Attraktivität ist eine Frage des Bewusstseins in Ennepetal
[jpg] Folgendes sollte man sich einmal vorstellen. Da sitzt ein Wilhelm Wiggenhagen im Wintergarten seines schicken Einfamilienhauses in Gevelsberg und schaut in seinen Garten.
Die Blumen treiben die ersten Blüten, der Rasen wird wieder grün, nachdem er die ersten Gartenarbeiten verrichtet hat. Ein paar Blumenkübel stehen bepflanzt im Sichtfeld neben den frisch gewaschenen Gartenzwergen. Er lehnt sich zurück und denkt, ich habe ein attraktives Einfamilienhaus. Wohlig sinkt er in einen Halbschlaf. Abends geht er in sein Bett und schläft tief und fest ein. Morgens steht er auf und macht sich auf den Weg um seiner Arbeit als Bürgermeister in Ennepetal nachzukommen, nicht ohne vorher in seinen wohlgeordneten und attraktiven Vorgarten zu blicken.
Auf der Fahrt zur Arbeitsstelle nimmt er nur die notwendigen Informationen auf, die er benötigt, um sicher nach Ennepetal zu kommen. Er fährt durch die Gevelsberger Innenstadt und stellt fest, wie attraktiv "seine" Stadt ist. In seinem Unterbewusstsein hat er immer noch den Gedanken, mein Haus ist so attraktiv und meine Stadt auch. Und als er hinter seinem Schreibtisch Platz nimmt ist für ihn alles in Ordnung. Jetzt aber hat er, da er in einem anderen Raum ist, also in Ennepetal, in etwa eine ähnlich genannte Bewusstseinsverschiebung erreicht, indem er Ennepetal mit seinem Haus und Gevelsberg ausgetauscht hat. Ennepetal ist jetzt attraktiv – Basta! Warum also soll er sich noch Gedanken über die ihm anvertraute Stadt Ennepetal machen? Alle Informationen die er nun im Hinblick auf die Unattraktivität der Stadt Ennepetal bekommt, werden ausgeblendet und verweigert. So geht es aber sicherlich auch den anderen Entscheidern der Stadt. Ob das nun Faupel (CDU), Frey (FDP), Hofmann (Bündnisgrüne) oder Steinbrink (SPD) ist, um die politischen Entscheider zu nennen, oder Palomba (Wuppertal/Referent des BM) oder Langhard (Gevelsberg/Fb 2) und, und, und… Für sie ist Ennepetal in Ordnung. Und wenn man sie so reden hört, so könnte man der Meinung sein, Ennepetal könnte und sollte als Blaupause für andere Städte genutzt werden.
[Collage von mehreren sichtbaren Teilen des Bahnhofs] |
Weil das so ist, sehen alle auch keinen Handlungsbedarf um diese Stadt attraktiver zu machen. Eher mal hier einen Eimer Farbe oder da ein Schild hinstellen, das wäre es. Ist doch alles soooo schön in Ennepetal.
Aber ist es das wirklich? Haben die Kritiker, die ja alles nur mies machen wollen, Unrecht? Nein haben sie natürlich nicht. Denn sie haben ein anderes Bewusstsein und eine andere Wahrnehmung, sie blenden die Realität nicht aus und reduzieren ihre Wahrnehmung nur auf ihr direktes Umfeld, ihren Haushalt. Sie haben noch ein waches Auge.
Viele Bürger Ennepetals sehen Tag für Tag die unattraktiven Ecken ihrer Stadt, die zu dem Gesamtbild beitragen, und sind gefrustet. Das gilt für alle gesellschaftlichen Gruppen hier in der Stadt, seien es Unternehmer oder auch "Hartzer". Und so haben sich im Laufe der Jahre zwei Gruppen gebildet. Die eine Gruppe im Rathaus, die alles schönredet und keinen Handlungsbedarf sieht, steht der anderen Gruppe der verantwortungsbewussten Einwohner gegenüber, die immer wieder staunend diese Realitätsverweigerung des Rathauses ertragen muss. Und wer das nicht mehr aushält, der geht und zieht in eine andere Stadt oder wendet sich dem täglichen Geschehen resignierend ab.
Im Kreis selber hat sich die Meinung verfestigt, es käme einer Strafe gleich, wenn man in Ennepetal wohnen müsse. Wenn man sich außerhalb von Ennepetals als Ennepetaler outet, kann man sich des Mitleids in einer Gesprächsrunde gewiss sein.
Wir haben uns einmal gefragt, wer arbeitet denn in unseren Ennepetaler Firmen und woher kommen die Arbeitnehmer, die ja auch den Ruf Ennepetals transportieren? Nach einer Telefonumfrage, die nicht repräsentativ ist, nahmen wir zur Kenntnis, bis 70% der Arbeitnehmer kommen seit Jahren Tag für Tag von anderen Städten und gehen hier ihrer Arbeit nach. Erstaunlich, nehmen diese Arbeitnehmer doch jeden Tag bis zu 2 Stunden ihrer Zeit in Kauf und stecken noch die Kosten für die An- und Abfahrt weg.
Die befragten Ennepetaler Firmen sind alle für eine äußerst geringe Fluktuation und einen geringen Krankheitsstand bekannt. Dies deutet darauf hin, der Arbeitsplatz ist sicher und die Arbeitszufriedenheit sehr hoch.
Nun sind wir zur gegebenen Zeit auf den Parkplatz der Firmen gegangen und haben 10 Arbeitnehmer befragt, warum sie nicht in Erwägung ziehen nach Ennepetal zu ziehen. Die Antworten haben uns ziemlich ernüchtert und entsetzt. 5 der Befragten fanden keinen Vorteil hier in Ennepetal zu wohnen, weil die Stadt für sie nichts zu bieten hat. 1 meinte er überlege sich das immer mal wieder, ist aber zu keiner abschließenden Entscheidung gekommen. 2 meinten sie haben eigene Häuser die sie zum Halten veranlassten. 2 meinten, sie hätten Familie mit Kindern und fänden das Umfeld Ennepetals nicht kinder- und familiengerecht.
Auf die Idee, solch eine Befragung zu tätigen, hätten die oben genannten Politiker und Verwaltungsmenschen sicher auch kommen können. Nur wenn sich solche Menschen in Selbstzufriedenheit und Ignoranz suhlen, macht man sicherlich nicht solche Befragungen.
Dies zu unseren Bemühungen etwas die Pendler aufzudröseln.
Schlimmer sieht es bei den Weggezogenen aus, hier haben wir inzwischen auch 10 Leute befragt. Nur ein Weggezogener fand es egal wo er wohnte und sah weder an dem jetzigen Wohnort (Wuppertal) noch in Ennepetal einen Unterschied. Die anderen 9 die wir befragten fanden ihren neuen Wohnort durchaus positiver als Ennepetal. Darüber hinaus äußerten sich die 9, dass sie sehr froh wären nicht mehr in Ennepetal zu wohnen. 3 meinten sogar, dass sie Ennepetal "entkommen" wären.
Nun möchte ich nochmals sagen, diese Befragung ist nicht repräsentativ und damit nicht relevant. Nur bei solchen willkürlichen Befragungen, kann man wohl einen gewissen Trend ausmachen. Und dieser Trend ist vernichtend für die Politik in Ennepetal.
In allen 20 Fällen fanden die Befragten keine irgendwie vorhandene Attraktivität im Zusammenhang mit Ennepetal. Die restlichen Befragten, die hier nicht aufgeführt sind, also die aus Ennepetal waren, fanden, dass vieles in Ennepetal fehlen würde um sie als attraktive Stadt einzuordnen. Den Ausgleich in ihrem Freizeitbereich würden sie eben in anderen Städten des Umkreises suchen.
Warum haben wir das gemacht?
Nun, es wurde uns mehrfach vorgeworfen, wir würden alles schlecht reden und wären ja nur Nestbeschmutzer. Wir hätten uns den Schuh auch angezogen, wenn wir nur einen getroffen hätten der uns ausnahmslos Ennepetal als die lebens- und liebenswürdige Stadt hätte nennen können. Dem war aber nicht so. Und das bringt uns auf den Gedanken, dass unsere administrativen- und politischen Entscheider demnach unter Realitätsverlust und einer Bewusstseinsverschiebung leiden müssen.
Beweise:
Schauen sie sich mal den Bahnhof Ennepetal/Gevelsberg an. Zur Hälfte wurde er gestrichen und wenn man genau hinguckt, so kommt man auf den Begriff Verschlimmbesserung. Denn jetzt sieht er so aus, als wenn Ennepetal kein weiteres Geld für die weiteren Arbeiten hätte.
Fahren sie einmal mit dem Zug an Ennepetal bewusst vorbei. Kein Mensch käme auf den Gedanken in dieser Stadt wohnen zu wollen. Und diese Ansicht wird noch Jahre andauern.
Das Problem ist erst einmal auf einen Verein abgewälzt worden, der damit auch die Verantwortung trägt. So kann man auch Probleme lösen! Der Müll liegt übrigens immer noch in einer Ecke (Stand: 28.Mai 2010). Wo sind denn die freiwilligen Helfer die den Müll wegräumen wollten?
Gehen sie einmal durch die Fussgängerzone "Inne Milspe", seit dem vorigen Jahr hat sich der Zustand nochmals verschlechtert. Herr Schilling der neue Citymanager hat auf befragen im Ausschuss schon gesagt, ihm könne man das nicht anlasten, denn er wäre ja erst 1 ½ Monate im Amt. Heißt also, Frau Drees hat ihm dieses Amt nicht anständig übergeben, so wie der Wirtschaftförderer Wilhelm Wiggenhagen Frau Drees die Problematik nicht richtig übergeben hat. Wenn es also brenzlig wird, wechseln wir die Personen aus oder gründen einen Verein um einen angeblichen Neuanfang zu signalisieren. Niemand ist in der Stadtverwaltung bereit Verantwortung zu übernehmen. Dabei ist es doch für eine gute Führung unerlässlich die Verantwortlichkeit des einzelnen festzulegen.
Schade, dass der Rat der Stadt so schwach ist um der offensichtlich untätigen Verwaltung, die bis heute keine schlüssigen Konzepte vorgelegt hat, Paroli zu bieten.
In anderen Städten hätte der Rat der Stadt der Verwaltung und damit der zuständigen Fachabteilung schon längst eine Rüge erteilt. Denn es ist doch für mich offensichtlich, dass die Verwaltung notwendige, nachvollziehbare, umsetzbare und entscheidungsreife Konzepte dem Rat nicht zu Diskussion oder Abstimmung vorlegt. Damit der Rat der Stadt aber eine sachlich fundierte Entscheidung treffen kann, sind solche Konzepte unerlässlich.
Was ist denn mit den Euro 50.000,– in 2009 geschehen? Was wird mit den restlich bewilligten Euro 100.000,– geschehen? Das Citymanagement scheint mit der Verteilung der Gelder anscheinend plan-und ziellos umzugehen. Was ist denn mit den Euro 180.000,– die für den Bahnhof Ennepetal/Gevelsberg in den Haushalt eingestellt wurden? Werden und wurden diese Gelder jetzt einfach so auf den Kopf gehauen? Herr Schilling der neue Citymanager wusste noch nicht einmal im Ansatz über die Verwendung der Euro 50.000,– etwas zu sagen. Da kommt einem direkt die Frage in den Sinn, hat Ennepetal denn überhaupt eine funktionierende Kostenrechnung? Gibt es überhaupt innerhalb der Fachabteilungen ein Kostenbewusstsein?
Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal