Integration auf Ennepetaler Art
[jpg] Für die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war es ein besonderes Anliegen den ersten Integrationsgipfel 2006 auf den Weg zu bringen. Auslöser war der "Pisaschock", der Deutschland bescheinigte, dass Bildung etwas mit der Herkunft zu tun hat. Die deutschen Schüler schnitten allesamt viel schlechter ab als die Schüler in anderen Länder der OECD Studie.
War es unter den Konservativen und Liberalen abgemacht, dass die Zuwanderer selbst für ihre Integration sorgen müssten, fand unter Merkel ein Paradigmenwechsel statt. Nunmehr wollte man aktiv den Integrationsprozess der Zuwanderer befördern. Auf der anderen politischen Seite verabschiedete man sich sehr leise vom Multikultibegriff und erklärte diese Gedanken für überholt.
Hintergrund war ja auch, dass nicht nur Migrantenschüler unter der Situation litten, vielmehr ging es den deutschen Schülern genauso, denn sie lernten ja mit Schülern zusammen, die einen Migrationshintergrund hatten und haben. Gleichzeitig meldete sich die Wirtschaft zu Wort, indem sie den niedrigen Bildungsstandard der Schüler anprangerte, die ins Berufsleben einstiegen. Viele Schüler bekommen auch keine Chance einen Beruf zu erlernen, weil die Abschlüsse nicht entsprechend sind.
Merkel zog die Offensive durch und nahm sowohl die dafür zuständigen Länder Minister und Ministerpräsidenten in die Pflicht. In die Kommunen sollte diese Offensive gebracht werden, denn dort sollten die Schulen von den Kommunen unterstützt werden. Man weiß heute schon, wie man dieses so drängende Problem lösen muss. Durch Integration! Nur Integration kann man wie viele Dinge nicht anordnen, zumal viele Menschen mit Migrationshintergrund, bedingt durch ihren kulturellen Hintergrund, sich alleine eingerichtet haben. Nur dieses alleine Einrichten führte im schlimmsten Falle sogar zur Getthobildung.
Nun sind wir hier in Ennepetal einer "Insel der Glückseligen", hier läuft alles anders. Probleme gibt es hier keine, es sei denn die CDU oder der "geliebte parteilose" BM Wiggenhagen sehen ein Problem. Und die sehen anscheinend nur ein Problem, wenn sie auch die Lösung direkt zur Hand haben. Und konzeptionell haben sie evtl. keine Lösungsmöglichkeit für einen Integrationsrat, zumal es wohl schwierig ist, mit diesem Terminus etwas anzuzfangen.Denn nur wer die Lösung direkt mitbringt ist halt der kompetente Akteur. Und die Lösung hatte in diesem Falle die SPD und das darf und soll ja nicht sein.
So verlief die Hauptausschusssitzung am 19.01.2010 auch etwas aus dem Ruder. Nicht gerade souverän wurde der Antrag der SPD aufgenommen, war er doch gut vorbereitet und hatte alle Informationen die man haben musste um sofort loslegen zu können.
Aber da war noch der Antrag der braunen Zunft, der die ehedem ausländerfeindlichen Parolen schick verpackt als Ergänzungsantrag zu dem SPD Antrag ins Rathaus flattern ließ. Nun denn, wir hätten, und da sind wir uns in unserem Umfeld einig, diesen Antrag zu erst einmal rechtlich prüfen lassen, inwieweit er gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes NRW verstoßen würde. Wir hätten uns das einiges kosten lassen. Aber in Ennepetal ist eben alles ganz anders. Im Vorfeld wurde dieser Antrag mit vollem Text auf der Seite von Frau Nachbarin ins Netz gestellt und der Bürgermeister verstärkte dies noch durch die auf seiner Seite eingestellten Auszüge dieses unsäglichen Antrages. Falls jemand den ganzen Antrag lesen wolle, so brachte der Bürgermeister auch direkt den Verweis zu Frau Nachbarin. Wir denken unser Bürgermeister hat dieser braunen Zunft einen sehr großen Gefallen getan. Im Hinblick auf die Landtagswahl im Mai 2010 werden durch solche unbedachten Aktionen die Braunen nur gestärkt.
Ein Glück, dass der Rat einstimmig diesen Antrag abgelehnt hat.
Aber jetzt stand ja noch der Antrag der SPD im Raum, betreffend die Bildung eines Integrationsrates. Wenn jetzt alle Ratsmitglieder eine nur geringe Spur von politischer Sensibilität gehabt hätten, hätten sie diesem Antrag einstimmig zugestimmt. Sie hätten damit eine klare Gegenposition zum Antrag der Braunen bezogen und eine klare Position für ihre Bürger mit Migrationshintergrund. Was jetzt folgte, waren die uralten Positionen der CDU die ja schon längst von der selben über Bord geworfen wurden. Ja mehr noch, die Argumentation war so am rechten Rand geführt, dass man den Eindruck hatte, man wolle die 288 Stimmen der Brauen zurück holen.
Faupel (CDU) sagte sinngemäss: Prinzipiell sind wir auch für diesen Antrag. Aber wir haben doch etwas anderes interfraktionell vereinbart. Es sollte ein Integrationsrat erst gebildet werden, wenn die Bürger mit Migrationshintergrund auf die Politik zu gehen und dies wünschen würden.
Nur damals gab es andere Mehrheiten. Faupel (CDU) pochte auf jeden Fall auf die interfraktionellen Absprachen und findet es nicht in Ordnung wenn die SPD nunmehr mit solch einem Antrag kommt.
Schöneberg (SPD) merkte an, dass dieser Vorschlag ja von der CDU/FDP Regierung in NRW selber komme. Minister Laschet und der Integrationsbeauftragte Kufen haben selber mit dem Projekt Komm-IN NRW gerade den Prozess befördern wollen. Also sollte der Antrag direkt in den Rat zur Abstimmung.
Steinbrink (SPD) der den Antrag begründete meinte, der Integrationsbeauftragte sollte vom Rat angestoßen werden um die "Ausländer" in die Gesellschaft rein zu holen. Die FWE mit Hüttebräucker vertrat natürlich die erzkonservative Meinung: Jeder hat die Möglichkeit sich selber zu bilden, wenn er das will, so Hüttebräucker. Und war gänzlich gegen die Bildung eines Integrationsrates. Vielleicht sollte Herr Hüttebräucker sich der Möglichkeit bedienen um sich endlich mal selber politisch zu bilden.
Nun, eines ist sicher. Jetzt ist die Bildung eines Integrationsrates eine freiwillige Angelegenheit der Stadt und wie die Statistik aussieht bleibt sie auch auf Jahre eine freiwillige Angelegenheit. Nur ich frage mich, wenn ein vernünftiges Projekt angestoßen wird, warum die Kommune Ennepetal nicht die Gelegenheit erfasst und dies sodann umsetzt? Zumal denn die Braunen ihre Positionen jetzt, dank Frau Nachbarin und des BM, so verbreiten durften?
Auch ist dieses Problem nicht nur ein Problem der mit Migrationshintergrund, es ist ein gemeinsames Problem, welches tief in die Gesellschaft wirkt. Und weil es so tief wirkt, wird es auch von den Braunen aufgenommen. Der Rat der Stadt hätte hier die Gelegenheit gehabt, ein klares Signal zu setzen: Wir sind für Integration unserer Mitbürger! Wir kümmern uns, wie es Bürgermeister Jacobi in Gevelsberg mal in einem Interview sagte.
Die Gruppe Hofmann&Hofmann (Bündnisgrünen) wollten das alles vom Tisch und den Antrag in den Sozial- und Generationsausschuss überwiesen haben, dem schloss sich die FDP an. Der Antrag wurde sodann in diesen Sozial- und Generationsausschuss mit Mehrheit überwiesen. Ich denke mir, der Antrag kam zu früh, wie alles zu früh in Ennepetal kommt. Also wird dieser Antrag mehrere "Runden drehen" und letztendlich wird es einen Integrationsbeauftragten geben, der als Alibi herhalten muss. Und falls jemand mal die Zeitungen aus 2006 und 2007 in Ennepetal austrägt, ich meine die Nationalen, und die auch noch von unseren Politikern gelesen werden, wird man erkennen, es ist im Hauptausschuss etwas schief gelaufen.
Und um diese Teilhabe ging es letztendlich, sie gibt es hier nicht. Wenn man aber, wie der Rat in seiner Mehrheit, nicht bereit ist sich eindeutig ohne wenn und aber in den Integrationsprozess mit einzubringen, so muss man sich nicht wundern, wenn sich Parallelgesellschaften bilden. So verwundert es wenn die Ennepetaler Bündnisgrünen ihre eigene Politik nicht nachhaltig verfolgen oder gibt es auf Bundesebene eine andere Grünen Politik?
Verantwortungsbewusstes Handeln war das auf jeden Fall nicht.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik