Wirtschaftsförderung mit dem Scheckbuch?

[jpg]Zwei Tage in Sachen Handel und Wandel in Ennepetal unterwegs.

1.    Tag

2.2.2009 , 18:30 Uhr, Ort: Ratssaal der Stadt Ennepetal

Die SPD Ratsfraktion hatte zu einem Vortrag eingeladen. Dipl. Ing. Tobias Berg referierte über "Zentrale Versorgungsbereiche" die vom Gesetzgeber dafür geschaffen wurden, um in vielerlei Hinsicht den Städten ein Planungswerkzeug an die Hand zu geben, die Sicherheit für den Investor als auch die strukturellen Rahmenbedingung hinsichtlich Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie in einer Stadt klar aufzeigen sollen.
Das Referat wurde klar strukturiert und professionell aber auch verständlich von Herrn Berg vorgetragen. Es war ein interessanter Vortrag, dessen Spannung sich klar erahnen ließ. Ein guter Mann in unseren Stadtmauern, hätte ich in Ennepetaler Rathaus nicht erwartet.
Es ist ein mächtiges Werkzeug diese "Zentralen Versorgungsbereiche" zu erarbeiten, ein Schwert für eine Stadt, die aber, so glaube ich, erst einmal damit umgehen lernen müsste. Es bleibt die Frage, warum dieses Werkzeug und die damit zugrunde liegende Idee nicht früher in das Ennepetaler Rathaus Eingang fand. Wahrscheinlich, weil die Ennepetaler Stadt das Chaos liebt?
Schade das Herr Rauleffs kein weiteres Gespräch mit Herrn Berg zuließ; denn dieses Thema hätte es verdient. Der Fraktionsvorsitzende ließ nur vier Fragen zu und bat dann die Anwesenden etwa 40 Zuhörer, darunter immerhin 3 Bürgermeisterkandidaten, das Referat als beendet zu betrachten. Der etwas "rustikale" Charme des Herrn Rauleff`s überzeugte die Anwesenden.
Bleibt anzumerken, ob wir diesen für meine Begriffe überzeugenden Dipl. Ing. in seinem Fach,  bei uns in unseren Stadtmauern halten können, oder ob er, wie so viele nach einer gewissen Zeit unsere Stadt verlässt.

2.    Tag

3.2.2009, 19:30 Uhr, Ort: Cafe` und Confiserie Kartenberg

Die Stadt Ennepetal, seitens der Wirtschaftsförderung, lud die Milsper Händlerschaft zu einem "Plausch" ein. Von der Stadt waren anwesend,  die Dipl. oec. Frau Drees ( Bergische Universität Wuppertal ),  Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung, Herr Wiggenhagen, sowie aus dem Amt Herr Schilling.
Eines vorweg: Es scheint in Ennepetal eine Unsitte zu werden, dass auf Veranstaltungen mit politischen Hintergrund, in öffentlichen Räumen den Rauchern eine Freizone eingeräumt wird. So auch an diesem Abend, da saß ein Angehöriger der Stadt lustig rauchend im Cafe` Kartenberg herum, obwohl die Rechtslage eindeutig ist. Ein Angehöriger der Stadt sollte doch sicher als gutes Beispiel vorangehen und den Weg in die Öffentlichkeit finden,  um dort seiner Nikotinsucht zu frönen. Auch sollte es ihm klar sein, dass dieses Rauchergesetz ein Schutzgesetz ist, sprich, Nichtraucher sollen von den gesundheitsschädlichem Qualm geschützt werden. Der anwesende Vorgesetzte wusste dies nicht zu unterbinden.

Zu dem eigentlichem Inhalt des Abends.

Nachdem Herr Wiggenhagen die anwesenden begrüßt und Frau Drees sich vorgestellt hatte, ging es zur Sache.

Eine grundlegende Analyse der derzeitigen  Einzelhandelssituation?
Eine Strategie für ein breiteres Angebot oder zumindest eine Verbesserung der Situation?
Ein im Ansatz erkennbares Konzept?

Nichts, totale Fehlanzeige!

Stattdessen "nur" ein Vertragsentwurf für die Marketing GmbH & Co.KG.,  und der war so etwas von schludrig erstellt, dass sich einem die Nackenhaare aufstellten.
Die Stadt gibt als Komplemetär über den Zeitraum von 3 Jahren, jedes Jahr 50.000,– Eur in die Gesellschaft, gleichzeitig stellt sie den Geschäftsführer in der Person von Frau Drees ( Wie diese entlohnt wird und von wem, ist unklar ).
Im Gegenzug sollen die Kommanditisten (Kaufleute/Händler) jeweils 500,– Euro in die vorgenannte Firma einschießen. Dies würde im Endstadium eine GmbH & Co. KG mit einem Kapital von 150.000,– Euro auf städtischer Seite und 15.000,– Euro auf "Händler" Seite, sprich ein Gesamtkapital von 165.000,– Euro bedeuten.
Von Händlerseite, es können auch andere Gruppen sein, existiert ein Letter of Intent (LOI) in welchem sich 30 Händler verpflichtet haben. Allerdings hat die Stadt sich nur mündlich bisher für etwas verpflichtet. Warum kein Memorandum of Understanding (MOU) gemacht wurde ist unverständlich. Denn das Memorandum of Understanding hat den bedeutenden Vorteil, dass sich beide Seite vertrauensvoll zu etwas erklären, also eine Übereinkunft die es gilt mit Inhalt zu füllen. Während der Letter of Intent ja doch nur eine einseitige Erklärung ist.
Wenn man bedenkt, dass es gilt eine vertrauensvolle und gedeihliche Zusammenarbeit zwischen der Stadt einerseits und der "gesamten" Kaufmannsgilde andererseits aufzubauen, so ist eine einseitige Erklärung niemals dafür geeignet. So sieht es danach aus als wenn die sich im Letter of Intent Erklärenden von der Stadt haben kaufen lassen, in der Hoffnung ein Stück von dem Kuchen 165.000,–Euro ab zu bekommen.
Und weiter. Der Vertragsentwurf, enthielt nur vage Angaben über Unternehmensziele oder Geschäftsfelder , selbst eine Gewinnabsicht wurde nicht definiert, befragt, wurde die Umsatzsteuerpflicht bejaht, heißt, es wird eine irgendwie geartet Leistung erbracht. Leider war kein Fachanwalt für Steuerrecht anwesend, der den  vortragenden Personal der Stadt die Abgabenordnung um die Ohren hätte schlagen können. Auch ein Fachanwalt für Gesellschaftsrecht hätte sicher seine wahre Freude hinsichtlich des Gesellschaftervertrages gehabt.
Die eigentliche langfristige Einnahmequelle und damit Erlöse, wären demnach die Gebühren aus dem Wochenmarkt und aus der Sondernutzung der Fuzo. steuer- und haftungsrechtlich sehr, sehr bedenklich . Dann, die Stadt hat ein Vetorecht wie der anwesende Bürgermeisterkandidat Herr Dr.jur. Mehner richtig bemerkte, über das was die Gesellschaft entscheidet, definiert aber das Vetorecht weder negativ noch positiv, kurz, die Stadt kann jederzeit eine Entscheidung der Gesellschaft ohne Begründung blockieren. Wie ein analoges Vetorecht der Händler/Kaufleute aussehen kann ist dabei fraglich.
Begründet wurde dieser schludrige Vertrag damit, dass die Händlerschaft nicht überfordert werden sollte. Bleibt anzumerken, dass offensichtlich die Stadt mit Verträgen überfordert ist.
Um es einmal zusammen zu fassen, die Stadt hat das Scheckbuch heraus geholt, Geld auf den Tisch gelegt und die Hand drüber gehalten, jederzeit bereit das Geld zurück zu ziehen.
Man lockt die Vertragspartner mit dem Scheckbuch, sagt aber man wolle eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Mit einem Scheckbuch erreicht man nur Scheckbücher aber nicht die Köpfe und die Herzen anderer Menschen.

So kann man sicherlich nicht das Produkt Ennepetal aufwerten.

Das die Stadt die Händlerschaft quasi kaufen will, zeigte sie auch unmissverständlich als sie mit einem noch leichten Druck, Aktionen zu Terminen 60 Jahre Ennepetal, einen Weihnachtsmarkt oder die Etablierung des Modegeschäftes Finger in Milspe anmahnte.
Wie wenig Kreativität oder auch Willen, einen Neubeginn und damit einen attraktiven Einzelhandel von Seiten der Stadt zu etablieren  vorhanden ist, konnte man an diesem Vortrag erkennen. Eine große Chance wurde vertan und wieder Zeit verspielt.  Das Konzept GmbH & Co. KG muss aus vielen Gründen abgelehnt werden, zu teuer, zu starr, zu kompliziert und zu unausgereift. Dabei könnte es so einfach sein.

Danach trugen sehr eindrucksvoll sowohl die Bäckerei Steinbrück als auch der Fotograf Kottsieper ihre Umsatzverluste nach der Eröffnung der Fuzo vor. Dieser Vortrag gipfelte in der Frage: Ob denn jemand sagen könne, er habe eine Umsatzsteigerung nach der Eröffnung?
Von den Anwesenden konnte keiner über eine Umsatzsteigerung berichten, so dass das ganze Schönreden der Stadt ad absurdum geführt wurde. Ein Vertragspartner, nämlich die Stadt, die  sich der Realität nicht stellen mag, ist kein vertrauenserweckender Partner.
Ein anwesender Händler fasste diese ganze Veranstaltung und die Konsequenz daraus in einen Satz: Ich schieß meine 500,– Euro rein. Gehen die verloren, was ich annehme, macht mich das sicher nicht kaputt.
Was für eine Einstellung, für einen Neuanfang!!!

Was noch sehr auffiel: Voerde, Altenvoerde ( Mit Ausnahme Modehaus Deppe ) oder die anderen Stadtteile wurden gänzlich ausgespart, es ging nur um Milspe. Was für ein Signal
für ein Wir in Ennepetal, wo von vornherein Stadtteile regelrecht ausgegegrenzt werden.
Voerde und Altenvoerde sollen, wenn die Milsper es wünschten, nur über ihre IG´s aufgenommen werden, die einzelnen Kaufleute, so noch vorhanden, bleiben außen vor.

Nun, es ist schon beschämend für einen Bewohner dieser Stadt solch einer Veranstaltung bei zuwohnen, zumal wenn man das Wissen hat, wie es anders und besser gehen kann.
Die Fertigstellung der Fuzo stellte eine positive Zäsur für Ennepetal dar, die im Vorfeld durch die Stadt gemachten planerischen und organisatorischen Fehler, wären, wenn sie denn mal zugegeben worden wären, entschuldigt worden. Aber dann auf dem hohen Ross daher zu kommen und nichts aber auch gar nichts zu bringen, außer einem Scheck ohne Verfügung und Inhalt, dass ist entweder dreist oder total naiv.

Um das ganze nicht als Rundumschlag gegenüber der Stadt und der neuen Dipl.oec. Frau Drees dastehen zu lassen, hier ein Ansatz von mir, ich gehe direkt in die Ansprache der Zielgruppen, die ich vorher definiert habe:


 

ENNEPETAL IST WAS

GANZ BESONDERES –

WIR ZEIGEN  ES


 

  Eine stimmige Markt-Positionierung, ein prägnantes Gesicht – kurz: Wir machen
  unsere Stadt zum Star im Ennepe-Ruhr-Kreis.Der Aufbau von Einzigartigkeit, Glaubwürdigkeit und Vertrauen ist die Basis für den Aufstieg  zum Star und das Ziel von wirksamer Kommunikations-Arbeit.
Einzigartigkeit der- Stadt in punkto Angebot und Auftritt.
Glaubwürdigkeit der Stadt hinsichtlich seiner Werte und Haltung.
Vertrauen, wenn es um die Entscheidung für die Stadt oder die Leistungsfähigkeit derselben geht.

 



Dieser Denkansatz würde allerdings eine gründliche und schonungslose Analyse voraussetzen, nach der betriebswirtschaftlichen Arbeitsweise einer Wertschöpfungstreppe, die Analyse, Strategie, Umsetzung und Controlling einschließt.

Dies wäre die Hymne um eine über Jahre durch die Stadt vernachlässigte Kaufmannsgilde anzusprechen. Kommunikation und Innovation sind Geschwister, Menschen, auch Kaufleute, wollen umworben werden – beworben werden sie an allen Ecken. Mit höchster Kreativität  erreicht man die Köpfe und Herzen, wird gehört und angenommen, um dann letztendlich das Ziel zu erreichen was man vorher gemeinsam definiert hat. Frage: Was ist daran so schwierig?

Zwei Tage in Ennepetal, einen Tag voller Hoffnung den anderen voller Hoffnungslosigkeit. Es ist schon schwer mit diesen Entscheidungsträger zurecht zu kommen, drei Bürgermeister Kandidaten, eine sagt nichts, ein anderer redet sich um Kopf und Kragen und der dritte versucht sich mit Einwänden, die zwar richtig sind, aber ein Gesamtkonzept nicht anmahnt.

Schade das wir keinen couragierte|n| Bürgermeisterkandidaten(in) haben.

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