Diskreditierung von wirtschaftlichen Notwendigkeiten
[jpg] In jungen Jahren hatte ich immer mit meinem gebrauchten PKW ein Problem, ich konnte mich aus finanziellen Gründen nicht von ihm trennen. Nur irgendwann war nichts mehr zu reparieren, die Schweißarbeiten konnten den Rost nicht mehr zur Gänze vertreiben, der Sprit- und Ölverbrauch war in nie angedachte Höhen angelangt, der Pkw musste auf den Schrottplatz. Die Reparaturkosten waren so hoch geworden, dass ich aus wirtschaftlichen Gründen einen neuen PKW kaufen musste.So geht es nun mal mit allen Wirtschaftsgütern, die durch ihren Gebrauch nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten. Manch eine Partei würde jedoch gerne dieses Auto weiter betreiben um den wirtschaftlichen Notwendigkeiten nicht ins Auge sehen zu müssen.
Und so haben wir einen dieser Fälle in Schwelm beobachten können – das Schwelmer Rathaus.
Bürgermeister Jochen Stobbe Foto: © Linde Arndt |
Da fällt dem Bürgermeister von Schwelm, Jochen Stobbe, in seinem Rathaus buchstäblich die Decke im November 2010 auf den Kopf.
Die gesamte 3. Etage musste abgesichert und statisch überprüft werden. Das Rathaus ist so an die 60 Jahre alt und wurde in einer Zeit gebaut, wo man die heutigen modernen Baumaterialien und Bauweisen nicht nutzen konnte, weil nicht vorhanden. Es musste schnell fertig werden, was an Material da war, wurde genommen.Zuerst wurde das Gebäude als Kreishaus genutzt, wobei das Rathaus damals in der Moltkestrasse war. Und so wunderte man sich nicht als man eine mit Gips verputzte Decke vor sich sah. |
Die Molkestrasse wurde und wird aber noch weiter genutzt. Schwelm übernahm das Haus an der Hauptstrasse damit von der EN- Kreis Verwaltung.
Nach diesem Deckeneinsturz hatte der Schwelmer Bürgermeister Jochen Stobbe einen Glücksgriff. Die Düsseldorfer Landesregierung bot ihm, als sie von diesem Vorfall hörte, ein kostenloses Gutachten als Pilotpojekt an. Das Gutachten sollte drei Entscheidungs-szenarien hinsichtlich des Handlungsbedarfs zum Rathaus wirtschaftlich berechnen. Wobei ausdrücklich die Finanzierung eine vorrangige Rolle spielen sollte, immerhin steht Schwelm in einem Haushaltssicherungskonzept und die Stadtkasse ist nicht gerade prall gefüllt. |
Bürgermeister Jochen Stobbe Foto: © Linde Arndt |
1. Nur den Erhaltungsaufwand des Rathauses zwecks Sicherheitsherstellung tätigen.
2. Das Rathaus sanieren und modernisieren, einschließlich energetischer Überarbeitung
3. Ein neues Rathaus unter Einbeziehung der bestehenden Nebengebäude bauen.
In einer einberufenen Pressekonferenz wurde das der Presse mitgeteilt. Da das Gutachten kostenfrei war, machte diese Begutachtung auch Sinn im Hinblick der finanziellen Möglichkeiten. Immerhin kommt sonst ein Gutachten in der Regel locker auf eine 5 stellige Euro Summe.
Um einen Überblick über den Zustand des Rathauses zu bekommen, gingen wir bewusst an diesem Tage durch das Gebäude. Behindertengerechter Zugang in alle Räume bzw. ins Rathaus war nicht vorhanden. Am Aufzug hing sogar ein Schild, für Rollstuhlfahrer nicht geeignet. Wir sahen schadhafte Fenster, zu hohe Räume die sicher einen enormen Heizkostenbedarf haben, Wasserleitungen aus Blei die wegen der Bleilässigkeit in Neubauten aus gesundheitlichen Gründen ( Bleierkrankungen die zur Invalidität führen können ) verboten sind, schlecht zugeschnittene Räume. Es ist halt ein Gebäude welches nach dem Weltkrieg seine Berechtigung hatte. Man sah zu, ein paar Räume bzw. Boxen für die Mitarbeiter zu schaffen, plus ein oder zwei Besprechungszimmer, das war es.
Immer mal wieder erkundigten wir uns nach dem Gutachten. Letztendlich war dieses Anfang 2012 im Rathaus Schwelm. Nur der Rat der Stadt hatte sich entschlossen, dass Gutachten als „Nichtöffentlich“ zu deklarieren. Nach einigem hin und her bekam ich den Inhalt des Gutachtens zu Gesicht. Warum dieses Gutachten als „Nichtöffentlich“ eingestuft wurde, ist mir vollkommen schleierhaft. Dieses Gutachten stellt eine betriebswirtschaftliche Betrachtung der obigen unter 1. – 3. vorgegebenen Aufgabenstellungen dar.
FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk Foto: © Linde Arndt |
Es sind wohl andere Interessen vorhanden, warum dieses Gutachten als „nichtöffentlich“ eingestuft wurde. Die Öffentlichkeit sollte im Unklaren gelassen werden um sodann mit nicht überprüfbaren Inhalten des Gutachtens einen politischen Vorteil zu erlangen. Und so war es nicht verwunderlich, als der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk mit seiner Interpretation des Gutachtens Stimmung machte. Nach Schwunk hatte Bürgermeister Stobbe schon einen Neubau beschließen wollen um sich damit ein Denkmal zu setzen. Da werden mal schnell aus 16 Mio Euro 20 Mio Euro. Macht ja nichts, die Öffentlichkeit kann ja nichts überprüfen, weil Nichtöffentlich. Auf Grund unserer Informationen suchten wir Bürgermeister Jochen Stobbe auf, um letztendlich den Stand der Diskussion zu erfahren. |
Nichts ist beschlossen, so Jochen Stobbe. Wir befinden uns noch in der Entscheidungsfindungsphase und danach ist noch eine vierte Variante im Gespräch, sagte uns der Bürgermeister.
Die Stadt hat wie alle Städte im Laufe der Jahre verschiedene Probleme bekommen, die mehr oder weniger Zwischenlösungen zugeführt wurden. Da sind die Probleme der Archivierungen, da sind die Probleme des IT Bereiches und da sind die Personalprobleme. Und dann sind durch die drei städtischen Standorte Energieverluste hinzunehmen indem Personal physisch nicht an einem Ort ist. Das kostet. Was aber auch noch erörtert werden könnte, sind die Aufgabenstellungen, die vom Kreis und evtl. anderen Städten übernommen werden könnten. Dies würde zu einer Entlastung des eigenen Haushaltes führen. Dann könnte man einmal eine Mischkalkulation erörtern indem man einen größeren Raumbedarf baut, den man bei Bedarf wieder zurück mietet. Durch Aufgabe des Standortes Hauptstrasse würde ein Durchstoßen zur Ehrenbergerstrasse möglich. Stadtplanerisch würden sich damit eine ganz andere Möglichkeit für einen Investor eröffnen. So das Gespräch mit dem Bürgermeister.
Rat der Stadt Schwelm im Sept. 2011 Foto: © Linde Arndt |
Tatsächlich würden alle Parteien sich der Diskussion über die Lösungsmöglichkeiten nicht entziehen wollen. Das der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk jetzt an die Öffentlichkeit geht ist eben dem politischen Geschäft zuzuschreiben.
Nicht gut sollte man die Stimmungsmache des FDP-Fraktionsvorsitzenden Michael Schwunk bewerten, der zwar im eigenen Interesse Punkten kann, die Schwelmer jedoch außen vor lässt. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk vermittelt den Eindruck als wenn die ehemalige Pünktchenpartei die Schwelmern mit einer Baracke versehen würde. Das die erste Variante, also die bevorzugte Variante des Herr Schwunk, auch die teuerste Variante ist, wird aus politischen Gründen jedoch verschwiegen. Kann ja keiner was nachprüfen. Und die Ratsmitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Was tut man nicht alles um 2014 wieder in den Rat einziehen zu dürfen. Und bei derzeit 4 – 5% und einer schlechten Performance muss die FDP einiges tun. Um es kurz zu machen, es ist schlicht weg unredlich und unseriös wenn man Entscheidungen unterstellt die noch nicht getroffen wurden. Ob das aber im Sinne der Schwelmer Wähler ist, kann man getrost bezweifeln. Oder war der FDP Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk sauer, weil ein Gutachter und FDP Parteifreund nicht mit einem kostenträchtigen Gutachen zum Zuge kam? Denkbar wäre das.
So bleibt zu hoffen, dass der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Schwunk sich wieder den Notwendigkeiten des Problems Rathaus stellt um an einer optimierten Lösung mit zu arbeiten. Denn dafür wurde er gewählt und nicht als Stimmungskanone der FDP, der den Schwelmern ein X für ein U vormacht. Und als Justitiar des Arbeitgeberverbandes sollte er sicherlich eine andere Argumentationsstrategie bevorzugen; denn diese Strategie kostet sehr viel mehr an Steuern die auch die Arbeitgeber aufbringen müssten. Am besten Schwunk fragt einen der vielen Kaufleute oder Betriebswirte seines Arbeitgebers nach der Entscheidungsoptimierung im Zusammenhang mit dem Schwelmer Rathaus. Die werden ihm sofort sagen, nichts tun und die Stimmungskanone geben ist in der Regel die teuerste Lösung.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm