Vortrag Gerd Helbek – Foto: Linde Arndt
[jpg] Europa war damals gespalten. Auf der einen Seite das Europa der Aufklärung mit Paris als Mittelpunkt. Die Franzosen Rousseau, Voltaire und Montesquieu waren die bestimmenden Köpfe.
Auf der anderen Seite die Habsburger des damaligen Kaiserreiches Österreich als Staat mit „Absolutismus“, der Wien als Mittelpunkt vorwies. Deutschland war damals mit den gesellschaftlichen Strömungen hin und her gerissen. Den Geist der Aufklärung konnte man bei dem Deutschen Gotthold Ephraim Lessing festmachen. Nur Deutschland stand der Aufklärung stets kritisch gegenüber, wobei Hamburg eine Ausnahme bildete.
Gotthold Ephraim Lessing, der mit seinen Freunden Moses Mendelssohn und Friedrich Nicolai 1767 unterwegs war, traf denn auch in den Zirkeln der Hamburger Kaufmannsgilde die Familie Eva Catharina (geb. Hahn) und Engelbert König, Familien Reimarus, Philipp Emanuel Bach, Johann Melchior Goeze und andere der Kulturszene.
Gemälde Eva Catharina König
Foto: Linde Arndt
Eva Catharina (geb. Hahn) König, die Frau des Kaufmanns Engelbert König, zog ihn magisch an. Lessing übernahm die Patenschaft für den Sohn Fritz der Familie König. 1768 kümmerte sich Lessing um die Witwe Eva Catharina König, die nach dem Tode ihres Mannes das Geschäft weiter führen musste. Lessing konnte ihr allerdings nicht so helfen wie es notwendig gewesen wäre. Er arbeitete an seinem Stück „Nathan der Weise“ und hatte in diesem Zusammenhang mit dem Fragmentenstreit, mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze, viel zu tun. Denn durch diesen Streit wurde ein Teilpublikationsverbot gegen ihn verhängt. 1771 verlobte Lessing sich mit Eva Catharina König. Da Lessing aber weiterhin sehr beschäftigt war, was auch noch mit umfangreichen Reisetätigkeiten verbunden war, bestand die Verlobungszeit überwiegend aus dem zwischen den beiden geführten Briefwechsel. Eva Catharina König war eine sehr starke Frau, die ihren „Mann“ in dem ehelichen Geschäft stand. Sie musste sich die Kenntnisse alle selber aneignen, Lessing konnte ihr dabei keine große Hilfe sein. Da wo Zuspruch nötig war, haben beide – König als auch Lessing – sich diesen gegeben. Letztendlich heirateten beide 1776 in Jork, in der Nähe von Hamburg. 1778 starb Eva Catharina König nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Traugott an Kindbettfieber. Das eheliche Glück dauerte also nicht lange, nämlich nur 15 Monate. Wer war diese Frau König, die die Frau von einem der damals größten Dichter und Philosophen wurde?
Gerd Helbek
Foto: Linde Arndt
Der Verein für Heimatkunde Schwelm e. V. entdeckte die bergisch-märkische Verwandtschaft von Eva Catharina König und ihre Beziehung zu Schwelm. Gerd Helbeck war es vorbehalten das Umfeld von Eva Catharina König auszuleuchten. Ihr Vater Heinrich Kaspar Hahn stammte aus Schwelm, ihr Großvater war ein angesehener Bürger dieser märkischen Stadt Schwelm. So wurde sie in die Nachbargemeinde Lüttringhausen mit dem dortigen Kaufmann Engelbert König verheiratet. Gerd Helbeck legte die umfangreichen Banden um Eva Catharina König offen. Sie reichten bis in die höchsten Stellen der damaligen bergischen, märkischen Gesellschaft einschließlich des preußischen Hofes. Immerhin führte ihr Mann Engelbert König eine Seidenmanufaktur. So wurde Eva Catharina König als eine freie, und sehr verträgliche Frau beschrieben, die zupackend, belesen und mit einem umfangreichen Allgemeinwissen ausgestattet war. So war es nicht verwunderlich wenn Eva Catharina König Lessing auf Augenhöhe begegnete.
Emanzipation sollte man nicht mit der damals aufkommenden Aufklärung verbinden, jedoch war Eva Catharina König durch ihre bürgerliche Bildung alleine in der Lage die Geschäfte ihres 1769 in Venedig verstorbenen Mannes zu führen. Verstand und Vernunft, Freundschaft und Liebe waren denn auch inhaltlich das Credo in dem Briefwechsel den sie mit Lessing führte.
Literaturnachweis:
Günter und Ursula Schulz (Hrsg.): Meine liebste Madam. Gotthold Ephraim Lessings Briefwechsel mit Eva König. 1770–1776. Beck, München 1979, ISBN 3-406-05736-5.
Paul Raabe: Eva König. Ellert & Richter, Hamburg 2005, ISBN 3-8319-0191-0 (Biografie).
Petra Oelker: „Ich küsse Sie ausendmal“ – Das Leben der Eva Lessing. Berlin 2005, ISBN 3-546-00378-0.
Wolfgang Albrecht (Hrsg.): Briefe aus der Brautzeit 1770–1776. Gotthold Ephraim Lessing/Eva König, Weimar 2000, Böhlaus Nachfolger, ISBN 3-7400-1111-4.
Elke Bauer und Helmut Berthold (Hrsg.): Thue ein Häferl Wein… Das Kochbuch der Eva König. Rezepte von Lessings Frau. Wallstein Verlag, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1241-8.
Der kürzlich verstorbene Walter Jens sah die Briefe in dem nachfolgendem Buch als die besseren gegenüber den anderen Briefen an.
„Wolfgang Albrecht (Hrsg.): Briefe aus der Brautzeit 1770–1776. Gotthold Ephraim Lessing/Eva König“
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm