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Selbstmord aus Angst vor dem Tod

[jpg] Da wird der renommierte Pulitzer Preis zum ersten mal an ein Online Portal vergeben. Die Bloggerin Sheri Fink hat einen Artikel über die Arbeit in einem Krankenhaus von New Orleans nach dem Hurrikan Katrina ins Netz gestellt. Übrigens erschien der Artikel auch  in Zusammenarbeit mit "The New York Times Magazine"(EN-Mosaik berichtete darüber).

Nun sollte man meinen, es kommt zusammen was zusammen gehört, indem Online- und Printmedien sich gegenseitig befruchten, ergänzen oder sogar erweitern. Dem ist offensichtlich jedoch nicht oder nur marginal so. Haben die Printmedien in den letzten Jahren einen ungeahnten Aderlass an Abonnenten, Lesern und Werbekunden zu verzeichnen gehabt, so haben die Online Medien fulminant zugelegt. Dies konnte nicht ohne Folgen bleiben. So fiel den Printmedien nur die vielfach 50%ige Verkleinerung ihrer Redaktionen ein. Diese Ausdünnung der Redaktionen ging einher mit einem Qualitätsverlust vieler Blätter, eigenständige und weit reichende Recherche war in vielen Redaktionen aus personellen Gründen nicht mehr möglich. Die eiligst eröffneten Online Ausgaben die nun eröffnet wurden, waren mehr schlecht als recht ins Netz gestellt worden. Sie waren nur ein Abklatsch der Printmedien. Dass das Internet eigene Regeln entwickelt hatte ging den ehrwürdigen Verlegern nicht auf. Auch heute noch verlieren die Printmedien Tag für Tag an Lesern und zwar überall auf der Welt.

Die Internetausgaben der Printmedien waren und sind zur Zeit kostenfrei, weil es keine Konzepte für ein Bezahlinternet gibt. Mitte des Jahres preschte die New York Times vor und wollte sich die Online Artikel bezahlen lassen – alle. Die Internetcommunity reagierte prompt, sie suchte die New York Times nicht mehr auf. Darauf machte die New York Times sein Portal wieder kostenfrei. Die Times befand sich damit in einem Dilemma.

Und nun geht auf dem 9th International Newsroom Summit vom 8.-9. September 2010 in London der Verleger Arthur Sulzberger Jr. her und verkündet das Ende seiner Printausgabe, nicht sofort aber doch in naher Zukunft. Warum wohl? Es ist nicht nachzuvollziehen. Auf der einen Seite hängen die Verleger den alten Zeiten nach als die Printmedien noch ihren festen Platz im gesellschaftlichen Leben eines jeden hatten, auf der anderen Seite verweigern sie sich aber dem neuen Zeitalter. Das neue Zeitalter ist, gemessen an den Möglichkeiten vor 30 Jahren, ungemein schneller geworden. Aber dieses neue Zeitalter geht auch einher mit einer ungeheueren Informationsflut die es gilt zu kanalisieren.

Nicht mehr der Redakteur bestimmt über die Schlagzeile, sondern der Leser selber. Der Leser selber macht sich seine "Zeitung" selber im Internet oder mittels Apps, Facebook oder Twitter. Dem konnten die "alten" Medien nicht mehr Rechnung tragen, dass Beharrungsvermögen ist und war zu groß im Printbereich.

Ist das Sterben der Printmedien also vorbestimmt? Und will Sulzberger mit seiner Ankündigung nur einen Freitod erwirken? Ja und Nein. Ja, denn er wird mit dieser Ankündigung den Verfall der Printmedien beschleunigen. Denn wer seine Aufgabe verkündet, mit dem will man nichts mehr zu tun haben, man meidet ihn. Nein deshalb, wenn sich die Printmedien endlich einmal besinnen und tragfähige Konzepte erarbeiten wie ihre Printausgaben wieder attraktiver werden. Attraktiver heißt auch, ein Mehr an Hintergrundinformationen die in einen Artikel einfließen sollten. Ein mehr an Selbstständigkeit gegenüber den anderen gesellschaftlichen Bereichen. Haus-und Hofberichterstattungen mögen vielleicht für die älteren Leser en Vogue sein, nur die älteren Leser sterben nun einmal aus. Den jüngeren Lesern sind solche Artikel ein Grauen, sie wenden sich ab und gehen ins Internet. Nicht einmal das Fernsehen kann diese jüngere Leserschaft halten.

Nein, auch dann, wenn die Printmedien begreifen, dass das Internet keine feindliche Zone ist, die es zu bekämpfen gilt , sondern vielmehr eine sinnvolle Ergänzung der Medien ist. Gilt doch für alle Medien gleichermaßen, wir transportieren aufbereitete Informationen. Der Leser bestimmt ob die Qualität stimmt indem er letztendlich diese Informationen abnimmt, sei es durch einen Klick oder den Kauf einer Printausgabe.

So müsste es also heißen, die Printmedien habe Angst vor der Veränderung und durch diese Angst verlieren sie ihre Zukunftsfähigkeit.

Übrigens die Internetcommunity denkt auch über das liebe Geld nach, Non Profit ist eben auch nicht das Gelbe vom Ei. Allerdings denken wir im Traum nicht daran eine Suchmaschine anzufeinden wie eben die Printmedien. Untaugliche Mittel führen letztendlich zu einem untauglichen Ergebnis.

Mir als Betreiber eines Online-Magazins kommt schon das Grauen wenn ich sehe wie die Printmedien sich ihr eigenes Grab schaufeln und die Selbstmordpistolen schon parat liegen haben.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus dem Net