[jpg] Mit der Politik steht es nicht zum Besten. Da haben wir die größten Systemkrisen in unseren Demokratien und wir leisten uns eine Diskussion, die an den Kompetenzen der politischen Akteure zweifeln lässt. Jeden Tag geht irgendwo eine Milliarde Euro verlustig, ganz einfach so, ohne Gegenwert. Nur diese verlorene Milliarde Euro macht sich z. B. auch in der Erhöhung der Endverbraucherpreise wieder bemerkbar. Man braucht schon viel geistiges Potenzial um dieses Problem in den Griff zu bekommen, welches dann nicht vorhanden ist.
Da kommt diese Affäre um unseren Bundespräsidenten Wulff über den Kauf eines potthässlichen Einfamilienhauses ins Haus. Und zwar eine Affäre die keine sein müsste; denn es war ein ganz normaler Häuserkauf in der oberen Liga. War es das?
Das Ehepaar Wulff wollte ein Haus kaufen, es renovieren und letztendlich auch beziehen. Ein Kredit musste her. Und wie das so ist, man hat „Freunde“, die mal eben bereit sind 500.000,– Euro für einen günstigen Zinssatz locker zu machen. Der Mann (Kreditgeber) ist in der Geschäftswelt bekannt, also wird der Kredit über die Frau abgewickelt. So weit so gut. Der Kauf wurde getätigt.
Als man merkte, Journalisten sind diesem Kredit auf der Spur, löste man den Kredit ab und schließt einen neuen Kredit bei einer anderen Bank ab. Das ganze Spiel geht noch weiter, letztendlich gibt es ein Interview beim „Staatsfernsehen ARD und ZDF“. In diesem Interview befragen die Journalisten Deppendorf und Schausten den Bundespräsidenten auf dessen Wunsch, vergessen aber nachzufragen, wenn etwas nicht plausibel in den Ausführungen unseres Präsidenten ist. Und so kommt zum wiederholten Male nur die halbe oder auch die ein viertel Wahrheit heraus, so ganz kann man das nie einschätzen.
Aber – und das ist neu – der Bundespräsident spielt sich als Opfer auf, der nicht wissen konnte, dass Journalisten das Umfeld einer politischen Persönlichkeit ausloten. Das er das Amt ohne Lehrzeit übernehmen musste, wurde auch von ihm reklamiert. Wen wundert es, denn unser Bundespräsident war und ist so blass, also wollten Journalisten ein bisschen Farbe ins Spiel bringen. Wir beschäftigen uns jetzt um die 4 Wochen mit diesem Thema und haben uns noch immer nicht zu der ganzen Wahrheit vorgearbeitet. Ob es eine Wahrheit gibt, weiß inzwischen auch niemand mehr. Ach ja, da ist noch die Presse die ja immer an allem Schuld ist. Wulff rief bei so ziemlich allen Redakteuren des Springer Konzerns an um irgendwelche Kommentare zu verhindern, was natürlich fehlschlug. Bei unserem „Staatsfernsehen“ ARD und ZDF beschwerte er sich auch über die Kollegen des Springerkonzerns, weil die ihre Rechte im Zusammenhang mit der Meinungs- und Pressefreiheit ausübten. Und fand die diversen Bedrohungen, die er gegen die Kollegen ausgeübt hatte, nicht so schlimm.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Und jetzt kommen wir zu Bürgermeister Wilhelm Wiggenhagen, eine Analogie wie jeder Ennepetaler sofort erkennt. Auch Wiggenhagen war von Anfang an als der kompetente und sympathische Kandidat von der CDU ins Spiel gebracht worden. Wir erinnern uns noch als Wiggenhagen wegen des Brandhauses (Fischer) befragt wurde. Er hatte verschwiegen, dass er an den Kaufverhandlungen teilgenommen hatte, aber das Haus nicht erwerben konnte oder wollte. Mehner nannte ihn damals einen Lügner, was er natürlich im formalrechtlichen Sinne nicht war. Denn auch die halbe Wahrheit ist eben eine Wahrheit. Auch viele andere Entscheidungen, an denen Wiggenhagen als Wirtschaftsförderer mitgewirkt haben musste, wusste er immer in einem guten Licht darzustellen.
Und wenn einmal etwas nicht so war wie es sein sollte, wie die Fußgängerzone, hatte unser guter Wiggenhagen gewisse Realitätsverluste oder Erinnerungslücken. Es ist halt so wie er das sieht, Basta.
Das schlimme an beiden Personen ist, sie verstecken sich hinter ihrem Amt. Und weil sie so klein sind, steht das Amt riesengroß in der Landschaft ohne die Personen.
Auch Wiggenhagen hat eine gespaltene Einstellung zur Presse- und Meinungsfreiheit. Da wird schon mal ein Journalist bei der Staatsanwaltschaft Hagen angezeigt. Im Rat der Stadt werden alle Journalisten abgewatscht, weil sie nicht so schreiben wie er das diktiert. Allerdings haben die anderen Ratsmitglieder der Stadt Ennepetal, außer der SPD, eine ambivalente Einstellung zur Presse. Für Herrn Frey, von der FDP sind die Artikel der Presse nur Geschreibsel, für Herrn Drewnick erfinden die Journalisten Artikel. Die Äußerungen der FDP kann man allerdings getrost vergessen, eine Splitterpartei kämpft halt ums Überleben. Enttäuschend sind allerdings die Rundumschläge der CDU im Rat der Stadt Ennepetal. Und da schließt sich der Kreis, auch Wiggenhagen wurde von der CDU ins Amt gehievt. Wütend über die falsche Wahl?
Da stellt sich sofort die Frage: Wofür brauchen wir diese Ämter denn? Einen Bundespräsidenten, der nur Gesetze unterschreiben muss aber sonst keine Einflussmöglichkeiten hat und dort, wo er Einfluss hätte, diesen nicht wahr nimmt. Einen Bürgermeister, der im Grunde nur der Bürovorsteher von rund 400 Leuten plus 40 Ratsmitgliedern ist, das kann man auch anders und effektiver organisieren.
Was ist mit den 40 Ratsmitgliedern, die nur Dekoration für etwas sind, was es schon länger nicht mehr gibt? Wo sind die Politiker im Rat der Stadt die über ihren Tellerrand schauen können? Schlaglöcher in der Straße kann jeder Bürger selber melden, dafür brauchen wir keine Ratsmitglieder.
Nur an etwas festhalten, weil man es schon immer hatte?
Da stellt sich sofort die Frage:: Wofür haben wir einen Bundespräsidenten und einen Bürgermeister? Auch wenn der Bundespräsident in einer anderen Liga spielt, so hat Christian Wulff mit seinem Verhalten die Größe eines Bürgermeisters abgebildet den man in einer Kleinstadt verorten würde.
Beide, Bundespräsident als auch Bürgermeister sind „erste Bürger“ einer Einheit in einem Staatsgebilde, welches sich Demokratie nennt. Beide haben nur begrenzten Spielraum in ihren Handlungsweisen. Aber beide haben eine Macht, die, wenn sie ausgeübt wird, etwas bewegen kann.
Unser aller Bundespräsident hat die Macht des Wortes. Aber, und das ist das wichtigste, er hat die Macht des freien Wortes, er ist an niemanden gebunden. Wenn er was sagt, hört man ihm zu.
Der Berliner Bürgermeister Reuter hat mit seiner Rede „Schaut auf diese Stadt“ die Blockade Berlins durchbrochen.
Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hielt am 8.Mai 1985 eine Rede, die wohl als die bedeutendste gilt die Weizsäcker hielt. Diese Rede wurde international viel beachtet und brachte den Deutschen insgesamt ein positives Image. Besonders und vor allem war diese Rede in Israel positiv aufgenommen worden.
Wie war das mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog mit seiner „Ruck Rede“ im Berliner Adlon 1997? Sie alle wussten das Wort, Sprache einzusetzen um der Politik und den Menschen Wege, Probleme und auch Schranken aufzuzeigen. Bundespräsident von Weizsäcker mahnte auch die Parteien, nicht ihre politischen Entscheidungen nach der nächsten Wahl auszurichten.
Und diese reklamierten negativen Verhaltensweisen von Funktionsträgern häufen sich immer mehr.
Auch Wiggenhagen bekommt Fragen gestellt, die er nur unzureichend oder manchmal gar nicht beantwortet. Organisatorisch wurde mehrfach der Vorschlag gemacht die gestellten Fragen ins Internet zu stellen, so dass die Beantwortung kontrolliert werden könnte.
Aber, wollen wir eine Transparenz in unserer Demokratie? Ich denke nein.
In Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen wurde immer mal das Argument gebraucht: Wir sind ja alle mehr oder weniger ein bisschen Wulff oder Wiggenhagen. Wie bitte?
Wer möchte schon gerne Fehler ohne Einschränkung eingestehen? Haben wir nicht alle mal ein günstiges Schnäppchen gemacht? Zuviel heraus gegebenes Geld nicht zurück gegeben? Und als wir zu diesen „kleinen“ Ungereimtheiten befragt wurden, haben wir uns gewunden, mit der ganzen Wahrheit kamen wir jedoch nicht heraus. Einige von uns haben sogar eine kleine Legende um die eigene Person gesponnen. Also, sind wir alle Wulffs und Wiggenhagen? Ja und nein.
Ja, wir sind es. Aber der Unterschied zu den beiden vorgenannten Persönlichkeiten ist, wir wissen es vor uns selber. Und deshalb sehen wir uns auch nicht veranlasst, solche Ämter anzustreben. Aber diese Beiden haben diese Ämter angestrebt. Sie hätten wissen müssen, was das Amt von ihnen verlangt. Beide wussten was Integrität bedeutet, nämlich das Zusammengehen von Amt und Lebenspraxis im Ganzen.
Wulff hat hier versagt. Nicht das Amt war ihm wichtig, sondern zu dem gesellschaftlichem Umfeld zu gehören, zu den Mächtigen, Reichen und Schönen. Dort blühte er auf, nicht in seinem Amt. Das war und ist das erschreckende dieses Herrn Wulff der Bundespräsident sein will und dafür viel zu klein ist.
Und Wiggenhagen? Auch ihm fehlt es an der notwendigen Integrität die das Bürgermeisteramt erfordert. Die Stadt hat gezockt, hat Fehler auf vielen politischen Feldern gemacht. Trotz allem ist ein Bürgermeister Wiggenhagen nicht in der Lage nach drei Jahren für seine ach so schöne Stadt Zukunftsperspektiven aufzuzeigen oder zumindest die politischen Parteien dorthin zu führen. Und die Zockerei hätte zumindest eine glaubhafte Entschuldigung verlangt, die falsche Einschätzung beim Haushaltssicherungskonzept hätte auch einen Verantwortlichen verdient. Diese Fehlentscheidungen haben Hunderttausende gekostet und wurden so nebenbei in den Haushalt gestellt. Die Printmedien wollten nichts sehen und haben sich ihrer Funktion als Verlautbarungsjournalisten bedient. Und die Parteien? Es ist schon unheimlich, wie wenig die Parteien im Falle Wulff sich rühren. Klare Rücktrittsforderung? Fehlanzeige! Und bei Wiggenhagen? Klare Rücktrittsforderung ?
Nein, es fehlt auch an Alternativen, hier in Ennepetal wie auch im Falle Wulff in Berlin.
Und so taumeln unsere Politiker politisch im Hintergrund von einem Problem zum anderen welches sie nicht lösen wollen und können, sitzen alle Probleme aus und hoffen die Marktwirtschaft wird Mitleid mit ihnen, den Politikern, haben.
Und diese Wulffs und Wiggenhagens werden uns weiterhin vorgesetzt, die uns so ähnlich sind, dass uns Angst und Bange wird. Denn auch wir wussten schon unsere Probleme nicht in den Griff zu bekommen.
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal