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Die klimatischen Bedingungen für Investitionen in Schwelm

brauerei2011

Demo 2011 vor der Brauerei Schwelm . Foto: © Linde Arndt

[jpg] Das war zu erwarten, Pass Invest GbR zieht die Reißleine in Schwelm. Burkhard Pass muss man bewundern, wenn man den steinigen Weg seiner Investitionsvorhaben in Schwelm betrachtet.

Als das Brauerei Gebäude noch stand wurde er von abenteuerlichen Forderungen der Belegschaft und anderer drangsaliert, indem man ihm vorschlug die Brauerei mit Pass Invest Kapital weiterzuführen. Einfach nur so. Selbstredend sollte Pass Invest auf einen Mietzins verzichten. Haarsträubende Geschichten gingen durch Schwelm, schlußendlich wurde das Schwelmer Bier von Frank Hense und dem Braumeister Stefan Hammermeister in Detmold gebraut. Dabei war doch alles so einfach, Burkhard Pass wollte für das Investment Brauerei einen angemessenen Zins für sein eingesetztes Kapital. Und er wollte keine Brauerei betreiben; denn eine Beschäftigung, die ihn ausfüllte, hatte er ja. Es machte keinen Sinn, dem Gedanken an einer Brauerei nach zu hängen. Denn die gemachten Vorschläge und Ideen waren allesamt unseriös. Damit keine weitere Diskussion mehr stattfand ließ er denn auch das Gebäude der Brauerei abreißen.

Was entstand war eine recht große Wunde im Innenstadtbereich. Gerne wollte Pass Invest GbR diese Wunde schließen indem er einen Bauantrag für ein Gebäude mit Wohn- und Gewerbeflächen aufstellen ließ. Kaum ging der Bauantrag im Rat der Stadt ein, gingen auch die Querschüsse gegen dieses Investment los. Denn unter der Führung von CDU und FDP hatte man ein gutes Verhältnis zwischen dem Hauptverwaltungsbeamten der Stadt, Bürgermeister Jochen Stobbe und seiner Stadtverwaltung ausgemacht. Allerdings sind solche Verhältnisse unabdingbar für eine Stadtverwaltung um eine langfristige Bindung zu erzeugen, und, was noch wichtiger ist, diese Bindung sollte für beide Seiten gewinnbringend sein. Man denke an die gesellschaftlichen Verpflichtungen, die Firmen in ihren Städten zum Wohle der Städte eingegangen sind. Auch die Firma Pass Invest stand in diesem Zusammenhang nicht abseits indem sie sich z.Bsp. im kulturellen Bereich engagiert.

Anscheinend sahen die Stadträte der CDU und FDP diese Bindung als nicht förderlich für ihre eigenen Interessen. Welche Interessen dies waren vermochten die beiden Führer Flüshöh (CDU) und Schwunk (FDP) damals und auch heute nicht zu sagen. So sollten die beantragten Gewerbeeinheiten nur mit Einzelhandel belegt werden, eine unzureichende Begründung schob man hinterher. Man wolle attraktive Alternativläden im Innenstadtbereich geschaffen sehen, so die Begründung. Das diese Begründung rechtlich keinen Bestand haben konnte, sahen  Flüshöh (CDU) und Schwunk (FDP) nicht.

Burkhard Pass   Foto: © Linde Arndt

Burkhard Pass Foto: © Linde Arndt

Und so kam es wie es kommen musste, ein Rechtsanwalt von Pass Invest GbR meldete sich zu Wort und legte haarklein dieses Problem dar, bot aber trotz allem ein (auf) klärendes Gespräch an.

Es war wie im Tollhaus als der Rat der Stadt dieses Schreiben in der Vorlage zu Gesicht bekam. Vorsichtshalber suchte man schon mal einen Schuldigen, den man in Bürgermeister Stobbe auch sofort ausmachte. Von Erpressung durch den Investor war die Rede, von Nichtachtung der Demokratie, alles Anschuldigungen die für jeden Investor dazu angetan waren sich aus dieser Stadt zurück zu ziehen.

Flankierend kam noch die lancierte Meldung über eine Vorteilsnahme in Höhe von einer getrunkenen Tasse Kaffee (!) die Bürgermeister Stobbe im Rahmen eines Besuches bei Familie Pass zu sich genommen hatte. Und weiter, die Tochter des Bürgermeisters die bei der Firma Pass arbeitet, dies wurde in diesem Zusammenhang als Vorteilsgabe der Firma Pass kolportiert. Es waren geradezu groteske Anspielungen gemacht worden. Was sollte das?  In diesem Zusammenhang spielten die Printmedien in Schwelm ein ziemlich unrühmliches Spiel. Keine Hintergrundinformationen wurden dem Leser an die Hand gegeben. Sie befeuerten diese nicht bestätigten Meldungen auch noch.
Kurz, Pass Invest wurde ohne Ende provoziert, gegängelt und teilweise beschimpft. CDU und FDP führten sich manchmal auf, als wenn beide das letzte Bollwerk der kommunistischen Planwirtschaft gegen den bösen kapitalistischen Investor Pass wären. In der Dezember Ratssitzung war denn auch ein Hauch von Erich Honecker zu verspüren, als der „Staatsrat“ sich  in die Nebenräume zurück zog.

Und jetzt der Rückzug von Pass Invest GbR.

Es ist ja nicht so, dass nur die Investitionssumme von rund 20 Millionen Euro verloren ist, dies werden Flüshöh (CDU) und Schwunk (FDP) sicher aus eigener Tasche gut machen. Es ist auch nicht so, dass die Chance vertan wurde eine neue Mitte für Schwelm zu gestalten ( Dazu wäre der Investor übrigens bereit gewesen d. Red.). Es ist auch nicht so, dass einige Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz in diesem Gebäude bekommen hätten. Mit dieser Entscheidung hat die Politik viele Chancen für Schwelm vertan.
Aber vor allen Dingen ist ein ungeheurer Imageschaden in Schwelm entstanden, der sicher den einen oder anderen Investor davon abhält in einer Stadt zu investieren, in der die Politik nicht weiß was sie will. Und warum?

Unterbrechung der Ratssitzung vom 12.12.2013

Unterbrechung der Ratssitzung vom 12.12.2013
Foto: © Linde Arndt

Nur weil die Politik mit CDU und FDP einem SPD Bürgermeister den Erfolg für diese Investition nicht gönnt. Nur weil Politik so in ihrem Eifer besessen ist und nicht bemerkt wenn die Sachlage sich verändert hat. Das Junktim Zassenhaus- und Brauereiinvestition war schon längst durch Pass Invest aufgehoben, da sprach die Politik aber noch von Erpressung. Oder dieses unsägliche Wissensdefizit der Politik im Zusammenhang mit Gewerbe- und Einzelhandelsflächen, was einen Investor erst einmal nicht auffallen muss, wenn er auf Augenhöhe mit einer Stadt verkehrt. Und immer wieder befeuerten die Printmedien mit ihrem rudimentären Wissen die politische Szene, die wollten und wollen Blut sehen. Recherche über die Möglichkeiten die das Baurecht bietet, war bei denen nicht angesagt. Es waren einfache Formeln angesagt: Gute CDU und FDP und böser Bürgermeister, das kommt gut.

Keiner hat gerufen, hört auf, wir vergraulen einen Investor und verhindern eine Investition!  Lasst uns vernünftig miteinander reden!

Und jetzt? Unserer Redaktion liegen sämtliche Stellungnahmen der politischen Vertreter, außer den Linken, im Rat der Stadt Schwelm vor. Keine Einsicht ist von irgendeinem politischen Vertreter zu sehen, im Gegenteil. Die Grünen sprechen weiter von Einzelhandel, obwohl längst klar sein sollte, ein Bäcker und Konditor ist ein Gewerbebetrieb. CDU sieht gar „….damit der Demokratie Schaden zufügen….“ die Demokratie gefährdet wenn Pass Invest seine Pläne umsetzt. FDP schließt das Ganze ab und verlangt von dem Investor „…. dass die Grundstücke zügig anderen Investoren verkauft werden...“ und gibt noch einen drauf indem sie von „…. unzureichender wirtschaftlicher Kalkulationen des Unternehmens…“ schreibt. Die Tonart könnte man ohne Probleme in der ehemaligen DDR ansiedeln. Der Rat scheint vergessen zu haben, dass unsere Demokratie den Schutz des Eigentums garantiert. Dies alles nunmehr eine Frage der Gesichtswahrung und Schuldzuweisung. Sämtliche Parteien haben nichts aber auch gar nichts verstanden, man kann das nur als Realitätsverweigerung attestieren. Was Dipl. Kfm. Burkhard Pass richtig in seiner Presseerklärung anführt, ist die Rechts- und Planungssicherheit die er als Investor einfordert. Es ist ein Unding 20 Millionen unter unsicheren Bedingungen zu investieren, wir sind doch hier nicht in Russland oder China. Ein Investor braucht einen kompetenten Verhandlungspartner, mit dem er seine Zielvorstellungen umsetzen kann. Er kann nicht an den Parteien längs gehen, evtl. Parteispenden austeilen, um mit verschiedenen sich widersprechenden Zusagen Planungen beginnen. Er kann auch nicht über die verschiedenen Begriffe, die im Inhalt seiner Bauanfrage auftauchen, seinen Architekten dozieren lassen. Was Gewerbe und was Einzelhandel ist, muss schon zur Allgemeinbildung eines Stadtverordneten gehören.

Und noch eines, im Rat der Stadt Schwelm sollte man sich  über die Mindestanforderung eines Dialogs in der Öffentlichkeit und deren Auswirkung im Klaren sein. Die SPD, die sich übrigens nicht an der „Hatz“ beteiligt hatte, fragt in ihrer Presseerklärung, ob diese Entwicklung die sich jetzt ergeben hat nochmals umgekehrt werden könnte. Ich denke diese Frage sollten sich die Fraktionen  in einer nichtöffentlichen Sitzung stellen. Denn wenn man sich diese Unverschämtheiten einmal zu Gemüte führt, könnte man es verstehen, wenn Burkhard Pass seine Firmen in einer anderen Stadt anmeldet und dann einer Strategie einer Steuervermeidung nach geht. Und das ist nicht im Sinne der Bürger von Schwelm, denen auch die CDU/FDP verpflichtet sind. Eine Stadt wie Schwelm braucht ein positives Klima um Investoren an sich zu binden.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

Detmolder Entwicklungshilfe für Schwelm

  [jpg] Nun wissen wir alle die Brauerei Schwelm hat am 30.September 2011 ihre Tore für „immer“ geschlossen. Allerdings wollten sich einige Menschen in der Stadt und Region nicht damit abfinden und machten sich mit einer gehörigen Portion Ungeduld auf den Weg, die Geschichte des Schwelmer Bieres weiter zu befördern. Heraus kam, das ein gebürtiger Gevelsberger Braumeister aus Düsseldorf, ein zugezogener Geschäftsführer der damit jetzt Schwelmer Bürger ist und eine Brauerei aus Detmold, die gemeinsam ein Paar neue Biere brauten und abfüllten. Kurzerhand wurden die Bierflaschen mit einem Etikett versehen, welches einen Schwelmer Ursprung signalisieren sollte.
v.l.: Braumeister Stefan Hammermeister und Unternehmer Frank Hense   Foto:  © Linde Arndt    

Um dem Betrieb auch einen juristischen Mantel zu geben, gründete man eine Vertriebsgesellschaft mit dem Namen „SchwelmeBräu GmbH und Co. KG „.

So konnte man schon mal Umsätze tätigen. Auf Nachfrage wurden wir aufgeklärt: Es sind Schwelmer Bürger die sich um diese Biere gekümmert haben. Und weiter, in einer Rekordzeit von zwei Monaten hatten diese Bürger dieses Bier auf die Beine gebracht. Respekt, Respekt, würde ich erst einmal sagen – erst einmal.

Und so wurde das neue Bier für den 22. Dezember 2011 in einem bekannten Schwelmer Getränkevertrieb angekündigt. Vorher kurz telefoniert, wem wir ein paar Probierflaschen mit bringen sollten, und gut war´s. Und mit einem Auftrag von 5 Flaschen, plus eine für uns selber machten wir uns auf den Weg. Wir waren gespannt, in vielerlei Hinsicht.

Es waren zwei verschiedene Geschmacksrichtungen die im Angebot waren, einmal ein Kupferbier, welches für das Bernstein stehen sollte und einmal ein Messingbier, welches für das Pils stehen sollte. Auf dem Hof des Getränkevertriebes angekommen, wurde unsere Fotojournalistin von Frau Lingnau vom Vorstand der noch zu gründenden Genossenschaft darauf hingewiesen, ja einen positiven Artikel über das Bier zu schreiben.

Der letzte Artikel war nicht so im Sinne der guten Frau Lingnau, deshalb mochte man unsere Art des Journalismus nicht. Wir sind jedoch der Meinung, dass auch unsere User informiert werden sollten, also störte uns das wenig. Zumal denn die Westfälische Rundschau mit ihrem Artikel (http://www.derwesten.de/staedte/schwelm/schmeckt-noch-besser-als-vorher-id6184905.html) in der Region schon genug Werbung gemacht hatte.

Also können wir getrost dem normalen Journalistenhandwerk nachgehen indem wir so schreiben wie es halt Journalisten machen.

Nachdem wir auf dem Hof waren, machten wir uns auf den Weg unsere 6 Flaschen käuflich zu erwerben. Für sechs 0,5 ltr. Bügelflaschen Bier mussten wir sage und schreibe 9,72 Euro bezahlen. Das sind pro Flasche Bier 1,62 Euro, davon geht zwar noch der Pfand ab, aber immerhin. Das ist ein absolut galaktischer Feinkostpreis für 0,5 ltr. Bier, der damit den Spitzenreiter, der 0,89 Euro für 0,5 ltr. Flasche ein nimmt, ablöst.

Wir fragten, wie solch ein hoher Preis zustande kommt? Die Antwort: Es würde eine Rücklage( ! ) gebildet oder im Preis wäre ein Prozentsatz kalkuliert der für eine neue Brauerei in Schwelm zurück gelegt würde. Ob die Käufer damit einen Anteilsschein an der zukünftigen Brauerei erwerben würden, vermochte man uns nicht zu sagen. Überhaupt hatte jeder etwas zu sagen und fühlte sich bestens informiert. Anders war es als wir nach dem Vergleich der gebrauten Biere fragten. Bei unseren 5 Abnehmern und bei den auf dem Hof befragten wurde das Bier als ganz normales und gutes Bier eingestuft. Bei der Unterstützergruppe fand man das neue Bier als ein herausragendes Bier. Was an dem Bier so herausragend sei, wussten die Unterstützer jedoch nicht zu sagen. Wobei über Geschmack lässt sich sicher trefflich streiten. Als wir die Frage stellten, ob der Geschmack diesen Preis rechtfertigt, wurde das von allen verneint. Auch die Aufmachung des Produktes war dem ehemaligen Produkt nachempfunden, also nichts besonderes.

So muss sich die Vertriebsgesellschaft sicher Gedanken machen, wie das Risiko einer Investition in eine neue Brauerei, nicht auf Konsumenten abgewälzt werden kann. Es ist schon eine Besonderheit wenn man über einen exorbitant höheren Preis an eine Investitionssumme kommen will die man noch nicht einmal nennen mag.

       Eine Besonderheit war noch zu bemerken, der Getränkehof hatte noch jede Menge Kästen von dem ehemaligen Schwelmer Bier, die von den Konsumenten gerne zu einem erschwinglichem marktüblichen Preis abgenommen wurden.

Auf dem Getränkehof waren während der Zeit unseres Besuches rund 70 Besucher anwesend, die sich an einem Grillrost und einer Zapfanlage ein gemütliches Schwätzchen hielten.

Neben Bürgermeister Jochen Stobbe mit seiner Frau und Kind sahen wir noch Heinz Joachim Rüttershoff (CDU) – stellv. Fraktionsvorsitzender und Pressesprecher die sich für die Aktivitäten der Unterstützergruppe interessierten.

[Vergrößern durch Anklicken] Foto: © Linde Arndt    

Ich denke Frau Lingnau kann mit diesem Artikel voll zufrieden sein, zumal die Unterstützergruppe konstruktive Kritik so liebt, wie mir mehrfach versichert wurde.

Lobhuldelig ist dieser Artikel allerdings nicht, dafür zeigt er Fehler auf die man sicher gerne abstellen will.

Denn, ich denke die Gruppe will sicher noch morgen am Markt bestehen und ihr Schwelmer/Detmolder Bier verkaufen.

   

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm. 

 

Wenn es doch so einfach wäre

[jpg] Rund 400 Freunde des Schwelmer Bieres hatten sich vor den Toren der Schwelmer Brauerei eingefunden um für den Erhalt ihres Bieres zu demonstrieren. Es war so eine Mischung von liebenswürdiger Jahrmarktstimmung und aufgesetzter Ernsthaftigkeit bei den Teilnehmern auszumachen, als sie mit „Kind und Kegel“ zum Märkischen Platz aufbrachen. Man schien sich einig zu sein, es brauchte nur jemand Geld auf den Tresen zu legen und schon geht das Brauen weiter. Einig waren sich die Demonstranten auch, dass die Politik wieder mal nichts tut und durch Abwesenheit glänzen würde.

Na ja, die Teilnehmer hatten recht und auch wieder nicht recht. Von der SPD kam überraschender Weise Bürgermeister Jochen Stobbe mit seiner Frau Carina Stobbe, beide wähnte man im Urlaub. Dann kam noch der Fraktionsvorsitzende der SPD Gerd Philipp und Heike Weidner, von den anderen Parteien haben wir nur Ernst Walter Siepmann von der BfS noch ausgemacht. Die CDU als auch die FDP vertrauen sicher wie immer auf die Mechanismen der Marktwirtschaft und sehen das Brauerei Problem durch ein kräftiges Aussitzen schon erledigt.

Dass das „Brauerei Schwelm“-Problem jenseits der Farbenlehre relevant ist, scheint nur ein paar Leuten bewusst zu sein.

Verliert Schwelm die Brauerei, verliert die Stadt damit auch einen Imageträger erster Güte.

 

Nun machte der Demonstrationszug sich auf den Weg durch die Brauereigasse zum Märkischen Platz wo er Halt machte. Es wurden ein paar Fotos gemacht und weiter ging es durch die Hauptstrasse bis vor das Verwaltungsgebäude der Schwelmer Brauerei. Man zeigte sich nochmals jöhlend und teilweise plöppend, wobei aber nicht auszumachen war was denn nun gefordert wurde. Die Informationen müssten doch auch bis zu den Demonstratoren vorgedrungen sein – es ist vorbei. Denn der Insolvenzverwalter, der nicht anwesend war, hat aufgegeben. Nichts geht mehr. Oder doch?

Klar, da geht noch immer was. Wenn die Demonstranten ein klares Konzept, einschließlich einer Finanzierung hätten, würden ihnen alle derzeitigen Verhandlungspartner zur Seite stehen. Nur dieses Konzept müsste konkret und auch belastbar sein.

Wie uns seit Mitte Juli bekannt ist wurden sehr intensive Gespräche mit den Investoren geführt. Am Verhandlungstisch waren die Stadt mit Bürgermeister Stobbe als auch eine Gruppe hochrangiger Schwelmer Unternehmer. Alle waren bereit sehr viel für die Brauerei Schwelm zu tun und das schloss nicht unerhebliche Anschubfinanzierungen ein. Die Gespräche scheiterten jedoch an mehreren Punkten. 

Ein wesentlicher Punkt, aber nicht der alleinige Punkt, waren die Geschäftsmodelle der Investoren. Diese Geschäftsmodelle waren nicht langfristig angelegt und nicht darstellbar. Fakt war, die Schwelmer Verhandlungsgruppe wollte die Brauerei langfristig aufgestellt sehen, sie wollten nicht in zwei oder drei Jahren wieder an den Verhandlungstisch geholt werden.

Wenn nun die Demonstranten sich über Facebook vereinigen und sich dort in einer virtuellen Welt mit einem anderen nicht herbei zu führenden realen Bezug abgeben, ist das in der realen Welt nur für die dadurch entstehende Drohkulisse von Belang.
Ob das zur Zeit von Nutzen ist sei erst einmal dahin gestellt; denn es entsteht dadurch eine recht diffuse Situation.

Jeder will irgendwie mitreden. Ob das Ganze jedoch betriebswirtschaftlichen Sinn macht interessiert niemand. Da werden zuhauf die städtischen Leitungen blockiert um den Mitarbeitern mal so richtig die Meinung zu sagen. Ob das Sinn macht?

Als ich mich mit dem Strom der Demonstranten treiben ließ erfuhr ich folgendes: Die Einen sehen, wenn auch verhalten, noch Chancen, die Anderen haben die Brauerei jedoch schon abgeschrieben.

Die [nach eigenen Angaben] Beraterin des Betriebsrates Yvonne Daniel versuchte dem Bürgermeister mit indirekten Unterstellungen eine Untätigkeit zu provozieren. Meine Güte, so geht es aber nicht. Die gleiche Frau Daniel kam danach im Interview mit mir ins schwimmen. "Der Betriebsrat denkt über eine Genossenschaft nach." Ja, mein Gott warum ist der Betriebsrat denn dann nicht während der Demo an die Öffentlichkeit gegangen. Nach Frau Daniels Angaben besteht der Betriebsrat aus 4 Personen, für die Gründung einer Genossenschaft ist das ausreichend.

Das wäre eine andere rechtliche Situation als die derzeitige. Auf die Frage ob es denn andere Anträge beim Insolvenzgericht gebe, wusste Frau Daniel nichts zu sagen.

Die Demo löste sich mit großem Hallo dann auch wieder auf. Und als die meisten in den Eissalon Conti zum Eisessen entschwanden, machten wir uns auch über ein Eis her.

Nur, wie gesagt, eines ist klar: So einfach ist das Ganze nicht. Einmal in Facebook eine bunte Traumwelt auf zu bauen und das alles eins zu eins in die Realität zu übertragen? 

Leute versucht auch  einmal den PC abzuschalten und in der Realität die vorhandenen Regeln zu erfassen. Es bestehen gewisse Chancen in Eigenregie solch einen Betrieb zu führen, nur, dann muss etwas mehr kommen als ein Plöpp.

 

 

 

 

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

[Fotos: © Linde Arndt]


s. auch unseren Bericht " Wenn es doch so einfach wäre"  von der 2. Demo am 20.08.2011

 

Man muss eine Schlacht verlieren können um dann den Krieg zu gewinnen!

[jpg] Es gibt im System der Wirtschaftslehre mehrere riesige Widersprüche. Einer davon ist  die Gewinnmaximierung. Ihr zugrunde liegt die menschliche Gier die keine Grenzen kennt und letztendlich selbstzerstörerisch sein kann. Die Gewinnmaximierung ist also die Initialzündung des wirtschaftlichen Handelns. Nur, fragt man nach der Höhe des Gewinns, so drehen die Wirtschaftsakteure alle ab. In den Kalkulationen taucht allerdings immer die Position „Gewinn“ auf. Wenn der Eine dort 5% einsetzt, so sieht man in der Kalkulation des Anderen 20 oder 30% als Grundlage des wirtschaftlichen Handelns. Neuerdings hört man schon einmal den Spruch: ……. unter xy Prozent mache ich es nicht! Da sollte doch die Frage erlaubt sein: Wie viel Gewinn ist genug? Denn wenn die Höhe des Gewinns selbstzerstörerisch sein kann, so wird doch jeder vernünftige Mensch vor dem Punkt der Selbstzerstörung Halt sagen. Es sei denn er ist krank und hat Suizid Gedanken. Aber davon wollen wir nicht ausgehen, sonst müssten wir das System der freien Marktwirtschaft in eine Therapie schicken. Es muss also noch etwas anderes geben, was den wirtschaftenden Menschen dazu bringt zu sagen: Genug! Auch muss  es noch was anderes geben, was ihn dazu bringt als wirtschaftendes Subjekt aufzutreten – also nicht nur die Gier.
Da gibt es noch viele Gründe warum ein Mensch sich wirtschaftlich engagiert. Einer dieser Gründe, der übrigens auf der ganzen Welt vorhanden ist, ist der Lokalpatriotismus. Und dieser Lokalpatriotismus,den man heute Lokalcolorit nennt, ist in einer Stadt mehr oder weniger vorhanden, so auch in Schwelm.

  Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf als ich von dem Scheitern der Insolvenzverhandlungen im Zusammenhang mit der Brauerei Schwelm hörte.

Diese Insolvenz läuft ja schon monatelang und hat mehrere Höhen und Tiefen durchlebt. Die Hoffnung überwog in der Vergangenheit, dass der Herdecker Insolvenzverwalter Gottschalk die Schwelmer Brauerei wieder in eine gesunde wirtschaftliche Situation führen könnte.

Es gab auch positive Zeichen und Signale, die diese Hoffnung  noch verstärkten. Bis Anfang des Jahres die Zeichen auf Sturm standen. Die Stadtverwaltung brachte sich sofort ins Spiel, die sich bis dato  nur über den Stand der Dinge informiert sah.
Bürgermeister Jochen Stobbe erkannte den Ernst der Situation und erklärte die Causa Brauerei Schwelm zur Chefsache.

Foto: Linde Arndt    

Stobbe ging nun her und versuchte mit anderen Schwelmer Unternehmer die Verhandlungen auf einem guten Weg zu bringen. Vergebens. Denn am 14. Juli erklärte der Insolvenz- und Vermögensverwalter  Manfred Gottschalk alle Insolvenzverhandlungen für gescheitert und kündigte sämtliche Arbeitsverhältnisse.  Augenscheinlich hat damit Gottschalk die Verwertung, sprich, den Verkauf des Betriebsvermögens  der Brauerei im Blick, denn es geht ja auch um die Befriedigung (Bezahlung) des Insolvenzverwalters Gottschalk und die ist nicht von Pappe. Gottschalk hat offenbar Angst seine eigenen Forderungen nicht begleichen zu können. Immerhin ist er ja seit Monaten in der Brauerei Schwelm als Insolvenzverwalter tätig. Was war aber passiert?

Die Großkunden der Brauerei haben die Produkte der Brauerei Schwelm aussortiert und jede weitere Zahlung verweigert; denn sie sehen die Begleichung ihres Leergutkontos nicht mehr als gegeben an. Offensichtlich hat einer der Verhandlungspartner Signale an die Großkunden gesendet , die das „Weitergehen“ in Frage stellen. Solche Signale werden gesendet um eine Druck- und Drohkulisse aufzubauen, was letztendlich zu einem Abschluss führen sollte oder den Abschluss beschleunigen sollte.

Auf der einen Seite Verhandlungen, die ja jetzt sogar von der Stadt unterstützt wurden  und auf der anderen Seite ein urplötzlicher Abbruch. Die Konsequenz. Das Ende der Brauerei wurde auf den 30.September 2011 gesetzt und die Produktion eingestellt, worauf sich der Bürgermeister und damit die Stadt zurück zog.

Die Zeitung (WR) titelte nun etwas dramatisch: „Eine Niederlage für Jochen Stobbe“ und hielt in einem Kommentar die Grabrede für die Schwelmer Brauerei, indem sie die Schließung der selben voraus sagte. Abgesehen davon,dass es für den Insolvenz- und Vermögensverwalter Gottschalk eine Niederlage sein sollte, ist es Gottschalk doch zu zu schreiben die Enden nicht zusammen bekommen zu haben. Er selber hat doch immer wieder kommuniziert, dass die Brauerei betriebswirtschaftlich „überlebensfähig“ aufgestellt wäre.

Mit diesen Aussagen war doch Fakt , die Brauerei ist überlebensfähig und wirft einen Gewinn ab, so aus gut informierten Kreisen. Aber, und das ist wichtig, der Gewinn wird nur im einstelligen Prozentbereich gesehen, was in der heutigen Zeit nicht so gut ist. Aber und auch das wurde kommuniziert, es gibt eine „Schwelmer Lösung“. Kurz, die Schwelmer Brauerei könnte noch hunderte von Jahren  produzieren und würde seinen Inhaber auch gut ernähren.

Perspektivisch sind die kleinen Brauereien wie die Schwelmer Brauerei im Vormarsch, während die Großbrauereien immer mehr Einbußen hinnehmen müssen . Ein weiteres Problem macht jedoch das Überleben allerdings schwierig: Die Brauerei produziert nicht auf eigenem Grund, nicht in eigenem Gebäude und die Marken der Brauerei gehören ihr auch nicht, so die Information.

Das heißt für den Investor, er müsste sich jahrzehntelang binden, wenn die Rechte und der Besitz überhaupt verkauft würden, so diese zum Verkauf stehen.

    
    Foto: Linde Arndt

Damit gestalteten sich die Verhandlungen in der Kleinstadt Schwelm recht schwierig, eben so wie in der großen Welt. Schwelm, was ein beschauliches Städtchen ist, benötigt aber das Alleinstellungsmerkmal Brauerei Schwelm. Einmal weil es identitätsstiftend ist und weil es mitten in der Stadt einen Anziehungspunkt darstellt. Macht sich doch gut; Stadt des Bieres zu sein.

Also diese Situation herrscht vor: Auf der einen Seite ein Unternehmen das durchaus weiter bestehen kann und auf der anderen Seite Gläubiger und Rechteinhaber die eine nicht näher zu erfahrende Einstellung zur Brauerei haben. Schwelm und die Schwelmer wollen ihre Brauerei auf jeden Fall behalten. Was lag da also näher als dass sich  der erste Schwelmer, also der Bürgermeister, auf den Weg macht und den gordischen Knoten zerschlägt?  Und ist es eine Niederlage des Bürgermeisters wenn offensichtlich der Insolvenzverwalter selber nicht weiß wie er den Großkunden eine Perspektive aufzeigen kann? Auch scheint es so, als wenn die Verhandlungspartner gewisse Animositäten entwickelt hätten, die von dem  Insolvenz- und Vermögensverwalter Gottschalk nicht kanalisiert werden konnten. Alles weist auf einen „schwachen“  Insolvenz- und Vermögensverwalter hin der solchen Verhandlungen nicht gewachsen ist. Für Gottschalk scheint  das wirtschaftliche Fortbestehen der Schwelmer Brauerei keine wirkliche Option zu sein. In den Monaten, in denen die Insolvenz besteht, wurde anscheinend noch nicht einmal die Eigenverwaltung ins Spiel gebracht. Es sieht so aus als wenn Gottschalk nur einen „Job“ macht. Wenn dem so ist, so sollte er zurück treten und Platz für einen Insolvenz- und Vermögensverwalter machen dem die Causa Brauerei Schwelm mehr am Herzen liegt.

Und was hat das alles mit der Gier zu tun?
Ganz einfach. Es scheint allen Beteiligten nicht klar zu sein, dass die Schwelmer Brauerei eine kleine Brauerei ist, die das Stadtbild aber auch die Stadt prägt. Betriebswirtschaftlich muss und kann die Brauerei  keinen opulenten Gewinn abwerfen, der im Finanzsektor alltäglich sein würde. Also sollten die Verhandlungspartner ihre Forderungen auf die Leistungsfähigkeit der Schwelmer Brauerei zurück schrauben. So, und nur so kann ein Betrieb wie die Schwelmer Brauerei überleben. 5% Gewinn vom Erlös ist auch ein erkleckliches Sümmchen, welches sicher teilweise in die Rücklagen fließen kann. Und auf der anderen Seite der Gläubiger Medaille? Dort steht ein Forderungsverlust in ungewisser Höhe an. Dies alles ist aber Aufgabe  des Insolvenz- und Vermögensverwalter gewesen, der die Verhandlungspartner aus den ungeahnten Höhen der Gier in die realen Gefilde normalen Wirtschaftens hätte führen müssen.

Es wird Zeit das Schwelm sich für die Schwelmer Brauerei entscheidet und zwar in wirtschaftlichen sicherem Gewässer. Es ist ja nicht das erste mal, dass die Brauerei in Schwierigkeiten gerät. Warum also jetzt nicht einmal ein Aufbruch in sichere Gefilde?

Schwelmer Bier in USA kann dabei doch nur ein Gag sein.

Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Schwelm

 

 


 

s. auch unseren Bericht  "Wenn es doch so einfach wäre" von der 1. Demo am 13.8.2011

s. auch unseren Bericht  "Wir haben uns alle sooo lieb"  von der 2. Demo am 20.08.2011