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Wir fordern die Abschaffung des Kündigungsschutzes

[jpg] Es sind Wahlen. Politiker aller Parteien schmeißen uns mit Kugelschreiber zu, die Schösser zu Hause quellen über, muss doch der Vorrat für die nächsten 4 oder 5 Jahre ausreichen. Sie versprechen uns mehr oder wenige vage das blaue vom Himmel. Je nach Präferenz hört der eine oder andere Wähler bestimmte Segnungen für sich selber heraus. Es ist wie bei einem Einstellungsgespräch, wo der Bewerber in einem guten Licht erscheinen möchte. Er möchte eingestellt werden, ist doch klar. Es kommt wie es kommen muss, der Tag der Entscheidung.
Im politischen System ist das die Wahl. Und nun wird, wie immer, die Katze aus dem Sack gelassen. Verblüfft bemerkt der Wähler die Entscheidungen, die er so, wenn er das vorher gewusst hätte, nicht tragen mag.

Da werden die Hotels entlastet, indem ihnen die Umsatzsteuer von derzeit 19% auf 7% heruntergesetzt werden soll.
Eine jahrelange Forderung des Hotel- und Gaststättenverbandes, die immer wieder abgelehnt wurde. Nun ist sie durch. Begründung: Der Gast, meinetwegen in Frankfurt, könne ja auch in Zürich übernachten, wo die Umsatzsteuer nicht so hoch wäre. Lächerlich. Wenn ich zur Messe in Frankfurt fahre, übernachte ich doch nicht in Zürich. Oder wer macht Urlaub im Berchtesgadener Land und übernachtet in Salzburg? Erkennbar ist das ein vorgeschobener Grund, der an Dummheit nicht zu überbieten ist. Es ist schon eine große Verbeugung vor der Lobby des Hotel- und Gaststättenverbandes.

Und kaum kommen die schwarz/gelben mit ihren Köpfen wieder hoch, so steht schon der nächste Verband vor ihrem Gesichtsfeld. Der deutsche Steuerberaterverband möchte, dass die Beratungskosten wieder steuerlich absetzbar sind. Hatten doch die Klein- und mittleren Unternehmen immer mehr ihre Steuererklärungen, dank immer besserer Steuersoftware selber verfertigt. Da konnten die Steuergesetze noch so schwierig sein, die Softwareprogramme fingen dies spielend auf. Umsatzeinbußen waren bei der Datev und den Steuerberatern hinzunehmen. Das Argument, Steuerberatungskosten sind absetzbar, fiel weg. Die schwarz/gelben Koalitionäre verbeugten sich wieder und die Beratungskosten sollen wieder absetzbar werden.

Nun gerät dieses Verbeugen zu einer Orgie oder auch zur Übung der Leibesertüchtigung, indem die Speckröllchen die man sich beim Edelitaliener in Berlin angefuttert hat, wieder abgebaut werden. Kaum sind die Brüderles und Schäubles schnaufend wieder hoch gekommen, steht der Haus- und Grundbesitzerverband vor ihrem, durch die Bückanstrengungen, roten Gesicht. Die Forderungen:


 
 
  •   Der Mieter soll in Zukunft bei einer energetischen Gebäudesanierung keine Mietminderung mehr geltend machen dürfen. Er soll das hinnehmen auch wenn es noch so lange dauert.
  •     Das "Mietnomadentum" solle besser bekämpft werden, was auch immer das heißt.
  •     Luxussanierungen zum Zwecke der Entmietungen sollen erlaubt werden, dem Mieter kann also in Zukunft gekündigt werden wenn er die dann exorbitante Miete nicht mehr begleichen kann. Die Gerichte hatten das in diesem Zusammenhang in der Regel für nicht wirksam erklärt.
  •     Die Kündigungsfristen der Mieter als auch der Vermieter sollen angepasst werden. Bisher gelten unterschiedliche Fristen. Der Mieter hat eine Frist von drei Monaten. Der Vermieter konnte bisher bei einer Mietzeit von fünf Jahren mit einer Frist von drei Monaten, bei einer Mietzeit ab sechs Jahren mit einer Frist von sechs Monaten und nach einer Mietzeit  ab acht Jahren mit einer Frist von neun Monaten kündigen. Das ganze läuft im Gesetz  unter "asymmetrischen Kündigungsfristen" und wurde letztmalig 2001 festgeschrieben. Gemäß Haus-und Grundbesitzerverband sollen die Fristen einheitlich auf 3 Monate festgelegt werden.

 

Die schwarz/gelben Koalitionäre verbeugten sich wieder tief, anscheinend so tief, dass ihnen die Sahneballen in den Rinnstein flogen. Flugs schickten sie ihre Schreiberlinge los um die Gesetzesänderungen zu formulieren.

Nun sollte man wissen, die Bundesrepublik Deutschland hat eine "soziale Marktwirtschaft", die noch unter Adenauer formuliert wurde und in vielen Gesetzen Eingang fand. Die soziale Marktwirtschaft ist eine abgemilderte Marktwirtschaft in der der Staat dem vermeintlich Schwächeren mittels seiner Gesetzgebungskompetenz zu Hilfe kommt. Der wirtschaftlich Stärkere soll den wirtschaftlich Schwächeren nicht durch Willkürmaßnahmen noch mehr schwächen. Diese Gesetze leiten sich alle in der Regel aus dem Artikel 14 unseres Grundgesetzes ab. In  diesem Zusammenhang spricht man auch vom so genannten rheinischen Kapitalismus, der bestrebt war eine "Waffengleichheit"  zwischen dem Eigentümer und demjenigen, der auf das Eigentum angewiesen ist, herzustellen. Denn der Artikel garantiert ein uneingeschränktes Eigentumsrecht, sprich die freie Verfügung über das Eigentum durch den Eigentümer.

Aber es geht ja noch weiter. Die Arbeitgeber wollen den Kündigungsschutz in den Betrieben gelockert sehen, hin zu mehr "hire and fire". Neidisch schauen unsere Arbeitgeber in die USA, wo man sich ohne Probleme der Arbeitnehmer täglich entledigen kann. Sozialpläne sind dort gänzlich unbekannt.  

Da kann es schon, wie jetzt in der Finanzkrise, passieren, dass sich Arbeitnehmer von Heute auf Morgen in einem Zelt am Stadtrand wieder finden ohne Sozialversicherungen versteht sich.

Viele Wähler haben sich das alles ganz anders vorgestellt und ballen jetzt wütend die Fäuste in der Tasche. Und die Politiker setzen auf die Vergesslichkeit der Wähler, denn am Ende der Legislaturperiode gibt es wieder die Geschenke vor der dann wieder anstehenden Wahl. Aber es ist ja bald wieder Wahl in NRW im Mai 2010, dort möchte die "Tigerente oder Biene Maya" Koalition wieder bestätigt werden,"Mutti" Merkel würde das sicher gerne sehen, hätte sie dann auch im Bundesrat weiter freie Bahn.

Das ganze erscheint uns doch nachdenkenswert. Denn auch wir meinen der Kündigungsschutz sollte gelockert wenn nicht sogar gänzlich abgeschafft werden, jedoch für Politiker die vorher nicht sagen wo es lang geht und hinterher sich auf einmal nur damit beschäftigen, wie sie bei den Lobbyisten "Bella Figura" machen können, damit die Spenden lustig in die richtigen Parteikassen fließen. Auch ist das ein gutes Rückzugsgebiet für alt gediente  und missliebige Politiker, die sich sodann bei den Verbänden entsorgen lassen können.

Was bleibt: Der Wähler ist doch schon sozialer eingestellt, belässt er doch die Kündigungsfrist für seine Regierung. Aber diese Kündigungsfrist sollte auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung bieten, sonst werden unsere Erwartungen ja nie erfüllt.
Ach ja. Minister Brüderle sah man beim Deutschen Hotel und Gaststättenverband als die Korken knallten und der wohl gekühlte Champagner die Runde drehte. Ob er danach beim Haus und Grund Verband  die Jubelfeier besucht hatte?

Jürgen Gerhardt