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Man muss seine Freunde immer wieder bei Laune halten

 

v.l. Barroso, Barack Obama, Rompuy   Foto: © Linde Arndt

v.l. José Manuel Barroso, Barack Obama, Herman Van Rompuy
Foto: © Linde Arndt

 

[jpg] Ist ist eine schwierige Zeit für die USA. Die europäischen Verbündeten mögen nicht so recht auf die Linie von Präsident Obama einschwenken. Rhetorisch oder auch sprachlich mag man Russland bestrafen. Ein paar Kontensperrungen hier und ein paar Einreiseverbote dort und das Ganze dramatisch vor großem Publikum verkünden. Was Russland tatsächlich schmerzen würde, wären harte Wirtschaftssanktionen, wie die zwei Mistral Hubschrauberträger der Franzosen, die auf der bretonischen Werft von Saint-Nazaire kurz vor der Fertigstellung sind und die schon auf die Namen „Vladivostok“ und „Sébastopol“ getauft sind. Ein Milliardenauftrag, an dem auch Arbeitsplätze der angeschlagenen französische Schifffahrtsbranche hängen. Laurent Fabius, der französische Außenminister, verkündet in den letzten Tagen schon mal lautstark, den Vertrag mit den Russen zu annullieren. Sicher wird diese Ankündigung Barak Obama und die USA freuen. Allerdings haben die Europäer eine andere Kultur im Bereich von Ankündigungen. Wenn die Europäer etwas ankündigen muss das nicht unbedingt umgesetzt werden und wenn, kann diese Ankündigung mit einer sehr langen Verzögerung umgesetzt werden.

Die „Wildwest Politik“ der USA verträgt sich eben nicht mit der europäischen Politik-Kultur.

Auch sind im Moment berechtigte Zweifel im europäischen Raum entstanden, ob man auf die richtigen Personen in der Ukraine gesetzt hat. Dies alles nachdem der ukrainische Abgeordnete der “Swoboda” Partei, Igor Miroschnitschenko, den Fernsehchef des ukrainischen Staatsfernsehens mit Schlägen zur Kündigung gezwungen hat. Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko legte aber noch eines drauf, indem sie den „Scheißkerl (Putin) in den Kopf schießen will“ oder die Russen in der Ukraine mit einer Atombombe entfernen will. Die ukrainische Armee auf der Krim musste nach dem Referendum unnötigerweise in ihren Kasernen auf der Krim verbleiben, es fehlten schlicht und ergreifend die Befehle des Verteidungsministers der Ukraine, Igor Tenjuch. Kurz darauf wurde der in die „Wüste“ geschickt. Dies verträgt sich alles nicht so recht mit den europäischen Standarts.

Kritische Stimmen sehen auf einmal keine legitime ukrainische Regierung mehr und verweisen deshalb auf die ukrainische Präsidentenwahl am 25.Mai 2014. Die Parlamentswahlen sollten auch zu diesem Termin abgehalten werden, so die Stimmen.

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Im Vordergrund: Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton Foto: © Linde Arndt

In dieser Stimmung trifft sich der amerikanische Präsident Barak Obama mit dem Präsidenten der EU Kommission José Manuel Barroso, dem Ratspräsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy sowie der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton. Es geht um die Ukraine und es geht um die gemeinsame abgestimmte Haltung gegenüber Russland. Die USA haben nicht viel zu verlieren, während Europa sehr viel mehr zu verlieren hat. Obama versucht jedoch die Europäer auf Linie zu halten und mehr Sanktionen gegen Russland zu erreichen. Was tun? Es bleibt nichts anderes übrige als immer wieder die bekannten Drohungen  gen Russland zu wiederholen. Es sind halt Symboldrohungen, die aber so langsam peinlich wirken. Wie kommen die Parteien Obama und die EU aus dieser Nummer wieder raus, denn richtigerweise sollte man sich an einen Tisch setzen und über die Probleme reden, wie es der Außenminister der Russischen Föderation, Sergei Lawrow,  anmerkte. Außenminister Sergei Lawrow schaut dem Treiben des Westens auch ruhig zu und wartet auf die Signale, die der Westen aussendet. In dieser verfahrenen Situation kommt den Deutschen ihre traditionell gute Beziehung zu Russland zu Hilfe. Nur, wo sind die diplomatisch und ausgleichenden Elemente einer guten Außenpolitik sichtbar? Kanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier fallen nicht gerade mit diplomatischen Glanzleistungen auf die bei den Russen Vertrauen erzeugen könnten. Ob sich die Deutschen besinnen und endlich eine selbstbewusste, von den USA unabhängige, außenpolitische Rolle  annehmen?

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Präsident Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Der EU-US amerikanische Gipfel brachte aber noch etwas anderes zutage. Es sind die Gegensätze, die das Handeln der beiden Gruppen bestimmen. Das Freihandelsabkommen (TTIP) stockt,  weil von den US-Amerikanern der Verbraucherschutz und die Qualitätsstandards der Europäer  nicht getragen werden. Klimaschutz, Cyberkriminalität, Außenhandel, Technologietransfer, Energietransfer, Verteidigungspolitik, überall sind Themen wo eine besondere US-Amerikanische Sicht fernab der europäischen Sichtweise auf einander prallen. Man hat den Eindruck Europa macht einen Emanzipierungsprozess durch. Als einzigen Erfolg können die US-Amerikaner die Wiederbelebung der Nato durch die Krim Krise für sich in Anspruch nehmen. So sollen jetzt Nato Truppen an die Ostgrenzen zu Übungszwecken verlegt werden um den russischen Truppen Präsenz zu zeigen. Da soll uns einer mal sagen der Kalte Krieg 2.0 hätte keine Chance.

Na ja, und weil sich das vor der Presse gut macht, hat man auch noch über die vielseitigen menschlichen Katastrophen gesprochen.

Barack Obama  Foto: © Linde Arndt

Barack Obama Foto: © Linde Arndt

Die Flüchtlingsproblematiken in Syrien, Sudan, Süd Sudan, Kongo oder Zentralafrika sollten besser koordiniert werden. Hier würde die Staatengemeinschaft eine weltweite humanitäre Krise erleben.

Auf den Fluren fragte man sich, darf Russland bei der Bewältigung dieser Krisen nicht mehr mitmachen?

In der abschließenden Pressekonferenz waren nur 2 Fragen zu gelassen. Warum wohl? Überzeugend war Obama in Brüssel nicht, vielleicht verlangen wir europäischen Journalisten ja auch zu viel von einem US-Amerikanischen Präsidenten. Obama flog denn auch weiter nach Italien um dem Papst einen Besuch abzustatten – eine wunderbare Symbolik.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Brüssel.

Lampedusa als Menetekel der europäischen Menschenrechte

Joseph Muscat [Ministerpräsident Malta]Foto: Linde Arndt

Joseph Muscat [Ministerpräsident Malta] Foto: Linde Arndt

Hunderte Tote sind auf der Insel Lampedusa in Italien aufgebahrt. Nun das zweite Unglück direkt danach, allerdings ist nun Malta betroffen. Regierungschefs und Innenminister der 28 Staaten der EU bedauern und melden unterschiedliche Handlungsszenarien an.
Der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat brachte es auf den Punkt: „Ich weiß nicht, wie viele Menschen noch sterben müssen, bevor etwas geschieht. Wie die Dinge im Moment stehen, machen wir unser eigenes Mittelmeer zum Friedhof“ .

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der italienische Ministerpräsident Enrico Letta wurden bei ihrem Besuch auf Lampedusa von den Bewohnern ausgebuht. Was läuft schief in unserem gemeinsamen Europa?

Da ist zuerst einmal das Dublin II Abkommen der EU-Innenminister, indem festgelegt wurde, dass die Flüchtlinge dort einen Asylantrag stellen müssen wo sie an Land gehen. Dort soll dann auch über den Asylantrag entschieden werden.

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Enrico Letta [Ministerpräsident Italien] und José Manuel Barroso EU-Kommissionspräsident
Foto: Linde Arndt

Das bedeutet, Italien, Malta, Griechenland oder Spanien, um nur einmal die Mittelmeerproblematik anzusprechen. Die Innenminister hatten jedoch nicht die betroffenen Länder in die Lage versetzt, dem Ansturm der Flüchtlinge gewachsen zu sein. Die Länder sind administrativ total überfordert. Immer mal wieder wurde im Rat die Problematik angesprochen, die Regierungschefs sahen jedoch keinen Handlungsbedarf. Frust breitet sich bei den Mittelmeerländern aus. So wurden immer mehr Flüchtlinge einfach durch gelassen, was bei den nördlichen Ländern wie Deutschland zu Konsultationen mit den Südstaaten führte.

Nun diese beiden Katastrophen. Man fragt sich nur mit welchem Radar die Küstenwache Italiens ausgerüstet ist. Denn moderne Radargeräte sind in der Lage innerhalb der 12 Meilen Zone jedes Objekt auszumachen und evtl. zu identifizieren. Die gekenterten Boote waren jedoch nur 1 – 2 Meilen von den Küsten entfernt. Wir wollen jedoch nicht weiter mutmaßen, wir wollen eine Lösung dieses Problems.

Wenn nun die Mittelmeerstaaten mehr Solidarität von den EU-Staaten fordern, weil sie sich allein gelassen fühlen, so muss man diesem Ansinnen sicherlich nachgeben. Die beste Lösung wäre: Weg mit Dublin II. Dann würden die Flüchtlinge nach Mitteleuropa durch gereicht und diese Staaten müssten sich mit den Asylanträgen herum schlagen. Warum nicht. Denn die Nordländer haben schon immer die meiste Erfahrung mit der Abwicklung von Asylanträgen gehabt. Deutschland ist hierbei führend seit 1993. Seit dieser Zeit müsste ein Asylsuchender schon mit einem Faltschirm abspringen um bei den Deutschen Asyl zu bekommen.Auf der anderen Seite gibt es in Warschau die Frontex, eine Institution der EU. Sie ist für die Außengrenzen der EU zuständig. Der Rat in Brüssel hat der Frontex jedoch keinen Auftrag für dieses Problem gegeben, ob wohl die Frontex in der Lage wäre dieses Problem menschenwürdig zu lösen.

Trotz allem bleibt ein bitterer Beigeschmack. Die westlichen Länder, auch die EU-Staaten, können nicht ihre Waffen in unsichere Staaten liefern und wenn die ganz Sache explodiert, so tun, als wenn sie nichts damit zu tun hätten. Die Flüchtlingsströme, die inzwischen 5 Millionen betragen und in Afrika von Zeltlager zu Zeltlager herum irren, müssen versorgt werden. In vielen Staaten Afrikas kommt man unter normalen Umständen nicht mehr an sauberes Wasser, weil der Wasserbedarf für die europäischen Touristen das Grundwasser absinken lies.

Wie dem auch sei, Europa ist keine Staatengemeinschaft die durch mangelndes Menschenrechtsbewusstsein in die Schlagzeilen kommen sollte. Europa kann das besser, davon muss man ausgehen. Wir sollten gespannt auf die Ratssitzung der EU am 24. und 25.Oktober 2013
in Brüssel sein ob dieses Problem durch die Regierungschefs gelöst werden kann.

Als wir jetzt im Ausschuss der Regionen der 103. Plenarsitzung in Brüssel beiwohnten, wurden zwei Schweigeminuten abgehalten: 1 Minute für das Zugunglück bei Santiago de Compostela und 1 Minute für das Unglück auf der Insel Lampedusa. Beide Unglücke hätten vermieden werden können und es wird Zeit das Europa handelt. Übrigens Europa hat eine
gute Organisation die sich schon erfolgreich mit den Grenzangelegenheiten befasst – Frontex in Warschau. Diese müsste nur von den Ratsmitglieder den Auftrag und die finanziellen Mittel bekommen. Warum tun die Regierungschefs dies nicht?



Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik und european-mosaic.