Man muss bei Politikern schon zuhören können
[jpg] Wenn Politiker mit markigen Sprüchen, besonders zur Wahl, durch die Lande ziehen, sollte man immer folgende Frage stellen: Wovon will dieser Politiker ablenken?
So auch bei unserem "Arbeiterführer" Jürgen Rüttgers (CDU) Ministerpräsident unseres Landes NRW.
Vor Jahren fiel er schon auf mit dem Spruch: "Kinder statt Inder", womit er die Integrationspolitik anprangern wollte. Wollte er? Nein, nicht wirklich. Denn auch Jürgen Rüttgers wusste und weiß, dass wir eine mangelhafte Bildungs- und Integrationspolitik in der gesamten BRD haben, dank der CDU. So weigert die CDU sich bis heute beharrlich das Problem des veralterten Schulsystems anzugehen.
Das dreigliedrige Schulsystem soll so bleiben, auch wenn es leistungs- und integrationsfeindlich ist. Jahr für Jahr zeigen uns die Pisastudien der OECD die Bundesrepublik Deutschland ist am unteren Ende der Studie zu finden. Und da keine ausreichend qualifizierten Abgänge im schulischen und universitären Bereich zu vermelden waren, fehlten auch die dementsprechenden Arbeitnehmer in der Industrie. Was tat die Industrie? Sie lagerte die Arbeiten aus, z.B. Programmierarbeiten nach Indien . Logischerweise war nicht die eigene Politik schuld, sondern die Inder waren schuld.
Nun ist NRW ein sehr reiches Land und immer im Wandel seit seiner Gründung nach dem WK2. Der industrielle Sektor prägt im wesentlichem dieses Land. Wenn NRW als Staat gelten würde, so wäre es an 14. Stelle im internationalen Staatenbund. Unsere Produkte exportieren wir in aller Herren Länder so auch nach Indien, Rumänien, Finnland oder China.
Und wieder ist unser Herr Rüttgers heute mit solchen markigen Sprüchen unterwegs, es ist halt Wahlkampf.
Aber entschuldigt das diese Sprüche, zumal Regierungen anderer Länder einen gewissen Einfluss auf die importierenden Nationen haben? Hat das unser Ministerpräsident auch bedacht? Sollte man so über unsere potenziellen Kunden sprechen?
Da werden die Rumänen im Zusammenhang mit Nokia als faul bezeichnet, die Chinesen sollen gewürgt werden, damit sie in Duisburg investieren. Was soll das?
Ganz einfach die Politik macht ihre Schularbeiten in der Wirtschafts- oder auch Bildungspolitik nicht.Und da kommen solche Sprüche ganz gut.
Rüttgers verschweigt nämlich folgendes, bewusst oder auch unbewusst: Die finnische Firma Nokia, eine hoch dynamische und innovative Firma, sah keine Perspektive mehr in Deutschland für ihr Investment. Warum?
Eine Firma wie Nokia sucht nämlich nicht mehr nur in einem Land eine Werkbank wo die Produkte zusammen gebaut werden müssen, sondern sie sucht Standorte wo sie von der Idee bis zur Produktion alles vor Ort hat. Es sollen so wenig Reibungsverluste wie nur möglich entstehen.
Und das war nun mal in Bochum nicht gegeben. Nokia versuchte dies der Landesregierung auch zu kommunizieren, jedoch die verantwortlichen Politiker wie Frau Thoben oder Herr Rüttgers hatten entweder die geistigen Kapazitäten nicht frei oder sie waren taub. Da aber in einer Branche, wie der Kommunikationsbranche, die Innovationszyklen ( von der Idee bis zum marktfähigen Produkt) teilweise in Monaten gemessen werden, konnte bei einer Politik die noch immer in Jahrzehnten denkt letztendlich nichts mehr gehen. Übrigens der Innovationszyklus eines Autos bemisst sich in Jahren, nur mal so nebenbei.
Nokia wollte in Deutschland einen Cluster mit seiner Firma auf die Beine stellen. Nur fragen sie mal einen Landes- oder Bundespolitiker was ein Cluster im Zusammenhang mit einer industriellen Fertigung bedeutet.
Da geht das Gesicht eines Politikers sehr schnell auf "stand by" und die grauen Zellen werden nicht mehr mit Energie versorgt.
Komischerweise konnten die Rumänen in der Gegend von Klausenburg oder heute Cluj das ohne Probleme nachvollziehen. Die dortige Universität wurde mit den Anforderungen von Nokia konfrontiert und wusste das auch mit der Politik umzusetzen. Hier in Deutschland wusste Politik noch nicht einmal im Ansatz das Problem anzugehen.
Das Problem: Ideengebung, Produktgestaltung, Anwendungsszenarien, Produktion und Distribution,
sollten engmaschig verzahnt werden. Wichtig waren auch entsprechende qualifizierte technische Mitarbeiter aus dem universitären Bereich. Das alles konnte Deutschland so nicht bieten, zumindest nicht auf Monate gesehen.
Das Vertrösten auf einen ungewissen Zeitraum durch die Politik ist jedoch für eine Firma wie Nokia unerträglich und kann letztendlich tödlich sein. Wie schnell diese Branche ist, zeigt eine neue Anforderung die während der Aufbauphase aufkam, dass Cloud Computing. Auch hier waren die Rumänen sehr schnell in der Umsetzung dieser neuen Anforderung. Lediglich bei der Werkbank, also dem zusammenbauen der Produkte musste man aus dem ganzen Lande Arbeitskräfte hinzuholen, was noch nicht ganz abgeschlossen ist. Denn Arbeitskräfte brauchen auch Wohnungen und die mussten erst gebaut werden. Deshalb auch das zögerliche Anlaufen der Produktion. Unsere deutsche Firma Siemens hat die Möglichkeiten in dem dortigen Bereich auch erkannt. Sie investierte auch in Cluj.
Bis heute kann man sagen, unsere Politik hat die moderne Zeit der Kommunikation noch nicht erfasst und begriffen. Alle laufen zwar mit einem Handy am Ohr herum, können sich aber nicht vorstellen welche Arbeiten vorher gemacht werden müssen damit sie jedem, der es nicht wissen will, sagen können: "He, ich habe mal wieder eine tollen Rede gehalten." Die doofen Wähler werden es schon schlucken.
So kann man eines sagen, Politiker kommen wann sie wollen und gehen wann sie wollen, ihre Arbeit tun sie aber nicht, für die sie von uns gewählt worden sind. Die Arbeit die sie tun ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich immer mehr zurückfällt.
So häufen sich die Fehlentscheidungen der Politiker auf Grund der erheblichen Wissensdefizite zum Schaden des Gemeinwesens Deutschland, von der kommunalen Ebene bis zur Bundesebene. Und wer ist es Schuld? Logisch, der Bürger! Denn Politiker sind unsere Besserwissis.
Und wenn unsere Politiker nicht mehr zuhören können, so sollten wir es ihnen nicht nachmachen, es schadet uns nur.
Merken Sie was? Klar, Ennepetal ist überall.
Wir könnten jetzt auch über den Opel Fall schreiben, der in der gleichen Sachlage verharrt, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Bleibt die Frage: Wann werden die Politiker sich den Herausforderungen der modernen Zeit stellen?
Jürgen Gerhardt