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Die Hauptschule mit hellem Glanz und Schülerinnen/Schüler die brennen.

Übergabe der Ausbildungsverträge Foto: (c) Linde Arndt

Gevelsberger Hauptschüler bei der Übergabe der Ausbildungsverträge Foto: (c) Linde Arndt

[jpg] Während andere Städte die Hauptschulen „abservieren“, geht Gevelsberg einen anderen, pragmatischeren, Weg.

In NRW wurde 2011 ein Schulfrieden zwischen den Parteien geschlossen, der die neue Schulform Sekundarschule brachte, die Hauptschule und Realschule unter Druck setzte.

Darüber hinaus verlor die Hauptschule mit diesem Schulfrieden ihren verfassungsrechtlichen Bestandsschutz, womit es den Kommunen frei gestellt war, die Hauptschulen „abzuservieren“. Die Nachbargemeinde Schwelm machte denn auch direkt mit ihren Schulen Tabula rasa und betrieb die Schließung der Hauptschule und der Förderschule. Die beiden Schulformen waren der bürgerlichen Mehrheit zu teuer und die Schüler zu lästig, so könnte man meinen. In Ennepetal wurde die Realschule und die Förderschule unter Druck gesetzt, und wich dann letztendlich der neuen Sekundarschule.

So das kommunale Umfeld, der sich die Stadt Gevelsberg ausgesetzt sah – welches sich ziemlich chaotisch darstellt und letztendlich zu einem Ausbildungspakt für die Hauptschule führte. Darüber hinaus übernahm die Gevelsberger Hasenclever Schule die FörderschülerInnen von Schwelm und Ennepetal.

Aber wir wollen ja über den pragmatischen Weg der Gevelsberger sprechen. Die Gevelsberger gaben ihre Hauptschüler nicht auf. Im Gegenteil sie werteten sie noch auf, indem die gesellschaftlichen Gruppen, mit Unternehmern, Stadt, Schule und Politik, sich mit einem Konzept verabredeten. Grundlage dieses Konzeptes: „Kein Heranwachsender sollte ausgegrenzt oder abgeschoben werden.“ Was zählen sollte, die Bereitschaft der Jugendlichen Leistung zu erbringen, hier wollte man den Fokus als Verantwortliche gelegt sehen.

Ruth Schlünder und Bürgermeister Claus Jacobi übergeben einen Vertrag Foto: (c) Linde Arndt

Ruth Schlünder und Bürgermeister Claus Jacobi übergeben einen Vertrag Foto: (c) Linde Arndt

Der Gevelsberger Ausbildungspakt war geboren. Zu Beginn der 9. Klasse schließen die Beteiligten, SchülerInnen, Stadtverwaltung, Schule und Eltern, einen gegenseitigen Vertrag. Dort wird genau festgelegt welche Ziele die SchülerInnen erreichen müssen, damit die SchülerInnen nach Abschluss ihrer Schule einen Ausbildungsvertrag bekommen. Die Unternehmen mit ihren Unternehmern, die sich in einer Liste eingetragen haben, haben sich verpflichtet die Schüler in ihre Firmen aufzunehmen. Da es diesen Ausbildungspakt schon eine ganze Weile gibt, konnte man sich von dem Erfolg dieses Paktes überzeugen.

Neu in dieser Runde ist die Firma Gebrüder Nolte GmbH & Co. KG, die bis zum 11. November 2015 ein Opel Autohaus in Gevelsberg errichten wird. Geschäftsführerin Petra Pientka von der Nolte Gruppe, der designierte Leiter des zukünftigen Gevelsberger Opel Autohauses, Andreas Niehues sowie deren zwei Auszubildenden Gabriela Paulsen und Hakki Seker, wollten sich denn auch von der Qualität dieses Ausbildungspaktes überzeugen. So sah man am 30. September 37 Jugendliche, von 39 (Zwei waren verhindert) der Hauptschule die erwartungsvoll im Gevelsberger Ratssaal ihren Verträgen entgegen sahen. Manuel Morgenstern, sorgte mit seiner Musik für einen niveauvollen Rahmen.

v.l. Petra Pientka, Andreas Niehues Foto: (c) Linde Arndt

v.l. Gabriela Paulsen , Petra Pientka, Hakki Seker und Andreas Niehues Foto: (c) Linde Arndt

Bürgermeister Claus Jacobi machte darauf aufmerksam, dass Frau Pientka von der Nolte Gruppe sich heute von der solidarischen Verhaltensweise der Gevelsberger Gesellschaft überzeugen kann. Mehrere Unternehmer waren auf den Rängen zu sehen, die zu dem Kreis gehören, die sich für den Ausbildungspakt einsetzen. Er erwähnte die Lehrer mit ihrer Schulleiterin Ruth Schlünder, die sich voll für dieses Projekt einsetzen und dass es die Gevelsberger Hauptschule mit den anderen Schulformen aufnehmen kann. „Alle stehen ohne Einschränkung hinter eurem beruflichem Anfang, der mit diesem Vertrag eine Perspektive hat“, so Bürgermeister Jocobi.

„Wir werden euch Mut machen die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Unsicherheiten, die immer auftreten können, wollen wir gemeinsam bewältigen“, so Schulleiterin Ruth Schlünder. Und weiter, „es ist der erste Schritt in ein selbstbestimmtes Leben.“

Geschäftsführerin Petra Pientka stellte die Möglichkeiten ihres Autohauses, welches ab November zur Gevelsberger Unternehmerschaft gehört, vor. Sie sieht mit der Ausbildung ihrer Mitarbeiter eine menschliche Dimension, indem sie den Betrieb als große Familie sieht. Die Auszubildende Gabriela Paulsen aus dem Autohaus Nolte, schilderte wie sie ihrem Traumjob, mit Autos arbeiten, als Einzelhandelskauffrau in der Ausbildung immer näher kommt. Hakki Seker, der sich schon früh während der Schulzeit umgesehen hatte, fand bei der Firma Nolte einen Ausbildungsplatz als Mechatroniker und ist damit voll zufrieden.

Der zukünftige Leiter der Firma Nolte in Gevelsberg, Andreas Niehues, sieht für das Autohaus Nolte Menschen die auch anpacken können. Er ordnet die gesellschaftlichen Tendenzen, nur auf ein Abitur zu fokussieren, negativ ein. „Es werden bei den Abiturienten Erwartungen geweckt, die sie niemals in den beruflichen Laufbahnen erfüllen können. Menschen die überqualifiziert sind, könnten nicht so leicht motiviert werden. Hier läuft in der Gesellschaft etwas falsch.“ Für ihn sind Hauptschüler keine Schüler zweiter Klasse, so Niehues.

Alle Beteiligten mit ihrem Ausbildungs-T-Shirt Foto: (c) Linde Arndt

Alle Beteiligten mit ihrem Ausbildungs-T-Shirt Foto: (c) Linde Arndt

Bürgermeister Claus Jacobi bedankte sich denn auch bei allen Beteiligten um dann zur „Tat“ zu schreiten. Rektorin Ruth Schlünder und Bürgermeister Claus Jacobi überreichten jeder einzelnen Schülerin und jedem einzelnen Schüler die unterschriebenen Ausbildungspaktverträge. Als äußeres Zeichen, wir gehören dazu, gab es für jede Schülerin und jeden Schüler ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Gevelsberger Ausbildungspakt“.

Es war eine würdevolle Veranstaltung, die auf die Schüler auch motivierend einwirkte, meine Nachbarn, beides Schüler, hatten schon gerötete Wangen.

Danach gab es noch einen kleinen Stehkonvent, die Schüler tauschten sich dabei über ihre zukünftigen Ziele aus. Es war ein guter Anfang, dem sicher ein guter Weg folgt.

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg
 


 

Wohin mit unseren Hauptschülern in Ennepetal

[jpg] Ein Unternehmer sucht eine  oder einen Auszubildenden. Logischer und vernünftiger Weise möchte der Unternehmer eine oder einen gut ausgebildeteN SchülerIn einstellen.
Die ausgeschriebene Stelle kann nach der Stellenbeschreibung sowohl von einem Haupt-, einem Real- als auch einem Gymnasialschüler ausgefüllt werden. Es bewerben sich je ein Schüler der vor genannten Schulen mit gleichem Notendurchschnitt. Im Vorstellungsgespräch machen alle drei einen positiven Eindruck.

Welcher Schüler wird wohl eingestellt? Jetzt kommen sie mir ja nicht mit einem ethisch  verbrämten Unternehmer wie dem Trigema Chef Wolfgang Grupp, denn auch der würde ohne zu zögern den Gymnasiasten einstellen. Und die anderen beiden Schüler? Die bleiben natürlich auf der Strecke und reihen sich Jahr für Jahr in die Runde der Jugendlichen ein die eine "Ehrenrunde" drehen müssen. Die wievielte eigentlich?

Hat das jetzt etwas mit der Qualität der Abschlüsse zu tun? Nein, auf keinen Fall! Es hat etwas mit dem Image der beiden anderen Schulen zu tun. Und das ist nun mal die Realität. Die ehemalige schwarz-gelbe Koalition hat 2005 und 2009 das Schulgesetz geändert.

Es wurden die Schulbezirke abgeschafft, Kopfnoten eingeführt und eine verbindliche Zuweisung der weiterführenden Schulen durch die Grundschule. Durch diese verbindliche Zuweisung wurde die Haupt- und Realschule nochmals künstlich beatmet. Die Politik hatte mit der schwarz – gelben Regierung wieder Zeit gewonnen und eine wirklich notwendige Schulreform verhindert.

Die rot-grüne Minderheitsregierung  unter Ministerpräsidentin Kraft änderte dies, indem die Eltern die Entscheidung über den weiteren Bildungsgang nach der Grundschule wieder treffen. Der Grundschule kommt hierbei nur eine beratende Funktion zu. Das Gesetz wurde am 21.Dezember verkündet und ist damit in Kraft getreten.

Nachdem Anfang Februar die Anmeldelisten für die weiterführenden Schulen geöffnet wurden, die Eltern ihre Kinder also anmelden konnten, stellte sich folgende Situation ein: Viele Hauptschulen stehen in den meisten Städten vor dem  Aus. Im Vergleich zum Vorjahr fanden nur noch 1/3 der Eltern den Weg zur Hauptschule um ihr Kind dort anzumelden. Dramatischer kann diese Entwicklung nicht mehr werden. Die Realschulen haben zwar auch Einbrüche zu verzeichnen, diese sind jedoch weitestgehendst dem demografischem Wandel geschuldet. Nach dem der Redaktion vorliegenden Zahlenmaterial finden sich teils nur ein oder 2 Schüler auf den Anmeldelisten wieder. Mit ein oder 2 Schülern kann man aber keinen Unterricht gestalten.
                                

Und was ist mit den Hauptschulen in Ennepetal, also der Effey- oder Friedenshöher Hauptschule?

Nun, die Stadtverwaltung Ennepetal schweigt sich hier aus, obwohl  auch in Ennepetal dieses Problem sein muss. Nach dem Informationsdesaster im Zusammenhang mit der Schließung der Grundschule Haspetal und der Förderschule Oberbauer, ist der Stadtverwaltung nicht zu trauen. Beide Schulen haben rund 460 SchülerInnen und rund 42 Lehrkräfte. Die Effeyschule, so hört man, soll geschlossen werden. Wann? So richtig weiß man das nicht.

Fakt ist jedoch, seit Jahren hat sich die Arbeitswelt verändert, dem wurde in der Politik nie Rechnung getragen. Firmen brauchen gut ausgebildete Arbeitskräfte mit denen sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen können. Also, was macht Ennepetal?

Ennepetal bietet den Hauptschülern einen Seniorpaten an, so im Hauptausschuss. Dieser Seniorpate soll die SchülerInnen ab einem bestimmten Zeitpunkt an die Hand nehmen und ihn irgendwie unterbringen. Als in der Hauptausschusssitzung die Frage aufkam warum die Stadt denn nicht Auszubildende aus der Hauptschule einstelle, wurde dies sehr interessant von Wilhelm Wiggenhagen beantwortet: Ennepetal würde nicht einstellen, weil Ennepetal keine Weiterbeschäftigung nach der Ausbildung garantieren könne. Wiggenhagen wisse auch im Umfeld keine Stadt welche einstellen würde, sei es zur Ausbildung oder zur Weiterbeschäftigung.

Es ist schon erstaunlich, die Jugendlichen haben keine Perspektiven, der Seniorpate soll diese nicht vorhandenen Perspektiven jedoch aufzeigen? Wieder soll man sich zwecks Realitätsverweigerung treffen. Der Oberseniorpate Wiggenhagen sieht doch anscheinend selber keine Perspektive.

Die Frage ist jedoch: Sollte die Stadtverwaltung den betroffenen Hauptschülern nicht reinen Wein einschenken? Oder soll man so tun, als wenn die Welt noch in Ordnung wäre und in einigen Jahren findet der Erwachsene dann keinen Job mehr, wegen mangelnder Qualifikation? In einigen Jahren? Da ist Wilhelm Wiggenhagen nicht mehr im  Amt und hat seine Schäfchen ins Trockene gebracht. Und die Ratspolitiker? Na die machen es sich doch heute schon leicht. Die schieben dann alles auf die Jugendlichen, die sich nicht genug um die nicht vorhandenen Stellen bemüht haben.Und die dann Erwachsenen? Ja, die müssen halt bis an ihr Lebensende Hartz IV beziehen, ein Euro Jobber, Aufstocker, Leiharbeiter oder sonst was werden. Tolle Perspektiven.

Was bitte ist daran so schwierig die geänderten Bedingungen aufzunehmen und ein anderes Ausbildungskonzept zu erstellen? Auf der lokalen Ebene kann man mehr machen, als was bisher gemacht wurde. Was bitte ist so schwierig daran, das Projekt der Gemeinschaftsschulen anzugehen? Die Gemeinschaftsschulen bieten eine höhere Qualifikation, die Voraussetzungen sind in Ennepetal gegeben. Kann es sein, dass die Stadt Ennepetal Parteipolitik auf Kosten der Hauptschüler macht? Das wäre übel und teuer. Teuer deshalb, weil die Mehrzahl der Hauptschüler keinen Ausbildungs- und Arbeitsplatz finden und letztendlich nur von Transferzahlungen leben würden. Teuer deshalb, weil unsere Wirtschaft gut ausgebildete Kräfte braucht um auf dem Weltmarkt bestehen zu können. Nicht alle Unternehmen wandern ab, weil die Löhne hier zu hoch sind. Viele Unternehmen wandern auch ab, weil nicht ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite senden BDI, BDA und die Handelskammern widersprüchliche Signale hinsichtlich des Arbeitsmarktes aus. Lokal könnten Partnerschaften oder Netzwerke eingegangen werden: Wir bilden das aus, was ihr benötigt. Dies wäre die Formel nach einem klärenden Gespräch.
Der Seniorpate kann doch nur als flankierende Maßnahme gedacht werden, der eigentliche Handlungsbedarf sollte doch in der Umgestaltung der Ennepetaler Schulen liegen. Mit der vorhandenen Gebäudesubstanz und den vorhandenen Schülern könnte man schon eine höhere Qualifikation erreichen. Man muss es nur wollen.

Aber will die 14 Millionentruppe überhaupt solche Gespräche führen? Hasperbach, Oberbauer und jetzt die Realschule haben doch die mangelhafte Kommunikation aufgezeigt. Es wird Zeit für die 14 Millionentruppe nochmals die Schulbank zu drücken: Thema: Kommunikation für Dummies. Das aber als Crashkurs.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal