Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien in Ennepetal
[jpg] Ennepetal schickt sich an digital zu werden. Wie immer ist ein Haken dabei. Denn Ennepetal sucht sich nicht die beste Lösung, vielmehr sucht die Stadt Ennepetal fast immer eine Lösung die sie als die beste Lösung definiert. Den Beweis bleibt sie allerdings schuldig, es wird einfach behauptet. Optionen oder Alternativen herausarbeiten ist in Ennepetal nicht vorgesehen.
Der Stadtrat, gefragt, mag nicht darüber beraten, da er fachlich und sachlich kaum in der Lage ist dagegen zu halten. Auch will er sich keine Möglichkeit eröffnen, konkurrierende Meinungen einzuholen.
Es geht um das eRathaus. Es ist eigentlich ein einfach zu organisierender Dienst für den Stadtrat. Dieser bekommt zukünftig seine Tagesordnung nicht mehr analog sondern digital/elektronisch auf ein Tablet zugeschickt. Monatlich soll dem Ratsmitglied 10,–Euro für 4 Jahre abgeknöpft werden, nach Ablauf geht das Tablet in den Besitz des Ratsmitglieds über. Was aber nach eine 1 oder 2 jährigen Stadtratsmitgliedschaft passiert, weiß niemand, es wird nur von einem vorzeitigen Ausscheiden gesprochen. Heißt, zurückgeben bedeutet die Raten von X mal 10,– Euro sind weg oder für eine Zahlung der „Restnutzungsdauer“ das Gerät erwerben. Die Marke des Tablets ist, wie nicht anderes zu erwarten, ein iPad Air 2, WiFi+Cellular, iOS 9, 64 GB Hauptspeicher der Fimra Apple Inc.. Die Tablets werden mit einer Software (Apps) seitens der Stadtverwaltung ausgestattet.
Für einfache Naturen ist dies natürlich ein sehr günstiges Angebot (700,– Euro soll das Gerät kosten) ein Tablet von der Firma Apple Inc. zu erwerben. Das das iPad Air 2 der Apple Inc. jedoch nur 532,–Euro ohne USt. kostet wird mit keinem Wort in der Vorlage erwähnt. Und was ist mit einem Selbstständigen oder Gewerbetreibenden der vorsteuerabzugsberechtigt ist?
Und was ist mit den Alternativen? Im Stadtrat wurde nur eine Alternative erwähnt, dass Betriebssystem Android der Google Inc., was verworfen wurde. Windows oder Linux, die ebenfalls einen guten Ruf haben, werden noch nicht einmal erwähnt. Die Alternative mit einem Laptop, Notebook oder Ultrabook wurden noch nicht einmal im Ansatz angedacht. Nicht das die Produkte der Firma Apple keine Spitzenprodukte sind, nein, darüber hinaus genießt die Marke Apple Kultstatus und die Produkte werden inzwischen wie eine Hostie in einer Kirche dargeboten und verkauft. Das alles schlägt sich natürlich auch in dem erhöhten Preis nieder. Warum eine Kommune, die immer wieder zum sparen aufruft, diese verteuerten Produkte kaufen will, irritiert denn doch.
Auch die Zielvorstellungen im Hinblick welche Informationen der einzelne Stadtrat wie aufbereitet benötigt, war nicht der Mühe wert zu erwähnen. Es wird den einzelnen Stadträten ein Gerät und eine Software aufgezwungen/übergestülpt, nach dem System, „friss oder stirb“. Das der Stadtrat auf seinem Rechner (Tablet oder was auch immer, auf einem entfernten Server) seine Aufzeichnungen oder docs ablegen sollte, die er während der Sitzung zur Beratung benötigt, ist für die Stadtverwaltung eher unwahrscheinlich. Wolfgang Schrey, der die ersten Schritte für einen digitalen Sitzungsdienst gemacht und Tim Strathmann der die Vorlage 74/2016 anscheinend erarbeitet hat, haben hier eine minderwertige Lösung erarbeitet, die nur kostet aber keinen Gewinn bringt.
Ein anderer Aspekt. Das Tablet soll ja den Sitzungsdienst per Papier ersetzen. Dadurch entfallen Material-, Druck- und Personalkosten für die Stadtverwaltung. Warum in Gottes Namen müssen die Ratsmitglieder dieses Tablet dann bezahlen? Abgesehen davon, dass die Stadträte zwar Sitzungsgelder bekommen, die mehr oder weniger Aufwandsentschädigungen darstellen, müssen sie jetzt für die notwendigen Informationen über Tablet bezahlen – ein Unding. Der Einspareffekt durch Wegfall der gedruckten Unterlagen ist doch viel größer als die Investition der Tablets. Die Stadträte müssen sicher demnächst auch die Leuchten bezahlen die im Ratssaal ersetzt werden.
Zuletzt kommt noch die Frage auf, wer benötigt diese Informationen denn? Haben wir denn nicht jemanden vergessen? Klar, die Presse möchte auch an den digitalen Segnungen teilnehmen. Journalisten sind nicht scharf darauf zentnerweise Papier zu sammeln um ab und an den Haushalt, eine Vorlage oder ein Sitzungsprotokoll herauszusuchen und zu lesen.
Die Kollegen der Funkemedien Gruppe haben sicher keinen Bock auf digitale Einladungen zur Sitzung per Push-Dienst. Sieht man sich die Mitbewerber der Funkemedien Gruppe einmal an, so sieht man die Entwicklung im Südkreis (168) seit Jahren auf einem absteigenden Ast.
Fast 6.500 hat die Funkemedien Gruppe mit ihren beiden Publikationen Westfälische Rundschau und Westfalenpost in den letzten Jahren verloren. Junge Menschen werden von den Produkten der Funkeleute kaum mehr erreicht. Warum sollten die Mitarbeiter der Funkemedien sich den digitalen Sitzungsdienst noch antun.
Trotz allem können wir nicht auf die notwendigen Reformen der Printmedien warten. Deutschland befindet sich in der Anwendung und Umsetzung des IT Bereiches im unteren Mittelfeld. Dabei sind die Einsparpotenziale enorm, sowohl in der Wirtschaft als auch in der öffentlichen Hand. Wenn EN-Mosaik Redakteure in Brüssel unterwegs sind, so haben sie weitaus bessere (digitale) Arbeitsbedingungen als in Deutschland. WiFi/Wlan oder LAN bis zu 200 MB in Restaurants oder in den Ausschüssen sind dort selbstverständlich. An meinem Arbeitsplatz in Brüssel habe ich einen Stromanschluss und einen WiFi Zugang. Täglich holt man sich die Zugangspasswörter und schon legt man los. Die Brüsseler Arbeitsbedingungen kann man ohne Probleme auf eine Kleinstadt wie Ennepetal herunter brechen.
Kommen wir zu der Software. Neben dem Betriebssystem iOS 9 von der Apple Inc wird es eine neue Anwendersoftware geben. Das alte Ratsinformationssystem wird abgeschafft und es wird eine neue Software lizenziert. Mandatos und Session der Firma Somacos heißen die neuen Module die das alte Ratsinformationssystem ersetzen soll. Wieder keine Alternativen oder weiterführende Optionen. Auf der einen Seite möchte die Stadtverwaltung eine partizipative Beteiligung und auf der anderen Seite ist sie bestimmend, wie in diesem Fall. Nicht einmal den Förderverein für regionale Entwicklung e.V. mochte man konsultieren, der ja immerhin ein gut funktionierendes Ratsinformationssystem vorhält.
Alles in allem haben die beiden Herren Schrey und Strathmann in diesem Zusammenhang ihren Job gemacht, wobei dieser Job irgendwie lustlos erledigt wurde ohne Vorteile für die Stadt Ennepetal, im Gegenteil.
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Jürgen Gerhardt für EN-Mosaik aus Ennepetal
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