätze, die einen verwendbaren Wert haben. Bei der Sprachregelung wird der Kampf gegen den Terror nur vorgeschoben.

Den Verhandlungsbeginn für ein Freihandelsabkommen mit der europäischen Union und den USA sollte man jedoch verschieben. Denn sicher ist nicht, ob die Verhandlungsziele der europäischen Union als auch die Strategie dazu, durch die US amerikanischen Dienste nicht schon bekannt sind.

Dass das Ausspähen der Daten mit dem Terrorismus zu begründen ist, ist sicher wenig wahrscheinlich.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Es ist mal wieder Bundestagswahl

[jpg] Am 27. und 28. Juni haben die Regierungschefs der EU in Brüssel eine Einigung des MFF 2014-2020 hinbekommen. In den „Trilog“ Gesprächen zwischen der EU-Kommission, EU-Parlament und dem EU-Rat wurde aber auch über die Jugendarbeitslosigkeit gesprochen und eine Einigung erzielt.

Francoise Holland - Foto: Linde Arndt

François Hollande – Foto: Linde Arndt

Im Mai hatte man sich auf 6 Mrd. Euro für die Jahre 2014 – 2020 geeinigt. Das wären pro Jahr 857 Millionen Euro gewesen. Die bissigen Kommentare in der Presse zeigten im Juni bei den neuerlichen „Trilog“ Juni Gesprächen in Brüssel Wirkung. Heraus kam: Die 6 Mrd. wurden auf die Jahre 2014 und 2015, also nun auf zwei Jahre, umgebucht, wobei die Einigung eine gewisse Flexibilität zeigen sollte. Dieses „Frontloading“ erbrachte ein mehr von 2 Mrd. Euro für die Jugendlichen für das Jahr 2015 im Haushalt. Für 2016 wollte man die Wirkung dieser nunmehr 8 Mrd. Euro anschauen. Die 8 Milliarden Euro für die Jugendarbeitslosigkeit wurden auf den Fluren mit den verbrannten 30 Milliarden Euro für die Anglo-Irish-Bank in Relation gesetzt.

Auch wenn man die 8 Milliarden auf die arbeitslosen Jugendlichen, die statistisch von 10 – 50 Millionen schwanken, verteilt, kommt man nur auf einen lächerlichen Betrag. Wie gesagt, man muss die Beträge in Relation zu anderen Förderbeträgen setzen. Auch die sogenannte Arbeitsplatzgarantie der EU wurde diskutiert, wonach jeder Jugendliche 4 Monate nach Schulabgang eine Ausbildungsstelle haben sollte, wenn nicht sollte dem Jugendlichen eine Bildungs- oder Ausbildungsstelle staatlicherseits angeboten werden. Eine Garantie die sich sicher als Mogelpackung herausstellen wird.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Pressesprecher, Staatssekretär Steffen Seibert
Foto: Linde Arndt

Die Kanzlerin kündigte denn auch auf der Pressekonferenz die Einladung zu einem Treffen der Verantwortlichen in Berlin an. Deutschland wolle in Berlin, anhand der schon bestehenden Problemlösungen in Deutschland, der EU Möglichkeiten aufzeigen.

Nur wo ist Deutschland Vorbild?

In der Geburtenrate haben die Deutschen 1,4 Kinder pro Frau, müssten aber um unseren deutschen Arbeitsmarkt nachhaltig zu bedienen 2,1 Kinder pro Frau haben und das seit Jahrzehnten. Diese niedrige Geburtenrate bedeutet schon einen niedrigen Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung. Und, es sind auch ( Aber nicht nur) die Ursachen für die Überalterung der Gesellschaft. Trotz allem konnte die deutsche Wirtschaft der Jugend nicht immer einen „Wunscharbeitsplatz“ bieten. Da musste schon einmal ein Jugendlicher mit einer Abinote von 2,4 sich mit einem Arbeitsplatz als Bäcker begnügen. Damit sei nichts gegen den Beruf Bäcker gesagt. Dann fanden sich in den 90er Jahren viele deutsche Jugendliche in der Arbeitslosigkeit wieder, die (Jugendlichen) dann, als sie über 25 Jahre alt waren, aus der Jugendarbeitslosigkeit statistisch herausfielen. Diese sogenannten „Schleifen“, die arbeitslose Jugendliche drehen könnten um ja nicht in der Statistik zu landen, sind vielfältig in Deutschland. Statistisch lässt sich dieser Scheinmarkt auch nicht aufdröseln. 8 – 10 Millionen Menschen jeder Alterstufe befinden sich in diesem Scheinmarkt – so schätzt man.
Deutschland also ein Vorbildland? Nein. Vorbild wie man Statistiken schönen kann? Ja.

Das Problem Jugendarbeitslosigkeit, aber auch der Arbeitslosigkeit, ist ein Systemproblem. Beispiel: Warum sollte ein Unternehmen jemanden einstellen, wenn er automatisieren kann? Warum sollte ein Unternehmen ausbilden, wenn es fertig ausgebildete Menschen vom Ausland beziehen kann?

Angela Merkel - Foto: Linde Arndt

Angela Merkel – Foto: Linde Arndt

Das System hatte eine durchaus positive Theorie bereit gehalten, nur die Realität hat die Theorie überholt.
Es müssten schon andere Treffen, als die von der Bundeskanzlerin, stattfinden, um die Probleme der Arbeitslosigkeit zu lösen.
So kann man dieses Treffen nur als Wahlkampfgetöse abtun, was uns zu einer falschen Sicht der Dinge verleiten soll.
Ein Glück das in Ägypten der Präsident abgesetzt wurde und der Enthüller Snowden im Moskauer Transitbereich sitzt. So müssen die Journalisten sich nicht mit diesem unsinnigen Berliner Treffen befassen. Wer will das schon wissen ob ein Jugendlicher mehr oder weniger arbeitslos ist? Hauptsache uns geht es gut. Es ist halt wieder Wahlkampf.

Jürgen Gerhardt für en-mosaik aus Brüssel

Lage in Afghanistan, ein Blick in das Jahr 2014

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Europäisches Parlament, Altiero-Spinelli-Gebäude Brüssel am 24.04.2013
Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung Thema Afghanistan vrnl.Generalleutnant Olivier de Bavinchove,Vygaudas Ušackas, Ausschusspräsident Arnaud Danjean
Foto: Linde Arndt

[jpg] 450 Schulen haben die westlichen ISAF Soldaten und deren Helfer aufgebaut. In Kabul gibt es sogar eine Universität mit 400 Studenten, 80 Kommilitonen davon sind weiblich. Zwei tolle Meldungen, die jeden zivilisierten Menschen erfreuen müssten. Aber es geht ja weiter mit dem Bilanzieren. 90 % der Opiumproduktion kommt aus Afghanistan, die der westlichen Welt Jahr für Jahr zum Konsumieren geliefert wird. Die afghanischen Warlords finanzieren ihre teilweise beträchtlichen Ausgaben mit den Milliardenumsätzen aus dem Opiumgeschäft. Die Warlords haben gelernt, die Schlafmohnernte weiter zu verarbeiten um die daraus gewonnenen Folgeprodukte, wie Opium, Heroin oder Morphium, mit großem Gewinn in der westlichen Welt zu verkaufen. Wobei die Drogen aus Afghanistan geschmuggelt und in der westlichen Welt durch Drogenfahnder wieder kassiert werden – zumindest teilweise.

Das Rechtssystem ist im wesentlichen von der islamischen Sharia geprägt ein restriktives und menschenverachtendes Rechtssystem, alltäglich ziehen die kleinsten Vergehen schwerste körperliche Bestrafungen nach sich.

Trennung von Kirche und Staat, also Laizismus, ihn wird es sicher in den nächsten 40 Jahren nicht geben. Der Islam wird auf lange Zeit den Staat dominieren.

 

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Botschafter Vygaudas Ušackas (Litauen) und Generalleutnant Olivier de Bavinchove (Frankreich)
Foto: Linde Arndt

Generalleutnant Olivier de Bavinchove (Frankreich) *1) zog dann auch mit seinem Kollegen, dem EU Beauftragten für Afghanistan, Botschafter Vygaudas Ušackas (Litauen), vor den Ausschussmitgliedern eine ziemlich schonungslose Bilanz. Wir befinden uns in einem fragilen Zustand, der uns hoffen lässt. Hoffen, wenn wir 2014 abziehen, dass die von uns erbrachten Leistungen in Infrastruktur, wie Straßen und Gebäude, soziale Veränderungen oder das Bildungssystem von den Taliban nicht wieder zerstört werden. Begründete Hoffnung haben wir aber auch, indem wir an die von uns ausgebildeten Kräfte glauben, die diese neuen Errungenschaften verteidigen. Hoffnung auch, indem wir an die vielen jungen Leute glauben, die das von uns aufgebaute Bildungssystem durchlaufen haben. Wenn nicht 2014, so wird es dieser jüngeren Generation sicher einmal gelingen einen modernen afghanischen Staat aufzubauen.

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Karl Åke Roghe (Schweden), Head of Mission,
EUPOL Afghanistan
Foto: copyright consilium.europa.eu

Karl Åke Roghe (Schweden), Head of Mission, EUPOL Afghanistan sieht für die Polizei im Lande eine Perspektive. Tausende junge Afghanen wurden von den Beamten von EUPOL ausgebildet, die sich sicher nicht so schnell den Job nehmen lassen. Sorge bereitet allerdings zunehmend die Kabuler Regierung aber auch die Provinzregierungen, die zunehmend die Gehälter der Polizisten zurückhalten oder verzögert auszahlen. Letzendlich könnte dies zum Ansteigen der Korruption bei der Polizei führen. In anderen Bereichen bereitet die Korruption immer größere Unsicherheiten im Lande.

Über 2014 hinaus werden von der EU weiterhin in geringerem Maße Polizisten ausgebildet. Auch werden die staatlichen Institutionen des Landes weiterhin bei Bedarf Unterstützung erfahren. Die amerikanischen Kampfeinheiten werden massiv verkleinert, so dass nur noch eine relativ kleine Eingreiftruppe im Lande besteht. Perspektivisch werden diese Einheiten die Kabuler Zentralregierung bei ihren Verhandlungen mit dem Taliban beratend unterstützen. Ziel wird es sein die Bevölkerung respektive die verschiedenen Ethnien wieder zu versöhnen.

Dieser über zehnjährige Krieg hat allein der EU jährlich 1 Milliarde Euro gekostet, dazu kommen noch Milliarden die von den europäischen Kriegsteilnehmer aufgebracht wurden. Und das Ergebnis?

 

Afghanistankrieg, ein Resümee

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Generalleutnant Olivier de Bavinchove
Foto: Linde Arndt

Generalleutnant Olivier de Bavinchove gab dann auch unumwunden die in der Vergangenheit gemachten Fehler zu. In seinen nachdenklichen, reflektorischen Ausführungen, führte er an, dass die westliche Welt die afghanische Kultur und das Staatsverständnis nicht akzeptieren wollte. Ignorant hatte man versucht den Afghanen das westliche System über zu stülpen. Und weiter, wir waren jahrelang nicht in der Lage den Afghanen zu zu hören. Wir wollten schnelle Erfolge und hatten keine Zeit die Afghanen anzuhören. Ergebnis waren jahrelange Misserfolge und Stillstand in allen Bereichen. Unsere westliche Zivilisation ist ja auch über Jahrhunderte gewachsen, also kann diese in anderen Ländern von heute auf morgen umgesetzt werden. . Das die Afghanen sich nicht davon abwandten war unser Glück, wir hatten also nicht alle Gesprächspartner verloren.

Was uns richtig weh tut, sind die Rechte der Frauen in der afghanischen Gesellschaft. Sicher gibt es jetzt gut ausgebildete Frauen, die das Land auch braucht. Nur, sie müssen mit einem bewaffneten Schutz herum laufen, dies ist so nicht tragbar. Es ist fraglich ob die ausgebildeten Frauen nach 2014 noch ihrer Arbeit nach gehen dürfen.

Aber wie gesagt, wir müssen geduldiger sein um überhaupt eine Weiterentwicklung im Lande zu erreichen. Was wir haben ist die Hoffnung, dass dieses Land nach unserem Abzug nicht in einen blutigen Bürgerkrieg zurück fällt.

Afghanistan ist lange über 2014 hinaus ein fragiles Land, in der die Hoffnung, dass aber eine Chance haben könnte. Wir Europäer können diesen weiteren Aufbau dann nur beobachten, unterstützen und begleiten – wenn gewünscht.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel

*1) Chief of Staff (Stabschef) of the International Security Assistance Force (ISAF/Kabul)

 

 

Armut ist ein Problem in allen EU Ländern

[jpg] Lassen wir einmal die bitterste Armut in der „dritten Welt“ zur Seite legen. Der vorangegangene Satz  war so leicht geschrieben, dass es einen bestürzen muss.
Wie in einem anderen Artikel habe ich über den Ausschuss der Regionen, kurz AdR oder „Die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU“ geschrieben (http://www.en-mosaik.de/?p=37570  und http://www.european-mosaic.de/?p=1166)  um dem User diesen Ausschuss näher zu bringen. Am 11. April 2013 stand die Armut im Sitzungssaal JAN 2Q2 des József-Antall-Gebäudes auf der Tagesordnung.  Ossi Martikainen, Vorsitzender des Stadtrates von Lapinlahti, Finnland und Mitglied der Fraktion „Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, kurz ALDE“ und Parteimitglied in der Suomen Keskusta berichtete vor dem Ausschuss über den „Europäischen Hilfsfond für die am stärksten von Armut betroffenen Personen“ nachdem ihm die italienische Vizepräsidentin Mercedes Bresso (PSE) das Wort gegeben hatte.

25% in der europäischen Union leben in Armut oder relativer Armut, wobei uns die Kinder und Jugendlichen als verlorene Generation entsetzen sollten. In absoluten Zahlen sind es geschätzte 110 Millionen Europäer im Geltungsgebiet der EU, die der Armut ausgesetzt sind. Im Zusammenhang der Europa-2020-Strategie (Im Juni 2010 verabschiedet) hatte Europa es sich zum Ziel gesetzt, diese Zahl um 20 Millionen zu senken. Nur von 2009 auf 2011 stieg die Zahl derer, die von Armut bedroht sind um weitere 6 Millionen, so dass das Ziel  der Europa-2020-Strategie einen herben Rückschlag erlitten hatte. Anstatt nun die Mittel für einen Hilfsfond zu erhöhen, wurden die Mittel um jeweils 1 Mrd. Euro gestrichen. Ein Unding! Dabei sind Linderungen der Armut möglich. Nur mit den Mitteln auf regionaler und lokaler Ebene sind diese Probleme nicht lösbar. Wir sollten grenzüberschreitende Solidarität zeigen und Kinderarmut sowie die Obdachlosigkeit zuerst anpacken.

Um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, Deutschland habe solch ein Problem nicht, haben wir die in 2009 von der EU vorgenommene Haushaltsbefragung von 125.000 Haushalten, die von der UNICEF aufbereitet wurde, hier eingefügt. Demnach steht Deutschland zwischen Malta und Tschechien mit der Kinderarmut, ein beschämender Rang für eines der reichsten Länder der Erde. 

   

Nun will die europäische Kommission das Nahrungsmittelhilfsprogramm ausdehnen, indem weiter Gruppen als bedürftig eingestuft werden. Nur wie soll das funktionieren wenn die Mittel um 30% im Zeitraum 2014 – 2020 gekürzt werden? Auch sind die Verwaltungsverfahren durch detaillierte Vorschriften zu schwerfällig. Hier sollte die Kommission auf eine aktivere Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, wie Bezirke, Kreise oder Verbände zurückgreifen. Denn diese haben bereits bewährte Verfahren um die Tätigkeit der Verteilung der Hilfen optimal zu gewährleisten. Flankierend sollten der Nahrungsmittelhilfsfond mit Instrumenten der sozialen Integration und Solidarität kombiniert werden. Denn soziale Ausgrenzung kann sich kein Staat erlauben. Auch ist es sicher, wenn wir unsere landwirtschaftlichen Überschüsse den Hilfsbedürftigen zur Verfügung stellen, was allerdings nicht zu einer Verrechnung mit den Mitteln des Hilfsfonds führen sollte. Die EU sollte die vollständige Finanzierung des Hilfsfonds übernehmen um die Hilfe aus dem Hilfsfond nicht zu gefährden.
Europa sollte sich im Klaren sein, dass eine ausreichende, vielseitige und gesunde Ernährung in vielen Staaten ein verankertes Grundrecht  ist, die EU sollte hier nicht zurück stehen. Mangelernährung in den von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen sind nicht durch diese Bevölkerungsgruppen verursacht worden.

Keine dieser Gruppen kann etwas für:

  • Veränderung der Agrarmärkte
  • Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzflächen für die Nahrungsmittel
  • Strukturwandel
  • Auswirkung der Wirtschaftskrise
  • die hohe Arbeitslosigkeit
  • die Instabilität von Nachbarregionen der EU

Dazu kommen die unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Zustände innerhalb der Staaten der EU, die geradezu nach der Integration von notleidenden Staaten rufen. Die gemeinsamen Werte der EU sehen auf keinen Fall eine Ausgrenzung Einzelner vor.

So bleibt anzumerken, dieser Hilfsfond ist Ausdruck des Zusammenhaltes zwischen den Bürgern, den Regionen und Völkern in Europa; dies rechtfertigt damit die vollständige Finanzierung aus dem EU-Haushalt. So ist die Frage der Kofinanzierungsrate von 85% ( 85% EU Mittel und 15% Eigenmittel ) in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nochmals zu überdenken. Auch ist die Kürzung der derzeitig bereitgestellten Mittel in Höhe von 30 – 40% nicht gerade als eine weitsichtige Entscheidung anzusehen.

Dem Entwurf dieser Stellungnahme durch den Berichterstatter  Ossi Martikainen (Finnland/ALDE) wurde einstimmig durch den Auschuss zugestimmt. Dieser Entwurf ist nunmehr eine bindende Empfehlung für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates.

Soweit ich das alles überblicken konnte haben sich so an die 30 Mitglieder der unterschiedlichen politischen Richtungen an diesem Entwurf schriftlich oder durch Wortmeldungen beteiligt. Europa funktioniert besser als die nationalen Ausschüsse und das mit 23 Sprachen.

Jürgen Gerhardt für en-mosaik aus Brüssel


Glossar:

Relative Armut:

Hier gibt es verschiedenste Definitionen. Demnach wird relative Armut  interpretiert als Unterversorgung in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel in den Bereichen Wohnen, Bildung, Gesundheit, Arbeit, Einkommen und Versorgung mit technischer und sozialer Infrastruktur. Es geht also um die ungleiche Verteilung von Chancen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Absolute Armut:

„Armut auf absolutem Niveau ist Leben am äußersten Rand der Existenz. Die absolut Armen sind Menschen, die unter schlimmen Entbehrungen und in einem Zustand von Verwahrlosung und Entwürdigung ums Überleben kämpfen, der unsere durch intellektuelle Phantasie und privilegierte Verhältnisse geprägte Vorstellungskraft übersteigt.“ (Robert Strange McNamara)

 

In eigener Sache

  [jpg] Sicherlich haben viele Leser unseres Blog schon gemerkt, es tut sich was bei EN-Mosaik. Wir haben ein Baby bekommen – european-mosaic.eu, layout- und designmäßig ist es ein schönes Baby geworden. Dies war notwendig, weil die europäischen Artikel ein zu Hause haben sollten. Nachdem wir nun eine Bridge mittels Script geschlagen haben, können die EN-Mosaik Leser bequem von einer Seite zur anderen wechseln. Neu ist der Twitter Ticker, an dem demnächst die Kollegen aus Brüssel und wir unsere Bemerkungen eingeben.
 Was wir bei european-mosaic noch in der Pipeline haben, ist die Überlegung, sollen wir ein App anbieten oder nicht?

Für das OS Android haben wir das App schon angefangen. Die Alternative wäre, wir würden european-mosaic in HTML 5 schreiben und  damit eine mobile Seite anbieten. Macht Sinn, da inzwischen über 1 Milliarde Smartphones auf dem Markt sind. HTML 5 ist zwar in den meisten Browsern integriert, aber das muss man auch sagen, nur unvollständig weil HTML 5 durch das W3C noch nicht freigegeben wurde.

Leider müssen wir uns aber an anderer Stelle  zurück ziehen, wenn wir in Zukunft aus Brüssel schreiben. Der Arbeitsaufwand umfasst für uns im Moment 18 Ausschüsse, davon einen Sonderausschuss. Für Ennepetal werden wir lokal, wenn es geht, nur noch den Hauptausschuss und den Rat der Stadt beobachten. Auf der anderen Seite haben wir in unserer 5 jährigen Arbeit schon ein gewisses Netz aufgebaut, die uns sehr gut informieren werden. Was Schwelm und Gevelsberg angeht finden wir eine offene und transparente Informationsstruktur vor, die uns spontan in die Lage versetzt über einzelne Themen zu schreiben.  
Brüsseler Arbeitsbedingungen für Journalisten  Foto:© Linde Arndt

  Die Stadt Ennepetal ist da ein sehr arbeitsaufwendiges Feld, das man nur über Informanten pressemäßig bearbeiten kann.
Wir werden uns also sicher weiter das eine oder andere mal lokal einmischen. Kritischen und engagierten Journalismus zu pflegen ist eine sehr mühselige aber auch lohnende Arbeit, die uns sehr viel Respekt und Achtung eingebracht hat.

In diesem Zusammenhang denken wir auch an unsere Kollegen von der WAZ  im Südkreis. Um es mal klar und deutlich zu sagen, die Kollegen von der Westfälischen Rundschau sind so wie wir das sehen zuerst gefeuert worden und dann mit anderen Bedingungen ( Weniger Gehalt ) bei der Westfalenpost eingestellt worden. Es tut uns Leid. Aber, so werden die Neoliberalen sagen, dies ist die Marktwirtschaft.

Und da kommen auch die neusten Zahlen: Die Printmedien haben wieder verloren, außer den Sonntagsausgaben und einzelnen Werbeblättern. Im Werbemarkt haben die Printmedien sogarzweistellig verloren, sodass der Kostendruck weiter erhöht wurde. Das bedeutet für die Kollegen, ihr Arbeitgeber der WAZ Medienkonzern hat schlicht und einfach wie fast alle anderen Verlagshäuser die Entwicklungen im Internet verpennt. In der bestehenden Phase des  Strukturwandels reicht es nicht mehr aus Internet mit den Tageszeitungen besser zu verzahnen, das war eben gestern. Es ist jetzt eine andere Art von Journalismus notwendig um den journalistischen Auftrag zu erfüllen. Die einmal geschaffene Nähe zu denjenigen über die der Journalist schreibt muss wieder in eine kritische Distanz münden. Journalisten müssen sich dann wieder auf das besinnen, was den Beruf auszeichnete: Kompetenz, Relevanz, Originalität, Exklusivität, Schnelligkeit und Variabilität bei hoher Qualität. Ich denke in Zukunft werden sich wie im Internet schon praktiziert, kleine Teams auf Gegenseitigkeit temporär zusammenfinden um ein in der heutigen Zeit weiterreichendes Thema abzuarbeiten. Wobei die Themenstränge einer Nutzergruppe zugeordnet werden, der ein Journalist zugeordnet ist. Wir werden uns alle, Print und Online,  in der Arbeitsweise annähern um gemeinsam den Markt zu bedienen. Logischerweise müssten die Verlage nicht mehr in noch bessere Rotationsmaschinen investieren, sondern in Ausbildung ihrer Journalisten und in innovative Technologien, die den Verlag auf die revolutionären neuen Strukturen ausrichtet. Was heißt das konkret für den Südkreis? Im Südkreis sehe ich viele spannende Themen die journalistisch bearbeitet werden müssten. Politische Debatten gibt es sowohl in Schwelm als auch in Gevelsberg und es sind spannende Debatten, die einen Lokaljournalisten nie arbeitslos werden lassen. Wobei Ennepetal, wie immer, eine krasse Ausnahme bildet, indem die Blätter des WAZ Konzern hier mehr oder weniger die PR Abteilung der Stadt Ennepetal abbilden und das Niveau etwas über Schülerzeitungsniveau lag und liegt.Ennepetal selber hat schon lange in einem schleichenden Prozess die politische Arbeit eingestellt. Die politischen Parteien warten auf die Erlösung von der Last der politischen Arbeit. Sitzungen werden nur lustlos abgesessen. Es wird an anderer Stelle von einer handvoll Menschen entschieden. Und  die journalistischen Themen liegen in Ennepetal massenweise auf den Straßen, gute Storys, die werden aber keiner Bearbeitung zugeführt:

  • Da wird mal eben schnell von der Stadt Ennepetal auf einem schmutzigen Parkplatz die Presse WR/WP eingeladen um eine PR Aktion für ein nicht vorhandenes Tourismuskonzept vorzustellen. Mit dem Artikel http://www.derwesten.de/staedte/ennepetal/luftige-hoehe-und-murmelnde-baeche-id7781418.html versuchte die WR/WP der Stadt Ennepetal PR mäßig zur Seite zu stehen. ( Unser Artikel als Satire dazu http://en-mosaik.de/?p=37299 ) Nur, journalistisch kann man diesen Artikel einschließlich  Bild nur unter Schülerzeitung einordnen. Das Foto wäre sicher als thematisch gelungen einzuordnen wenn die Beteiligten sich ein paar Schritte bewegt hätten. Ob als Hintergrund der Minigolfplatz, das Platsch, Gut Ahlhaus oder auch nur die Ennepe gewesen wäre, jede andere Örtlichkeit für diese Inszenierung wäre besser gewesen. Der Artikel selber hätte bei einem professionelle Journalisten viele kritische Fragen ausgelöst. Da ist die Frage nach der Konzeption für einen Tourismus mit Erlebniswert doch das mindeste welche ein Journalist hätte stellen sollen. Recherche als Tool der ersten Wahl wäre hier im Vorfeld erforderlich gewesen.
  •  Der Artikel http://www.derwesten.de/staedte/ennepetal/senioren-bleiben-in-schwelm-id7792862.html der WR/WP reiht sich da in die diversen Artikel ein. Da werden mir nichts dir nichts 80 Personen aus einem Ennepetaler Altenheim in ein Schwelmer Altenheim umgesiedelt – für immer. Im Ennepetaler Altenheim „treiben“ sich ungarische Personen herum, womit man dem Pflegenotstand entgegen wirken will. Der Kollege hat dazu keine Frage. Das das Schwelmer Haus von Curanum nur eine Gesamtkapazität von 332 Plätzen hat und auf einmal 80 (Eine ganze Etage) Menschen aufnehmen kann, ist doch mehr als erklärungsbedürftig. Das ungarische Kräfte ausgebildet werden, bedarf auch mehrerer Fragen. Was ist zum Beispiel mit der Nutzungsänderung? 25% der Gesamtkapazität waren im Schwelmer Haus frei. Auch hier kann man diesen Artikel nur als alltägliche PR für Curanum oder die Stadt Ennepetal einordnen. Eine journalistische Minderleistung sind solche Artikel, mehr aber auch nicht.

Wie sagte Katrin Krauß, Diplom-Journalistin und Dozentin an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt auf einer Fachtagung im Hause der der Süddeutschen Zeitung:
                      ….“Sie wollen recherchieren? Sind Sie sich sicher? –  Na bitte, dann tun Sie ’s doch; Sie werden schon sehen, wohin Sie damit kommen: Am Ende macht Ihnen Ihre Arbeit (Lokaljournalismus) Spaß! Das haben Sie dann davon. Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt!“
Ich habe allerdings den Eindruck die WR/WP im Südkreis hat sich aufgegeben und sich den Spaß selber verboten.

Und zum Schluss kommen wir mal zu dem warum wir nach Brüssel gehen. Hier in unserer Redaktion haben wir gemerkt, dass ein gewisser Anpassungsmechanismus einsetzte. Wir merken, vieles wird von uns immer öfter hin genommen. Wir fragen nicht mehr so oft und wir sind immer weniger neugierig, schauen nicht hinter die Kulissen. Das wäre beinahe daneben gegangen. Und so war es nur schlüssig uns nach neuen interessanteren Betätigungsfeldern umzusehen. Wir wollen uns weiter entwickeln und wir wollen keine PR Abteilung irgendeiner Stadt sein. Wir haben da gezweifelt, wo andere sicher waren  und uns mit ihrer gelebten Vergangenheit erschlagen haben. Herbert Riehl-Heyse, einer der großen deutschen Journalisten, sprach von dem immer zweifelnden Journalisten, der, sobald er keine Zweifel mehr hat, kein guter Journalist mehr sein kann. Wir wollen aber gute Journalisten sein und wenn das nicht geht zumindest auf dem Weg sein.
Und in Düsseldorf und Brüssel? Sicher ist das alles viel größer. Sicher haben wir in Brüssel und Düsseldorf optimale Arbeitsbedingungen. Nur wir brauchen geistige Nahrung die uns inspiriert. Und wir brauchen Politiker die streiten, streiten um eine Zukunft in der unsere Kinder leben wollen, nicht nur leben können. Und dort wollen wir als Journalisten kritisch begleiten, wollen unser Meinung sagen und wollen unsere Zweifel anmelden und das in den 23 offiziellen Sprachen der EU.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal

Europa funktioniert eben anders

[jpg] Europa hat viele ungeschriebene Regeln. Immer wenn wir Europa als überflüssig ansehen und uns auf unsere nationale Couch zurück ziehen wollen, sollten wir uns vorher zumindest ein paar dieser Regeln ansehen. Aus diesen Regeln lassen sich die Alternativen ableiten.

  • Wenn die europäischen Staaten ein Problem haben, redet man über dieses Problem.
  • Wenn die europäischen Staaten eine gemeinsame Entscheidung treffen, wird es auch eine gemeinsame Entscheidung, die jeden der Staaten ein gutes Gefühl vermitteln. Alle gehen als Sieger aus diesen Verhandlungen.
  • Keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Anderen.
  • Alles was im Consilium im Justus-Lipsius-Gebäude in den Räumen des Rates besprochen wurde, bleibt auch in diesen Räumen. Die Inhalte werden über eine gut organisierte Presseabteilung durch den Präsidenten des Rates, zur Zeit Herman Van Rompuy, über die nationalen Pressesprecher an die Öffentlichkeit gebracht.

Es gibt noch mehr solcher Regeln die vernünftig sind und zur Anwendung kommen.

                                     quadriga-bruessel

"Le quadrige du Brabant " in Brüssel

 
Wenn wir uns nun die europäische Geschichte ansehen, so werden wir immer wieder nur kurze Zyklen des Friedens aufspüren. Die Völker Europas haben sehr viel Blut vergossen. Ohne Grund? Nein sicher nicht, jeder Staat hatte einen guten Grund einen Krieg gegen seinen Nachbarn zu führen. Wobei, es gibt eigentlich keinen Grund Menschen zu töten. Die beiden letzten Kriege führten die Völker Europas an den Abgrund. Die verantwortlichen Staatsmänner Europas sahen, dass der nächste Krieg den Untergang Europas bringen würde. Und dies war eine Motivation das Projekt Europa zu beginnen. Und wenn sie die obigen Regeln überdenken wird man zu der Meinung kommen, ein Krieg hat kaum eine Chance. Er ist zumindest fast unmöglich. Aber, und das ist das schlimme an dem europäischen Projekt: Alles dauert so unendlich lange, weil im schlimmsten Falle 27 (28) Staaten unter einen Hut gebracht werden müssen. Was aber wäre die Alternative? Jemand würde den Staaten sagen was sie tun oder zu lassen haben? Nein, um Gottes Willen. Im gleichen Augenblick wäre das Projekt Europa gescheitert. Denn die europäischen Staaten wollen nicht unter einem Hegemon leben, weder unter Großbritannien noch unter Frankreich, Deutschland oder wem auch immer.

Im Moment scheint Europa in Auflösung zu sein, die Währung, der Euro, ist nicht so hart. Die Schulden der einzelnen Staaten gehen über die vereinbarte Grenze von 60% hinaus. Die großen Staaten, einschl. Deutschland, haben diese selbst gesteckte Grenze gerissen. Zypern, welches 2011 noch mit 61 % zu den guten Staaten gehörte, steht Mitte 2012 auf einmal kurz vor dem Staatsbankrott. Es wurde verhandelt bis es nicht mehr ging. Mitte März 2013 war der Staatsbankrott Zyperns unausweichlich und nicht mehr abwendbar. Sind diese Vorkommnisse nun auf Europa oder den Euro zurück zu führen? Wohl kaum. Denn wenn ein Staat schlecht wirtschaftet, kann man doch nicht die Währung verantwortlich machen. Auch ist es sicher weit hergeholt die Staatengemeinschaft für ein Versagen eines einzelnen Staates zur Verantwortung zu ziehen. 

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Herman Van Rompuy  President European Council
   Brüssel hat bis jetzt das einzig richtige getan, es hat solidarisch gehandelt und geholfen. Nur Hilfe kann doch nur Hilfe zur Selbsthilfe sein. In diesem Zusammenhang kam die Forderung auf, Brüssel sollte doch bitte die gesamten Schulden übernehmen.
Und als Brüssel einen Eigenanteil forderte, war das Lamento groß. Es setzte ein Abgesang der gemeinsamen Währung Euro ein. Die Deutschen meinten sogar, sie müssten jetzt alles bezahlen.
Tatsächlich müssen die Beträge die Zypern und andere Staaten der EU erhalten haben von diesen an die EU zurück gezahlt werden.
 

 Warum aber das Geschrei in vielen Staaten der EU? In Deutschland möchte man von seinen eigenen Schwierigkeiten ablenken, immerhin hat Deutschland eine Staatsverschuldung von über 80%, also 20% über den erlaubten 60%.
Und diese Staatsverschuldung ist eigentlich noch höher, denn die immensen Abschreibungen, die durch die Bildung der Bad Banken notwendig gewesen waren, sind noch nicht getätigt. Milliarden Euro, die nur noch ein paar Cent wert sind, stehen noch in den staatlichen Büchern. Auch sind die notwendigen gesetzlichen Änderungen hinsichtlich der freien Finanzmärkte noch nicht umgesetzt worden, ja, sogar nicht einmal angedacht. Es wird also weiter gezockt werden. Wenn heute so laut nach den nationalen Währungen gerufen wird, haben viele vergessen wie es vor dem Euro war und was zu dem Euro führte. Denn seit es den Euro gibt ist die europäische Währung gegenüber den anderen Währungen, wie Dollar, Pfund oder Franken, stabil und stark geblieben. Das bedeutet für die Exportnation Deutschland, dass ihre europäischen Handelspartner nicht mehr im Nichts landeten und damit weiter zahlungsfähig für deutsche Produkte oder Leistungen bleiben.

 Das gilt aber auch für alle anderen 27 Staaten der EU, allerdings etwas eingeschränkter.  Im Counsil auf dem Weg zu den Gesprächen[/caption] Also, wie funktioniert denn nun Europa? Es funktioniert sehr schwierig, aber, es funktioniert immer besser. US Amerika nimmt die EU sehr ernst, China, Russland und alle großen Länder wollen mit dem Brüsseler Europa an einem Tisch sitzen und gute Geschäfte machen. Nicht nur das. Dies wäre wohl kaum der Fall, wenn unsere gemeinsame Währung, der Euro, nichts wert wäre. Und wirtschaftlich?   zum-gespraech
Im Counsil auf dem Weg zu den Gesprächen

Die Europäer haben mit Airbus den größten Luftfahrtkonzern auf die Beine gestellt und die US Amerikaner innovativ und auch umsatzmäßig auf die Plätze verwiesen.

Galileo ist der Name des europäischen Navigationssatellitensystems, welches viel genauer als das US Amerikanische oder russische System ist, es könnte mit weiteren Modulen die Verkehrsströme auf der ganzen Welt optimieren und revolutionieren. Verkehrsstaus könnten optimal gelenkt werden und riesige CO2 Mengen dadurch eingespart werden. Erst 2020 wird Galileo bereit sein können; denn die US Amerikaner hatten etwas dagegen, weil dieses System ihrem eigenen weit überlegen ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf Europa als gleichberechtigtes Mitglied im Club der Weltraumproduzenten hingewiesen. Mit den Ariane Raketen haben die Europäer ein kostengünstiges Produkt und mit dem europäischen Weltraumzentrum in Französisch-Guayana sogar einen konkurrenzfähigen und ernstzunehmenden Standort für die notwendigen Raketenabschüsse. Aber nicht nur wirtschaftlich haben wir was vorzuweisen. Was uns besonders auszeichnet sind unsere sozialen Strukturen. Menschen- und Bürgerrechte haben in Europa ein Haus mit einem eigenen Gerichtshof in Haag. Genug der Lobhudelei. Es gibt noch etwas, was in Europa nicht so ausgeprägt ist – das europäische Selbstbewusstsein. Es ist noch nicht selbstverständlich wenn ein Franzose, Brite,Tscheche oder Deutscher sagt: Ich bin Europäer mit …… Wurzeln. auf der anderen Seite ist es aber auch so, Brüssel will überzeugen nicht anordnen. In Brüssel gibt es einen Sonderausschuss: Organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche (CRIM). Der Berichterstatter: Salvatore Iacolino schrieb direkt zu Anfang in seinem Bericht: „Vorab ist anzumerken, dass selbst in Fachkreisen keine übereinstimmende Definition des Begriffs der organisierten Kriminalität existiert.“ So funktioniert Europa. Es gibt keine übereinstimmende Definition in den 27 (28) Ländern der EU, also müssen wir darüber reden. In jedem Staat, wie zum Beispiel der USA, würde jemand diesen Tatbestand definieren und dann wäre dieser für alle gültig. Europa ist ein mehr demokratischer Staatenverbund und lernt von Tag zu Tag dazu.

im-gespraech
Janez Janša, Prime Minister Slovenia stellt sich
den Fragen der Presse
  Aber das dauert alles so lange – also Geduld. So tickt Europa und darauf können wir stolz sein. 

Das Brüsseler Europa ist aber auch nicht ohne Fehler. Der zyprische Präsident Nikos Anastasiadis ist erst seit Februar 2013 im Amt und machte keine gute politische Figur. Seinen Landsleuten wollte er die von der EU garantierten 100.000,– Euro Sparguthaben nicht zubilligen.

Ein schwerer Fehler der jedoch von den Zyprioten selber korrigiert wurde.

Der neue Euro-Gruppen-Chef und niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, auch erst seit Januar 2013 im Amt, ging nicht gerade professionell in dem Fall Zypern an die Öffentlichkeit, indem er die Vorgehensweise der EU in der Zypenkrise als Blaupause für alle einstufte.
Dies war falsch; denn die Volkswirtschaften der 17 Eurostaaten sind nicht vergleichbar und haben alle unterschiedliche Schwachpunkte. Der Luxemburgische Finanzminister Luc Frieden und der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn meinten, die EU hat nicht das Recht ihrem Staat vorzuschreiben, welches Geschäftsmodell ein Staat ausüben wolle. Recht haben die beiden. Nur, dies alles waren die Aufgeregtheiten in Brüssel, die doch nur eines bewiesen haben: Die Europäer reden miteinander und ringen um Problemlösungen.      

 

Jürgen Gerhardt für european-mosaic aus Brüssel

[Alle Fotos: © Linde Arndt]