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Deutschland und sein „Made in Germany“ unter Beschuss

VW in der Kritik Foto: (c) Linde Arndt

VW in der Kritik Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Volkswagen hat betrogen, Punkt. Es war ja abzusehen; denn die Marktwirtschaft zwingt die Produzenten geradezu zu den Betrügereien die jetzt mit VW sichtbar wurden. Aber das wäre jetzt zu leicht für die deutsche Firma Volkswagen. Der Volkswagenkonzern operiert weltweit mit unzähligen Marken. In China steht er, zum Leidwesen der amerikanischen Autobauer, mit beiden Beinen auf dem chinesischen Markt. Wachstum auf dem europäischen und US-amerikanischen Markt ist kaum mehr möglich. Überhaupt denkt man zunehmend an die „Grenzen des Wachstums“ die der Club of Rome schon 1972 in seinem Buch „Limits to Growth“ thematisiert hat.

Der VW Konzern scheint nun einen Weg gefunden zu haben, für sich die Grenzen dieses Wachstums überwinden zu können. VW wollte die Nummer 1 im Himmel der Autobauer werden und es fehlte nicht viel um Toyota von seinem Thron zu stoßen. Konnte doch der VW Konzern einen Bonus vorweisen; denn „Made in Germany“ war noch immer eine Empfehlung für erstklassige Arbeit und Qualität. Nur „Made in Germany“ mit Betrug erhalten zu wollen und das in millionenfacher Hinsicht, schadet nicht nur den Autobauern, vielmehr wird die gesamte Marke unter Beschuss gestellt. Stinknormale Arbeit ist die Folge, was einen stinknormalen Preis nach sich zieht.

Image beschädigt / Collage (c) Linde Arndt

Image beschädigt / Collage (c) Linde Arndt

Aber es war ja abzusehen. Magnetschwebebahn nur ein Laborzug im Emsland, der nur aus Mitleid von den Chinesen gekauft wurde – mit Verlust. Oder die ICE Züge die im Sommer Kreislaufprobleme der Fahrgäste und im Winter Unterkühlungen produzierten. Die Düsseldorfer Stadtbahn bekam Straßenbahnen, bei denen sich die Dächer wellten. Und unser neustes „Made in Germany“ Aushängeschild ist der internationale Flughafen der Bundeshauptstadt Berlin. Es sind so viele Vorfälle in der deutschen Wirtschaft die zunehmend auf diesen großen Bang zu liefen.

 

Wie ist es dazu gekommen?
Die US-Amerikaner wollten mit der US-Norm „Tier II Bin 5“ der amerikanischen „Environmental Protection Agency“ (EPA) eine Stickoxidnorm (NOX-Emissionen) die zwar sehr ambitioniert war aber umsetzbar war. Auch die EU Kommission wollte verschärfte Abgasnormen die den Deutschen schwer zu schaffen machten. Man hatte die Entwicklungen schlicht und einfach verpennt. Das EU Problem war für die Deutschen ziemlich einfach, ein Anruf von Bundeskanzlerin Merkel und die neue Richtlinie landete in der Tonne. Denn wenn Deutschland nicht für die Richtlinie war, kam keine Mehrheit zustande, Italien und Frankreich, die technisch mit ihren Autobaueren schon weiter waren, waren irritiert, um es einmal diplomatisch auszudrücken. Die USA waren da schon ein anderes Kaliber. Und es kam wie es kommen musste, der VW Konzern konnte die Norm nicht erfüllen. Es musste aber eine Lösung her, sonst würde man die nationale Zulassung in den USA nicht bekommen. Es ging um Diesel Fahrzeuge. Anstatt frühzeitig mit der Erfüllung dieser Norm anzufangen verlegte man sich über die deutsche Diplomatie aufs lamentieren. Was nichts nützte. Wertvolle Zeit war verloren, die Konkurrenten hatten inzwischen Techniken entwickelt die die Norm bei weitem erfüllten. VW konnte das damals nicht mehr schaffen, so waren sich alle einig. Verblüfft schauten alle auf die Werbung, als VW mit AdBlue seine Dieselfahrzeugflotte kurze Zeit später beworben hatte. Nun ist VW ja keine kleine „Klitsche“, also nahmen alle die Neuerungen hin. Das aber der VW Konzern diese Norm nur mit eine Manipulation der Prüfsoftware erfüllen konnte flog auf als die „Environmental Protection Agency“ (EPA) Straßenmessungen (Realbetrieb) anordnete. Und diese Messungen ergaben je nach Modell, einen bis zu 10 fach höheren Wert der in der Zulassung durch den Autobauer angegeben wurde. Aus die Maus. Und jetzt? Jetzt hat der VW Konzern mit einer Klage in den USA zu rechnen. Der US amerikanische Staatsanwalt Eric T. Schneiderman vom US-Justizministerium nimmt schon mal Maß und die Ermittlungen auf.

Man schätzt, dass eine Klage, nur in den USA, schon bis zu 20 Milliarden Dollar an Strafe bringen könnte. Die Börsen reagierten denn auch empfindlich, die VW Aktie verlor am ersten Tag der Meldung 27 Milliarden Euro an Wert.

Entschuldigung, sagte der Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, Martin Winterkorn und machte sich auf den Weg einen Schuldigen zu präsentieren. In Deutschland sind immer die unteren Chargen die Schuldigen, nur zur Erklärung. Herr Winterkorn hat zwar die Verantwortung, zumal er ja aus der Technik kommt, aber er zieht nur das dementsprechende Gehalt aus dieser verantwortungsvollen Position.

Wie gesagt, wen es eine kleine „Klitsche“ wäre könnte man sich umdrehen, und gut wäre alles. Nur VW reißt hunderttausende von Arbeitnehmern, Zulieferern oder Handwerkern mit in einen Abwärtsstrudel, selbst die öffentliche Hand gerät durch fehlende Steuereinahmen in die Bredouille.

Und da soll es mit einer Entschuldigung erledigt sein? Da sind ganz andere Manager, die weit weniger angerichtet haben, zurück getreten. Der VW Konzern sollte ein Zeichen setzen: Martin Winterkorn ist nicht mehr tragbar und sollte zurück treten. Denn Betrug ist kriminell und als solches auch strafbar. Nur Firmen können in Deutschland nicht vor Gericht gebracht werden.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal


 

UPDATE:
18:00 Uhr – soeben erfuhren wir über das Radio aus Wolfsburg, das der Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, zurückgetreten ist. Ein längst fälliger, nachvollziehbarer Schritt.