Die Roncalli Premiere – Ein Abend der besonderen Art

[[wr] 592] Wir waren schon sehr früh da an diesem Premierenabend am Konrad Adenauer Platz in Recklinghausen, aber wir waren nicht die Ersten.

Viele waren schon sehr früh an diesem Abend gekommen. Die Schlangen vor den Kassen und vor dem Eingangsportal wurden lang und länger. Doch obwohl es an diesem Abend lausig kalt war, tat dies der freundlichen und beschwingten Stimmung keinerlei Abbruch, was ein wenig an die Veranstaltungen von RUHR.2010 erinnerte, denn da war es wieder dieses viel zitierte Gemeinschaftsgefühl der Menschen aus dem Revier. Herrlich!

In der Regel ist man als geneigter Zuhörer und Zuschauer immer etwas skeptisch, wenn bestimmte Superlative bei der Vorstellung einer Veranstaltung benutzt werden. Doch es gibt sie auch, die Überraschungen der besonderen Art. So hatte Bernhard Paul bei der Vorstellung seines Jubiläumsprogramms im Recklinghauser Rathaus noch davon gesprochen; "Höchstleistungen allein reichen aber für eine Roncalli-Inszenierung nicht. Erst die verbindende Dramaturgie, das poetische erzählen der Geschichten und die harmonische Einheit von Artistik und Musik machen das perfekte Programm aus." Der Prinzipal des Roncalli hat kein wenig zuviel versprochen und nun haben wir das Problem nicht in jedem Satz ein Superlativ zu verwenden.

          
  Gruppe vor dem Zelt                                                                                                                   Foto: © Zdena David  

Allen Künstlern konnte man die ungeheure Spannung, sein allerbestes zu geben an der Nasenspitze ansehen. Die Probenzeit für das gesamte Programm zu dieser Auftaktveranstaltung "35 Jahre Roncalli" war mit 2-3 Wochen auch ziemlich stramm bemessen. Der eine oder andere "Haker" zeigte wie es bei Höchstleistungen normal ist ganz menschlich Züge und genau das macht Roncalli schließlich aus. Der Mensch als Ganzes steht im Mittelpunkt!

In seiner Einleitung hatte Bernhard Paul auch von der nächsten Generation in der Manege gesprochen und wahrlich die Lebensfreude dieser jungen Generation (Durchschnittsalter ca. 20 Jahre) hielt der nur auf Produktivität schielenden Gesellschaft den Spiegel vor Gesicht.
            


An dieser Stelle fällt es auch schwer einzelne der Künstler hervorzuheben, denn alle gemeinsam haben den anwesenden Zuschauern einen wunderbaren Abend geschenkt. Als absoluter Clown-Fan, als der ich mich hier oute, war ich von der ersten bis letzten Sekunde von David Larible begeistert, der mit seiner Körpersprache und Mimik viele Tränen der Freude zusammen mit Theaterclown Gensi heraus kitzelte. Mit ihrer auf die einzelnen Artisten passgenau abgestimmten Dramaturgie waren die Beiden die Seele der Manege und man hatte nicht Gefühl nur als Zuschauer dort zu sein, sondern man fühlte sich als ein Teil des Ganzen. Bei jedem der 18 Programmpunkte wurde man Emotional mitgenommen. Bei Florian & Edith Richter war man dabei, wenn die wunderschönen Pferde ihre Phantasien und ihren Postkurs zeigen. Wenn Shirley Larible an Strapaten unter der Kuppel ihre grazilen Figuren drehte oder das Duo Bobrov mit ihrer Luftnummer eine emotionalen Choreographie zeigte, wurde das Publikum ebenso wie bei den Fahrrad-Kapriolen von Fabrico Nogueira in die Welt des Staunens entführt. Die zierlichen Azzario Sisters, die mit ihrer Darstellung von Balance sehr viel "Köpfchen" bewiesen, zeigten ebenso wie Borys Borysenko mit seiner Pantomime, Jemile Martinez als Jongleur und Andrey Romanovsky als "Mensch ohne Knochen" zwar etwas mehr die "Bodenhaftung", doch die Schnelligkeit und Eleganz war auch hier in jedem Atemzug zu spüren. Den artistischen Reigen schloß Encho Kreyazov mit seiner wahrlich kraftvollen Handstand-Akrobatik.
            
Eine der wichtigsten Gruppen sah man allerdings nicht selbst in der Manege, das Orchester thronte über dem Bühnenportal und spielte Live einen hervorragenden Sound. Ein großer Dank sollte aber auch an die vielen unsichtbaren Geister gehen, die in allen Lebenslangen dafür sorgen, das im Rund alles reibungslos funktioniert und die Gäste immer umsorgt werden.
Es war schön für ein paar Stunden in einer anderen Welt zu sein.
            

 

Gastbeitrag von Will Rumi für EN-Mosaik aus Recklinghausen

 

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