„Kultur bildet! Bildet Kultur?“
Mit einem ersten Tropfen Wasser kann ein Fluss entstehen
– Mercator Lectur 2013 –
[jpg] Es war die 6. Mercator Lecture in der Essener Philharmonie. Ralf Ruhrmann, Stellvertretender Vorsitzender des Beirats der Mercator Stiftung, begrüßte die etwa 300 anwesenden Gäste. Einer der Gäste war die Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann. Diesmal sollte der Abend ganz im Zeichen der Kultur und der kulturellen Bildung stehen. Neben Klimawandel und Integration ist die kulturelle Bildung eine der drei Anliegen der Mercator Stiftung. Es geht in diesem Zusammenhang um die Teilhabe an dieser Bildung. Um eine gleichberechtigte Mitwirkung an unserer Gesellschaft zu erreichen ist die kulturelle Bildung ein Weg. Leider wird die kulturelle Bildung wesentlich unterschätzt obwohl man mit ihr zu den für die Gesellschaft so wichtigen Basiskompetenzen geführt wird. Und so leitete Ralf Ruhrmann auf die Moderatorin Andrea Thilo über, die den angekündigten Gast Herman van Veen einführte. „Es geht mit Herman van Veen und seiner musikalischen Begleiterin Edith Leerkes heute abend um das Kind in uns„, so Andrea Thilo. Und so berüßte sie Herman van Veen, der an dem Abend Skizzen einer ihm am Herzen liegenden kulturellen Bildung aufzeigen sollte.
-Herman van Veen-
Es gibt Menschen die einen ein ganzes Leben begleiten. Sie sind nicht aufdringlich, sie sind auch keine Marktschreier oder gar primitiv oder penetrant, wie man es heute so überall sieht.
Herman van Veen ist solch ein Mensch der einem im Leben immer mal begegnet. Sofort findet eine innere Wiedersehensfeier statt, die Spannung steigt und van Veen bringt einem die nicht mit ihm erlebte Zeit in Erinnerung. Herman van Veen ist ein niederländischer Sänger, Violinist, Schriftsteller, Clown, Liedertexter und Liederkomponist. Mit dem Lied Ich hab‘ ein zärtliches Gefühl wurde er in Deutschland 1972 sehr schnell bekannt. Die Freundschaft zu Alfred Biolek verhalf ihm in Deutschland zum Durchbruch.
Heute ist van Veen Botschafter der Unicef und setzt sich weltweit für die Würde der Kinder ein. In den 80ern erschuf er die Musikfabel der Ente Kwak und die Zeichentrickserie Alfred Jodocus Kwak, die sofort einem größeren Publikum gefiel. Die Ente Alfred Jodocus Kwak diente ihm sodann als Transporter für viele Botschaften an Kinder und Erwachsene.
Kurzweilig nahm Herman van Veen sein Publikum an die Hand, indem er eine Alltagsgeschichte von seinem Enkel erzählte. Als er mit seinem Enkel unterwegs war, schaute dieser in der Straßenbahn eine schwangere Frau an. Van Veen erklärte ihm, dass diese Frau schwanger sei und das Baby den dicken Bauch machen würde. Sein Enkel wartete ein bisschen und fragte dann die Frau, warum haben sie denn das Baby aufgegessen? Es sind liebenswürdige Geschichten die den Menschen von Anfang an sympathisch erscheinen lassen, so auch hier den Enkel.
Und schon sprach er von den menschlichen Begabungen die für ihn individuell sind. Ziel ist es die Entwicklungen dieses Menschen zu unterstützen. Es gibt einen großen göttlichen Plan der alle Individuen miteinander verbindet. Wo geben und nehmen sich immer die Waage hält, man gibt ohne einen Dank zu erwarten. So könnte man die Lebensphilosophie dieses großen Mannes umschreiben.
Es waren seine Eltern, speziell sein Vater der ihm die große Liebe beibrachte, die ihn prägte und zu dem machte was er heute ist. Einen großen Mittler zwischen der Erwachsenen- und Kinderwelt.
Und so handelte auch das vorgetragene Lied von diesem großen göttlichen Plan der so manches mal in Erfüllung gehen kann.
-Diskussion-
In der nachfolgenden Diskussion begrüßte Andrea Thilo die Intendantin des Maxim Gorki Theaters Berlin, Frau Shermin Langhoff, und Winfried Kneip, den Leiter des Kompetenzzentrums Bildung der Stiftung Mercator ( ehemaliger Geschäftsführer der Yehudi Menuhin Stiftung ) die neben Herman van Veen Platz genommen hatten. Am Panel ist man sich einig, Herman van Veen ist immer authentisch in seinem Auftreten. Er lebt das was er singt. Nicht umsonst ist er Botschafter der Unicef geworden. Andrea Thilo sprach von einer Verwandlung die man bei einer Begegnung mit Herman van Veen erfährt.
Van Veen sieht jedoch Bildung nicht als die klassische Bildung, vielmehr sieht er Bildung im Zusammenhang mit der Kultur als einen Prozess, in dem der junge Mensch eine persönliche Orientierung mit macht. Kulturelle Bildung hat aber auch nicht nur den zivilisatorischen Aspekt. Vielmehr geht sie darüber hinaus, indem sie die moralische, ethische Attitüde einschließt. Kulturelle Bildung hat keinen Abschluss, sie endet nie. Lebenslanges Lernen ist die konsequente Umsetzung dieser kulturellen Bildung. Eine der Cluster der Mercator Stiftung ist die Kultur und damit auch und gerade die kulturelle Bildung, so Winfried Kneip.
So erinnerte mich die Welt eines Herman van Veen an Neill’s Summerhill School, in der Kinder ihre Ziele selber bestimmen und erreichen konnten. Es war nicht so sehr die akademisch geprägte Schule mit klaren Zielen. Vielmehr schaute man wie sich ein Kind entwickelte, sah seine Irrtümer und Fehler als Teil des Lernprozesses. Und, was bei Herman van Veen so wichtig ist, ist die Liebe.
Liebe als grenzenloses Geben dem Kind gegenüber. Liebe als um die Lebensweisheit wissendes Element, welches dem Gegenüber zur Seite steht.
Andrea Thilo sagte es schon, es ist die Verwandlung, die in der Begegnung mit Herman van Veen vor sich geht. Er ist die Inspiration die einem die Kraft gibt sich den Herausforderungen zu stellen.
Wie sagte Herman van Veen, es ist nur ein Geben, nur ein Schenken – bedingungslos.
-Perspektiven-
Dr. Bernhard Lorentz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stiftung Mercator, erinnerte an die drei Cluster der Mercator Stiftung, die Kultur, den Klimawandel und die Integration. 2012 wurde in Pekin mit Michael Kahn-Ackermann (langjähriger Regionalleiter der Goethe-Institute in China und Taiwan), ein Projektbüro eröffnet um die Verständigung zwischen China und Europa besser darzustellen.
So freut sich Bernhard Lorentz schon auf 2014 in der es nicht nur Leuchttürme geben wird, vielmehr werden ganze Lichterketten der kulturellen Bildung zum Erstrahlen gebracht werden. Und er wandte sich an Sylvia Löhrmann, der Ministerin für Schule und Weiterbildung, mit der er sich in der Ausführung seiner Vorhaben für 2014 verbunden fühlt. Es geht um RuhrFutur. „RuhrFutur schließt zum ersten Mal Kommunen, Hochschulen und das Land NRW in einer neuen Verantwortungsgemeinschaft mit gemeinsamen Zielen zusammen. So werden Synergien geschaffen, die bisher nicht möglich waren“, so Prof. Dr. Bernhard Lorentz, Präsident Stiftung Mercator. Damit soll der Wandel des Ruhrgebietes in positive Bahnen gelenkt werden. So werden die Stiftungsziele, nach einer derzeitigen Überprüfung in 2014, in die Strategie „Mercator 2020“ einfließen, die im kommenden Jahr vorgestellt wird.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Essen