Das rote Klavier von Klavierfestival-Ruhr vor der Historischen Stadthalle Wuppertal Foto: Archiv EN-Mosaik
[jpg] Lang Lang ist ohne Zweifel ein begnadeter Pianist – und das weltweit. Die historische Wuppertaler Stadthalle bildete einen festlichen Rahmen für das Klavierkonzert des chinesischen Meisterpianisten Lang Lang. Veranstalter war die Stiftung Klavier-Festival Ruhr, weltweit inzwischen das wichtigste Klavierfestival.
Nun muss man anmerken, dass der Pianist Lang Lang bei jedem Kunstkenner eine gewisse Erwartungshaltung auslöst. Denn Lang Lang gehört zu einer neuen Generation von Pianisten, die voller innerer und äußerer Gefühle ihre Virtuosität zeigen. Hört und schaut man Lang Lang zu, so eröffnet sich ein Drama welches sich aus den dargebotenen Stücken ergibt. Die durchweg schwierigen Stücke erscheinen bei Lang Lang als „leichte Kost“, wobei Lang Lang immer den Respekt vor jedem Stück erkennen lässt und es mit großer Hingabe wieder gibt. Er nimmt jedes Thema ernst, taucht ein und badet in den Noten, wobei er nicht vergisst seine persönlichen Grenzen der Interpretation in diesem Stück auszuloten. So kündigte der Veranstalter Professor Franz Xaver Ohnesorg auf Wunsch von Lang Lang eine kleine Programmänderung an, indem die „Jahreszeiten“ von Tschaikowsky als erstes aufgeführt werden sollten.
Lang Lang spielte am Freitagabend (24. April) erstmals in der Historischen Stadthalle Wuppertal (Foto: KFR/Mark Wohlrab)
Moment, die Jahreszeiten und Tschaikowsky? Ja richtig, nicht Vivaldis, die sicherlich bekannteren Jahreszeiten, sondern „Die Jahreszeiten“ Tschaikowskys op. 37b standen auf dem Programm. 12 Monate voller Charme und Poesie wusste Lang Lang darzubieten. Gefühlvoll nahm er seine Zuhörer mit auf eine Wanderschaft durch das Jahr. Der behagliche Wintermonat im Januar am Kamin, das erste Lied der Lerche im März über die Barkarole im Juni, die Besinnlichkeit des Herbstes im Oktober bis hin zu Weihnachten im Dezember. Lang Lang wusste das „innere Auge“ der Zuhörer mit den Farben zu füllen, die Tschaikowsky mit seiner musikalischen Lyrik eingefallen sind.
Eine reizvolle und wundervolle Erweiterung dieses Konzertes stellte dann das „italienische Konzert“ von Bach BWV 971 dar. Hohes pianistisches Niveau, gepaart mit einer Leidenschaft die schon eine weite Sicht in die Persönlichkeit Lang Lang zu lässt. Waren bei Tschaikowsky noch die tragenden russischen erzählerischen Elemente wesentliche Bestandteile, so wurde hier mehr die Leichtigkeit der italienischen Erzählweise hörbar. Lang Lang verstand es immer wieder die gefühlvollen Gegensätze, die Bachs reiche Formensprache mit sich bringt, darzubringen. Er lebt in den Konzerten mit seiner einfühlsamen Hand und feinem pianistischem Gespür.
Lang Lang bei seinem Auftritt in der Historischen Stadthalle Wuppertal (Foto: KFR/Mark Wohlrab)
Seine ganze Virtuosität konnte Lang Lang nach der Pause mit den Scherzi 1 bis 4 von Frédéric Chopin ausspielen. Diese Stücke stellen schon eine besondere Herausforderung an jeden Pianisten dar. Lang Lang nun mit schnellen Läufen, dann wieder hastiges teils disharmonisches Spiel, dieses wieder schnell wechselnd zu harmonischem Spiel; verharrend, um sich dann von der Harmonik weg reissend und eintauchend in eine Spannung ohne Gleichen zu begeben. Schlussendlich endete das Konzert mit einem furiosen Schlussakkord, der alle Besucher von den Stühlen riss.
Niemand konnte sich den Gefühlen entziehen, die Lang Lang mit seinem Konzert heraufbeschworen hatte. Blumensträuße wurden überreicht und der Applaus hielt so lange an, bis Lang Lang nach der ersten Zugabe – ein Auszug aus Robert Schumanns „Davidsbündlertänzen“ – zumindest eine zweite Zugabe spielte. Als hätte es Lang Lang geahnt, schwärmerisches flüstern im Saal, als Lang Lang Wolfgang Amadeus Mozarts „Rondo alla Turca“ KV 331 durch den Saal klingen lies.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Wuppertal-Elberfeld