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Der Fall Timoschenko – Wie Fussball politisiert wird

[mas] Viel wurde in den letzten Monaten über den Gesundheitszustand der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko berichtet und vor allem über die widrigen Bedingungen ihrer Haft. Nun sind es nur noch wenige Tage, bis die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine angepfiffen wird und der Focus der Weltöffentlichkeit für einen Monat auf diese beiden Länder gerichtet sein wird.

Es stellt sich nun die Frage, in wie weit diese große Sportveranstaltung dazu dienen soll, um auf kontroverse politische Fragen aufmerksam zu machen.

Der Fußball und Sport an sich kann sich zwar nicht völlig vor äußeren Einflüssen verschließen, aber gleichzeitig sollte er auch nicht mit Politik verflochten werden. Sport ist unpolitisch und sollte unpolitisch bleiben. Sport kann dazu dienen, um auf Missstände in einem Land aufmerksam zu machen, indem die Öffentlichkeit vor Augen geführt bekommt, wie die Verhältnisse in dem jeweiligen Land sind, aber nicht indem Fußballer explizite politische Aussagen machen. Politischer Sachverstand und Einfühlungsvermögen gehören nicht unbedingt zu den Stärken von Fußballern, denn das ist nun mal nicht ihr Job.

Ihr Job ist es, den Menschen Unterhaltung zu bieten und der Sport sollte nicht dafür herhalten, dass beispielsweise der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmanschaft, Philip Lahm, seine politischen Ansichten artikuliert. Natürlich kann man darauf hinweisen, wie schlecht es Timoschenko geht und wir alle können sehen, dass der Fall Timoschenko schwer mit dem allgemeinen Verständnis von Demokratie und Rechtsprechung in Einklang zu bringen ist.

Aber mal ehrlich: Ist es nicht ziemlich unpassend, wenn sich ein Fußballer plötzlich zu politischen Aussagen wie „meine Ansichten zu demokratischen Grundrechten, zu Menschenrechten, zu Fragen wie persönlicher Freiheit oder Pressefreiheit finde ich in der derzeitigen politischen Situation in der Ukraine nicht wieder", hinreißen lässt? So formulierte es der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Wenn er sehe, wie das Regime Timoschenko behandele, „dann hat das nichts mit meinen Vorstellungen von Demokratie zu tun", sagte Lahm. Von Lahm ist ja bekannt, dass er gerne mal unangenehme Themen im Bereich des Fußballs anspricht, wie er es ja auch in seinen Buch bereits getan hat, was prinzipiell nicht gegen ihn spricht.

Aber kann man das nicht auch so verstehen, als wenn er sich „vor den Karren“ spannen lässt, um die politischen Ansichten anderer darzustellen, die vielleicht nicht so sehr im Focus der Öffentlichkeit stehen wie er? Denn plötzlich hat er eine politische Meinung. Hinzu kommt, dass er die UEFA und ihren Präsidenten Michel Platini aufgefordert hat, sich zu den Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine zu äußern. Die UEFA ist aber keine politische Instanz. Sie ist der europäische Fußballverband. Ihre Aufgabe besteht nicht darin, Politik zu machen, sondern darin, die Europameisterschaft zu organisieren.

Man könnte meinen, der Fußball würde mehr denn je benutzt werden, um Druck auf ein Regime auszuüben, weil man sich erhofft durch den Druck der Weltöffentlichkeit ein politisches System ins Wanken bringen zu können. Es scheint mehr denn je die Absicht zu bestehen, dass man sich dieses Mittels dann auch so öffentlichkeitswirksam wie möglich bedienen will, weil eine sportliche Großveranstaltung wie die Fußball-Europameisterschaft die perfekte Plattform ist, um ein solches Thema einem großem Publikum zu veranschaulichen.

Tatsächlich sind Timoschenkos Haftbedingungen und auch die Gründe für ihren Gefängnisaufenthalt äußerst fragwürdig, aber ist es nicht auch so, dass sich durch die große Medienresonanz fast jeder über die politische Situation in der Ukraine äußert, egal ob er von Politik etwas versteht oder nicht?

Unser neuer Bundespräsident Joachim Gauck hat ja als erster der europäischen Staats- und Regierungschefs erklärt, dass er der Europameisterschaft fern bleiben will, was dazu führte, dass etliche weitere Staats- und Regierungschefs Europas ebenfalls ihren Boykott der EM erklärten. Aber Gauck ist Politiker und kein Fußballer, weswegen es sein Job ist, in dieser Frage einen Standpunkt zu vertreten. Es scheint fast so, dass Politik auch mit unpolitischen Bereichen immer mehr verbunden werden soll und es findet eine immer stärkere Polarisierung statt. Der Fußball dient hierbei als Plattform um politische Ansichten zu äußern und um eine politische Polarisierung hervorzurufen. Der Fußball hat als Weltsport Nummer eins eine extrem hohe Repräsentativfunktion, aber er sollte sich nicht instrumentalisieren lassen, um politische Ansichten kund zu tun. Denn er sollte schließlich immer noch das bleiben, was er ist: Sport und kein Mittel um Politik zu machen.

 
Marc Schäfer für EN- Mosaik
 

Foto: Copyright ard-mediathek

 

Alexandra Popp – Den Jungs zeigen was eine Harke ist

[jpg] Mit 4 Jahre stand eine Alexandra Popp mit einem Ball am Rande des Sportplatzes Silschede in Gevelsberg, während andere Mädchen ihre Puppe frisierten. 15 Jahre später ist sie Fussballweltmeisterin des Fifa U20 Turniers. Und am Freitag, dem 13.August 2010, war es soweit. Rund 400 Gevelsberger  empfingen ihre Weltmeisterin auf dem Rathausvorplatz auf der Bühne. Die heutige Jugendmannschaft stand Spalier als die Weltmeisterin mit dem Bürgermeister die Bühne erklomm. Jubel brandete auf als die WM Hymne "Waka,Waka" erklang.

     
         

Die Jugendmannschaft des FC Schwarz Weiß Silschede baute sich vor dem Bürgermeister und der frischgebackenen Weltmeisterin auf. Die Gevelsberger waren ganz aus dem Häuschen und machten die Laola Welle. Na, wann hat man schon eine Weltmeisterin in seinen eigenen Reihen.

                       

In seiner Empfangsrede zeichnet Bürgermeister Claus Jacobi den Weg der Gevelsbergerin auf. Sie ist zwar in Witten geboren aber nur weil dort das Krankenhaus war, ansonsten ist sie eine waschechte Gevelsbergerin. Sie betonte mit einem zwinckernden Auge, eine Silschederin zu sein. Nach Silschede ging es zum FFC Recklinghausen, wo sie wiederum wechselte und schließlich beim FCR Duisburg 01 landete. Dort spielt sie nunmehr im Mittelfeld aber auch in der Abwehr. Gespielt hat die 19 jährige  auch schon in der A-Nationalmannschaft.

Jetzt ging es  um die U20 Weltmeisterschaft. Alexandra Popp ist erst 19 Jahre, spielt aber schon als Profi in der 1. Mannschaft  des FCR Duisburg 01. Die Duisburger Frauen haben in 2009 den Uefa Pokal und auch den DFB Pokal geholt – also eine Spitzenmannschaft im Frauenfussball.

Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft ging es direkt weiter nach Nord Irland wo es ein weiteres Spiel gegen Glasgow gab, dann eine kurze Pause und am Wochenende geht es gegen die Leverkusenerinnen um Punkte im heimischen Stadion wo Alexandra Popp vor dem Spiel nochmals geehrt wird. Die Beine sind ihr zwar noch etwas schwer, aber, so sagte sie, es wird schon.

10 Tore hat sie auf der Weltmeisterschaft geschossen und hat auf den unterschiedlichsten Positionen gespielt. Sie war die herausragenste Spielerin des Fifa Turniers und bekam neben der Torschützentrophäe  auch eine Trophäe als beste Spielerin.
Da stand eine würdige Vertreterin der Stadt Gevelsberg und des deutschen Frauenfussballs.

Ja, der Frauenfussball. Er wurde ehemals von den Jungs belächelt und ist heute eine feste Größe im Spielbetrieb des DFB. Kamen vor zehn Jahren nur einige hundert zu einem Spiel, so füllen die Frauen heute auch ganze Stadien. Sie spielen genauso athletisch wie ihre männlichen Kollegen aber nicht so verbissen. Den Frauen ist das Spiel wichtiger und nicht die Allüren die manch einem der Männer wichtiger sind.

Und so sieht man bei Alexandra Popp auch noch das Blitzen in den Augen, den Spaß den ihr diese Sportart bringt. Sie spielt überall, wo die Mannschaft sie braucht und gibt dort ihr Bestes. So spielte sie Stürmerin und stellte ihre Unberechenbarkeit während des Turniers unter Beweis, was ihre Gegnerinnen zur Verzweiflung trieb. Ihre Spielweise war souverän und körperbeherrscht, so dass die Ballverluste minimal waren. Und, was noch wichtiger war, sie besaß immer die notwendige Übersicht auf dem Spielfeld und spielte mannschaftsdienlich.

Neben Kim Kulig war Alexandra Popp die Entdeckung dieses Turniers, wobei für beide, Popp als auch Kulig, der Gewinn der Weltmeisterschaft im eigenen Land der eigene Traum war.

Bürgermeister Claus Jacobi konnte seinen Stolz nicht verbergen wusste sich auch immer wieder einzubringen. Mit Freude geleitete er Alexandra Popp zum goldenen Buch der Stadt Gevelsberg, welches auf der Vorseite den Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz als Eintrag hatte.

     

Nun trug sich die Weltmeisterin ein, logisch mit links, genauso wie ihre Torschüsse. Und dann wurde noch eine riesige Torte in Form eines Fussballfeldes hereingebracht, welche der Bürgermeister und Alexandra Popp anschnitten. Die Jugend des FC Schwarz Weiß Silschede, bekamen logischerweise die ersten Stücke dieser Torte; denn die haben ja vielleicht den nächsten Weltmeister unter sich.

Vom Bürgermeister gab es obendrein noch einen großen Schokoladenfussballpokal, der dankend angenommen wurde.
Danach gab Alexandra Popp noch eine ganze Weile Autogramme an die Anwesenden, so wie es halt ein Profi macht, da gibt es keine Unterschiede zwischen Mädels und Jungs.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Gevelsberg.

 

Hier eine kleine Fotogalerie:

[alle Fotos © Linde Arndt]