Wir sollten uns nicht selber verraten
[jpg] Angela Merkel hat die Ruhe weg. Ob das nun im europäischen Parlament mit Präsident François Hollande war oder am gleichen Abend bei Anne Will im Interview. Immer, und immer wieder dieses Credo: „Wir schaffen das!“
Man muss allerdings genau hinhören um zu erfahren, dass die Bundeskanzlerin einen Lernprozess durch gemacht hat, der letztendlich zu ihren umstrittenen Entscheidungen führte. Was verwundert, ihr ist es egal, wie beliebt sie im Moment ist. Sie ist nicht stur, sondern verfolgt einen gradlinigen Weg. Ihr Weg: Die Wertegemeinschaft.
Die Dublin Verordnung ist obsolet, sie hat sich nicht bewährt, so Merkel. Unaufgeregt erklärt Merkel, wir müssen darüber reden. Sie erinnert an die Wiedervereinigung und den Auftritt von Helmut Kohl, der mit François Mitterrand vor 26 Jahren in Strasbourg zusammen Europa beschworen hatte. Damals wie heute ging es um das Haus Europa, um mehr Europa und um mehr Union, wie Kommissionspräsident Juncker es beschwor.
So reklamierten der französische Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die europäische Solidarität. Diese Solidarität, die Griechenland oder Italien mit dem Flüchtlingsproblem vernachlässigt haben. Dies muss anders werden, so beide. Realpolitik zwingt beide zum Umdenken bei der Frage wie gehe ich mit der Türkei um, die immerhin 2 Millionen Flüchtlinge der Nahostkriege aufgenommen hat. Da werden Partnerschaften möglich die bis vor wenigen Monaten undenkbar waren.
Vorwärts in die Zukunft ist bei Merkel die Zielrichtung und zwar mit den gemeinsamen Werten, die nicht verwischt werden dürfen weil die uns so stark gemacht haben. Ein Rückschritt in die Nationalstaaterei kann und darf keine Lösung sein. Denn die daraus entstehenden Probleme wären ungleich größer und führen zu keiner Lösung der derzeitigen Probleme, so Merkel. Die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts, die sehr schmerzhaft war, hat uns nur diesen gemeinsamen europäischen Weg gezeigt.
Da geiferten Marine Le Pen (FN) und Nigel Paul Farage (UKIP) im europäischen Parlament mit der Nationalistenkarte herum, sie wollen kein Europa. Sie wollen einen starken Nationalstaat mit Isolation in einer globalisierten Welt der Bündnisse. Nordkorea lässt grüßen.
Es ist viel von Mut gesprochen worden, der französische Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, zeigten trotzdem schon ein gewisses Verständnis für die Ängste der Europäer. Nur sie wollen sich von diesen Ängsten nicht leiten lassen. Gut so, möchte man meinen. Es sind im Moment zu viele Brandstifter unterwegs, denen Europa gleichgültig ist und die am liebsten die Flüchtlinge wieder ins Mittelmeer treiben würden. Das hat aber nichts mit Werten zu tun, eher mit Menschenverachtung.
Und Abends bei Anne Will? Anne Will fehlt es an politischem Gespür, sie wollte die Bundeskanzlerin bloßstellen, eine Schlagzeile haben, an Aufklärung oder Informationen war sie nicht interessiert. Nur das funktioniert nicht mit einer Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Man muss unsere Bundeskanzlerin nicht mögen, nur, man sollte sie als Fernsehjournalistin doch kennen. Es war ein spannender Tag in Brüssel und im Studio der ARD mit Angela Merkel und François Hollande. Und wer war noch mal die Fernsehjournalistin?
Jürgen Gerhardt für european-mosaic und EN-Mosaik