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Heimat, ein nicht ganz vergorener Wein

[jpg] Schwelm ist eigentlich eine reiche Stadt. Wenn man die Stadt zwischen Linderhausen und Winterberg oder Rennbahn und Brunnen betrachtet, so kommen in einem Jahr viele Geschichten zusammen die erzählenswert sind. Diese Geschichten bringen einem zum Lachen, zum Staunen oder machen gar nachdenklich.

Einmal im Jahr  stehen die Menschen an einem Tag zusammen und erzählen solche Geschichten. Es sind die so genannten „Vertelkes“. Glücklich wer einen Tag im Jahr hat, wo man die besten „Vertelkes“ an den Mann oder die Frau bringen kann. Einen Heimatfestabend hat Schwelm, und sollte sich deshalb auch glücklich schätzen. Und dieser Heimatfestabend hatte viele, viele liebenswerte Akteure aufgebracht um diesem Anspruch gerecht zu werden. „ Eener vö alle, alle vö eenen“ ist das Motto des diesjährigen Heimatfestes. So fand zum ersten mal der Heimatfestabend in der neuen Mensa des Märkischen Gymnasiums statt.

   

 Nachdem der Nachtwächter den Heimatfestabend eröffnet hatte, kam auch schon ein quirliger Bürgermeister Stobbe mit einem neu konstruierten Blaulichthelm rein der den Gästen mit einem Wortspiel den Unterschied zwischen einem Brand und Brand (im Sinne von Durst) erläuterte.

Die Lacher waren auf seiner Seite und schwupp ging es ohne Pause weiter indem Stobbe nunmehr als offizieller Bürgermeister das Grußwort verkündete. In diesem Grußwort brachte er seinen Wunsch zum Ausdruck auch 2012 wieder ein Fass mit Schwelmer Bier anzuschlagen. Manchmal gehen Wünsche ja auch in Erfüllung, man wird sehen.

Erasmus Stein wusste die Gäste kurzweilig als Zauberer der alles weiß zu unterhalten. Und weiter ging es mit dem Kinderballett aus Linderhausen und einem türkischen Marsch von Wolfgang Amadeus Mozart. Kleine Pausenfüller und Irmgard Weinreich kämpfte auf Schwelmer Platt mit einem Schalterbeamten der Deutschen Bahn um eine Fahrkarte. Er wollte partout die Fahrkarte ohne Fahrziel nicht herausrücken. Pausenfüller mit Kinderturnen der Turngemeinde rote Erde mit Stefanie Lehmann.

Und dann kam Paul Niepmann als Wilhelm van Dage, Käpp vam Möllenkotten und erzählte auf Schwelmer Platt von einer Musterung beim Militär. Und so ging es weiter mit einem straffen Ablauf, der kaum Zeit zum lachen ließ. Wenn ein Sketch erzählt wurde und man gerade zum lachen ansetzte, kam auch schon der nächste Sketch. Dann spielte alles auf drei Ebenen, einmal die Videopräsentation im Hintergrund, die Bühne und zuletzt im Durchgang vor dem Publikum. Die Akteure brachten für sich ein reichhaltiges und kurzweiliges künstlerisches Programm welches aber in einem so engen Zeitrahmen gepackt war, dass man schon konzentriert ( ! ) das Programm genießen musste.

   

Die Kinder des Theaters „Flic Flac“ wären schon alleine einen Abend wert gewesen. Aber wo waren die „Vertelkes“ der Stadt Schwelm, diese liebenswürdigen Geschichten aus der Stadt? Gerne in Schwelmer Platt mit der Übersetzung auf Leinwand oder einem Laufband. Was auch fehlte war ein „roter Faden“ für das Jahr 2011. Wir haben  wunderbare Tänzer, Komödianten, Sänger und Musiker gesehen oder gehört, die aber keiner klar strukturieren   Programmführung unterlagen. Man konnte junge Künstler beobachten die man sicher in der Zukunft auch als Erwachsene mit Freude auf der Heimatfestbühne sehen wird. Sicherlich wird der Heimatfestzug diese Geschichten erzählen, die man „Vertelkes“ nennt, wie er das immer tat.

Nach rund 30 Minuten hatten wir unser Glas Wasser leer getrunken und „konnten“ nicht raus um uns das Glas wieder  füllen zu lassen. In der späteren 20 minütigen Pause kauften wir eine Flasche Wasser um dem Rest des Programms gewachsen zu sein.

Ein guter Wein ist eben mehr als ein vergorener Traubensaft, er ist ein Kulturgeschenk der Region die viele Geschichten zu erzählen hat. Und diese Geschichten machen das aus was man Heimat nennt.

           

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

 

Fotos: © Linde Arndt