Ennepetaler Standortsicherungspakt, ein Steuervermeidungsmodell
[jpg] Wissen sie wie man einen Affen fängt? Man hält ihm etwas zum essen vor die Gitterstäbe, der Affe steckt die Hand durch die Stäbe, fasst das Futter und zieht die Hand zurück. Nur die Gitter sind so eng, dass seine Hand mit dem Futter nicht mehr durch die Stäbe geht. Da der Affe das Futter nicht mehr los lassen will, bleibt er gefangen.
So kam mir die Ennepetaler Ratssitzung am 2. Juni 2016 vor. Die Herren Rolf Bilstein (BILSTEIN GROUP), Ralf Stoffels (BIW GmbH), Christoph Brünger (SIHK) und Klaus Heinz zogen in den Ratssaal von Haus Ennepetel ein und setzten sich auf die Zuschauerbänke.
Als die Einwohnerfragestunde aufgerufen wurde, meldete sich Rolf Bilstein mit einer Vorbemerkung und zwei Fragen.
In der Vorbemerkung erläuterte Rolf Bilstein, dass er in Kürze 2,5 Millionen Euro auf das Konto der gGmbH verbucht bekommt. Die versprochenen 3,5 Millionen Euro werden jedoch wegen der kürzeren Zeit nicht zusammen kommen (Warum eigentlich nicht?).
Dann die erste Frage: Sollen wir mit dem Projekt „Standortsicherungspakt“ weiter machen?
Dann die zweite Frage: Was sollen wir mit den eingesammelten Gelder in Höhe von 2,1 Millionen machen, sollen wir diese an die Adressaten zurück schicken?
Es entstand auch eine gewisse Unruhe im Ratssaal, EN-Mosaik kam es fast vor als wenn Rolf Bilstein mit einem Scheck von der Zuschauerbank gewedelt hätte.
Danach ging alles ganz fix. Der Beschluss vom 26. November 2015, der einen Kooperationsvertrag vorsah, wurde aufgegeben. Dieser war nicht mehr haltbar da NRW Innenminister Jäger sein Veto gegen diesen Vertrag geltend gemacht hatte. Damit bestand ein vertragsloser Zustand, nicht ganz, es bestand de facto eine Zusage über einen Betrag von 2,1 bis 2,5 Millionen Euro der am 1. Juli an die Stadt überwiesen werden sollte.
Diese Zusage sollte über einen Vertrauensvorschuss des Rates mit einem Beschluss abgesichert werden. Bis auf Die Linke, die Piraten und einen Parteilosen, waren alle anwesenden Stadträte für diesen „Standortsicherungspakt“.
Lobeshymnen ohne Ende schütteten die Ratsmitglieder über die anwesenden und nicht anwesenden Unternehmer aus. Es fehlte nur noch eine Anbetung. Wofür eigentlich?
Unterstellen wir einmal, die versprochenen 2,5 Millionen Euro kommen als Spende zusammen und werden am 1. Juli von der gGmbH an den Kämmerer überwiesen. Was dann? Hat die Stadt in der Vergangenheit nicht bewiesen, dass sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Steuergelder Ennepetal nicht entwickeln konnte? Und das soll jetzt anders werden?
Abgestimmt wurde vorweg das eine Gewerbesteuererhöhung von 59% die 2,5 Millionen überflüssig machen sollten, was der Rat in seiner Mehrheit ablehnte.
Wie der Kämmerer Kaltenbach auf die 59% kommt, bleibt schleierhaft. Denn ein Hebesatzpunkt Gewerbesteuer bringt nach Auskunft der Kämmerei 59.910,– Euro ein. Bei 2,5 Millionen ergäbe das eine Erhöhung von höchsten 42% Punkte. Na ja, ein bisschen Stimmung oder Druck muss wohl im Gefecht gemacht werden.
Aber das Ganze kommt viel schlimmer und wird für die Unternehmer der gGmbH ein Steuerspar-, nein, ein Steuervermeidungsmodell sein, das so sicher nicht Schule machen sollte.
Modellrechnung:
Folgende Parameter haben wir zur Vereinfachung als gegeben in unsere Berechnung einfließen lassen:
Unternehmer mit einem Jahresgewinn vor Steuer 5 Millionen Euro, rechtliche Voraussetzung der Abzugsfähigkeit werden unterstellt.
Gewerbesteuer Hebesatz in Ennepetal, Stand 2.Juni 2016, 445 Prozentpunkte
Spendenbetrag der gGmbH 2,5 Millionen Euro
Einkommensteuerpflichtigkeit Grundtarif
Wir haben auf die Anwendung der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. §35 EstG verzichtet.
Berechnung der Gewerbesteuer und Einkommensteuer, Fehlerquote 5%
A) Berechnung der zu zahlenden Gewerbesteuer
Gewinn 5.000.000,– Euro
zu zahlende Gewerbesteuer 774.931,– Euro
Minus Spende an die gGmbH in Höhe 2.500.000,– Euro
zu zahlende Gewerbesteuer 385.556,– Euro
Weniger Gewerbesteuer 389.375,– Euro Steuerersparnis
Diesen Betrag spart der Unternehmer und führt zu Mindereinnahme in gleicher Höhe bei der Stadt!
B) Berechnung der zu zahlenden Einkommensteuer
Gewinn 5.000.000,– Euro
zu zahlende Einkommensteuer 2.233.972,– Euro
Solidaritätszuschlag 122.868,– Euro
Gesamt 2.356.840,– Euro
Minus Spende an die gGmbH in Höhe 2.500.000,– Euro
zu zahlende Einkommensteuer 1.108.972,– Euro
Solidaritätszuschlag 60.993,– Euro
Gesamt 1.169.965,– Euro
Weniger Einkommensteuer 1.186.875,– Euro Steuerersparnis
Steuereinsparung der Unternehmerseite Gesamt: 1.576.250,– Euro
Nachrichtlich: Minus Gewerbesteuereinnahme Stadt Ennepetal: 389.375,– Euro
Die tatsächliche Spende der Unternehmer beträgt demnach:
2.500.000,– Euro Minus Steuerersparnis in Höhe von 1.576.250,– Euro gleich 923.750,-– Euro
Am 1. Juli soll dieser Betrag von 2,5 Millionen überwiesen werden. Wie in anderen Gemeinden auch, wird dieser Betrag in den Tiefen des Haushalts verschwinden. Stadtverwaltung und Politik haben sich bis heute noch nicht geäußert für was diese Summe verwendet werden soll.
Zwischendurch bemerkt, dieses Konstrukt ist wahrscheinlich ganz legal. Nur das de facto Junktim mit der Gewerbesteuer bereitet sicherlich Probleme, zumindest ist es gewagt.
Störend wirkt sich die Einkommensteuermindereinnahme in dieser Rechnung aus; denn dieser Betrag fehlt an anderen Orten. Die Einkommensteuer wird vertikal verteilt, wobei die Kommunen 15% von den Einnahmen bekommen. Wenn also eine Kommune z.Bsp. eine Kita nicht bauen kann, weil die Einnahmen fehlen, hat Sie halt Pech gehabt. Beschämend ist wenn man die vorläufige Solidaritätsumlage (GFK) für Ennepetal für 2016 in Höhe von 944.000,– ansieht, der ja eine Modellrechnung des Landes zugrunde liegt, wonach Ennepetal mit zu den reichen Städten gehört. Da nützt kein Jammern des Kämmerers, er wäre arm und müsste ein HSK auflegen, die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Auf Kosten anderer den großzügigen Spender zu spielen und dann noch sagen, man will was für den Standort tun, ist hier als reine Farce abzutun.
Ebenso ist es mit der Gewerbesteuerberechnung, die ja zu einem Nullsummenspiel führt, die Unternehmer sparen die Gewerbesteuer die sie durch die Spende auszahlen.
Wenn man alles durchrechnet verbleiben „nur“ die 923.750,– Euro die die Unternehmer aus ihren eigenen Gewinnen überwiesen haben. Alles andere zahlt die Stadt und der normale Steuerzahler.
Mal zum Thema Nachhaltigkeit. Die Unternehmer können mit der Stadt keinen Vertrag aufsetzen ohne die Gewerbesteuer an diesen Betrag zu binden, dass wäre unrealistisch. Auf der anderen Seite sind solche Verträge letztendlich nicht bindend, keiner der Vertragspartner kann den anderen Vertragspartner zu den angedachten Handlungen zwingen. Also was soll es. Warum die Unternehmer sich nicht Projekte in Ennepetal aussuchen um sie dann umzusetzen, eröffnet sich mir nicht.
Was bleibt ist der Gedanke, dass durch solche Konstruktionen die Verteilung der Steuern durch Bund und Länder sabotiert werden soll. Steuern nach Gutsherrenart, die Deutschen verstehen so was mit ihrem „Befehl und Gehorsam“ Komplex.
Und was ist mit dem viel zitierten Vertrauen? Solange es einen Interessenskonflikt zwischen den Parteien gibt, kann es kein Vertrauen geben. Das ist eine logische Konsequenz.
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Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
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