Soziale Verwerfungen in Ennepetal
[jpg] Haben wir wirklich Wandalen in Ennepetal? Nein. Als wir zum ersten mal das Jugendproblem in Ennepetal thematisierten, hat man ein diesbezügliches Problem in den Bereich der Fantasie verwiesen. CDU und SPD machten damals eine Versammlung am Milsper Marktplatz und fanden letztendlich zu dem kleinsten Nenner, indem die Einstellung eines Streetworkers für 10.000,– Euro (Sonderangebot) betrieben wurde. Danach fehlte das Geld irgendwie und man hat dieses Problem der Evangelische Stiftung Loher Nocken übergeben. Ein paar Euro in den Haushalt, den Streetworker zum Teufel gejagt und fertig war die Laube. So wollten die Parteien und die Stadtverwaltung das alles erledigt sehen. Ach ja, und die Jugendlichen die auf dem guten Kunstrasen vom TUS Fußball spielten, jagte man auch gleich mit zum Teufel.
Man verwies sie dann auf einen entfernteren Bolzplatz. Und man dachte sich, jetzt wird es wohl Ruhe geben. Man nennt das moderne Jugendpolitik. Und generös beantragte die SPD 5.000,– Euro für ein Jugendparlament. Offensichtlich wollte man für diese 5.000,– Euro in „Osteuropa“ billig ein paar Jugendliche einkaufen die sich dann ein Parlament selber organisierten. Irgendwie merkte man dann den fehlenden Spaßfaktor und zog den Antrag und damit die 5.000,– Euro zurück. Und jetzt? Für die Jugend läuft nichts mehr, außer der Nase bei diesem kalten Wetter. Jugendtreff, wo man abhängen oder chillen kann? Weit und breit nicht zu sehen. Politiker aller Coleur winken ab wenn es um Jugendliche geht. Die können sich doch selber erziehen, wir haben das doch auch getan, so die Aussage.
Zerstörte Kinotafeln am Hohenstein (c) unbekannt |
Damals hatten wir vor kriminellen Karrieren der Jugendlichen gewarnt, die sich ergeben würden, wenn sich Jugendliche von der Gesellschaft vernachlässigt fühlen. In der Gasse zum damaligen Rewe hatten wir schon mal eine Spritze gesehen, Alkohol wurde konsumiert und zu sexuellen Handlungen soll es auch gekommen sein. Dies war nicht nur in Milspe zu beobachten, vielmehr war auch Voerde und Hasperbach involviert. Man ist zwar mit der Stadtwache mal dazwischen gegangen, jedoch haben sich die Jugendlichen jetzt anders verteilt. Und die Stadtwache kann ja nicht 24 Stunden im gesamten Stadtgebiet Patrouille laufen. Die Polizei ist da auch überfordert und auch nicht zuständig, wenn Jugendliche im Parkhaus rumhängen. In Ennepetal ist es trist für Jugendliche, also stauen sich die Agressionen. In dieser Situation kommen die Jugendlichen auf Gedanken sich Ventile zu verschaffen und sich quasi an der Gesellschaft zu rächen. Es fängt allerdings klein an mit Schmierereien an Wänden, dann die ersten Zerstörungen, es steigert sich immer mehr und kann dann auch in Körperverletzungen münden. Psychologen und Soziologen sehen immer wieder verwundert die Gesellschaft, die die ersten Zeichen nicht erkennen wollen. Denn hier könnte man noch gegensteuern und körperliche Schäden verhindern.
Ennepetal sollte sich einige Vorfälle im Stadtgebiet aus dem Jahre 2011 bis heute in Erinnerung rufen und sich der fehlenden Jugendpolitik erinnern.
Da waren schon Körperverletzungen, einen Raub hatten wir auch, Schmierereien und zu guter Letzt auch noch die Zerstörung des Hohensteinkinos. Die Zerstörung des Freiluftkinos am Hohenstein fiel besonders ins Gewicht, weil es den Heimatverein Voerde betraf und letztendlich 20.000,– Euro gekostet hatte. Bei der Körperverletzung da regte sich kaum jemand.
Aber wie gesagt, es geht um die Prävention der Jugendgewalt und die kann man nur mit guter Jugendpolitik machen und nicht mit dummen Geschwätz oder einer Scheckheftpolitik.
Ich hatte mich einmal mit einem gut angesehenen Politiker über dieses Thema unterhalten. Ihm war es egal ob ein Jugendlicher kriminell würde; denn dann käme er ja in eine Jugendvollzugsanstalt, dies kostet zwar monatlich so an die 3.000,– Euro, die müssten jedoch vom Land getragen werden, die Kommune hätte dann keine Kosten aufzuwenden für Jugendpolitik. So kann man sicher auch Politik machen, nur ob das im Interesse der Einwohner ist, wage ich ganz stark zu bezweifeln.
Aber was soll es, lassen wir doch weiter zusehen und Wandalen in unsere Stadt rufen. Soziale Verwerfungen oder soziale Brennpunkte haben wir noch nicht in unserer Stadt.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
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