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Der Kelch ist aber an Hagen vorbeigegangen

Dominique Caron Bildquelle: Jürgen Pottebaum

Dominique Caron Bildquelle: Jürgen Pottebaum

[jpg] Viele Hagener haben dem Vernehmen nach aufgeatmet und den obigen Spruch ausgesprochen oder gedacht. Dominique Caron, die mit einer denkbar knappen Stimmenmehrheit von 8:7 durch den Hagener Theater-Aufsichtsrat auf den Intendanten Schild gehoben wurde, hat ihre Bewerbung zurück gezogen. Damit steht das Hagener Theater wieder ohne Intendanten da, nur der neue Generalmusikdirektor Joseph L. Trafton, scheint den Vertrag unterzeichnet zu haben. Eine von vier benötigten Führungspersönlichkeiten des Theater Hagen kann das vier Sparten Theater nicht alleine führen. Was hier offensichtlich fehlt ist Klugheit aber auch ein gewisses Fingerspitzengefühl bei der Hagener Verwaltung und dem Stadtrat.
Die Hagener Beigeordnete Margarita Kaufmann, die zum 1. Mai den Kulturbereich von Thomas Huyeng übernommen hatte, hatte offensichtlich nicht das Händchen die kulturellen Belange der Stadt in ruhige Gewässer zu führen. Wobei Margarita Kaufmann eine Persönlichkeit ist, die immer wieder auseinanderdriftende Kräfte zusammenführen konnte. Hier scheint sie allerdings ihrem eigenem Loyalitätsanspruch gegenüber der Stadtspitze im Wege gestanden zu haben.
Letztendlich geht es wie immer ums Geld, nämlich, das Theater möge doch 1,5 Millionen Euro (Und mehr) 2018 einsparen, was per Saldo eine Einsparung von über 10% darstellen würde.Eine Unmöglichkeit auf Seiten des Theaters. Auf Seiten der Stadt ist dies nur ein Beschluss den das Theater „gefälligst“ umzusetzen hat.
Diese „Dickköpfigkeit“ schadet nur der Stadt Hagen, nicht nur intern im Kulturbereich, vielmehr wird das Image der Stadt Hagen schwer beschädigt. Um weiteren Schaden von der Stadt zu nehmen, sollte der Stadtrat sich aufraffen den Beschluss vom November 2013 auszusetzen um endlich einmal den „Dampf aus dem Kessel“ zu nehmen. Trotz Haushaltssicherungskonzept und Stärkungspakt besteht die Möglichkeit mit Aussetzung des Ratsbeschlusses ein ruhiges Gespräch zu führen, zumal die Steuereinnahmen sich wie in anderen Städten positiv entwickeln. So rechnet der Hagener Kämmerer Herr Gerbersmann zum Jahresende 2016 mit einer Verbesserung zwischen 5 und 10 Mio Euro. Wenn dies kein Grund für die Aussetzung des Ratsbeschlusses von 2013 ist?

§ 43 GO NRW – Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder
(1) Die Ratsmitglieder sind verpflichtet, in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung zu handeln; sie sind an Aufträge nicht gebunden.

Noch Fragen?

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen

Hagen macht Tabula rasa mit der Kultur

v.l. Ricardo Fernando und Werner Hahn / Fotocollage: Linde Arndt

v.l. Ricardo Fernando und Werner Hahn / Fotocollage: Linde Arndt

[jpg] In Hagen ist sich Politik und Verwaltung einig, Kultur braucht man nicht. Zumindest nicht soo viel und soo elitär.

Es geht um das Theater Hagen, der letzte Akt einer sich abzeichnenden Schließung, die zwar schleichend aber unumkehrbar sein wird. Es zeichnete sich ab, denn das Mobbing von Stadt und Politik, einmal begonnen, wurde nicht beendet.

Wie EN-Mosaik bereits berichtet hatte geht es um die 1,5 Millionen die das Theater gem. Ratsbeschluss von 2013 einsparen muss. Was war da nicht schon an schmutziger Wäsche gewaschen worden. Höhepunkt des Mobbings war als dem Intendanten Norbert Hilchenbach und dem Generalmusikdirektor Florian Ludwig unterstellt wurde, sie wollten sich einen „goldenen Abgang“ verschaffen indem sie den Sparbeschluss ignorierten.

Hilchenbach und Ludwig gehen nicht in Frieden.

Und jetzt dies, Werner Hahn der das Jugendtheater Lutz aufgebaut hatte und sich damit in NRW ein gutes Renommee erarbeitet hat und Ricardo Fernando der mit dem Hagener Ballett als Choreograf nationale Anerkennung bekam, sie alle werden das Hagener Theater verlassen.
Mit einem Schlag die gesamte Leitung in einem Theater zu verlieren, kommt einer Enthauptung gleich. Ein Imageschaden für das Theater und die Stadt ohne gleichen.
Die Stadt wollte hinter verschlossenen Türen verhandeln, offensichtlich waren jedoch diese Verhandlungen nicht von Erfolg gekrönt; denn von einem Kompromiss hört man weit und breit nichts. Es ging ja nicht nur um die 1,5 Millionen, es ging ja auch um die Tariferhöhungen, die die Angestellten des Theaters bekommen sollten und die an anderer Stelle wieder eingespart werden sollten.

Wie dem auch sei, die ganze Hin und Her Rechnerei erbrachte mehr als nur die 10% die das Hagener Theater einzusparen gehabt hätte. Und es deutete sich ja auch an, denn Oberbürgermeister Schulz (parteilos) fand, Ratsbeschluss ist Ratsbeschluss. Was hätte man da noch verhandeln können, es gab ja nichts zu verhandeln. Wo war da eine Verhandlungsmasse. Also blieb es bei dem Diktat von Politik und Verwaltung. Dazu kam noch die offensichtlich schlechte Führung von Politik und Verwaltung aber auch die schwache Position der Kulturdezernentin Margarita Kaufmann. Es reicht heute halt nicht mehr, dass man sich nur lieb hat.

Das Problem Intendanz und musikalische Leitung hatte sich in der vorigen Woche auch erledigt, man war komplett mit Dominique Caron als Intendantin und Joseph Trafton als Generalmusikdirektor. Jetzt liegt der Ball, die Einsparungen in Millionenhöhe umzusetzen bei Frau Caron. Frau Caron ist jedoch in einer Zwangssituation; denn einerseits kann sie nicht wieder nach Eutin zurück, dort wurde sie auch mit diversen Sparbeschlüssen konfrontiert und hat sich diesbezüglich negativ dazu geäußert und andererseits kann sie in Hagen nicht mehr abspringen.
Man kann jetzt sagen, Frau Caron ist als Totengräberin des Hagener Theaters eingestellt worden. Und wie das so ist in Politik und Verwaltung, diese beiden Gruppen werden hierfür keine Verantwortung übernehmen.
Es war ein Krieg in Hagen, zwischen den Anhängern des Pantoffelkinos und Unterschicht gegen die Leistungsträger der Kultur in Hagen. Und so wie uns übermittelt wurde, steht die nächste Kultureinrichtung im Visier von Politik und Verwaltung, das Osthaus- und das Emil Schumacher Museum.

Es ist ein schleichender Prozess der letztendlich zum Schließen vieler Kultureinrichtungen führt und damit zum Niedergang einer vormals breit angelegten kulturellen Versorgung,wieder hin zu einer elitären Betrachtung und Versorgung von Kulturleistungen. Und die Politik spielt da eine treibende Rolle. Wobei in Hagen kommt noch hinzu, dass dort die Ratsmitglieder kaum als kompetente Anhänger von Kunst und Kultur auffielen. Wie sagten mir im Gespräch zwei Hagener Ratsmitglieder, was ist denn so schlimm daran wenn das Theater schließen würde…ich war noch nie im Theater, wofür auch! Nun, es gibt mehr Hagener Ratsmitglieder als diese beiden Zeitgenossen, nur diese Meinung hat offensichtlich eine Mehrheit.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen

Update 27.Oktober 2016

Es existiert ein Interview zwischen dem Hagener Journalisten Christoph Rösner und dem ehemaligen Generalmusikdirektor der Eutiner Festspiele Urs-Michael Theus. Es gibt Einblicke in die Arbeitsweise von der neuen Hagener Intendantin Dominique Caron, schauen sie mal.

Hagener Findungskommission schlägt Intendantin vor

 Dominique Caron Quelle: Orly Schekahn


Dominique Caron
Quelle: Orly Schekahn

[jpg] Dominique Caron soll die neue Hagener Intendantin am Theater Hagen heißen, so der Vorschlag der Findungskommission des Aufsichtsrates der Theater Hagen gGmbH. Die Vakanz der Intendantenstelle führte zu teils peinlichen Auftritten der Stadt Hagen. Die Stelle wird von dem derzeitigen Intendanten Norbert Hilchenbach bis zum Stellenantritt einer/eines neuen Intendantin/Intendanten geführt. Die Zustimmung des Aufsichtsrat der Theater Hagen gGmbH und dem Rat der Stadt Hagen ist nur eine Formsache. Wie Frau Caron allerdings die 1,5 Millionen Euro am Theater Hagen einsparen will, dazu wollte sich keine der Parteien äußern.

Dominique Caron, derzeit Intendantin der Eutiner Festspiele, steht im Moment selber in einem kritischen Umfeld indem der Beirat der Neuen Eutiner Festspiele GmbH die Geschäftsführerin Sabine Kuhnert weg rationalisiert hat. Caron äußerte sich in diesem Zusammenhang zu dieser Personalie, die gegen ihren Vorschlag vom Beirat der Festspiele umgesetzt wurde: „Ich fühle keinen Respekt für mich.“ Damit verlässt Dominique Caron sicherlich im Zorn die Eutiner Festspiele.

Zur Person selber: Dominique Caron, geboren in Paris, studierte in San Francisco an der USF Linguistik und Theaterwissenschaften. Ihre Theaterlaufbahn begann sie als Regieassistentin an der Deutschen Oper Berlin, danach war sie als Opern- und Betriebsdirektorin am Theater Giessen sowie als künstlerische Betriebsdirektorin am Nationaltheater Mannheim. Weitere Engagements waren die Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, das Stadttheater Bern, die Vereinigten Bühnen Krefeld/Mönchengladbach und das Staatstheater Kassel. Im März 2008 fing sie als Referentin bei der Oper am Theater Dortmund an, wo sie 2010 die kommissarische Leitung der Opernsparte übernahm. Ende 2011 wurde sie dann zur Intendantin der Eutiner Festspiele berufen.Die Eutiner Festspiele machten zuletzt Verluste in sechsstelliger Höhe, die einen Sparkurs der Festspielleitung auslöste.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Hagen