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Quo Vadis – Es ist vieles verbesserungswürdig in Ennepetal

[jpg] Rolf Bilstein versuchte etwas was sich als sehr schwierig herausstellte. Na ja, es gelang so einigermaßen.
Denn am 14.07.09 lud der Vizepräsident der SIHK Hagen, Rolf Bilstein, Mitglieder aber auch weitere Personenkreise zu einer Podiumsdiskussion in die Rosine ein. Thema: Quo Vadis Ennepetal.
Was nicht ausbleiben konnte, es war aber auch der Ennepetaler Bürger Rolf Bilstein und der Unternehmer Rolf Bilstein anwesend. Wer über die Begriffe Objektivität und Subjektivität, sowie inhaltlich den Spruch Quo vadis nicht reflektieren konnte, war sicher mit dieser Veranstaltung überfordert. Die Überforderten wurden aber danach mit einem reichhaltigen "Imbiss" belohnt. Für mich selber war die Tonart von Herrn Bilstein als Moderator, der ja immerhin die Interessen seines Verbandes im Auge hatte, sehr, sehr moderat.

Die Aussagen der anwesenden Politiker waren die schon bekannten Aussagen, die sie zu jeder wie auch immer gearteten Gelegenheit gebetsmühlenartig vortragen würden. Es ist halt wie bei den Pawlowschen Reflexen, ein Stichwort und es kommt die Reaktion. Einzig der Neue, Wilhelm Völlmecke, Bürgermeisterkandidat der Partei Die Linke, brachte durch seinen mehr "pubertierenden" Auftritt etwas Farbe ins Spiel der KandidatInnen.

Danken möchten wir Herrn Bilstein und der SIHK/Hagen, dass unser Artikel vom 12.02.09 fast eins zu eins aufgenommen wurde und als Beispiel für die Attraktivität unserer Stadt dienen durfte.

Nur die Replik kam auch postwendend, indem dem Moderator vorgehalten wurde er würde Ennepetal schlecht reden, sicher wird Herr Bilstein sich jetzt auch wie wir, in der Gruppe der so genannten "Nestbeschmutzer" wieder finden. Dabei hatte er ausdrücklich betont, dass er diese Punkte nur anführe, damit sich etwas ändere, wenn man nur schönredet passiert halt nichts, und verbessern kann man so vieles hier in Ennepetal.

Bemerkenswert war jedoch die Einlassung von Herrn Heinz, von Autohaus Heinz, der vehement nicht verstehen konnte, warum die Stadt die beiden Häuser im Eingangsbereich nicht schon lange gekauft habe, um die Schandflecke zu beseitigen. Dies hätte doch im Zuge des Vorkaufsrechtes der Stadt schon längst erledigt sein können. Der erste Beigeordnete, Bürgermeisterkandidat der CDU, der Gevelsberger Wilhelm Wiggenhagen, meinte dazu lapidar für den ihm zuständigen Fachbereich, das ginge nicht über das Vorkaufsrecht, weil dort kein Bebauungsplan vorläge. Das war es? Das stimmt und das stimmt wiederum nicht, wie das eben bei der Verwaltung so ist. Im Rahmen der Erstellung des Antrages "Stadtumbau West" hätte Herr Wiggenhagen schon bemerken können, dass in diesem Bereich entweder ein Sanierungsbedarf vorlag, da lag das Haus ja noch in Schutt und Asche oder auch vorher als das Haus keinen gewerblichen Mieter mehr hatte.

Im Zusammenhang mit den diversen Werkzeugen des Baurechtes stehen einer Stadt viel Werkzeuge zur Verfügung, nur man sollte sie auch nutzen wollen. Und das ist das eigentliche Problem der Stadtverwaltung, es besteht kein Masterplan wie unsere Stadt attraktiver werden könnte, in einem Jahr, in fünf Jahre oder auch in fünfzehn Jahren. Und das ist eben der Unterschied zwischen einem Unternehmer und einer Stadt, ein Unternehmer hat ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Außenwirkung seines Unternehmens, eine Stadtverwaltung mit dem Rat der Stadt in Ennepetal eben nicht.

Wie anders ist es sonst zu erklären, dass diese Ecken schon fast zehn Jahre so herum stehen? Ich denke mir die politischen und administrativen Akteure der Stadt Ennepetal sind eben nur an ihrer persönlichen Außenwirkung interessiert.
Es existiert schlicht und ergreifend kein Konzept oder auch kein Masterplan wie eine Stadt Ennepetal attraktiver werden könnte, lediglich allgemeine und unverbindliche nebulöse Absichtserklärungen an denen sich niemand ausrichten kann. Für eine Unternehmung wäre solch eine Grundhaltung tödlich.
Diese seit Jahren vorherrschende Grundhaltung wurde ja auch eindrucksvoll durch die Bevölkerungsstatistik dokumentiert, in welcher klar zum Vorschein kommt, die jungen Erwachsenen gehen einfach ins Umland.

Wo wir dann beim so genannten demographischen Wandel wären, der sich hier in Ennepetal als tragisches Drama darstellt, welches durch die Verwaltung und die politischen Parteien hilflos begleitet wird. Frau Schöneberg wusste zumindest im Ansatz etwas vorzutragen, womit sie unter Beweis stellte, dass ihr Studium an der Uni Dortmund der Stadt zunutze kommen könnte. Aber auch ihr fehlte der schonungslose Blick auf die besonderen Ennepetaler Verhältnisse. Die Wirtschaft sollte sich aufraffen, der vorgenannten Gruppe gelbe Armbinden mit den drei schwarzen Punkten zu spenden.
Überhaupt haben wir immer wieder den Eindruck gehabt und haben ihn noch heute, dass im Rathaus eine riesige Fraktion der Realitätsverweigerer existiert. Oder ist es gar ein Virus? Auch bei diesem Thema herrschte Konzeptionslosigkeit mangels Bewusstsein vor. Wie sagte mir einmal Walter Faupel von der CDU so schön, ich habe ja alles gemacht, ich habe 3 Kinder groß gezogen. Na denn. Dann kann es ja mit dem Wandel  nicht so schlimm sein.
 Womit wir auch bei dem letzten interessanten Thema wären, der Wirtschaft und den Finanzen.

Der Vizepräsident Bilstein trug die altbekannten Positionen von SIHK aber auch des BDI vor, man solle die Wirtschaft steuerlich entlasten um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten.  Ansonsten müsse die Wirtschaft den Standort Deutschland eben in Frage stellen. Der Ennepetaler Unternehmer und Bürger Rolf Bilstein stellte jedoch klar die Frage, was habt ihr in den Jahren mit den Millionen gemacht, die wir Unternehmen euch in Form der Gewerbesteuer überwiesen haben? Eine berechtigte Frage, die auch von Herrn Bilstein mit erwartungsvollen Blicken begleitet wurden. Nur keiner aus der Riege konnte ihm eine befriedigende Antwort geben. Geht man nämlich von einer soliden und konservativen Finanzplanung seit 2006 aus, so müsste die Gemeinde Ennepetal mit der Wirtschaftskrise 2009 bestens aufgestellt sein. Erst in solch einer Krise beweist sich eine solide langfristig angelegte Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Kassandrarufe nützen hier sicher nichts, denn die an die Wand gemalte Haushaltssicherung sehe ich inzwischen als Chance für Ennepetal wieder durch einen Dritten, nämlich die kommunale Aufsicht des IM, in die Reihe der solide geführten Städte zu gelangen.
Nach Einsparungen gefragt, wussten die Beteiligten auch keinen so richtigen Rat, soll doch der Kämmerer das irgendwie richten. Ich frage mich allerdings wie die KandidatInnen ihren persönlichen privaten Haushalt führen.

Dabei sind die Einsparpotenziale in Ennepetal gewaltig, wenn man mal über den Tellerrand hinausblickt.

  • Zusammenlegung der EDV Abteilungen mit Schwelm und Gevelsberg
  • Zusammenlegung  oder Ausgliederung des Finanz- und Rechnungswesens der drei Städte, wobei das Berichtswesen bei den einzelnen Städten verbleiben kann.
  • Zusammenlegung der PR Abteilung, gemeinsame Vermarktung der Städte.
  • Zusammenlegung der drei Wirtschaftsförderungen
  • Und so weiter.

Alleine die ersten 4 Punkte ergäben mittelfristig ein Einsparpotenzial von round about 10 Millionen nur in unserer Stadt, wobei die beiden anderen Städte sicher einen größeren Vorteil hätten. In der freien Wirtschaft wäre solch ein Konzept innerhalb eines Jahres vom Tisch und würde im zweiten Jahr schon erste Ergebnisse bringen. Nur die öffentliche Wirtschaft will logischerweise ihren eigenen Kirchturm nicht beschnitten sehen.

Das war es aber auch im Großen und Ganzen substanziell, wenn man mal von den Sprachhülsen der KandidatInnen absieht.

Es gab jedoch noch einige unterschwellige Themen die nur in Nebensätzen abgehandelt wurden.

Für mich unverständlich, dass der vorhandene Flächennutzungsplan ein extra Forum der führenden Unternehmen bedarf, wo doch in anderen Städten die Unternehmen jährlich einen Erweiterungsbedarf melden und dieser dementsprechend bilanziert wird. Wie anders kann man ein Unternehmen unterstützen, wenn man nicht Reserveflächen ausweist damit das in seinen Stadtmauern ansässige Unternehmen wachsen kann? Fehlt es etwa an einem konstruktiven fachlichen Dialog zwischen der Wirtschaftsförderung und den ansässigen Unternehmen?
Wenn dem so ist, so sollte das schleunigst geändert werden.

Auch müsste es jetzt dem Vizepräsidenten der SIHK Rolf Bilstein aufgegangen sein, dass es an der fachlichen Eignung der Kommunalverwaltung aber auch der Politik mangelt. Eine Kommune kann aber nur wirtschaftlich prosperieren wenn die Wirtschaft dementsprechende Ansprechpartner hat. Und da scheint auf beiden Seiten ein Verständnisproblem zu sein. Wenn ich den politischen Werdegang der Kommunalpolitiker ansehe, so habe ich erhebliche Zweifel an der Kompetenz vieler Ausschussmitglieder. Da ist Weiter- und Fortbildung angesagt. Warum, so meine Frage, können sich die Verbände nicht aufraffen, den Kommunalpolitikern und Verwaltungsangestellte (sogar mit Diplom) die vorhandenen Wissensdefizite auszugleichen? Es ist doch in ihrem eigenen Interesse gute Kommunalpolitiker und Verwaltungsfachleute als Gesprächpartner zu haben.

Warum setzt der Beratungswille der Verbände erst auf Landes- und Bundesebene ein? Im letzten halben Jahr musste ich mir immer von den Politikern vorhalten lassen, ja, wir machen das ja nur als Hobby hier im Rat der Stadt. Ich wage gar nicht darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn die Kommune durch die Wirtschaft mal gebraucht würde. Ich denke da ist ein erheblicher Handlungsbedarf auf beiden Seiten.

Übrigens, die Frage Quo Vadis, endete in der Geschichte mit dem Tod des Fragenden am Kreuz. Es ist schon ein Kreuz mit Ennepetal.

Gegen 22:00 Uhr klang die Veranstaltung mit vielen, vielen Gespräche "gemütlich" aus, keiner wurde an ein Kreuz genagelt, alle hatten überlebt.

Jürgen Gerhardt